Pandur und Grenadier
Von Karl May
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Über dieses E-Book
Karl May
Karl Friedrich May (* 25. Februar 1842 in Ernstthal; † 30. März 1912 in Radebeul; eigentlich Carl Friedrich May)[1] war ein deutscher Schriftsteller. Karl May war einer der produktivsten Autoren von Abenteuerromanen. Er ist einer der meistgelesenen Schriftsteller deutscher Sprache und laut UNESCO einer der am häufigsten übersetzten deutschen Schriftsteller. Die weltweite Auflage seiner Werke wird auf 200 Millionen geschätzt, davon 100 Millionen in Deutschland. (Wikipedia)
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Buchvorschau
Pandur und Grenadier - Karl May
I. Der Erlenmüller.
Inhaltsverzeichnis
Es blüht die Blume im Gefild
Und in des Haines tiefer Ruh.
Es treibt in ihr, es glüht und schwillt;
Es strebt ihr Haupt dem Himmel zu.
Sie sendet Grüße Dir empor,
Maria, Himmelskönigin,
Und leise klingt es mir in’s Ohr,
Daß ich auch Deine Blume bin.
Es tönt im dunklen Waldeshag
Und an des Baches grünem Rand
Der Vögel heller Frühlingsschlag
Allüberall durch’s weite Land.
Sie senden Grüße Dir empor,
Maria, Himmelskönigin,
Und leise klingt es mir in’s Ohr,
Daß ich auch so ein Vöglein bin.
Es ziehen Pilger zum Gebet
Den schattenreichen Weg entlang
Und dort, wo die Kapelle steht,
Ertönt des Glöckleins frommer Klang.
Sie senden Grüße Dir empor,
Maria, Himmelskönigin,
Und leise klingt es mir in’s Ohr,
Daß ich auch so ein Pilger bin!
so klangen die Worte des bekannten, einfach schönen Wallfahrtsgesanges zweistimmig aus dem Nachbargarten herüber, wo sich heute am Sonntage die jungen, hübschen Mädchen von Studenetz bei Schneeglöckchen und Märzviolen zusammengefunden hatten. Sie alle, im Frühlinge ihres Lebens stehend, glichen selbst jenen Blumen, welche zu verkündigen haben, daß die große Erdenfreundin Sonne ihre Herrschaft nun wieder antreten werde, um die Starrheit des Winters zu lösen und den schlafenden Fluren ein neues Blumengewand anzulegen.
Am Gartenzaune der Erlenmühle stand Einer, welcher diesem Gesange mit sichtbarer, inniger Rührung lauschte. Sein Anzug war sehr bescheiden zu nennen, und der Spieß, den er in seiner rechten Hand hielt, ließ in ihm den Biric, den Wächter oder Büttel des Dorfes erkennen. Er hatte einen hölzernen Stelzfuß, und über die Stirn lief ihm die Narbe eines Säbelhiebes, welche seinen guten, ehrlichen Zügen einen sehr streitbaren Ausdruck verlieh. Als die Mädchen ihr Lied beendet hatten, fuhr er sich mit der Hand nach dem Auge und murmelte:
„Hm, ich glaube gar, daß das mein altes Herz ergriffen hat! Ja, es war dasselbe Lied, welches meine Emilka sang, als wir uns zum ersten Male sahen, wo sie mir dann gleich so resolut sagte, daß ich sie heirathen solle. Ich hätte das nicht gewagt. Sie muß mir doch sofort außerordentlich gut gewesen sein! Aber, der Müller klatscht mir; er hat mich bemerkt, und da muß ich hinein!"
In der Erlenmühle standen die Fenster der Wohnstube offen, und der Müller saß in einem Lehnstuhle, dessen Beine mit kleinen Rädern versehen waren. Er war eine ungeschlachte, roh zugehackte Gestalt, deren Gesichtszüge von ungeübter Hand aus Holz geschnitzt zu sein schienen. Eine Lähmung hatte in Folge einer Erkältung seine Beine ergriffen, so daß er nur mit Mühe zu gehen vermochte; so war er gezwungen, sich eines Rollstuhles zu bedienen. In der Rechten hielt er eine Peitsche. Dieses Instrument war der Schrecken aller derjenigen Leute, welche in untergeordneter Weise mit ihm zu verkehren hatten.
Er war reich, dieser Erlenmüller, nach den Verhältnissen seiner Umgebung sogar sehr reich, und er verachtete Alle, welche mit dem kargen Leben um ihres Leibes Nahrung und Nothdurft zu ringen hatten. Diese Geringschätzung traf aus erster Hand natürlich Diejenigen, welche persönlich mit ihm in Verkehr oder sogar in seinem Dienste standen. Der Zustand seiner Beine verhinderte ihn, sie in der gewöhnlichen Weise zu beaufsichtigen, aber seine scharfen Sinne, seine Augen und Ohren waren stets bei ihnen, und es gelang selten einem seiner Untergebenen, ihn zu täuschen. Er herrschte unbeschränkt, und sein Scepter war — die Peitsche. Wer sich diese nicht gefallen lassen wollte, konnte gehen; es kamen um des hohen Lohnes willen, welchen er zahlte, genug Andere, die sich mit süß-saurer Miene diesem Scepter unterwarfen.
Er hatte jetzt ganz einsam und allein in der Stube gesessen und den Gesang vernommen, dessen Töne durch die geöffneten Fenster zu ihm hereingedrungen waren; er hatte auch den Büttel am Zaune stehen sehen und gab diesem nun durch ein Peitschenknallen das Zeichen, daß er mit ihm sprechen wolle. Der Büttel kannte dieses Zeichen; er hatte mit dem Müller, welcher Ortsrichter war, in amtlichen Angelegenheiten öfters zu verkehren und war daher gezwungen, sich in die Eigenthümlichkeiten seines Vorgesetzten zu schicken.
Als er eintrat und grüßte, deutete der Müller mit der Spitze seines Peitschenstieles auf einen ihm nahen Punkt der Diele und gebot:
„Stelle Dich hierher, Matthias! Hast Du