Sehnsucht in deinen Augen
Von Celeste Hamilton
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Über dieses E-Book
Ehefrau verzweifelt gesucht! Der Haushalt liegt brach, die Kinder sind unbeaufsichtigt, die Arbeit nimmt überhand. Für eine zärtliche Romanze hat True Whitman in dieser Lage weder Zeit noch Geduld. Da kommt die hübsche Paige McMullen, kürzlich auf die benachbarte Ranch zurückgekehrt, wie gerufen: Von Jugend an kennen sie sich, jetzt scheint eine Vernunftehe mit ihr die perfekte Lösung. Kurz entschlossen schlägt True ihr vor zu heiraten - und sie nimmt an. Doch als er Paige den Ring ansteckt, sieht er plötzlich eine überwältigende Sehnsucht nach Liebe in ihren Augen …
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Sehnsucht in deinen Augen - Celeste Hamilton
Celeste Hamilton
Sehnsucht in deinen Augen
IMPRESSUM
BIANCA erscheint im CORA Verlag GmbH & Co. KG,
20350 Hamburg, Axel-Springer-Platz 1
© 1998 by Jan Hamilton Powell
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V., Amsterdam
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe BIANCA
Band 1639 (18/2) - 2008 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg
Übersetzung: Rita Hummel
Fotos: Matton Images
Veröffentlicht im ePub Format im 03/2011 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
eBook-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 978-3-86349-875-7
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Führung in Lesezirkeln nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Verlages. Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte übernimmt der Verlag keine Haftung. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
1. KAPITEL
So musste sich in Viktorianischer Zeit eine zartbesaitete Jungfrau kurz vor der Ohnmacht gefühlt haben.
Ein so plötzliches Schwindelgefühl hatte Paige McMullen noch nie erlebt. Natürlich könnte sie diese unvermittelte Schwäche auf ihr spärliches Frühstück oder die stickige Luft hier im Laden für Rancherbedarf schieben. Aber vermutlich lag es eher an dem eins neunzig großen Texaner, der sich überraschend vor ihr aufbaute.
True Whitmans sonnengebräuntes Gesicht verzog sich zu einem breiten Lächeln, und seine blauen Augen blitzten erfreut. „Hey, wie geht’s dir, Kleines?" Als Kind hatte er sie schon immer so genannt, wenn sie zusammen gespielt hatten.
„Na, du", war alles, was Paige herausbrachte. So hatte sie sich das Wiedersehen mit True nicht gerade vorgestellt: zwischen Tierfuttersäcken, in abgewetzten Jeans und ausgeleiertem Pullover, mit zerzaustem Pferdeschwanz und völlig ungeschminkt. Wenn sie von einer Begegnung mit ihm träumte, war sie herausgeputzt wie für einen festlichen Tanzball. Und in ihrer Fantasie fühlten sich ihre Beine auch nicht wie Gummi an …
Aber True schien von alldem nichts zu merken. „Begrüßt man so einen alten Freund?" Bevor Paige wusste, wie ihr geschah, drückte er sie an sich, als wäre es das Selbstverständlichste von der Welt. Im Gegensatz zu ihr verspürte er offenbar keinerlei Unbehagen bei diesem unerwarteten Wiedersehen nach so vielen Jahren.
Eigentlich fühlte sie sich ganz wohl in seinen Armen – und nicht nur, weil er sie nun festhalten könnte, wenn sie doch noch ohnmächtig würde. Still genoss sie jedes Detail seiner Gegenwart. Sein Körper verströmte einen herben, erdigen Duft: Viel besser als die Männer mit ihren teuren Aftershaves, mit denen sie in den letzten zehn Jahren zu tun gehabt hatte, dachte sie. Seine vertraute Stimme klang nun tiefer und männlicher. Und Paige bemerkte, wie markant sein Gesicht geworden war.
Ehe sie sich vollends verlor, löste er sich aus der Umarmung. „Wie geht es deinem Dad?", fragte er mit ernster Miene.
„Gut", erwiderte sie, vermied jedoch, ihn anzusehen. Noch nie war es ihr gelungen, True anzulügen. Zum Teil hatte sie auch aus diesem Grund den Kontakt zu ihm abgebrochen: Was, wenn er bemerkt hätte, was sie wirklich für ihn empfand?
Sanft hob er mit den Fingern ihr Kinn an, sah ihr nun direkt in die Augen. „Ist es schlimmer geworden? Hatte Rex einen Rückfall?"
Sie schüttelte den Kopf. „Nein, aber sein Zustand hat sich auch nicht wesentlich gebessert. Keine Veränderung. Nicht die geringste."
Mit seinen blauen Augen betrachtete er sie forschend. „Und das ist das Problem."
Sie nickte, nicht sonderlich überrascht, dass True ihre Gedanken gelesen hatte.
Seit ihr Vater Rex McMullen im September einen Schlaganfall erlitten hatte, waren vier Monate vergangen. Rex war zäh: Durch seine Willensstärke hatte er es geschafft, wieder sprechen zu lernen, schien sich auch körperlich zu erholen. Doch die Ärzte in der Rehaklinik in Dallas meinten, er würde den rechten Arm und das rechte Bein wahrscheinlich nie wieder richtig bewegen können. An manchen Tagen lief er beinahe problemlos an Krücken. An anderen wiederum gelang es ihm kaum, aus dem Rollstuhl aufzustehen. Dabei konnte er einst wie kein anderer reiten und das Lasso schwingen. Nicht zuletzt durch diese Fähigkeiten hatte Rex die Double M zu einer der erfolgreichsten Farmen in der Gegend um Amarillo gemacht. Doch es war nicht zu leugnen: Aus dem Rancher war ein alter Mann geworden. Es tat Paige in der Seele weh, dass ihr geliebter Vater nie wieder derselbe sein würde.
„Also bleibst du jetzt eine Weile hier, um deinem Vater zu helfen?", fragte True.
„Ich bleibe für immer hier, antwortete Paige und musste lachen, als sie sein verblüfftes Gesicht sah. „Komisch, dass du noch nichts davon gehört hast.
„Hast du das gute Leben in Kalifornien satt?"
„Weißt du, wenn man aus Texas kommt und plötzlich statt einem saftigen Rindersteak Sushi vorgesetzt bekommt …"
True fuhr sich mit der Hand durch sein dunkles Haar. Es war noch genauso voll wie damals vor zwölf Jahren. Als er einundzwanzig und sie neunzehn gewesen war. Und als er eine andere geheiratet hatte.
Schnell schob Paige diesen schmerzlichen Gedanken beiseite. „Ab jetzt werde ich die Ranch führen. Jarrett studiert noch – warum sollte er sein Studium unterbrechen, wenn ich stattdessen einspringen kann? Außerdem hat er gar kein Interesse an der Ranch."
„Und du? Es besteht ein enormer Unterschied zwischen der Ranch und deinem schicken Ferienklub an der Westküste."
Sein skeptischer Blick brachte ihr Blut in Wallung. „Überhaupt nicht. Dort habe ich immerhin ein Luxushotel mit allem Drum und Dran geleitet: dreizehnhundert Zimmer, vier Pools, zwei Golfplätze …"
„Ist ja gut, fiel True ihr ins Wort und hielt seinen Cowboyhut wie zur Verteidigung vor seine Brust. „Du bist ja noch genauso hitzköpfig wie früher, Kleines.
„Und du behandelst mich immer noch wie deine dumme kleine Schwester." Ihre Blicke trafen sich. Paige musste daran denken, wie sie damals versucht hatte, seine Sichtweise zu ändern. Aber sie bezweifelte, dass er sich an diese Nacht erinnerte, als sie ihm erklären wollte, was er ihr bedeutete.
„Ich behaupte ja nicht, dass du die Ranch nicht führen kannst. Ich wundere mich nur, dass du überhaupt daran interessiert bist. Du bist schon so lange von zu Hause weg. Ich hätte nie damit gerechnet, dass du jemals freiwillig wieder nach Hause kommen würdest."
Was ihn zu dieser Ansicht bewog, war ihr ein Rätsel. Schließlich hatten sie sich in den letzten Jahren kaum gesprochen. Seit sie Amarillo verlassen hatte, um zuerst aufs College zu gehen und dann nach Kalifornien zu ziehen, war sie zwar häufig nach Hause gekommen. Aber obwohl True die Nachbarranch gehörte, hatten sich ihre Wege nur selten gekreuzt. Meist hatte sie True dann in Begleitung seiner Frau und seiner Kinder getroffen.
Allerdings hatten selbst ihre engsten Freunde überrascht reagiert, als sie ihnen eröffnete, nach Amarillo zurückzukehren. Lange Zeit hatte sie sich diesen heimlichen Wunsch selbst nicht eingestehen können. Erst der Schlaganfall ihres Vaters hatte ihr die Augen geöffnet: Nur in der rauen Landschaft von Amarillo wollte sie leben. Dies war ihre Heimat, und hierher gehörte sie.
Sie lächelte. „Hier ist mein Zuhause, weißt du? Paige sah auf die Uhr. „Himmel, ich muss nach Hause zurück. Bestimmt wartet Tillie schon mit dem Essen, und ich muss mit Dad noch über diese …
Unvermittelt hielt sie inne und blickte auf die Papiere in ihrer Hand. Die ganze Zeit schon umklammerten ihre Finger fest die unbezahlten Rechnungen, die sie gerade mit dem Geschäftsführer des Ladens durchgegangen war. Doch True brauchte nicht zu wissen, dass sich die Double M in finanziellen Schwierigkeiten befand.
„Darf ich dich zum Mittagessen einladen? Bis zwölf Uhr schaffst du es sowieso nicht rechtzeitig nach Hause. Eure Haushälterin wird also in jedem Fall mit dir schimpfen", frotzelte er.
Paige verzog das Gesicht. „Manchmal ist Tillie wirklich eine Plage. Ich habe mich oft gefragt, wieso Dad sie all die Jahre behalten hat."
„Weil sie die beste Schokoladencremetorte von ganz Westtexas backt. Und weil sie euch über alles liebt."
Als True ihren rötlich blonden Pferdeschwanz berührte, der ihr über die Schulter fiel, kam sie sich wieder wie ein zehnjähriges Mädchen vor. Zorn und Verlegenheit trieben ihr die Röte ins Gesicht.
„Geh mit mir essen", bat True noch einmal.
Vehement schüttelte sie den Kopf. Niemals würde sie ihn in diesem Aufzug begleiten. Dass er in ihr nicht die Frau sah, zu der sie mittlerweile herangewachsen war, schien offensichtlich. Unter keinen Umständen konnte Paige riskieren, seinen falschen Eindruck zu bestätigen. Beim nächsten Mal würde sie …
„Nein, ich muss jetzt wirklich gehen", erklärte sie bestimmt.
Mit einem bedauernden Achselzucken folgte True ihr hinaus in die kalte Januarluft und setzte seinen Hut auf. „Es ist schon wieder kälter geworden. Hast du denn keine Jacke dabei?" Er stellte sich dicht neben sie, als wolle er sie vor dem rauen Wind schützen.
Überrascht von seiner plötzlichen Annäherung fielen Paige die Papiere aus der Hand. Doch bevor der Wind sie erfassen konnte, griff True blitzschnell nach den Blättern und schob sie ihr unter den Arm. Flüchtig berührte er dabei ihre Brust. Einen atemlosen Moment glaubte sie, er ließe seine Hand absichtlich noch ein wenig länger dort ruhen.
Unverhofft schoss ihr durch den Kopf, dass sie doch lieber auf Tillies Ratschläge hätte hören sollen: Eine Dame sollte immer einen Büstenhalter tragen.
Es dauerte eine Weile, bis Paige wagte, ihn wieder anzusehen. Doch der kleine Zwischenfall schien True nicht berührt zu haben. Entweder ging er als höflicher Gentleman darüber hinweg. Oder aber er nahm ihre weiblichen Reize gar nicht wahr.
Ohne ein Wort des Dankes wandte sie sich ihrem weißen Pick-up zu, auf dem zwei rote, verschlungene Ms, das Logo der Double M Ranch, prangten. Betont lässig verabschiedete Paige sich.
„Was dagegen, wenn ich heute Abend bei euch vorbeikomme?"
Vor Schreck ließ Paige die Wagentür wieder zufallen. In ihrem Kopf wirbelten die Gedanken nur so durcheinander.
„Ich würde gern deinen Dad besuchen."
Dieser Satz brachte sie wieder zur Vernunft. „Natürlich. Schnell stieg sie in den Wagen und setzte sich ans Steuer. „Du bist jederzeit willkommen.
„Falls du Hilfe auf der Ranch brauchst, sagst du mir Bescheid, okay?"
Das fehlte gerade noch, dachte sie. „Ja, mach ich", gab sie knapp zurück und zog die Tür hinter sich zu.
Als sie davonfuhr, konnte sie einfach nicht widerstehen und warf einen Blick in den Rückspiegel: True stand in der Mitte des kiesbestreuten Parkplatzes. Seine kräftigen Beine hatte er leicht gespreizt, die Arme vor der Brust verschränkt, als wäre er tief in Gedanken versunken.
Aber bestimmt dachte er nicht an sie. Nein, das ganz sicher nicht.
Den ganzen Nachmittag über kreisten Trues Gedanken um Paige. Bei der Reparatur der Zäune im südlichen Teil des weiten Ranchlandes bot sich ihm stets die beste Gelegenheit, seinen Grübeleien ausgiebig nachzugehen. Dass ihm jetzt nichts anderes in den Sinn kam als Paige … Er redete sich ein, dass er einfach deshalb an sie denken musste, weil sie uralte Freunde waren.
Trotzdem stellte er sich immer wieder den Moment vor, in dem seine Hand ihre Brust gestreift hatte. Allein diese kurze Berührung hatte ihm eine Ahnung von ihren weichen, weiblichen Rundungen gegeben. Er hatte nicht damit gerechnet, dass das Gefühl so angenehm sein könnte. Überraschend angenehm.
Natürlich hatte er sich nichts anmerken lassen, denn schließlich kannte er Paige schon sein halbes Leben – sie war seine Sandkastenfreundin gewesen. Erst kurz bevor sie fortgezogen war, hatte sich etwas zwischen ihnen verändert. Doch nichts könnte ihm jemals die Erinnerung an die gemeinsame Kindheit und Jugend nehmen. Nie würde er den Spaß vergessen, wenn sie auf ihren Pferden über die Felder galoppiert waren und danach im Fluss gebadet hatten.
In der Nacht, als Paiges Mutter gestorben war, war Paige weggelaufen, und True hatte sie schließlich gefunden. Damals war er dreizehn gewesen. Sie hatte sich an seiner Brust ausgeweint, bevor er sie nach Hause gebracht hatte. Dieses Erlebnis hatte sie noch fester zusammengeschweißt.
Heute hätte er nur allzu gern mehr Zeit mit ihr verbracht. Es wäre schön gewesen, sich beim Essen mit ihr darüber zu unterhalten, was sie all die