Hab Sonne im Herzen: Sophienlust Bestseller 140 – Familienroman
Von Aliza Korten
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Über dieses E-Book
Das Kinderheim Sophienlust erfreut sich einer großen Beliebtheit und weist in den verschiedenen Ausgaben der Serie auf einen langen Erfolgsweg zurück. Denise von Schoenecker verwaltet das Erbe ihres Sohnes Nick, dem später einmal, mit Erreichen seiner Volljährigkeit, das Kinderheim Sophienlust gehören wird.
»Noch eine Geschichte vom Leuchtturm, Mutti«, bettelte das blonde Mädchen. Anke Baldwin warf einen Blick auf ihre Armbanduhr. Sie zögerte. »Also gut«, beschloss sie dann. »Aber ich muss mich beeilen, Silke.« Das kleine Mädchen blickte die Mutter erwartungsvoll an. Doch ehe diese mit der Geschichte beginnen konnte, erklangen draußen rasche Schritte. Die Tür des Kinderzimmers wurde heftig aufgerissen, das zorngerötete Gesicht eines vierschrötigen Mannes, der trotz seiner sechsunddreißig Jahre schon zur Fülle neigte, zeigte sich. »Natürlich steckst du wieder bei dem Kind«, schalt er. »Kannst du dich nicht um die Leute kümmern, die die Party vorbereiten? Wenn es heute Abend nicht klappt, ist es deine Schuld.« Anke stand auf und strich ihren Rock glatt. »Es wird schon alles reibungslos ablaufen, Georg«, antwortete sie. »Ich gehe gleich nach unten.« »Höchste Zeit«, polterte der Hausherr weiter.
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Hab Sonne im Herzen - Aliza Korten
Sophienlust Bestseller
– 140 –
Hab Sonne im Herzen
Aliza Korten
»Noch eine Geschichte vom Leuchtturm, Mutti«, bettelte das blonde Mädchen.
Anke Baldwin warf einen Blick auf ihre Armbanduhr. Sie zögerte. »Also gut«, beschloss sie dann. »Aber ich muss mich beeilen, Silke.«
Das kleine Mädchen blickte die Mutter erwartungsvoll an. Doch ehe diese mit der Geschichte beginnen konnte, erklangen draußen rasche Schritte. Die Tür des Kinderzimmers wurde heftig aufgerissen, das zorngerötete Gesicht eines vierschrötigen Mannes, der trotz seiner sechsunddreißig Jahre schon zur Fülle neigte, zeigte sich.
»Natürlich steckst du wieder bei dem Kind«, schalt er. »Kannst du dich nicht um die Leute kümmern, die die Party vorbereiten? Wenn es heute Abend nicht klappt, ist es deine Schuld.«
Anke stand auf und strich ihren Rock glatt. »Es wird schon alles reibungslos ablaufen, Georg«, antwortete sie. »Ich gehe gleich nach unten.«
»Höchste Zeit«, polterte der Hausherr weiter. »Hoffentlich hast du dir diesmal wenigstens etwas anderes einfallen lassen als garnierten Rehrücken.«
Die blonde Frau strich dem Kind rasch über das Haar und drängte ihren aufgebrachten Mann aus dem Zimmer. Zwar mussten draußen die Dienstboten ihren Streit mit anhören, doch das war ihr immer noch lieber als eine Szene vor den Ohren ihres Töchterchens.
»Das Essen habe ich mithilfe des Chefkochs von den ›Vier Jahreszeiten‹ zusammengestellt«, sagte Anke Baldwin so ruhig wie möglich.
»Weil dir selbst nie etwas einfällt«, spottete Georg Baldwin. »Ich hätte wissen müssen, dass die Tochter eines Leuchtturmwärters den Anforderungen eines anspruchsvollen Haushalts nicht gewachsen ist.«
Anke zuckte zusammen. Es hatte eine Zeit gegeben, zu der Georg Baldwin sie stürmisch umworben hatte. Damals hatte ihm ihre unverbildete Natürlichkeit gefallen. Er hatte nicht geruht, bis sie nachgegeben hatte und ihm in die große Stadt gefolgt war, wo sie noch nie glücklich und heimisch geworden war.
»Müssen wir immer so viele Gäste haben?«, wagte Anke zu fragen.
Georg lachte geringschätzig. »Du hast keine Ahnung! Wenn ich keine gesellschaftlichen Kontakte pflege, bekomme ich keine neuen Aufträge. Aus nichts wird nichts. Als Schiffsmakler braucht man Verbindungen. Aber du möchtest am liebsten in beschaulicher Abgeschiedenheit leben und dir nicht den Kopf darüber zerbrechen, woher das Geld kommt, das du ausgibst. Dieses große Haus verschlingt viel. Dazu die beiden Wagen … Von Kartoffeln und Salz möchtest du auch nicht leben!«
»Ich wäre mit weniger zufrieden, Georg.«
»Das ist Unsinn. Man muss sein Kapital vermehren, sonst verliert man es ganz. Ich verlange wirklich nicht viel von dir. Es gibt Frauen, die dich beneiden um das Leben, das du hier führst.«
Wie kalt er das gesagt hatte. Anke ahnte schon seit langer Zeit, dass es andere Frauen gab, zu denen er zärtlich war und mit denen er sie betrog. Ohne die kleine Silke hätte sie die Ehe mit Georg Baldwin kaum bis jetzt ertragen. Hinzu kam die Scheu vor ihrem alten Vater, dem Leuchtturmwärter Hinrich Grimm. Ihr guter Vater war von Anfang an gegen die Ehe seiner einzigen Tochter mit dem Schiffsmakler aus Hamburg gewesen.
Der jungen Frau brannten Tränen in den Augen. Sie sagte kein Wort mehr, sondern schob sich an ihrem Mann vorbei und eilte die Treppe hinab. Als sie gerade in die Küche gehen wollte, klingelte das Telefon.
Anke betrat das sogenannte Arbeitszimmer ihres Mannes. Hier stand zwar ein Schreibtisch mit kostbarer italienischer Schnitzerei, doch Georg Baldwin saß niemals hier um zu arbeiten. Er hatte sein Büro in der Innenstadt. Wohin er sonst ging, wenn er unterwegs war, wusste seine Frau nicht. Sie konnte sich von der Art seiner Tätigkeit nur eine undeutliche Vorstellung machen. Was die fortgesetzten aufwendigen Einladungen, die er gab, damit zu tun haben sollten, entzog sich vollends ihrer Kenntnis.
Die junge Frau nahm den Hörer ab und meldete sich. »Anke Baldwin.«
»Ich möchte Herrn Baldwin sprechen. Es ist dringend.«
Eine Frauenstimme hatte das gesagt. Anke konnte nicht verhindern, dass ihr Herz schneller schlug. »Einen Augenblick, bitte«, sagte sie, fragte die Anruferin aber nicht nach ihrem Namen. Sie würde ihn ja doch nicht erfahren.
Schon erschien Georg am Fuß der Treppe. »Für mich?«, fragte er nur.
»Ja.«
Anke wollte nicht lauschen. Doch der Klang seiner Stimme ließ sie aufhorchen. So hatte er früher mit ihr gesprochen – damals, als er sie um jeden Preis hatte für sich gewinnen wollen.
In der Küche waren fleißige Hände am Werk. Die düstere Prophezeiung des Hausherrn, dass am Abend nichts klappen würde, würde sich gewiss nicht erfüllen. Es war durchaus überflüssig, dass Anke sich noch einmal einmischte. So grüßte sie nur freundlich und trat den Rückweg an.
Zwischen Tür und Angel zur Diele prallte sie fast mit Georg zusammen, der wie ein Wilder aus dem Haus stürmte. »Pass doch auf«, schalt er. »Falls ich bis zum Eintreffen der ersten Gäste nicht zurück bin, musst du mich entschuldigen und die Leute allein empfangen.« Schon war er auf und davon. Die Tür schlug hart hinter ihm zu.
Anke konnte durch die Glasscheibe sehen, dass er in seinen Wagen einstieg und mit hoher Geschwindigkeit davonbrauste. Er wollte zweifellos zu der Frau, die eben angerufen hatte.
Der Gedanke tat Anke längst nicht mehr weh. Im Gegenteil – sie atmete erleichtert auf, dass ihr Mann zunächst einmal weg war. So gab es wenigstens keinen Streit mehr, und sie konnte sich um Silke kümmern, die ständig zu kurz kam, dessen Vater nicht einmal mehr verbarg, dass ihm das zauberhafte Kind lästig war.
Anke stieg die Treppe langsam wieder hinauf. Im hellen Kinderzimmer stand Silke am Fenster.
»Er ist weg«, sagte die Kleine. »Warum ist er immer böse mit uns?«
Anke umarmte ihr Töchterchen. »Ich weiß es nicht«, flüsterte sie.
»Er mag uns nicht, Mutti. Wollen wir zu Großväterchen im Leuchtturm fahren und nie mehr heimkommen? Es muss wunderschön dort sein, viel schöner als hier. Großväterchen ist bestimmt immer lieb zu uns.«
»So einfach ist das nicht, Liebling«, erwiderte Anke traurig. »Aber es ist möglich, dass wir eines Tages hinfahren.«
Silke strahlte. »Ich nehme meinen roten Wettermantel mit und die Regenkappe, Mutti. Du hast gesagt, dass man auf der Insel festes Zeug braucht. Bloß gut, dass ich schon alles habe.«
Anke küsste die Kleine. Als ob das rote Lackmäntelchen das Wichtigste an dieser Reise wäre, die möglicherweise einen Abschied für immer bedeuten würde!
Sie erzählte dem andächtig lauschenden Kind von der kleinen Insel Neuwerk in der Elbemündung, auf der sie selbst aufgewachsen war. Immer wieder fragte Silke nach dem Leuchtturm. Dass ihr Großvater für dieses bedeutende Seezeichen die Verantwortung trug, fand sie ungeheuer interessant. In ihrer kindlichen Vorstellung war der alte Hinrich Grimm ein Mann, der von seinem Leuchtturm aus das ganze Meer beherrschte.
Am Abend, als Silke in ihrem Bettchen lag, fuhren unten die Wagen der Gäste vor. Anke trug ein langes festliches Kleid und hatte ihr lichtblondes Haar hochgesteckt. Sie war eine schöne Frau, doch ihre blauen Augen blickten den heiter gestimmten Menschen kummervoll entgegen. Ihren Mann musste sie zunächst bei den Gästen entschuldigen. Er habe etwas Dringendes erledigen müssen, erklärte sie und senkte die Lider, um die teils spöttischen, teils wissenden Blicke der Leute nicht sehen zu müssen.
Als Georg Baldwin endlich erschien, war er stark angeheitert und lärmte in peinlicher Weise. Insgeheim fragte sich Anke, ob er in dieser Verfassung in der Lage sei, geschäftliche Verbindungen anzuknüpfen. Er machte sichtlich auf niemanden einen vorteilhaften Eindruck. Man ging ihm deutlich aus dem Weg.
Warum ertrage ich das immer noch?, fragte sich Anke zum tausendsten Mal. Sie war müde und fühlte sich wie eine Fremde im eigenen Haus. Es war schon fast zwei Uhr morgens. Allmählich schickten sich die Gäste zum Gehen an. Ihr Mann flirtete eben mit der Tochter eines Reeders aus Griechenland, der angeblich sein Geschäftspartner war. Doch nun ergriff der Grieche unmissverständlich den schlanken Arm seiner Tochter und zog sie mit sich fort.
Endlich war das Haus leer. Georg Baldwin schenkte sich noch einmal Whisky ein. Anke wollte zu Bett gehen, aber ihr Mann befahl mit schwerer Stimme: »Bleib hier!«
Gewohnheitsmäßig gehorchte sie. Es war einfacher, als sich seinen Zorn zuzuziehen.
»Trink etwas«, forderte er sie auf. »Du bist so nüchtern, dass es mich richtig wütend macht.«
»Ich mag nicht, Georg.« Anke hasste Whisky.
»Die Welt sieht ganz anders aus, wenn man etwas getrunken hat.«
»Ich mache mir nun einmal nichts daraus. Willst du nicht schlafen gehen? Es wird schon bald wieder hell.«
»Wie eine Schulmeisterin redest du. Verflixt, guck mich nicht so an! Trink endlich etwas!« Mit unsicherer Hand füllte er ein Glas und hielt es ihr hin. »Hier.«
»Wirklich, ich möchte nicht, Georg.«
»Ich verlange, dass du es austrinkst!«
»Lass mich bitte in Ruhe. Ich kann nicht.«
Er stand auf und umklammerte ihren Arm. Als sie sich wehrte, warf er das Glas nach ihr. Es traf sie über dem Auge, der Whisky rann über ihr Kleid.
Plötzlich