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Der Giftheiner: Erzählung aus "Aus dunklem Tann", Band 43 der Gesammelten Werke
Der Giftheiner: Erzählung aus "Aus dunklem Tann", Band 43 der Gesammelten Werke
Der Giftheiner: Erzählung aus "Aus dunklem Tann", Band 43 der Gesammelten Werke
eBook140 Seiten1 Stunde

Der Giftheiner: Erzählung aus "Aus dunklem Tann", Band 43 der Gesammelten Werke

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Über dieses E-Book

Einst liebten Heinrich Silbermann und sein Konkurrent Alwine, die Tochter des Kantors. Doch nach einem Säureanschlag auf den Kantor wird Heinrich verdächtigt, diesen begangen zu haben. Einzig aus Mangel an Beweisen kann er einer Haftstrafe entkommen. Zwanzig Jahre später lernt er Alma kennen, als plötzlich wieder ein Säureanschlag verübt wird.
"Der Giftheiner" ist eine Kurzgeschichte. Sie wurde bereits in "Aus dunklem Tann" (Band 43 der Gesammelten Werke) veröffentlicht.
SpracheDeutsch
HerausgeberKarl-May-Verlag
Erscheinungsdatum26. Okt. 2020
ISBN9783780213341
Der Giftheiner: Erzählung aus "Aus dunklem Tann", Band 43 der Gesammelten Werke
Autor

Karl May

Karl Friedrich May (* 25. Februar 1842 in Ernstthal; † 30. März 1912 in Radebeul; eigentlich Carl Friedrich May)[1] war ein deutscher Schriftsteller. Karl May war einer der produktivsten Autoren von Abenteuerromanen. Er ist einer der meistgelesenen Schriftsteller deutscher Sprache und laut UNESCO einer der am häufigsten übersetzten deutschen Schriftsteller. Die weltweite Auflage seiner Werke wird auf 200 Millionen geschätzt, davon 100 Millionen in Deutschland. (Wikipedia)

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    Buchvorschau

    Der Giftheiner - Karl May

    KARL MAY

    DER GIFTHEINER

    ERZGEBIRGISCHE

    DORFGESCHICHTE

    Aus

    KARL MAYS

    GESAMMELTE WERKE

    BAND 43

    „AUS DUNKLEM TANN"

    © Karl-May-Verlag

    eISBN 978-3-7802-1334-1

    KARL-MAY-VERLAG

    BAMBERG • RADEBEUL

    Inhalt

    Der Giftheiner

    Der Vogelsteller

    Das alte Lied

    Der Teichbauer

    Zwei Werbungen

    Das Gift

    Eine Schlittenfahrt

    Weihnachtsfrieden

    Der Giftheiner

    Der Vogelsteller

    Es war ein wunderschöner Frühlingsmorgen, so warm und so sonnig, wie nur selten einer im Gebirge. Der freundliche Sonnenstrahl trank die glänzenden Tautropfen von den jungen Pflanzenspitzen und ließ die Nebelballen in wunderlichen Gestalten von Tal zu Berg steigen. Die schon längst aus dem Süden zurückgekehrten befiederten Sänger des Waldes hatten ihr Frühkonzert begonnen und ließen sich in ihrem fröhlichen Gezwitscher durch den Mann, der am Rand der Waldwiese an einem Baum lehnte, nicht stören. Er achtete ihrer ja auch nicht, sondern schaute so ernst und gedankenvoll in die blaue Ferne, als ob die Nähe mit ihrem blühenden, duftenden und jauchzenden Leben für ihn nicht vorhanden sei.

    Doch ja, sie schwiegen plötzlich; er hatte seine Stimme erhoben und ließ ihren herrlichen Tenor mit einer Fülle ertönen, die die Vögel verstummen ließ und wie heller Glockenklang über die Wipfel des zur Tiefe sich senkenden Waldes hinflutete.

    „So schwer wie der Fichtelberg

    Ist mir das Herz,

    Und so hoch wie der Fichtelberg

    Wächst mir der Schmerz.

    Es fließt von dem Fichtler

    Manch Wasser ins Meer

    Und kommt dann im Regen

    Und Tau wieder her."

    Die Vögel fielen am Schluss der Verse beifällig und mit verdoppeltem Eifer in ihre Weisen; er schien es nicht zu hören. Er sah auch nicht, dass ein anderer sich ihm näherte und lauschend hinter ihm stehen blieb.

    „Ich stand auf dem Fichtelberg,

    Gab ihr die Hand;

    Sie ging von dem Fichtelberg

    Fort in das Land.

    Nun fällt von dem Fichtler

    Manch sehnender Blick

    Und bringt aus der Fern doch

    Nur Tränen zurück."

    „Bravo, bravissimo!, ließ sich der unbemerkte Horcher jetzt hören. „So eine Stimme wie dem Giftheiner seine gibt’s net wieder, so weit der Fichtler schaut, und so schöne Reim bringt erst recht gar niemand net fertig. Die Liebste ist ihm ausgerissen und hat ihm die Treu gebrochen; darum singt er nun den Fichtelberg an und weint Honig dazu. Warum weinst net Schwefelsäure oder Salpeterwasser? Das wär doch besser zu brauchen!

    Der Sänger hatte sich ihm zugewandt und, ohne eine Miene zu verändern, ihn aussprechen lassen. Dann aber fasste er ihn mit einem unerwarteten Griff bei der Brust, drückte ihn an den Stamm des nächststehenden Baumes und bearbeitete seine Wangen so kräftig mit der flachen Rechten, dass der Schall der Streiche weithin vernehmbar war.

    „So, da hast’s Geld für deine schöne Red, Kartenbalzer! Ist’s genug, oder willst du noch mehr?"

    Die Ohrfeigen waren so überraschend schnell und ohne alle vorhergehende Einleitung über den Getroffenen hereingebrochen, dass er gar keine Zeit gefunden hatte, sich auf die Gegenwehr zu besinnen. Er schien diese auch nicht für ratsam zu halten, denn kaum fühlte er sich von der starken Faust, die ihn gehalten hatte, befreit, so wich er, die Hände an das erglühte Gesicht legend, behutsam um einige Schritte zurück.

    „Was tust mit mir, Giftheiner?, sprudelte er hervor. „Vergreifen tust dich an mir? Das soll dir vergolten werden; merk dir die Schläg!

    „Da gibt’s net viel zu merken. Kannst sie ungezählt bekommen, so oft du’s nur begehrst. Wenn du Appetit darauf hast, so darfst nur den Namen sagen, mit dem du mich vorhin gerufen hast."

    „Ist das etwa net der Richtige für dich, he? Wer hat denn dem Kantor das böse Zeug ins Gesicht gegossen, sodass es ihm fast ganz weggefressen worden ist? Vom Himmel ist’s doch wohl net herabgeregnet, und es hat sich ja herausgestellt, dass du am Tag vorher in der Apothek gewesen bist!"

    „Kartenbalzer, entgegnete der andere ruhig, aber mit funkelnden Augen, „ich will’s net so machen wie du und deine Spießgesellen, dass ich die Schuld auf jemand werf, dem ich doch nix beweisen kann; aber ich sag dir, die Sonn’ bringt’s schon noch an den Tag, wer’s getan hat, und dann wird auch der Zahlaus net auf sich warten lassen. Es sagen viele Leut, du seist der schlechteste Kerl weit und breit im Land herum, ich aber weiß dies besser: net die Bosheit, sondern der Leichtsinn hat dich verführt und ins Unglück gebracht. Doch merk, der Leichtsinn ist gefährlicher als die Bosheit und kann net wie sie gebessert werden, denn ihm fehlt der feste Halt dazu. Dir geht das Wasser schon bis an den Mund und wird noch vollends über dir zusammenschlagen, wenn der liebe Gott nicht auf ganz besondere Weis’ Erbarmen mit dir zeigt. Das Aug’, von dem die Bibel spricht und das dich ärgert, muss heraus und unschädlich gemacht werden, sonst gibt’s keine Rettung mehr für dich. Geh fort, Balzer; du hast mir nix als Übles zugefügt, aber wenn ich dran denk, was du warst, und dich jetzt grad wie den armen Sünder vor mir seh, so kannst mich fast dauern!

    Es war so, wie die letzten Worte sagten. Der Angeredete stand mit niedergeschlagenen Augen vor dem Sprecher, und die Röte, die sich von den Wangen bis über seine Stirn verbreitete, hatte wohl außer der empfangenen Züchtigung auch noch eine andere, eine innere Ursache. Aber wie ihm vorher der Mut zur Gegenwehr entgangen war, so fehlte er ihm auch jetzt zur ehrlichen Selbsterkenntnis, und bei der Erinnerung an die Vergangenheit bäumte sich der falsche Stolz in ihm empor.

    „Was ich gewesen bin, das brauchst mir net zu sagen! Der Teichbauer war ich, wenn du nix dagegen hast, und den Teichhof hab’ ich vertrunken und verspielt, net aus Leichtsinn, wie du meinst, sondern weil ich’s grad so und net anders gewollt hab’. Und daran ist weiter niemand schuld als du! Du hast mir die Alwin’ abspenstig gemacht, und mir ist nachher alles gleich gewesen. Aber bekommen hast sie doch net, obgleich du schier durch Himmel und Höll gedrungen bist, und durch das Giftwasser ist’s denn gar aus geworden. Das Aug’ reiß ich mir deinetwegen noch lang net heraus, Heiner, und zu erbarmen braucht sich auch niemand über mich; ich werd schon allein mit mir fertig!"

    „Das seh ich, und drum bin auch ich nun mit dir fertig! Behüt dich Gott, Balzer!"

    „Aber ich noch net mit dir! Meine Rechnung streich’ ich net eher, als bis ich dich net mehr zu sehn vermag. Du hast aus dem Balthasar vom Teichhof den Kartenbalzer gemacht, nun sollst auch merken, dass ich ihn spiel’ bis auf den letzten Trumpf!"

    „Spiel fort, Balzer. Wirst net viel Trümpf mehr haben!"

    Er nahm den in ein Tuch eingeschlagenen Vogelbauer, der neben ihm gestanden hatte, von der Erde auf und entfernte sich. Der ehemalige Teichbauer blickte ihm finster nach und ballte hinter ihm die Faust.

    Heiner schritt über die Wiese und durch den angrenzenden Wald nach einem freien, mit dürrem, vorjährigem Distelzeug bestandenen Platz.

    „Pst, klang es hinter einem dichten Dorngestrüpp hervor; „bleib stehn und rühr dich net!

    Der Angerufene folgte der Weisung und blickte forschend umher. Inmitten der kleinen Lichtung stand ein einzelner Strauch, dessen Zweigspitzen mit Leimruten besteckt waren; der Lockvogel saß am Boden in seinem Käfig, der den Blicken der misstrauischen Beute durch allerlei grünes Blattwerk entzogen war. Eben hatte sich ein Flug von Hänflingen auf dem Buschrand niedergelassen, und der hinter dem Dorngewirr verborgene Vogelsteller lauschte mit gespannter Aufmerksamkeit den Stimmen der einzelnen Männchen unter ihnen.

    „Hörst, Heiner, den da drüben auf der jungen Birk, was der für aan ‚Di — ee — bli — ee‘ hat? Der singt wie aan zweijähriger Alter und ist doch nur aan roter Frühjährling. Den muss ich haben!"

    Nach einer kurzen Pause flüsterte er weiter:

    „Schau, den dort auf  dem Fichtenast, wie weich und zart dem sein klaanes Stimmchen klingt. Der ist vom letzten Herbst, und der Kenner zahlt wohl an die zwanzig Groschen für ihn. Ich muss ihn haben!"

    Nach einem längeren Schweigen zeigte er nach der Spitze einer Tanne.

    „Alle Wetter, Heiner, ist das aan Schlag, den der da oben hat! Das wird a Stellvogel, der die Flüge aus den Wolken runterzieht. Er ist unter Brüdern seine drei Taler wert; ich muss ihn haben!"

    Wieder lauschte er.

    „Hörst du was von dem unsrigen? Kaan Laut, net aan einziger Mux ist zu vernehmen. Doch jetzt, jetzt fängt er an. Horch! ‚Cha cha cha di dee, di di diibli — eee, cha cha cha!‘ So ist’s recht. Jetzt müssen sie alle auf die Ruten fallen! ‚Cha cha cha cha di — eee, cha cha — —‘ Was ist denn das? Ist denn der Racker net recht bei Trost? ‚Papp zapp zapp‘ brüllt er, und nun sind sie dort über alle Berge! Anstatt sie fein hübsch anzulocken, warnt er sie. Das ist doch grad zum Närrischwerden!"

    Er fuhr aus dem Gedorn heraus und auf seinen Vogel zu, nahm den Käfig von der Erde und schüttelte ihn mit grimmiger Gebärde hin und her.

    Heinrich oder vielmehr Heiner, wie der Gebirgler diesen Namen gern sich mundgerecht zu machen pflegt, folgte ihm lächelnd bis zu dem Rutenstrauch.

    „Lass es gut sein, Vater! Der Vogel hat nix verbrochen; er ist nur gegen seinesgleichen ehrlich gewesen!"

    „Aber gegen mich net, der Nixnutz der! Mit wem hat er’s denn zu halten, he, mit mir oder mit dem Vogelzeug? Bei wem steht er denn in Kost und Brot, und von wem bekommt er denn seine Wartung und Pfleg’, wie sich’s schickt und gehört, he? Doch von mir! Ich lieg nun seit vier Uhr auf der Lauer und hab noch nix gefangen, nix, gar nix, auch net einen einzigen Schwanz! Und warum? Entweder, wenn was kommt, so sitzt er drin, putzt sich und hält den Schnabel, oder er schreit ‚zapp, zapp‘ und jagt mir damit den besten Fang vom Busch. Er bekommt alle Tag dreimal frisches Wasser und seinen Rübensame, Lein und Hanf dazu, das grüne Knusperzeug gar net gerechnet; aber den kann ich mit Zervelatwurst,

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