Wir halten zusammen!: Der Bergpfarrer 131 – Heimatroman
Von Toni Waidacher
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Über dieses E-Book
Diese Serie enthält alles, was die Leserinnen und Leser von Heimatromanen interessiert.
Das Hotel ›Zum Löwen‹ in St. Johann war aus einem einfachen Gasthof entstanden. Der Vater des jetzigen Inhabers, Sepp Reisinger, hatte vor über vierzig Jahren das Nachbargrundstück gekauft und angebaut. Durch Fleiß und Durchhaltevermögen war es der Familie gelungen, den Ruf des Hauses weit über die Grenzen des Dorfes hinausgelangen zu lassen. Das war in späteren Jahren vor allem auch Sepps Frau zu verdanken. Irma Reisinger war eine begnadete Köchin, die zwar in keinem Gourmetführer erwähnt wurde, sich dafür aber des Dankes ihrer zahlreichen Gäste sicher sein konnte.
Während in dem etwas vornehmer gehaltenen Restaurant die Hotelgäste und Auswärtige speisten, zogen die Dörfler es vor, in der urig eingerichtete Wirtsstube zu sitzen, wo sie ihren Feierabendschoppen genossen – oder den frühen, nach dem Kirchgang – und sich an den einfachen, aber köstlichen Regionalspezialitäten labten.
Auch an diesem Abend saßen die Bauern und Knechte beim Bier und unterhielten sich über Futterpreise und Tierkrankheiten, EU-Normen und Milchquoten, bevor es zum Abendessen wieder heim auf die Höfe ging.
Am Tisch gleich neben dem Tresen hatten zwei Männer Platz genommen. Der eine war um die sechzig und hatte einen fast kahlen Schädel. Seinem Leibesumfang sah man an, daß er gutes Essen zu schätzen wußte. Der andere war eher hager. Hubert Rütli hatte erst vor kurzem seinen achtundfünfzigsten Geburtstag gefeiert. Er hatte volles graues Haar und einen dicken Schnauzer, auf dem jedesmal wenn er getrunken hatte, Bierschaum zurückblieb. Gerade hatte er den Krug wieder abgesetzt und wischte sich über die Lippen.
»Also ist es abgemacht«, sagte er zu seinem
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Wir halten zusammen! - Toni Waidacher
Der Bergpfarrer –131–
Wir halten zusammen!
Auch gegen den Rest der Welt
Roman von Toni Waidacher
Das Hotel ›Zum Löwen‹ in St. Johann war aus einem einfachen Gasthof entstanden. Der Vater des jetzigen Inhabers, Sepp Reisinger, hatte vor über vierzig Jahren das Nachbargrundstück gekauft und angebaut. Durch Fleiß und Durchhaltevermögen war es der Familie gelungen, den Ruf des Hauses weit über die Grenzen des Dorfes hinausgelangen zu lassen. Das war in späteren Jahren vor allem auch Sepps Frau zu verdanken. Irma Reisinger war eine begnadete Köchin, die zwar in keinem Gourmetführer erwähnt wurde, sich dafür aber des Dankes ihrer zahlreichen Gäste sicher sein konnte.
Während in dem etwas vornehmer gehaltenen Restaurant die Hotelgäste und Auswärtige speisten, zogen die Dörfler es vor, in der urig eingerichtete Wirtsstube zu sitzen, wo sie ihren Feierabendschoppen genossen – oder den frühen, nach dem Kirchgang – und sich an den einfachen, aber köstlichen Regionalspezialitäten labten.
Auch an diesem Abend saßen die Bauern und Knechte beim Bier und unterhielten sich über Futterpreise und Tierkrankheiten, EU-Normen und Milchquoten, bevor es zum Abendessen wieder heim auf die Höfe ging.
Am Tisch gleich neben dem Tresen hatten zwei Männer Platz genommen. Der eine war um die sechzig und hatte einen fast kahlen Schädel. Seinem Leibesumfang sah man an, daß er gutes Essen zu schätzen wußte. Der andere war eher hager. Hubert Rütli hatte erst vor kurzem seinen achtundfünfzigsten Geburtstag gefeiert. Er hatte volles graues Haar und einen dicken Schnauzer, auf dem jedesmal wenn er getrunken hatte, Bierschaum zurückblieb. Gerade hatte er den Krug wieder abgesetzt und wischte sich über die Lippen.
»Also ist es abgemacht«, sagte er zu seinem Tischnachbarn, »dein Jüngster kriegt meine Tochter, und du leihst mir dafür die Fünfundzwanzigtausend. Später wird das dann alles mit dem Erbe des Madels verrechnet.«
Franz Großstetter zog bedächtig an seiner Zigarre und stieß den Rauch wie ein feuerspeiender Drache wieder aus. Sein Nachbar sah ihn irritiert an, als er nicht gleich antwortete.
»Was ist?« fragte der Rütlibauer. »Sicherer kannst’ dein Geld net anlegen. Dein Wolfgang hat doch schon lang’ ein Auge auf meine Tochter geworfen, und wenn die beiden erst verheiratet sind, dann wird er eines Tages Herr auf meinem Hof sein.«
Der andere Bauer kratzte sich am Ohr.
»Und was ist, wenn der ganze Laden vorher den Bach runtergeht?« fragte er. »Dann ist net nur dein Hof futsch, sondern mein Geld auch, und der Bub und ich gucken in die Röhre.«
Hubert Rütli schüttelte vehement den Kopf und beugte sich ein wenig vor. Die Gäste an den anderen Tischen sollten nicht unbedingt hören, was sie zu besprechen hatten.
»Das wird net gescheh’n«, versicherte er. »Ich hab’ dir doch gesagt, daß ich das Geld nur für einen momentanen Engpaß brauch’. Du weißt doch selbst, wieviel Pech ich im letzten Jahr hatte. Erst ist mir die Scheune abgebrannt, dann war die Ernte schlechter als erwartet, und mit der Schweinezucht war’s auch ein Reinfall. Ich kann doch nix dafür, daß die Preise für Ferkel plötzlich in den Keller runtergegangen sind!«
Mit der Ernte hattest’ wirklich Pech, dachte Franz Großstetter. Aber das hatten wir anderen Bauern auch. Bei der Scheune bist’ selbst schuld gewesen, hättest’ sie ja höher gegen Blitzschlag versichern können. Und vor der Schweinezucht hab’ ich dich gewarnt, aber da wolltest’ ja net auf mich hören; bei den Billigexporten aus Dänemark lohnt es sich einfach net, die Viecher selbst zu züchten. Dafür hast’ dir aber ein neues Auto gekauft. Ein großer Schlitten hat’s sein müssen, wo’s ein kleiner Wagen auch getan hätt’. Aber na gut, das geht mich ja nix an. Und jetzt willst’ mein Geld. Einen Teufel würd’ ich tun, dir was zu leihen – wenn da net mein Bub wär’, der, wie du schon richtig sagst, ein Auge auf die Angela geworfen hat. Nur deshalb bin ich einverstanden.
Indes hütete sich der Bauer, seine Gedanken verlauten zu lassen. Scheinbar gleichgültig sah er vor sich hin und paffte weiter an seiner Zigarre.
Sein Nachbar sah ihn ungeduldig an.
»Was ist jetzt, schlägst’ ein?«
Hubert Rütli hielt dem anderen die Hand hin. Endlich nickte Franz Großstetter.
»Unter einer Bedingung«, sagte er aber, bevor er einschlug. »Die Wiese, unterhalb vom Geißenstieg, die überläßt mir die nächsten fünf Jahre zur Ernte.«
Sein Gegenüber zuckte gleichgültig die Schultern.
»Von mir aus«, erwiderte er. »Ich kann ohnehin nix damit anfangen. Die paar Küh’ die ich noch hab’, steh’n auf der Weide genausogut, und fürs Heu reicht der Grund allemal.«
Er atmete erleichtert auf, als Franz ihm die Hand drückte.
»Du machst eine gute Investition in die Zukunft«, sagte er. »Dein Wolfgang wird dir für alle Zeiten dankbar sein.«
Rasch trank er seinen Krug leer und stand auf.
»So, ich muß heim«, verabschiedete er sich. »Die Burgl wird schon auf mich warten. Wegen dem Geld hör’ ich dann von dir. Aber laß mich net zu lang’ warten. Pfüat di, Franz.«
»Pfüat di, Hubert, und die Zeche geht auf mich«, erwiderte der Bauer.
Während sein Nachbar die Wirtsstube verließ, nahm Franz Großstetter einen Bierfilz und zog einen Stift aus der Jackentasche. Dann begann er mit kleinen Buchstaben und Zahlen aufzulisten und auszurechnen, was ihm das Geschäft mit dem bankrotten Rütlibauern eingebracht hatte. Immerhin sparte er an Wolfgangs Erbteil…
*
»Angela, wo bleibst’ denn? Der Vater kommt gleich, und das Essen steht noch net auf dem Tisch!«
Die Stimme der Bäuerin hallte weit über den Hof. Hinter der Scheune löste sich das Madel aus den Armen des Burschen, der es leidenschaftlich umschlungen hielt.
»Ich muß gehen«, sagte die Bauerntochter.
Sie gab dem jungen Mann einen hastigen Kuß auf den Mund.
»Aber heut’, auf’ d’ Nacht, seh’n wir uns, ja?« fragte Veit Brunner.
Angela Rütli blieb an der Ecke der Scheune stehen und schaute zurück.
»Aber erst, wenn die Eltern schlafen«, erwiderte sie und machte, daß sie ins Haus kam.
Der Knecht lehnte an der Scheunenwand und schaute über die Weide hinüber, bis zu den Bergen. Allerdings sah er die imposanten, schneebedeckten Gipfel des ›Himmelsspitz‹ und der ›Wintermaid‹ nicht wirklich. Vielmehr träumte er von dem Madel und den heißen Küssen, die sie bis eben noch getauscht hatten.
Im Haus angekommen mußte sich Angela den vorwurfsvollen Blick ihrer Mutter gefallen lassen.
»Wo hast’ denn bloß wieder gesteckt?« fragte Burgl Rütli. »So lang’ kann das Melken bei den paar Viechern doch net dauern! Ich hab’ schon zweimal nach dir gerufen.«
»Veit und ich haben gleich noch hinter der Scheune aufgeräumt«, schwindelte die Tochter. »Ich hab’ dich net gleich gehört.«
»Los, beeil’ dich«, kommandierte die Mutter. »Du weißt’ doch, daß der Vater gleich sein Essen haben will.«
Schulterzuckend machte sich Angela an die Arbeit. Während sie Brot abschnitt, Wurst und Käse auf einen Teller legte und den Tisch deckte, dachte sie darüber nach, daß sie eben schon wieder gelogen hatte.
Eine Notlüge, gewiß, aber es ging ihr doch gegen den Strich, daß sie ihre Liebe zu Veit Brunner verheimlichen mußte!
Angela stellte noch rasch ein paar Tomaten und eingelegte Gurken dazu, als ihr Vater auch schon auf den Hof fuhr.
Hoffentlich hat er mal bessere Laune, dachte sie, in der letzten Zeit ist’s mit ihm ja net auszuhalten!
Der Bauer kam in die Küche. Hinter ihm trat der Knecht ein. Veit zwinkerte ihr zu, und Angela lächelte verstohlen zurück.
»Na, was gibt’s heut’ Abend denn Gutes?« fragte Hubert Rütli und rieb sich die Hände. »Hab’ ich einen Hunger!«
Seine Frau sah ihn verwundert an, die