Der Teufelsbauer: Erzählung aus "Aus dunklem Tann", Band 43 der Gesammelten Werke
Von Karl May
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Über dieses E-Book
"Der Teufelsbauer" ist eine Kurzgeschichte. Sie wurde bereits in "Aus dunklem Tann" (Band 43 der Gesammelten Werke) veröffentlicht.
Karl May
Karl Friedrich May (* 25. Februar 1842 in Ernstthal; † 30. März 1912 in Radebeul; eigentlich Carl Friedrich May)[1] war ein deutscher Schriftsteller. Karl May war einer der produktivsten Autoren von Abenteuerromanen. Er ist einer der meistgelesenen Schriftsteller deutscher Sprache und laut UNESCO einer der am häufigsten übersetzten deutschen Schriftsteller. Die weltweite Auflage seiner Werke wird auf 200 Millionen geschätzt, davon 100 Millionen in Deutschland. (Wikipedia)
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Buchvorschau
Der Teufelsbauer - Karl May
KARL MAY
DER TEUFELSBAUER
ERZGEBIRGISCHE
DORFGESCHICHTE
Aus
KARL MAYS
GESAMMELTE WERKE
BAND 43
„AUS DUNKLEM TANN"
© Karl-May-Verlag
eISBN 978-3-7802-1332-7
KARL-MAY-VERLAG
BAMBERG • RADEBEUL
Inhalt
Der Teufelsbauer
Der Tannenhof
Feuer
Im Felsenbruch
Der Teufelsbauer
Der Tannenhof
„Reißt aus, reißt aus, der Teufelsbauer kommt!", rief es unter einem Trupp von Schuljungen, die sich mit ihren Spielen auf der Dorfstraße breit gemacht hatten, und kaum war der ängstliche Ruf erschollen, so stob die Schar nach allen Richtungen auseinander.
„Macht rasch die Türen zu, und schlagt drei Kreuze; der Einsiedel geht durchs Dorf!", klang es in den Häusern.
Die Fenster und Türeingänge wurden verschlossen, und nur verstohlen lugten die Köpfe der Neugierigen nach dem Mann, dessen bloßes Erscheinen die abergläubischen Dorfbewohner in Furcht zu setzen vermochte.
Es war eine große, breitschultrige Gestalt, die langsam dahergeschritten kam, den Blick finster zu Erde gesenkt und scheinbar gleichgültig gegen das verletzende Benehmen.
Aus dem Fenster eines Hauses, neben dessen Tür auf blechernem Schild das Wort ‚Ortsrichter‘ zu lesen war, schaute ein kleines, hageres und spitzes Gesicht hervor.
„Tannenbauer, tönte es schnarrend zwischen den schmalen, breitgezogenen Lippen hervor, „geh doch nicht durchs Dorf, sondern lauf lieber dahinter weg. Du weißt schon, warum!
Der Angeredete tat, als habe er die Beleidigung nicht vernommen, und setzte ohne Zögern seinen Weg fort.
Unter dem Torweg eines der größeren Güter lehnte ein hagerer, aber sehnig gebauter Mann, dessen kleine, grünlich schimmernden Augen unter den haarlosen und eigentümlich zwinkernden Lidern hervor neugierig die Straße beobachteten. Als er den Kommenden erblickte, veränderten sich seine Züge zu einem gehässigen Grinsen, und missmutig murmelte er vor sich hin:
„Der Teufelsbauer vom Tannenhof! Was muss denn den heute zum Sonntag aus seiner Satansklause hervorgetrieben haben? Wenn der sich sehen lässt, so gibt’s sicher ein Unglück im Dorf. Wart, ich fürcht’ mich nicht vor ihm und wird’ ihm gleich zeigen, dass ich noch immer der Alte bin!"
„Lebst du denn wirklich noch, Haubold Frieder?, fragte er mit absichtlich erhobener Stimme, damit man ihn in der Nachbarschaft hören könne. „Hab’ gedacht, du seist längst mit dem Leibhaftigen fortgeflogen! Aber sag doch mal, wie war denn eigentlich damals die Geschichte mit meinem Bruder? Bist wohl nicht mit dabei gewesen?
Haubold zog die Brauen enger zusammen, senkte den Kopf noch tiefer und würdigte auch diesen Zuruf keiner Antwort. Als er das scharfe, höhnische Lachen vernahm, das hinter ihm erscholl, wurden seine trotz des Alters noch immer schönen Gesichtszüge um einen Schatten bleicher, die Lippen legten sich mit herbem Ausdruck aufeinander, und aus den großen, dunklen Augen fiel ein Blitz zur Erde, in dem Verachtung und Bitterkeit mit gleicher Stärke leuchteten. Da klang es halblaut und freundlich aus einer Ecke des zu demselben Gut gehörigen Gartens: „Guten Tag, Herr Haubold!"
Verwundert blieb er stehen und hob den gesenkten Kopf empor. Am Zaun stand mit verlegenem Gesichtchen ein junges, kaum zwanzigjähriges Mädchen, das unter dem forschenden Blick des ernsten Mannes die Augen niederschlug, als habe es eine Sünde begangen.
„Grüß Gott, mein Kind!, antwortete er freundlich. „Sag, wer bist du denn, dass du dem Teufelsbauer nicht auch den Gruß versagst?
„Ich bin die Kathrin, und mein Vater – mein Vater, das ist – das ist der Wiesenbauer, der jetzt zu Euch geredet hat", lautete die zögernde Antwort.
„Der Wiesenbauer? Du bist seine Tochter und magst mich doch grüßen?"
„Ich grüß Euch gern! Ihr Auge hob sich und suchte wie bittend das seine. „Ich habe gehört, was der Vater sagte, und – und –
„Und wolltest wieder gutmachen, was er Böses gesprochen hat?"
„Ja; aber bitte, nehmt mir’s net übel!"
„Wie könnte ich dir darüber zornig sein, Kathrin? Ich habe dich noch gar nicht gekannt, und vielleicht bist du besser als dein Vater. Du bist ein unschuldig Blut und kannst ja nichts dafür, dass er so große Feindschaft hegt. Hab Dank für deine gute Rede, und bleib immer so brav, wie du jetzt bist!"
Er reichte ihr die Rechte über den Zaun und wendete sich zum Gehen. Sie blickte ihm nach, solange sie es vermochte, und atmete dann, während ein zufriedenes Lächeln um den kleinen Mund spielte, tief und erleichtert auf.
„Endlich hab’ ich’s mal gewagt! Sie sind alle so schlimm mit ihm, und er ist doch so still und gelassen dabei. Vielleicht ist gar nichts wahr von dem, was die Leute von ihm sagen, und der Gustav – der Gustav ist ganz gewiss auch lieb und gut, obgleich er geradeso finster dreinschaut wie sein Oheim und kein anderer Bursche was von ihm wissen mag."
Sie zerpflückte sinnend die Blume, die sie von der Frühmesse her noch an der Brust stecken hatte.
„Wenn man nur mal mit ihm sprechen könnte! Aber ich hab’ noch niemals gesehen, dass er mit irgendwem geredet hätte, und auf dem Tanz, da ist er erst recht nimmer zu erblicken. Es ist nur gut, dass der Vater gleich in die Stube gegangen