Brennende Herzen: Der Bergpfarrer 258 – Heimatroman
Von Toni Waidacher
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Über dieses E-Book
Diese Serie enthält alles, was die Leserinnen und Leser von Heimatromanen interessiert.
»Die Post ist da!« Wolfgang Angerer schüttelte unwillig den Kopf. »Was wird's schon sein? Ich hab' jetzt keine Zeit.« Der junge Bauer ging an den Kühlschrank und nahm eine Bierflasche heraus. Senta Rohlinger sah missbilligend zu, wie Wolfgang die Flasche ansetzte und einen großen Schluck trank. »Vor dem Mittagessen!«, bemerkte die Magd. Er erwiderte ihren Blick. »Ja mei, ich hab' halt Durst«, entschuldigte Wolfgang sich. »Und draußen auf dem Hof haben wir einen Brunnen. Das Wasser ist klar und sauber und schmeckt besser als das aus der Leitung«, schimpfte die Sechzigjährige. »Und es ist viel gesünder!« Der Bauer grinste. »Aber Bier ist besser für die Nieren.« Senta machte eine wegwerfende Handbewegung. »Wie weit bist' denn?«, wollte sie wissen.
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Buchvorschau
Brennende Herzen - Toni Waidacher
Der Bergpfarrer
– 258 –
Brennende Herzen
Toni Waidacher
»Die Post ist da!«
Wolfgang Angerer schüttelte unwillig den Kopf.
»Was wird’s schon sein? Ich hab’ jetzt keine Zeit.«
Der junge Bauer ging an den Kühlschrank und nahm eine Bierflasche heraus. Senta Rohlinger sah missbilligend zu, wie Wolfgang die Flasche ansetzte und einen großen Schluck trank.
»Vor dem Mittagessen!«, bemerkte die Magd.
Er erwiderte ihren Blick.
»Ja mei, ich hab’ halt Durst«, entschuldigte Wolfgang sich.
»Und draußen auf dem Hof haben wir einen Brunnen. Das Wasser ist klar und sauber und schmeckt besser als das aus der Leitung«, schimpfte die Sechzigjährige. »Und es ist viel gesünder!«
Der Bauer grinste.
»Aber Bier ist besser für die Nieren.«
Senta machte eine wegwerfende Handbewegung.
»Wie weit bist’ denn?«, wollte sie wissen. »In zehn Minuten ist das Essen fertig.«
Wolfgang Angerer nickte.
»Dann bin ich auch so weit«, sagte er und ging wieder hinaus.
Den Brief auf dem Küchentisch ließ er unbeachtet.
Die alte Magd seufzte. Sie nahm den Umschlag und drehte ihn hin und her. Freilich wusste sie längst, was er enthielt. Es war die Einladung zu einer Hochzeit. Hanna Brandhofer, die Tochter des Nachbarn, heiratete in ein paar Tagen, und so wie es guter Brauch war, wurden alle Freunde und Bekannte dazu eingeladen. Aber so wie’s ausschaute, würde sie, Senta, wohl alleine hingehen müssen. Wolfgang hatte bisher alle Einladungen ausgeschlagen. Ja, nicht einmal auf den Tanzabend im »Löwen« ging er mehr, seit jenem Tag …
Sie goss die Kartoffeln ab, füllte sie in eine Schüssel um und stellte sie auf den Tisch. Das Gemüse folgte und eine Platte mit Fleischpflanzerln. Senta stellte die angebrochene Bierflasche auf den Tisch und setzte sich. Geduldig wartete sie auf den Bauern. Der kam pünktlich von draußen herein, wie versprochen, wusch sich die Hände und setzte sich zu ihr.
Die Magd schob ihm den Brief hin.
»Nun mach schon auf!«
Wolfgang runzelte die Stirn.
»Was ist das denn?«, fragte er, während er seinen Teller mit Kartoffeln und Gemüse füllte.
Er legte ein Fleischpflanzerl dazu und öffnete endlich den Umschlag.
Senta beobachtete sein Gesicht, während er las. Keine Regung war darin zu erkennen.
»Na, ein Geschenk werd’ ich wohl hinschicken müssen«, meinte er schließlich und widmete sich seinem Essen.
»Hinschicken!«
Senta schüttelte den Kopf.
»Hingeh’n wirst’ müssen«, sagte sie. »Schließlich ist’s die Tochter vom Nachbarn. Da gehört’s sich einfach!«
»Schmarrn!«, winkte der Bauer ab. »Du weißt doch, dass ich mir nix aus solchen Veranstaltungen mach’. Und jetzt lass mich in Ruh’ essen.«
Als habe er Angst, jemand könne ihm sein Mittag fortnehmen, schaufelte er es in sich hinein. Dann stand er auf und ging wieder hinaus.
Draußen vor der Tür atmete Wolfgang Angerer tief durch. Er hatte schon geahnt, was auf ihn zukommen würde, als er den Brief auf dem Tisch liegen sah.
Warum hatte sie ihn nicht einfach fortgeworfen?
Schließlich wusste Senta ganz genau, dass er dieser Einladung nicht folgen würde. Er ließ sich ja überhaupt nicht mehr unter Leuten blicken. Ihm gefiel sein selbst gewähltes Exil, und er wollte darin von niemandem gestört werden.
Freilich, um Hanna tat es ihm leid. Er mochte die Nachbarstochter und ihren Verlobten, den Georg Vaitlinger. Sie waren immer gut miteinander ausgekommen. Hatten sogar viel zusammen unternommen – damals …
Damals, da hatte es ja auch noch Sissi in seinem Leben gegeben. Sissi Neumayr, seine große Liebe. Hätte sie ihn nicht verlassen, wäre er mit Freuden zu der Hochzeit von Hanna und Georg gegangen. Vermutlich wären Sissi und er sogar noch vor den beiden verheiratet gewesen.
Aber so!
Wolfgang Angerer schüttelte die Gedanken ab und machte sich wieder an die Arbeit. Er hatte den Hof vom Vater geerbt und lebte ganz ordentlich davon. Senta hatte schon beim Vinzenz Angerer in Brot und Lohn gestanden und hielt nun auch dem Sohn die Treue. Zusammen waren sie ein eingespieltes Team, und wenn es zur Erntezeit eng wurde, dann stellte Wolfgang halt ein paar Hilfskräfte ein.
Nein, er brauchte die Welt da draußen nicht. Und schon gar nicht brauchte er die mitleidigen Blicke der anderen, mit denen sie ihn bestimmt anschauen würden, käme er zu der Hochzeit.
*
»Katja!«
»Hanna!«
Die beiden jungen Frauen fielen sich in die Arme.
»Schön, dass du da bist«, rief Hanna erfreut aus.
»Tausend Dank für deine Einladung. Ich hab’ mich riesig gefreut!«
»Und ich mich über deine Zusage.«
Katja Stadler deutete auf ihr Auto, das sie neben der Scheune abgestellt hatte.
»Ich hoff’, es stört dort net?«
Die Freundin schüttelte den Kopf.
»Bis Samstag kann er da stehen bleiben«, antwortete sie. »In der Scheune feiern wir.«
Katja hakte sich bei Hanna ein.
»Mensch, ist das aufregend!«, sagte sie, während sie zum Haus gingen. »Wie geht’s denn dem Georg, so kurz vor dem entscheidenden Schritt?«
»Prima. Du glaubst net, wie fesch er in seinem neuen Anzug ausschaut.«
»Und dein Kleid?«
»Ein Traum! Freilich darf Georg es noch net seh’n, aber dir führ’ ich’s nachher mal vor.«
Franz und Burgl Brandhofer begrüßten Katja herzlich. Die Freundin ihrer Tochter war schon einige Male zu Besuch gewesen.
Die Bäuerin lächelte Katja an und sagte: »Deine Kammer ist schon hergerichtet.«
Mit dem Mittagessen hatte man extra gewartet, bis Katja Stadler angekommen war. Die beiden Madeln hatten sich vor gut zwei Jahren während eines Urlaubs auf Mallorca kennen gelernt, wo sie im selben Hotel wohnten. Georg, der eigentlich mit Hanna zusammen fahren wollte, musste damals schweren Herzens verzichten, weil seine Mutter erkrankte und er sie nicht alleine lassen wollte.
Freilich wollte die Bauerntochter dann auch nicht mehr in den Urlaub fliegen, doch der Knecht bestand darauf.
»Du hast dich so darauf gefreut«, sagte er. »Warum sollst’ nun darauf verzichten? Wir können im Herbst noch mal zusammen Urlaub machen.«
Im Nachhinein war Hanna froh, auf ihren Freund, der so liebevoll und verständnisvoll war, gehört zu haben. Dank der Bekanntschaft mit Katja, die auch alleine in Urlaub gefahren war, wurde es dann doch noch ein schöner und entspannter Urlaub.
Nachdem die Madeln festgestellt hatten, dass sie beide aus Bayern stammten, freundeten sie sich schnell miteinander an. Später wurde viel telefoniert und über E-Mails der Kontakt gehalten. Dann kam Katja ins Wachnertal und besuchte die Freundin, und Hanna fuhr ins Allgäu, wo die hübsche Erzieherin lebte und arbeitete.
»Wie viele Leute habt ihr denn eingeladen?«, erkundigte sich Katja, als sie später in Hannas Kammer saßen.
Die Braut hatte ihr Hochzeitskleid aus dem Schrank geholt und übergestreift. Es war wirklich ein Traum in Weiß, aus Seide und Spitze, schulterfrei geschnitten und mit passendem Bolero und einem langen Schleier.
»Hundertzwanzig Einladungen haben wir verschickt, und fast alle haben zugesagt.«
»Tatsächlich? Na, das wird ja ’ne Superparty!«
Katja hatte das Kleid gebührend bewundert, und Hanna zog es wieder aus und hängte es in den Schrank zurück.
»Sag mal, euer Nachbar«, fragte die Erzieherin, »hat der inzwischen sein Einsiedlerleben aufgegeben?«
Die Bauerntochter schüttelte den Kopf.
»Und zugesagt hat er auch net. Aber die Senta, die Magd auf dem Angererhof, hat schon durchblicken lassen, dass der Wolfgang net kommen wird.«
Hanna zog einen Pulli über und fuhr sich durch die kurzen Haare.
»Warum