Wo die Liebe hinfällt …: Der Bergpfarrer 316 – Heimatroman
Von Toni Waidacher
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Über dieses E-Book
Diese Serie enthält alles, was die Leserinnen und Leser von Heimatromanen interessiert.
Silvia Teichmann kam zu dem Tisch mit den letzten drei Gästen dieses Abends. Es handelte sich um drei Burschen Mitte zwanzig, in deren Gläsern sich jeweils nur noch ein Rest Bier befand. Mitternacht war längst vorbei. Die ausgesprochen attraktive Wirtstochter mit dem langen blonden Haar und den grünlichen Augen war müde, ihre Beine waren nach einem langen Arbeitstag als Bedienung schwer wie Blei, sie wollte endlich die Gaststätte schließen, um sich zu duschen und dann schlafen zu legen. »Wollt ihr net langsam austrinken?«, fragte sie mit einem etwas verkrampften, aufgesetzten Lächeln um die schön geformten Lippen. »Ihr könnt morgen ja ausschlafen. Ich aber muss ab zehn Uhr wieder fit sein, wenn wir den Laden öffnen und die ersten Gäste zum Frühschoppen aufkreuzen.« Einer der Burschen, ein dunkelhaariger junger Mann mit braunen Augen und einem sehr männlichen, südländisch anmutenden Gesicht, grinste und erwiderte: »Ich würd' am liebsten Tag und Nacht hier sitzen und dir zuschauen, Silvia. Ich kann mich einfach net sattsehen an dir.« Die beiden anderen Burschen lachten. Einer sagte: »Mir gehts genauso, Silvia. Du bist der Traum meiner schlaflosen Nächte.« Der dritte rief: »Merkst du was, Silvia, die beiden versuchen, dich mit dummen Sprüchen anzumachen. Also ich bin da ganz anders.« Das Lächeln in Silvias Gesicht war, während die drei Burschen ihre Sprüche klopften, regelrecht geronnen. »Spart euch diese Anmache. Solche Sprüche ziehen bei mir net. Dürft' ich jetzt abkassieren?« Sie wirkte ziemlich resolut und genervt.
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Buchvorschau
Wo die Liebe hinfällt … - Toni Waidacher
Der Bergpfarrer
– 316 –
Wo die Liebe hinfällt …
Muss die Schönste im Dorf für alle da sein?
Toni Waidacher
Silvia Teichmann kam zu dem Tisch mit den letzten drei Gästen dieses Abends. Es handelte sich um drei Burschen Mitte zwanzig, in deren Gläsern sich jeweils nur noch ein Rest Bier befand. Mitternacht war längst vorbei. Die ausgesprochen attraktive Wirtstochter mit dem langen blonden Haar und den grünlichen Augen war müde, ihre Beine waren nach einem langen Arbeitstag als Bedienung schwer wie Blei, sie wollte endlich die Gaststätte schließen, um sich zu duschen und dann schlafen zu legen.
»Wollt ihr net langsam austrinken?«, fragte sie mit einem etwas verkrampften, aufgesetzten Lächeln um die schön geformten Lippen. »Ihr könnt morgen ja ausschlafen. Ich aber muss ab zehn Uhr wieder fit sein, wenn wir den Laden öffnen und die ersten Gäste zum Frühschoppen aufkreuzen.«
Einer der Burschen, ein dunkelhaariger junger Mann mit braunen Augen und einem sehr männlichen, südländisch anmutenden Gesicht, grinste und erwiderte: »Ich würd’ am liebsten Tag und Nacht hier sitzen und dir zuschauen, Silvia. Ich kann mich einfach net sattsehen an dir.«
Die beiden anderen Burschen lachten. Einer sagte: »Mir gehts genauso, Silvia. Du bist der Traum meiner schlaflosen Nächte.«
Der dritte rief: »Merkst du was, Silvia, die beiden versuchen, dich mit dummen Sprüchen anzumachen. Also ich bin da ganz anders.«
Das Lächeln in Silvias Gesicht war, während die drei Burschen ihre Sprüche klopften, regelrecht geronnen. »Spart euch diese Anmache. Solche Sprüche ziehen bei mir net. Dürft’ ich jetzt abkassieren?« Sie wirkte ziemlich resolut und genervt. »Ihr drei seid seit über einer Stunde die einzigen Gäste. Seit anderthalb Stunden hockt ihr vor eurem Rest Bier. Ich bin hundemüde.«
»Du wirfst uns ja regelrecht hinaus«, sagte der dunkelhaarige Bursche mit den dunklen Augen. Ein absoluter Frauentyp.
»Das stimmt net, Lorenz«, versetzte Silvia. »Ich bitt’ euch nur, auf mich ein bissel Rücksicht zu nehmen. Ich bin seit heut’ Vormittag um zehn Uhr hier in der Gaststube und bedien’ die Gäste. Das sind mehr als vierzehn Stunden. Was tätst du sagen, wenn dein Vater von dir verlangen würd’, dass du täglich, abgesehen von einem Ruhetag, vierzehn Stunden und länger arbeitest?«
»Ich würd’ mir eine andere Arbeit suchen«, erwiderte Lorenz Benker und lächelte Silvia an. Seine Augen funkelten und blitzten.
»Das geht bei mir leider net«, erklärte Silvia.
»Na schön«, stieß Lorenz hervor, »dann bezahlen wir halt. Ich hab’ drei Bier.« Während er sprach, holte er seine Geldbörse aus der Innentasche seines Trachtenjankers.
Silvia nannte den Betrag, den er zu zahlen hatte, er legte das Geld auf den Tisch und fügte ein ansehnliches Trinkgeld dazu. »Stimmt so«, sagte er und verstaute den Geldbeutel. »Morgen Abend komm’ ich wieder. Weißt du, Silvia, was für mich der längste Tag der Woche ist?«
»Keine Ahnung. Woher soll ich das wissen?«
»Es ist der Montag, an dem ihr geschlossen habt. Jeder Tag, an dem ich dich net sehen kann, ist für mich ein verlorener Tag.«
Lorenz grinste anzüglich. Sein Blick ging Silvia durch und durch und sie spürte Verlegenheit. Auch die Blicke der beiden anderen Burschen hingen an ihr – Blicke, die darauf schließen ließen, was in den Köpfen der Kerle vor sich ging. Zur Verlegenheit gesellte sich bei der Zweiundzwanzigjährigen Unbehaglichkeit.
Sie kassierte auch diese beiden ab, sie tranken ihre Gläser leer und erhoben sich. »Bis Morgen also«, verabschiedete sich Lorenz. »Schlaf gut, Silvia, und träum’ was Schönes. Ich werd’ von dir träumen.«
»Net nur du«, gab einer der beiden anderen Burschen zu verstehen. »Ich glaub’, es gibt keinen Mann im Ort, der net von dir träumt, Silvia.«
»Ihr könnt’s wohl net lassen?«, erregte sich die junge Frau. »Glaubt ihr denn im Ernst, dass ihr mit euren dummen Sprüchen bei mir punkten könnt?«
»Ist doch alles nur Spaß«, versuchte Lorenz zu beschwichtigen. »Wir sind halt alle in dich verliebt, Silvia, und gegen die Liebe ist bekanntlich kein Kraut gewachsen.«
»Ich lach’ mich gleich tot«, versetzte Silvia ironisch. Sie wusste, dass der Spaß bei Lorenz nur vordergründig war. Er hatte den Ruf eines Frauenhelden, und nun schien er sie als Opfer auserkoren zu haben. Seit einigen Wochen verbrachte er nahezu seine gesamte freie Zeit im Gasthof ›Zum goldenen Ochsen’. Seine Kumpels stärkten ihm den Rücken. Zwar begehrten auch sie Silvia, und aus ihrem Mund kam so mancher Spruch, der dies unmissverständlich zum Ausdruck brachte, doch Lorenz war eine Art Cliquenführer, ein Leithammel, und sie übertrieben es nicht mit ihrer Anmache, weil sie keinen Konflikt mit ihm herausfordern wollten.
»Wir fahren am nächsten Samstag nach München«, sagte Lorenz. »Die ganze Rasselbande ist dabei. Hast du keine Lust, mitzufahren?«
Erwartungsvoll musterte der Bursche nach seiner Frage Silvia.
»Grad eben erzähl’ ich dir, dass ich außer am Ruhetag keinen freien Tag hab’, und du fragst mich, ob ich am Samstag mit euch nach München fahr’«, erwiderte Silvia ein klein wenig genervt. Sie wollte endlich zusperren.
»Gibts denn niemand, der mal für dich einspringen kann?«
»Keine Ahnung, ich hab’ noch niemand gefragt. Was sollt’ ich außerdem in München? In der Fußgängerzone oder auf dem Viktualienmarkt herumrennen? Ich glaub’, ich bin genug auf den Beinen und froh, wenn ich mich mal hinsetzen kann und mich net bewegen muss.«
Der erwartungsvolle Ausdruck in Lorenz’ Augen machte der Enttäuschung Platz. »Schade«, murmelte er. »Vielleicht überlegst du es dir noch.«
»Ich denk’, da gibts nix zu überlegen«, versetzte Silvia. »Gute Nacht.«
Das Trio verließ die Gaststätte, und Silvia schloss aufatmend die Tür ab. Ich glaub’, der Lorenz begreift’s nie, dass ich nix von ihm will, dachte sie, während sie die leeren Gläser abräumte. Danach löschte sie in der Gaststube das Licht und begab sich auf ihr Zimmer.
*
Als Silvia am Morgen gegen acht Uhr in die Küche kam, waren ihre Mutter und ihr Vater schon dabei, die Vorbereitungen für das Mittagessen zu treffen. Der ›Goldene Ochse’ war eine gutbürgerliche Gaststätte, die wegen ihres vorzüglichen Essens und der moderaten Preise von den Bewohnern des Wachnertals sehr geschätzt wurde.
»Guten Morgen«, grüßte Silvia. »Ist noch Kaffee da?«
Ihre Eltern erwiderten den Gruß, ihre Mutter sagte: »Ich hab’ ihn in die Thermoskanne dort gefüllt.« Sie wies auf das Behältnis aus Edelstahl, das auf der großen Arbeitsplatte stand.
»Danke.« Silvia holte sich eine Tasse und die Kanne, setzte sich an den Tisch in der Ecke und schenkte sich ein.
»Wie lange sind denn der Benker-Lorenz und seine Freund’ noch sitzen geblieben?«, erkundigte sich Paula Teichmann, Silvias Mutter.
»Bis nach Mitternacht«, antwortete Silvia. »Ich hab’ schon befürchtet, dass sie durchmachen. Die sind gesessen, als hätten s’ Pech am Hintern gehabt. Und dann dauernd die blöden Sprüche. Irgendwann müsst der Lorenz doch merken, dass er net mein Typ ist. Seine Kumpel reden zwar auch immer dumm daher, aber die nehm’ ich eh net ernst, und das wissen die auch. Die reden halt, ohne ihr Hirn einzuschalten. Beim Lorenz aber bin ich mir fast sicher, dass er ernsthaft mit mir anbandeln möcht’.«
»Was hast du denn gegen ihn?«, fragte die Mutter. »Er ist doch ein sauberes Mannsbild, ist anständig und erbt mal den Benkerhof. Mit dem wärst du net schlecht dran, Madel. Ich möcht’ net wissen, wie viele Frauen im heiratsfähigen Alter hier im Tal davon träumen, die Seinige zu sein.«
»Mir ist er zu glatt«, versetzte Silvia. »Der Mann, den ich will, der muss Ecken und Kanten haben.«
»So wie der Stiglmeier-Markus, gell?«, mischte sich Jakob Teichmann, Silvias Vater ein.
Silvia errötete leicht. »Der Markus, seine Schwester und ich sind gut befreundet«, gab sie zu verstehen. »Vom Markus hab’ ich noch nie irgendeinen blöden Spruch gehört, er hat auch nie versucht, mich auf plumpe Art und Weise anzumachen.«
»Aber du hättest nix dagegen«, sagte Paula lachend. »Uns kannst du doch nix vormachen, Madel. Wenn du vom Markus sprichst, dann leuchten deine Augen geradezu. Der Bursch’ gefällt dir. Aber er ist ausgesprochen schüchtern, und du weißt net so recht, wie du’s anpacken musst, um dich ihm schmackhaft zu machen.«
»Der Markus ist ganz anders als der Lorenz und dessen Kumpels«, erklärte Silvia, und tatsächlich begann