Die geborgte Braut: Der Bergpfarrer 369 – Heimatroman
Von Toni Waidacher
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Über dieses E-Book
Diese Serie enthält alles, was die Leserinnen und Leser von Heimatromanen interessiert.
In der Diskothek »Old Fashion« ging es hoch her. An die dreihundert tanzwütige Gäste drängten sich in der ehemaligen Lagerhalle einer stillgelegten Kartonagenfabrik. Musik dröhnte aus den Lautsprecherboxen, Laserblitze zuckten und eine Anlage projizierte bunte Bilder an die weiß gekalkten Wände. Tische und Sitzgelegenheiten gab es kaum. Dafür einen über zehn Meter langen Tresen, hinter dem die Angestellten alle Hände voll zu tun hatten, den Gästen, die Wünsche nach Bier, Softdrinks und Mixgetränken zu erfüllen. Clemens Thaler griff nach seinem Glas, das er auf dem Tresen abgestellt hatte und prostete dem Freund zu. »Tolle Stimmung hier! Was, Andy?« rief er durch den Lärm und bewegte sich dabei im Rhythmus der Musik. Andreas Bruckner machte ein eher sauertöpfisches Gesicht. Er sah nicht aus, als fände er großen Gefallen an dem Spektakel, und die hübschen Mädchen, die sich auf der Tanzfläche die Gliedmaßen verrenkten, beachtete er kaum. »Was ist denn los mit dir?« wollte Clemens wissen. »Du guckst die ganze Zeit, als wenn's dir die Petersilie verhagelt hätte.« »Das kannst' wohl laut sagen«, kam es zurück. Der dreiundzwanzigjährige Student der Betriebswirtschaft trank sein Bier aus und gab dem anderen ein Zeichen, ihm nach draußen zu folgen. Clemens trank ebenfalls aus und zwängte sich hinter seinem Kommilitonen durch die Menge. Vor der Disko herrschte kaum weniger Betrieb, als drinnen.
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Buchvorschau
Die geborgte Braut - Toni Waidacher
Der Bergpfarrer
– 369 –
Die geborgte Braut
Aus Spiel wird Ernst
Toni Waidacher
In der Diskothek »Old Fashion« ging es hoch her. An die dreihundert tanzwütige Gäste drängten sich in der ehemaligen Lagerhalle einer stillgelegten Kartonagenfabrik. Musik dröhnte aus den Lautsprecherboxen, Laserblitze zuckten und eine Anlage projizierte bunte Bilder an die weiß gekalkten Wände.
Tische und Sitzgelegenheiten gab es kaum. Dafür einen über zehn Meter langen Tresen, hinter dem die Angestellten alle Hände voll zu tun hatten, den Gästen, die Wünsche nach Bier, Softdrinks und Mixgetränken zu erfüllen.
Clemens Thaler griff nach seinem Glas, das er auf dem Tresen abgestellt hatte und prostete dem Freund zu.
»Tolle Stimmung hier! Was, Andy?« rief er durch den Lärm und bewegte sich dabei im Rhythmus der Musik.
Andreas Bruckner machte ein eher sauertöpfisches Gesicht. Er sah nicht aus, als fände er großen Gefallen an dem Spektakel, und die hübschen Mädchen, die sich auf der Tanzfläche die Gliedmaßen verrenkten, beachtete er kaum.
»Was ist denn los mit dir?« wollte Clemens wissen. »Du guckst die ganze Zeit, als wenn’s dir die Petersilie verhagelt hätte.«
»Das kannst’ wohl laut sagen«, kam es zurück.
Der dreiundzwanzigjährige Student der Betriebswirtschaft trank sein Bier aus und gab dem anderen ein Zeichen, ihm nach draußen zu folgen. Clemens trank ebenfalls aus und zwängte sich hinter seinem Kommilitonen durch die Menge.
Vor der Disko herrschte kaum weniger Betrieb, als drinnen. Überall standen die jungen Leute herum, rauchten und diskutierten, oder lehnten einfach nur an der Mauer und warteten darauf, daß der Türsteher sich endlich gnädig zeigte und ihnen das Eintreten nicht verwehrte.
Andreas Bruckner schlug den Kragen seiner Lederjacke hoch und fuhr sich mit einer müden Geste über das Gesicht.
»He, Alter«, meinte Clemens. »Du wirst doch wohl noch nicht schlappmachen? Der Abend hat gerade erst angefangen.«
Die Glocken der nahen Kirche schlugen die zwölfte Nachtstunde und straften seine Worte Lügen. Allerdings war es aus seiner Sicht wirklich noch viel zu früh, um schon nach Hause zu gehen.
Clemens schlug dem Freund auf die Schulter.
»Also, was ist los?«
»Laß uns nach Hause fahren«, bat Andreas. »Da können wir über alles reden.«
Der Zweiundzwanzigjährige zuckte die Schulter.
»Na gut, wenn du meinst«, antwortete er und steuerte auf das Auto zu, mit dem sie hergekommen waren.
»Kannst’ du noch fahren?« fragte Andreas vorsichtshalber. »Sonst laß uns lieber ein Taxi nehmen.«
»Na hör’ mal, ich hab’ gerade mal ein Glas getrunken!« empörte er sich.
»Dann ist’s gut.« Andreas reichte ihm die Wagenschlüssel.
Die beiden Studenten teilten sich eine Wohnung im Münchener Stadtteil Schwabing. Eine kleine Küche, Bad und für jeden ein großes Zimmer. Seit zwei Jahren wohnten sie jetzt zusammen, und das Leben schien für sie eine einzige Gaudi zu sein.
Das mit dem Studieren nahmen sie nicht so ernst, es kam nicht sehr häufig vor, daß man sie in den Räumen der Universität sah.
Dafür konnte man sie jedes Wochenende in den angesagten Diskotheken und Szenekneipen treffen.
Auf dem Weg nach Hause, hielten sie an einer Tankstelle und kauften vorsichtshalber ein paar Flaschen Bier. Sie wußten nicht genau, ob der Vorrat im heimischen Kühlschrank noch ausreichte. Außerdem mehrere Tüten Kartoffelchips, die Clemens gleich im Doppelpack verdrücken konnte.
Zu Hause angekommen, setzten sie sich in die Küche. Schnell waren zwei Bierflaschen geöffnet, eine Chipstüte in eine Schale geleert und das Radio angestellt.
»So, jetzt erzähl’ mal, welche Laus dir über die Leber gelaufen ist«, forderte Clemens den Freund auf, nachdem er einen tiefen Schluck aus seiner Flasche genommen hatte.
Andreas Bruckner schaute mißmutig vor sich hin.
Er hatte kurze dunkle Haare und ein markant geschnittenes Gesicht. Außerdem besaß er Geist und Humor, eine Mischung, mit der er bei den Frauen ankam. Allerdings nahm er es mit der Treue nicht all zu genau, und die Herzen, die er schon gebrochen hatte, konnte er kaum noch zählen.
»Wozu soll ich mich binden?« fragte er immer, wenn das Gespräch auf dieses Thema kam. »Das Leben ist doch viel zu schön, als daß man es sich durch eine Heirat verderben sollte.«
Clemens Thaler war der gleichen Ansicht. Er sah nicht weniger attraktiv aus als der Sohn eines Nürnberger Spielzeugfabrikanten. Er und Andreas hatten dieselbe Einstellung zum Leben: Erst einmal genießen, ernst wurde es immer noch früh genug.
Andreas zog einen Brief aus der Tasche und hielt ihn Clemens unter die Nase.
»Der ist heute gekommen.«
»Und – was steht darin?«
Der Freund verzog das Gesicht.
»Daß ich heiraten muß!« antwortete er.
*
Clemens Thaler riß die Augen auf.
»Was? brüllte er und übertönte dabei sogar noch die Musik im Radio. »Das darf doch net wahr sein!«
Mit fassungslosem Lächeln sah er Andreas an, und das Grinsen in seinem Gesicht wurde immer breiter.
»Du und heiraten? Hahaha!«
Er krümmte sich vor Lachen und schlug sich vor Vergnügen auf die Schenkel. Er prustete und schluckte, japste und keuchte und konnte sich gar nicht wieder einkriegen.
»Sag’ bloß, daß..., hahaha, daß eine deiner unzähligen Bräute..., hahaha...«
Er brach ab und sah Andreas fragend an.
»Du wirst doch net etwa Vater?«
»Unsinn!« gab der Freund zurück. »Red’ net solch einen Schmarrn. Und überhaupt, so lustig, wie du sie findest, ist die Angelegenheit net. Der Brief ist von meinem Vater. Kannst ihn ja lesen. Dann weißt du, worum’s geht. Und wenn du mein Freund bist, dann lachst du net mehr darüber, sondern gibst mir einen Rat, wie ich da wieder herauskomme.«
Clemens nahm das Schreiben und las. Dann holte er tief Luft und stieß sie, mit einem pfeifenden Geräusch, wieder aus.
»Das ist ja starker Tobak«, lautete sein Kommentar.
»Du sagst es«, nickte Andreas und nahm die Bierflasche in die Hand.
Allerdings trank er nicht, sondern hielt sie nur fest und sah sie nachdenklich an.
»Deshalb läufst’ also den ganzen Tag schon mit einem Gesicht durch die Gegend, daß es einem grausen kann. Na ja, kein Wunder, bei den Aussichten...«
Andreas nickte stumm. Seit er den Brief am Morgen erhalten und gelesen hatte, lag ihm der Inhalt wie ein zentnerschwerer Brocken im Magen.
Walter Bruckner, sein Vater und schwerreicher Fabrikant, erwartete von seinem Filius nicht mehr und nicht weniger, als daß der Herr Sohn endlich sein Studium beenden und in die väterliche Firma einsteigen sollte. Da der Senior ihn trotz der räumlichen Entfernung zwischen Nürnberg und München sehr wohl kannte und ahnte, daß Andreas bestimmt nicht mit den Semestern hinterher kam, hatte er einen Passus eingefügt.
Mein lieber Sohn, hatte er geschrieben, da ich mir sehr gut vorstellen kann, daß Du die trockenen Vorlesungen scheust und dich stattdessen amüsierst, gebe ich Dir noch ein halbes Jahr Zeit, Dein Studium endlich zu einem erfolgreichen Abschluß zu bringen.
Ich erwarte allerdings, daß Du die, ja schon sehr bald beginnenden Semesterferien mit Deiner Mutter und mir verbringst. Ich habe vorsorglich auch für Dich ein Zimmer im Hotel ›Zum Löwen‹, in Sankt Johann reserviert. Nein, halt, es sind zwei Einzelzimmer, die ich gebucht habe, denn ich erwarte auch, daß Du uns endlich Deine Braut vorstellst, von der Du in Deinen Briefen immer schreibst. Sie ist herzlich eingeladen, auf unsere Kosten ihre Ferien mit uns zu verbringen, und das ist doch eine gute Gelegenheit, sie endlich kennenzulernen.
Mama und ich freuen uns, Euch zu sehen. Liebe Grüße, Papa.
Und dann folgte noch ein