Ein gewagtes Spiel: Der Bergpfarrer 356 – Heimatroman
Von Toni Waidacher
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Über dieses E-Book
Diese Serie enthält alles, was die Leserinnen und Leser von Heimatromanen interessiert.
Die junge, attraktive Dame streckte ihre Hand nach dem Mann aus und kraulte sein Haar. »Mußt du wirklich schon gehen?« fragte sie schnurrend wie eine Katze. »Bleib doch noch. Wir könnten uns etwas vom Japaner kommen lassen und machen uns einen schönen Abend…« Stephan Richter schüttelte bedauernd seinen Kopf. So verlockend das Angebot auch war, er konnte es unmöglich annehmen. »Tut mir leid, Tessi«, erwiderte er. »Aber ich muß los. Meine Mutter wünscht mich zu sehen, und sie wird mir den Kopf abreißen, wenn ich diesem Wunsch net folg'.« Tessja von Krojan zog ein ärgerliches Gesicht. »Richterbräu – nur dem bin ich treu«, zitierte sie den Werbespruch der Brauerei. »Gilt das auch für die Treue des Sohnes zur Mutter? Muß er sofort springen, wenn Margot Richter ruft?« Sie hatte es nicht ohne einen spöttischen Unterton gesagt, der dem jungen attraktiven Mann auch nicht entging. Stephan Richter schürzte die Lippen. Er war schlank und großgewachsen, die dunklen Haare waren modisch geschnitten, das markante Gesicht leicht gebräunt. Er trug bequeme Jeans, ein Polohemd und Freizeitschuhe.
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Der Bergpfarrer (ab 375)
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Buchvorschau
Ein gewagtes Spiel - Toni Waidacher
Der Bergpfarrer
– 356 –
Ein gewagtes Spiel
Alles entscheidet sich am Achsteinsee
Toni Waidacher
Die junge, attraktive Dame streckte ihre Hand nach dem Mann aus und kraulte sein Haar.
»Mußt du wirklich schon gehen?« fragte sie schnurrend wie eine Katze. »Bleib doch noch. Wir könnten uns etwas vom Japaner kommen lassen und machen uns einen schönen Abend…«
Stephan Richter schüttelte bedauernd seinen Kopf. So verlockend das Angebot auch war, er konnte es unmöglich annehmen.
»Tut mir leid, Tessi«, erwiderte er. »Aber ich muß los. Meine Mutter wünscht mich zu sehen, und sie wird mir den Kopf abreißen, wenn ich diesem Wunsch net folg’.«
Tessja von Krojan zog ein ärgerliches Gesicht.
»Richterbräu – nur dem bin ich treu«, zitierte sie den Werbespruch der Brauerei. »Gilt das auch für die Treue des Sohnes zur Mutter? Muß er sofort springen, wenn Margot Richter ruft?«
Sie hatte es nicht ohne einen spöttischen Unterton gesagt, der dem jungen attraktiven Mann auch nicht entging.
Stephan Richter schürzte die Lippen. Er war schlank und großgewachsen, die dunklen Haare waren modisch geschnitten, das markante Gesicht leicht gebräunt. Er trug bequeme Jeans, ein Polohemd und Freizeitschuhe. Alles in allem war er ein Mann, dem die Frauen hinterherschauten.
»Baroneß sind wie immer äußerst liebenswürdig«, entgegnete er mit einem mokanten Lächeln auf ihre Spitze. »Indes werd’ ich dem Ruf meiner Mutter Folge leisten, auch wenn’s Euer Hochwohlgeboren net passen sollt’. Ich bin eben nur ein Bierbrauer und kein Freiherr von und zu.«
Die junge Adlige fuhr von ihrem Sofa hoch, auf dem sie lang ausgestreckt gelegen hatte, und umklammerte ihn mit beiden Armen.
»Bitte, entschuldige, Stephan«, bettelte sie. »Ich wollte dich nicht beleidigen. Es tut mir leid. Natürlich mußt du zu deiner Mutter. Das verstehe ich doch. Es ist nur…, ich hab’ mich halt auf einen schönen Abend mit dir gefreut.«
»Schon gut«, nickte er versöhnlich und löste sich aus der Umklammerung.
Dann nahm er ein leichtes Sacko auf, das er über einen Sessel gehängt hatte, und schlüpfte hinein.
»Ich bin dir net bös’«, fuhr er fort. »Es ist nur so, daß meiner Mutter sehr viel an diesem Abend liegt. In der nächsten Woche feiert sie ihren sechzigsten Geburtstag, und danach möchte sie für ein paar Tage verreisen. Es gibt also noch einiges zu besprechen.«
Er gab der Baroneß einen Kuß und verließ das große Luxusapartment, das sich in einem Haus in der Regensburger Innenstand befand, und fuhr in Richtung Straubing, wo die Privatbrauerei Richter ihren Sitz hatte.
Gleich hinter der traditionsreichen Braustätte lag die großzügig gebaute Villa aus der Gründerzeit. Stephan fuhr seinen Sportwagen vor eine der drei Garagen und stieg aus. Er war kaum die Stufen zur Haustür hinaufgesprungen, als auch schon geöffnet wurde.
»Ihre Frau Mutter erwartet Sie schon«, begrüßte Dagmar Wächter, die Hausdame und Gesellschafterin seiner Mutter, den einzigen Sohn und Erben des Unternehmens.
Ein leichter Vorwurf war unüberhörbar.
Hat eigentlich heute jeder was an mir auszusetzen?
Diese Frage stellte sich Stephan Richter und fragte gleich hinterher, ob Dagmar Wächter ihren Namen vielleicht wörtlich nahm.
Mit Argusaugen wachte sie über die Villa, ihre Chefin und, sehr zu seinem Leidwesen, auch über deren Sohn.
»Jetzt bin ich ja da«, antwortete Stephan mit einem honigsüßen Lächeln.»Ist meine Mutter im Salon?«
»Ja. Der Tee wird gleich serviert.«
»Für mich bitte Kaffee«, rief der junge Mann und durchquerte die Halle.
Er klopfte an die Tür zum Salon und trat ein, ohne eine Antwort abzuwarten.
»Grüß dich, Mutter«, sagte er und gab der elegant gekleideten Dame, die in einem Sessel saß und in einem Prospekt blätterte, einen Kuß auf die Wange.
»Du kommst spät«, stellte Margot Richter fest.
Trotz der Tatsache, daß sie in der nächsten Woche ihren sechzigsten Geburtstag feierte, war sie immer noch eine recht attraktive Frau. Voll ins Geschäftsleben eingebunden, legte sie Wert darauf, sich geschmackvoll zu kleiden, und der wöchentliche Besuch beim Friseur und im Schönheitssalon war obligatorisch.
»Mutter, ich bitte dich«, schmunzelte der Sohn. »Sechzehn Uhr war ausgemacht, und jetzt ist es gerade mal zwei Minuten über die Zeit.«
»Schon gut«, winkte die Brauereibesitzerin ab. »Setz’ dich.«
Stephan nahm Platz und deutete auf den Prospekt.
»Was hast’ denn da?«
Seine Mutter wedelte mit dem Papier.
»Das«, antwortete sie, mit einem geheimnisvollen Lächeln, »das ist unser Urlaubsziel.«
Ein Hausmädchen betrat den Salon und servierte Kaffee und Tee. Auf einer Silberplatte lagen Gebäckstücke.
»Zeig’ doch mal«, bat Stephan.
Margot Richter reichte ihm den Prospekt. »Wenn Sie Ruhe und Erholung suchen, dann finden Sie beides bei uns, in St. Johann«, las er stirnrunzelnd vor.
Dann schaute er ungläubig seine Mutter an. »Das ist doch net dein Ernst, oder?« fragte er.
»Doch«, nickte sie unbekümmert und rührte Zucker und Sahne in ihren Tee. »Ich bin’s leid, immer nur nach St. Moritz und Cannes und Nizza zu fahren. In diesem Jahr möcht’ ich den Urlaub hier in Deutschland verbringen.«
»Und wie kommst’ ausgerechnet auf dieses Dorf?«
Stephan schüttelte innerlich den Kopf. Solch seltsame Anwandlungen hatte seine Mutter doch noch nie gezeigt.
Ob es etwas mit ihrem Alter zu tun hatte?
Nein, das konnte es eigentlich nicht sein. Auch wenn Margot nicht mehr die Jüngste war, so konnte sich doch noch so manche Dreißigjährige von ihrer Agilität eine Scheibe abschneiden. Nein, alt und verstaubt war seine Mutter keineswegs.
»Der Mann im Reisebüro hat es mir empfohlen«, antwortete sie. »Und ich möchte, daß wir beide dort ein paar schöne Tage verbringen. Nach der Feier zu meinem Sechzigsten geht’s los. Wenn die überstanden sind, bin ich ohnehin urlaubsreif.«
Stephan wußte, was sie meinte. Die Privatbrauerei und ihre Chefin waren so etwas wie eine Institution in Straubing. Margot Richter war in unzähligen Vereinen engagiert, bekleidete in mehreren Organisationen den Posten der Vorsitzenden und spendete aus einem Fonds, den noch ihr verstorbener Mann, Max Richter, gegründet hatte, jedes Jahr mehrere Millionen Euro für gemeinnützige Zwecke. Entsprechend groß war die Liste derer geworden, die alle zu ihrem Ehrentag eingeladen werden mußten. Nach dem Empfang im Rathaus gab es einen weiteren im größten Hotel der Stadt, zu dem an die fünfhundert Gäste erwartet wurden. Ansprachen, Vorführungen von Schulen und Kindergärten, Sportvereinen und Musikgruppen – Essen und Trinken nicht zu vergessen – danach würde Margot Richter einen Urlaub abseits vom Trubel der bekannten Ferienorte gut gebrauchen können. Das sah Stephan ein.
Daß seine Mutter mit dieser gemeinsamen Fahrt in das Alpendorf noch etwas verband, ahnte der Sohn zu diesem Zeitpunkt allerdings noch nicht…
*
Angela Pfister schaltete zufrieden den Computer aus und streifte die Abdeckhauben über Bildschirm und Tastatur. Dann lehnte sie sich auf ihrem Stuhl zurück und reckte sich ausgiebig.
Puh, das war geschafft! Endlich!
Die gelernte Großhandelskauffrau, die im Konzern ihres Vaters mitarbeitete, nickte zufrieden. Morgen noch ein paar Stunden ihre Vertretung einweisen, und dann stand dem Urlaub nichts mehr im Wege.
Nun stand die Fünfundzwanzigjährige auf, warf einen prüfenden Blick über ihren Schreibtisch und verließ das Büro im Haupthaus auf dem Gelände der Ewald Pfister KG in München. Der Pförtner nickte ihr freundlich zu, als sie durch die breite Glastür ging.
»Sie sind wieder mal die Letzte«, rief Hans Ambler.
Die schöne junge Frau lächelte.
»So muß das auch sein, wenn man die Tochter vom Chef ist«, antwortete sie und winkte dem Pförtner zu. »Einen schönen Abend.«
»Ebenso«, erwiderte er