Mami 1850 – Familienroman: Ein Paradies für Kinder
Von Lisa Simon
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Traurig blickte Katrin Bergmann aus dem Küchenfenster zu ihren auf dem Hof spielenden Kindern. Die sechsjährige Annika, die vierjährige Kim und der kleine Jonas, der gerade zwei Jahre alt geworden war, tollten ausgelassen auf dem Hof herum. Jonas hatte es dabei schwer, mit seinen kurzen Beinchen den beiden größeren Kindern zu folgen.
Ein halbes Jahr war bereits seit Kais tragischem Unfalltod vergangen – und noch immer war die Versicherung nicht bereit, eine Entschädigung zu zahlen, obwohl Kai Bergmann an dem schrecklichen Verkehrsunfall vollkommen unschuldig gewesen war. Die magere Witwen- und Halbwaisenrente, die Katrin nun bezog, reichte kaum zum Leben.
Die junge Mutter war erleichtert, daß die Kinder wieder lachen konnten; wie es in ihr selbst aussah, überspielte sie geschickt. Katrin wollte nicht, daß die Kleinen sahen, wie sehr sie ihren Mann vermißte, und daß sie sich außerdem noch große Sorgen um die Zukunft machte.
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Mami 1850 – Familienroman - Lisa Simon
Mami –1850–
Ein Paradies für Kinder
Roman von Simon Lisa
Traurig blickte Katrin Bergmann aus dem Küchenfenster zu ihren auf dem Hof spielenden Kindern. Die sechsjährige Annika, die vierjährige Kim und der kleine Jonas, der gerade zwei Jahre alt geworden war, tollten ausgelassen auf dem Hof herum. Jonas hatte es dabei schwer, mit seinen kurzen Beinchen den beiden größeren Kindern zu folgen.
Ein halbes Jahr war bereits seit Kais tragischem Unfalltod vergangen – und noch immer war die Versicherung nicht bereit, eine Entschädigung zu zahlen, obwohl Kai Bergmann an dem schrecklichen Verkehrsunfall vollkommen unschuldig gewesen war. Die magere Witwen- und Halbwaisenrente, die Katrin nun bezog, reichte kaum zum Leben.
Die junge Mutter war erleichtert, daß die Kinder wieder lachen konnten; wie es in ihr selbst aussah, überspielte sie geschickt. Katrin wollte nicht, daß die Kleinen sahen, wie sehr sie ihren Mann vermißte, und daß sie sich außerdem noch große Sorgen um die Zukunft machte.
Kurz nach der Geburt des kleinen Jonas hatten Kai und Katrin den stillgelegten Bauernhof mit den vielen winzigen Zimmern und den Stallungen gepachtet. Beide wollten, daß ihre Kinder nicht in der lauten Großstadt mit seinen ungesunden Abgasen und der Hektik aufwuchsen.
Die Pacht war günstig, und nach einigen notwendigen Renovierungsarbeiten war der Hof in dem kleinen stadtnahen Dorf Mühlburg bezugsfertig gewesen.
Ohne Lust wandte sich Katrin wieder dem Abwasch zu. Die ganze Familie war so glücklich gewesen, nachdem sie sich in der ungewohnten Umgebung eingelebt hatten – und dann kam der Tag, an dem zwei verlegen wirkende Polizisten vor der Haustür standen.
»Mami, kann ich ein Glas Brause haben?« Unbemerkt war Kim eingetreten. Ihr blondes Engelshaar war zerzaust und das niedliche Gesichtchen vom Spielen an der frischen Luft erhitzt.
»Ich gebe dir lieber ein Glas Milch, das ist gesünder«, gab Katrin lächelnd zurück. Es würde nicht lange dauern, bis auch Annika und Jonas in die Küche gestürmt kämen.
Tatsächlich hatte Katrin gerade ein Glas mit Milch eingegossen, als die beiden anderen die Küchentür öffneten. Annika hatte den Kleinen fürsorglich an die Hand genommen, und geduldig füllte ihre Mutter zwei weitere Gläser.
Nachdem die fröhliche Schar das Haus wieder verlassen hatte, setzte sich Katrin an den Küchentisch und nahm zum wiederholten Mal ihr Kassenbuch hervor. Doch soviel sie auch rechnete, es wurde nicht mehr Geld, das ihr und den Kindern blieb, wenn die laufenden Kosten bezahlt waren.
Jonas brauchte unbedingt neue Schuhe und Hosen; er wuchs so schnell aus allem heraus. Und für die Mädchen mußten dringend Anoraks angeschafft werden.
Niedergeschlagen sah Katrin an sich selbst hinunter. Auch sie benötigte unbedingt neue Jeans und einige Blusen – doch wovon das alles zahlen?
Als ein Wagen auf den Hof fuhr, hob Katrin neugierig den Kopf. Die Kinder schrien aufgeregt durcheinander. Kein Zweifel, es war der Nachbarbauer Ralf Kornelius.
Gleich darauf kam Annika in die Küche gestürmt. »Onkel Ralf ist gekommen!«
Hastig versteckte Katrin das Kassenbuch wieder in der Schublade. Ralf mußte nicht unbedingt wissen, wie sehr sie sich den Kopf über ihre Finanzen zerbrach – er hatte schon genug für sie getan.
Ralf hatte sich schnell mit den Bergmanns angefreundet, sogar bei den Renovierungsarbeiten geholfen. Nach Kais Tod war er für Katrin zu einer tröstenden Stütze geworden, hatte sich um die Beisetzung und die ganze Bürokratie gekümmert.
»Hallo, Katrin.« Ralf war inzwischen eingetreten, den Kopf unter der niedrigen Tür geduckt. »Wie geht es dir?«
Sofort setzte sie ein optimistisches Lächeln auf. »Nun, ganz gut. Möchtest du eine Tasse Kaffe? Ich habe gerade welchen gekocht.«
»Da sage ich nicht nein.« Er setzte sich an den Tisch, umringt von den Kindern. »Was habt ihr denn gerade gespielt?«
»Fangen«, antwortete Kim ernsthaft. »Jonas muß uns kriegen – aber er schafft das nicht.«
Ralf lachte schallend. »Kein Wunder, er hat ja gerade erst laufen gelernt.«
Er nahm den Kleinen auf seinen Schoß. »Laß dich ja nicht von deinen großen Schwestern ärgern. Wenn du größer bist, zeigst du es ihnen aber, nicht wahr?«
Jonas gluckste und nickte verschwörerisch. Dann fragte er mit seiner niedlichen Kleinkinderstimme: »Hast du Bonbons mitgebracht?«
»Bin ich schon jemals ohne Bonbons hergekommen?« Ralf griff in die Seitentasche seiner Jacke und förderte eine Handvoll bunter Drops zutage. »Da, aber nicht darum zanken.«
Er setzte Jonas wieder ab. »Was haltet ihr davon, wenn ihr noch ein wenig draußen spielt, bevor die Sonne untergeht und es zu kühl wird?«
»Na gut.« Murrend zogen die Kinder ab, während Katrin zwei große Kaffeebecher sowie Milchkännchen und Zuckerdose auf den Küchentisch stellte.
Ralf beobachtete skeptisch die hübsche Frau, wie sie den dampfenden Kaffee in die Tassen goß. »Was ist los mit dir?«
Katrin hob erstaunt den Kopf. »Ich weiß gar nicht, was du meinst.«
»O doch, das weißt du sehr genau. Ich kenne dich lange genug, um zu wissen, wenn dich etwas bedrückt. Also, raus mit der Sprache.«
Katrin sah verlegen auf ihre Hände. Sollte sie Ralf doch von ihrer finanziellen Misere erzählen?
Ralf nahm einen Schluck Kaffee. »Denkst du gerade an Kai?«
»Ja… nein«, druckste sie herum. Dann holte sie tief Atem und fuhr fort: »Ich weiß bald nicht mehr, wovon ich alles bezahlen soll.«
»Hat sich die Versicherung noch immer nicht gemeldet?«
Katrin schüttelte heftig den Kopf. »Nein, die stellen sich doch immer auf die Hinterbeine, wenn sie zahlen sollen.«
»Schon, aber das wird denen nichts nützen. Du hast doch gehört, was der Anwalt gesagt hat: Der Unfallgegner hatte die alleinige Schuld, und deshalb muß seine Versicherung zahlen – früher oder später.«
»Mir wäre früher lieber als später«, gab Katrin tonlos zurück. »Ich warte jeden Tag auf den Briefträger, aber…«
»Katrin, ich möchte dir einen Vorschlag machen. Bitte lehne nicht von vornherein ab.«
»Nein, Ralf! Ich werde kein Geld von dir annehmen!«
»Sei doch vernünftig. Mein Hof wirft mehr ab, als ich für mich verbrauchen kann. Ich sehe nicht ein, warum mein Geld ungenutzt auf der Bank liegt, während du jeden Pfennig zehnmal umdrehen mußt.«
Katrin seufzte. »Du weißt, wie ich darüber denke. Ich werde mir weder von dir noch von jemand anderem etwas leihen.«
»Warum kannst du nicht einmal deinen Stolz vergessen?« fragte Ralf resigniert. »Ich würde dir und den Kindern so gerne helfen. Wenn du kein Geld geschenkt habe willst, nimm es als zinsloses Darlehen – und wenn die Versicherung gezahlt hat, gibst du es mir zurück.«
Katrin sprang so heftig auf, daß der Stuhl fast umgekippt wäre. »Und wenn die Versicherung trotz der Aussage des Anwaltes nicht zahlt? Dann stehe ich ewig in deiner Schuld.«
»Du redest, als wäre ich ein Fremder für dich«, gab Ralf sanft zurück. »Wir sind befreundet, hast du das vergessen? Und Freunden hilft man in der Not.«
»Mag sein.« Katrin verschränkte die Arme unter der Brust. »Aber ich will nun mal keine Almosen annehmen.«
Ralf trank