Rückkehr ins Land der Liebe
Von RaeAnne Thayne
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Über dieses E-Book
Anna Wilder muss in ihren Heimatort zurückkehren, um für ihre Firma das Walnut River General Hospital aufzukaufen. Prompt holen sie dort die Schatten der Vergangenheit ein. Ausgerechnet Richard Green vertritt das Krankenhaus als Anwalt: der Mann, den sie vor acht Jahren nach einer unvergesslichen Liebesnacht ohne ein Wort des Abschieds verlassen musste. Immer noch ist die Anziehungskraft zwischen ihnen wie magisch. Doch als Anna schon glaubt, dass Richard ihr verziehen hat und ihrem Glück eine zweite Chance gibt, verdächtigt er sie jäh, ein doppeltes Spiel zu treiben …
RaeAnne Thayne
RaeAnne Thayne hat als Redakteurin bei einer Tageszeitung gearbeitet, bevor sie anfing, sich ganz dem Schreiben ihrer berührenden Geschichten zu widmen. Inspiration findet sie in der Schönheit der Berge im Norden Utahs, wo sie mit ihrem Ehemann und ihren drei Kindern lebt.
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Buchvorschau
Rückkehr ins Land der Liebe - RaeAnne Thayne
RaeAnne Thayne
Rückkehr ins Land der Liebe
IMPRESSUM
BIANCA erscheint im CORA Verlag GmbH & Co. KG,
20350 Hamburg, Axel-Springer-Platz 1
© 2008 by Harlequin Books S. A.
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V., Amsterdam
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe BIANCA
Band 1677 2009 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg
Übersetzung: Tatjána Lénárt-Seidnitzer
Fotos: Masterfile
Veröffentlicht im ePub Format im 12/2010 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
eBook-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 978-3-86295-356-1
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Führung in Lesezirkeln nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Verlages. Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte übernimmt der Verlag keine Haftung. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
1. KAPITEL
So fühlt es sich also an, ausgegrenzt zu werden.
Anna Wilder hob ein wenig das Kinn, umfasste den Griff des Aktenkoffers fester und marschierte geradewegs durch die Lobby des WRG, des Walnut River General Hospital, vorbei an den beiden grauhaarigen alten Ladies am Informationsschalter.
Ohne hinzusehen, spürte sie die abschätzigen Blicke, die ihr zu den Fahrstühlen folgten. Sie brauchte auch nicht jedes der gehässigen Worte zu verstehen, die hinter ihrem Rücken getuschelt wurden, damit sich ihr angegriffener Magen meldete. Sie wusste auch so, was geredet wurde.
Das ist sie. Anna Wilder, die Verräterin. James und Alice müssen sich im Grabe umdrehen.
Sie bemühte sich, die Frauen ebenso zu ignorieren wie das Sodbrennen. Dennoch zitterte ihre Hand, als sie den Rufknopf drückte.
Einer der beiden Aufzüge steckte im zweiten Stock fest, der andere kam wie in Zeitlupe nach unten gekrochen.
Voller Ungeduld wartete Anna, damit sie sich den bösen Blicken und dem Gerede entziehen konnte, aber vor allem, weil sie schon spät dran war.
Vielleicht sollte ich lieber die Treppe nehmen, dachte sie. Noch schlimmer, als zu spät beim Meeting zu erscheinen, war nämlich die Vorstellung, im Fahrstuhl einem ihrer Geschwister zu begegnen.
Sie fragte sich, wem sie am allerwenigsten unter die Augen treten wollte. Ella? Peter? David? Wahrscheinlich war es ganz egal. Alle waren wütend auf sie.
„Sie mag ja Wilder heißen, sagte eine der Empfangsdamen übertrieben laut und deutlich, damit Anna es bloß nicht überhörte, „aber sie ist keine richtige Wilder. Sonst wäre sie ja wohl nicht so dick befreundet mit den Leuten, die dieses Krankenhaus und die ganze Stadt verraten wollen.
Anna rang nach Atem. Heiße Tränen brannten in ihren Augen. Eigentlich sollte es sie nicht kümmern, was zwei alte Weiber über sie dachten, die nichts anderes zu tun hatten als den lieben langen Tag zu tratschen.
Sie war felsenfest davon überzeugt, dass sie das Richtige, das Beste für Walnut River und seine Einwohner tat. Sie musste nur noch alle anderen in der Kleinstadt davon überzeugen.
Gerade wollte sie sich der Treppe zuwenden, da kam endlich der Fahrstuhl. Zum Glück war er leer.
Sobald sie eingestiegen war und sich die Türen schlossen, lehnte sie sich matt an die Wand und schluckte eine Tablette gegen Magensäure.
Sie wollte nicht in Walnut River sein, nicht in diesem Krankenhaus, das ihre Familie gegründet hatte, nicht in diesem Lift. Da half es auch nicht, dass sie mit negativen Reaktionen gerechnet hatte. Dass die Fusion, die sie vorantreiben sollte, bei der Belegschaft des WRG keineswegs populär war, wusste sie durch die Recherchen ihrer Firma und die Opposition ihrer Familie. Keiner ihrer Angehörigen machte ein Geheimnis aus seinem Missfallen.
Konzentrier dich auf den Auftrag, sagte sie sich entschieden. Wichtig war nur, die Sache zügig unter Dach und Fach zu bringen und schnell wieder nach New York zurückzukehren.
Ihr blieb keine andere Wahl, wenn sie ihren Job behalten wollte, an dem sie sehr hing.
Sie liebte die Arbeit für Northeastern Health Care, kurz NHC genannt, einem riesigen Konzern mit der höchsten Zuwachsrate auf dem Gebiet der Gesundheitsversorgung. Sie war dort auf der Überholspur und hegte berechtigte Hoffnungen, es innerhalb der nächsten fünf Jahre zur Direktorin zu bringen. Wenn es ihr gelang, diesen Auftrag mit Erfolg abzuschließen, rückte ihr Ziel beträchtlich näher.
Im zweiten Stock hielt der Fahrstuhl an. Zwei Krankenschwestern stiegen ein. Zum Glück kannten sie Anna nicht und lächelten sogar freundlich zur Begrüßung.
Anscheinend ist David noch nicht dazu gekommen, im ganzen Krankenhaus Steckbriefe aufzuhängen, die mich verteufeln.
Ihrem zweitältesten Bruder traute Anna so ziemlich alles zu. Auch er war kürzlich nach Walnut River zurückgekehrt, aber im Gegensatz zu ihr mit offenen Armen empfangen worden. Der verlorene Sohn, der eine lukrative Karriere als begnadeter plastischer Chirurg der Stars und Sternchen in Los Angeles aufgegeben hatte, um sein brillantes Können den einfachen Patienten in seiner Heimatstadt zu widmen.
Im vierten Stock stiegen alle Insassen aus. Verwirrt blieb Anna stehen und versuchte, sich zu orientieren. Denn dieser Trakt des Krankenhauses war in den letzten Jahren von Grund auf renoviert worden.
Sie erinnerte altmodische Flure mit Wandpaneelen in Holzoptik und dunklem Teppichboden. Nun war das Ambiente zeitgemäß, wirkte hell und luftig durch neue große Fenster und frische Farben.
„Kann ich Ihnen vielleicht helfen?", bot eine der Schwestern an.
„Ja, danke. Ich suche den Verwalter."
„Da entlang. Es ist die dritte Tür rechts."
„Vielen Dank." Anna folgte den Anweisungen, klopfte an die angegebene Tür und betrat das Büro.
Die Vorzimmerdame hieß Tina Tremaine, wie ein Schild an ihrer Bluse enthüllte, und sie begrüßte ihre Besucherin mit offener Miene und einem warmen Lächeln.
„Hallo, ich bin Anna Wilder."
Sobald der Name fiel, schwand das Lächeln, wie wenn ein eisiger Wind durch den Raum wehte.
„Ich habe um drei Uhr einen Termin mit dem Verwalter und unseren Anwälten."
„Bedaure, Mrs. Wilder. Phil Crandall, unser Anwalt, ist noch nicht da. Aber Mr. Sumner und Ihr Anwalt erwarten Sie im Sitzungszimmer. Die linke Tür, bitte", erklärte Tina Tremaine durchaus in höflichem Ton, aber mit unverhohlener Abneigung im Blick.
Impulsiv suchte Anna nach einer Rechtfertigung gegen die Geringschätzung ihrer Person. Dann überlegte sie es sich anders. In letzter Zeit arbeitete sie daran, mit lebenslangen Gewohnheiten zu brechen und ihren Hunger nach Anerkennung abzulegen. War es wirklich wichtig, was diese Empfangsdame von ihr dachte? Es änderte gewiss nichts an der Mission.
„Danke." Lächelnd, mit erhobenem Kopf und in der Hoffnung, Zuversicht und Kompetenz auszustrahlen, betrat sie den Sitzungsraum.
Denk positiv, ermahnte sie sich und malte sich aus, wie sie ihren Chefs den unterzeichneten Vertrag vorlegte – ihrem direkten Vorgesetzten Wallace Jeffers, dem Direktor der Abteilung Fusion und Akquise, sowie dem Konzernleiter Alfred Daly, der sie persönlich mit diesem Auftrag betraut hatte.
An diese berauschende Vorstellung klammerte sie sich, als sie den beiden Männern gegenübertrat, die über ausgebreiteten Papieren am Konferenztisch saßen. Sie kannte beide und erklärte lächelnd: „Tut mir leid, dass ich euch warten ließ. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass rund um das Krankenhaus so viel gebaut wird."
J.D. Sumner, der Verwalter, nickte. „Walnut River wächst gewaltig."
„Ein Faktor mehr, der dieses Krankenhaus interessant für NHC macht, wie du weißt."
Er war als Angestellter von NHC nach Walnut River gekommen und Annas Schwester verfallen – im wahrsten Sinne des Wortes. Bei einem bösen Sturz auf den Stufen des Krankenhauses war er Ella, ihres Zeichens Unfallchirurgin, direkt vor die Füße gefallen und von ihr behandelt worden. Zwischen ihnen musste es auf Anhieb gefunkt haben, denn ihretwegen hatte er seine vielversprechende Karriere bei NHC aufgegeben und die Leitung des WRG übernommen.
Anna begriff nicht, wie jemand wegen etwas so Vergänglichem wie der Liebe auf eine hart erarbeitete Position verzichten konnte. Andererseits beneidete sie Ella.
„Unser Anwalt ist auch im Verkehr stecken geblieben, eröffnete J.D. „Er hat gerade angerufen und muss noch einen Parkplatz suchen, aber er sollte jeden Moment eintreffen.
Obwohl er in höflichem Ton sprach, hörte sie eine gewisse Zurückhaltung in seiner Stimme. Als frühere Arbeitskollegen kannten sie sich nur flüchtig, aber sie waren sich stets wohlgesonnen und mit Respekt begegnet. Nun standen sie allerdings auf entgegengesetzten Seiten, was die Zukunft des Krankenhauses anging.
Er wirkte nicht so feindselig wie befürchtet, sondern nur distanziert. Das erleichterte sie. Soweit sie wusste, war er inzwischen mit ihrer Schwester verlobt. Das allein verlieh der Situation schon genug Peinlichkeit, auch ohne unverhohlene Antipathie.
„Ich gehe mir schnell einen Kaffee holen, bevor wir anfangen, eröffnete Walter Posey, der als Anwalt von NHC eng mit ihr an diesem Projekt zusammenarbeitete. „Kann ich euch etwas mitbringen? Anna?
„Nein, danke."
„Sumner?"
J.D. schüttelte den Kopf und musterte Anna mit eindringlichem Blick. „Und wie geht es dir? Ich meine wirklich?"
Sie wunderte sich über die unerwartete persönliche Frage und wählte ihre Worte sorgfältig. „Ich komme zurecht. Du hast vermutlich gehört, dass ich versucht habe, mich aus dieser Sache rauszuhalten. Offensichtlich ohne Erfolg."
Er nickte. „Das habe ich gehört. Glaubt Daly wirklich, dass durch deine Familienzugehörigkeit irgendwer glücklicher über den Übernahmeversuch ist?"
„Die Hoffnung stirbt wohl zuletzt", murmelte sie.
Er lachte. „Offensichtlich kennt er deine störrischen Geschwister nicht."
„Stimmt. Nach kurzem Zögern fragte sie: „Wie geht es Ella?
Sein Blick verklärte sich. „Großartig. Abgesehen davon, dass sie ein bisschen überfordert ist, weil die Hochzeit schon nächsten Monat stattfindet. Ich habe ihr gesagt, dass sie jemanden für die Vorbereitungen engagieren soll, aber davon will sie nichts hören. Er hielt einen Moment inne. „Sie vermisst dich.
Ich sie auch. Die Worte lagen Anna auf der Zunge, aber sie konnte J.D. nicht eingestehen, wie weh ihr die Entfremdung tat.
Bis vor einem Jahr waren sie und Ella ein Herz und eine Seele gewesen und hatten alles miteinander geteilt – Kleidung, Geheimnisse, Freunde.
Deutlich erinnerte sie sich, wie sie als Kinder im Gras gelegen und über Jungen gekichert hatten, und im Geiste hörte sie Ella wie damals erklären: „Du wirst mal meine Brautjungfer und ich deine."
„Eine von uns wird früher heiraten. Also muss die andere eigentlich ‚Brautmatrone‘ heißen."
Ella hatte lachend den Kopf geschüttelt. „Deine Wortschöpfungen sind einfach genial! Aber das klingt so furchtbar altmodisch! Wie nach einer grauhaarigen alten Lady. Lass uns doch beide Brautjungfern sein, auch wenn eine von uns schon verheiratet ist."
So war es seit ewigen Zeiten geplant. Doch nun musste Anna befürchten, dass sie nicht einmal eine Einladung zur Hochzeit bekam. Insbesondere, wenn sie ihr Ziel erreichte und die Fusion erwirkte.
Karriere oder Familie.
Eine schreckliche Entscheidung.
„Du solltest mit ihr reden", sagte J.D. sanft.
„Ich wünschte, es ginge um etwas, das durch ein kleines Gespräch zu klären wäre, murmelte sie den Tränen nahe. „So einfach ist das nicht, fürchte ich.
„Das weiß man nie, solange man es nicht versucht."
Sie wusste nicht, was sie darauf sagen sollte. Zum Glück öffnete gerade jemand die Bürotür. Sie rechnete mit Walter und atmete erleichtert auf. Ihre Stimmung sank jedoch abrupt, sobald sie einen ganz anderen Mann eintreten sah.
„Tut mir leid, dass ich mich verspätet habe, aber der Verkehr ist höllisch." Er war groß und schlank. Seine Haare glänzten wie Gold im Sonnenschein. Seine Züge waren klassisch geschnitten. Lange Wimpern, markante Nase, fester Mund.
Die acht Jahre seit ihrer letzten Begegnung mit Richard Green waren ihm gut bekommen. Er war so sexy wie eh und je – die Art Mann, nach der sich jede Frau umdreht. In seiner Teenagerzeit hatte er nirgendwo hingehen können, ohne von einer Horde kichernder Mädchen verfolgt zu werden.
Nun ging dazu ein Hauch von Gefahr von ihm aus, eine athletische Stärke, die auf Anna faszinierend und verführerisch wirkte.
J.D. stand auf und reichte ihm zur Begrüßung die Hand. „Danke, dass du so kurzfristig für Phil einspringen konntest."
„Kein Problem. Richard blickte J.D. über die Schulter. Seine blauen Augen, die nichts von ihrer überwältigenden Wirkung eingebüßt hatten, spiegelten Verblüffung und Fassungslosigkeit wider. „Anna!
In einer anderen Situation hätte sie ihn