Der Teufelsbauer
Von Karl May
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Über dieses E-Book
Karl May
Karl Friedrich May (* 25. Februar 1842 in Ernstthal; † 30. März 1912 in Radebeul; eigentlich Carl Friedrich May)[1] war ein deutscher Schriftsteller. Karl May war einer der produktivsten Autoren von Abenteuerromanen. Er ist einer der meistgelesenen Schriftsteller deutscher Sprache und laut UNESCO einer der am häufigsten übersetzten deutschen Schriftsteller. Die weltweite Auflage seiner Werke wird auf 200 Millionen geschätzt, davon 100 Millionen in Deutschland. (Wikipedia)
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Buchvorschau
Der Teufelsbauer - Karl May
Karl May
Der Teufelsbauer
Sharp Ink Publishing
2023
Contact: info@sharpinkbooks.com
ISBN 978-80-282-8301-8
Inhaltsverzeichnis
Cover
Titel
Text
Der Teufelsbauer
I.
„Reißt aus, reißt aus, der Teufelsbauer kommt!" rief es unter einem Trupp von Schuljungen, welche sich mit ihren Spielen auf der Dorfstraße breit gemacht hatten, und kaum war der ängstliche Ruf erschollen, so stob die Schaar lautlos nach allen Richtungen auseinander.
„Macht rasch die Thür’n zu und schlagt drei Kreuze; der Einsiedel geht durchs Dorf!" klang es in den Häusern.
Die Fenster und Thüreingänge wurden geschlossen, und nur verstohlen lugten die Köpfe der Neugierigen nach dem Manne, dessen bloßes Erscheinen die Abergläubischen unter den Dorfbewohnern in Furcht zu setzen vermochte.
Es war eine lange, breitschulterige Gestalt, welche langsam dahergeschritten kam, den Blick finster zur Erde gesenkt und scheinbar gleichgiltig gegen die verletzenden Demonstrationen.
Aus dem Fenster eines Hauses, neben dessen Thür auf blechernem Schilde das Wort „Ortsrichter" zu lesen war, schaute ein kleines, hageres und spitzes Gesicht hervor.
„Tannenbauer, tönte es schnarrend zwischen den schmalen, breitgezogenen Lippen hervor, „geh’ doch net durchs Dorf, sondern lauf’ lieber dahinter weg. Du waaßt schon, warum!
Der Angeredete that, als habe er die Beleidigung nicht vernommen, und setzte ohne Zögern seinen Weg weiter fort.
Unter dem Thorwege eines der größeren Güter lehnte ein hagerer, aber sehnig gebauter Mann, dessen kleine, grünlich schimmernde Augen unter den haarlosen und eigenthümlich zwinkernden Lidern hervor neugierig die Straße beobachteten. Als er den Kommenden erblickte, fuhren die eng zusammengezogenen Züge überrascht auseinander, und mit gehässigem Grinsen murmelte er vor sich hin:
„Der Teufelsbauer vom Tannenhofe? Was muß denn den heut’ zum Sonntage aus seiner Satansklaus’ hervorgetrieben hab’n? Wenn der sich sehen läßt, so giebt es sicher aan Unglück im Dorfe. Wart’, ich fürcht’ mich net vor ihm und werde ihm gleich zeig’n, daß ich noch immer der Alte bin!"
Er trat einige Schritte vor, reckte die Beine breitspurig voneinander und schlug die langen Arme herausfordernd über die Brust zusammen.
„Lebst’ denn wirklich noch, Haubold Frieder? fragte er mit absichtlich erhobener Stimme, damit man ihn in der Nachbarschaft hören könne. „Hab’ gedacht, daß Du schon längst mit dem Leibhaftigen fortgeflog’n bist! Aber sag’ doch ’mal, wie war denn eigentlich damals die Geschicht’ mit meinem Bruder? Bist wohl net mit dabei gewes’n?
Haubold zog die Brauen enger zusammen, senkte den Kopf noch tiefer und würdigte auch diesen Zuruf keiner Beantwortung. Als er das scharfe, höhnische Lachen vernahm, welches hinter ihm erscholl, wurden seine trotz des Alters noch immer schön zu nennenden Züge um einen Schatten bleicher, die Lippen legten sich mit herbem Ausdrucke aufeinander, und aus dem großen dunkeln Auge fiel ein Blitz zur Erde, in welchem Verachtung und Bitterkeit mit gleicher Stärke leuchteten.
Da klang es halblaut und freundlich aus der Ecke des zu dem Gute gehörigen Gartens:
„Gut’n Tag, Herr Haubold!"
Verwundert blieb er stehen und hob den gesenkten Kopf empor. Am Zaume stand mit verlegenem Gesichtchen ein junges, kaum zwanzigjähriges Mädchen, welches unter dem forschenden Blicke des ernsten Mannes die Augen niederschlug, als habe es eine Sünde begangen.
„Grüß’ Gott, mein Kind! Sag’, wer bist Du denn, daß Du dem Teufelsbauer net auch den Gruß versagst?"
„Ich bin die Kathrin’, und mein Vater — mein Vater, das ist — das ist der Wies’nbauer, der jetzt zu Euch geredet hat," lautete die zögernde Antwort.
„Der Wies’nbauer? Du bist seine Tochter und magst mich doch grüß’n?"
„Ich grüß’ Euch gern! Ihr Auge hob sich und suchte wie bittend das seine. „Ich hab’ gehört, was der Vater sagte, und — und —
„Und wolltest wieder gut mach’n, was er Böses gesproch’n hat?"
„Ja; aber bitt’, nehmt mir’s net übel!"
„Wie könnt’ ich Dir darüber zornig sein, Kathrin’? Ich hab’ Dich noch gar net gekannt, und vielleicht bist Du besser als Dein Vater. Du bist aan unschuldig Blut und kannst ja nix dafür, daß er so große Feindschaft hegt. Hab’ Dank für Deine gute Red’ und bleib’ immer so brav, wie Du jetzt alleweil bist!"
Er reichte ihr die Rechte über den Zaun hinüber und wendete sich dann zum Gehen. Sie blickte ihm nach, so lange sie es vermochte, und athmete dann, während ein zufriedenes Lächeln um den kleinen Mund spielte, tief und erleichtert auf.
„Endlich hab’ ich’s ’mal gewagt! Sie sind alle so schlimm mit ihm, und er ist doch so still und gelass’n dabei. Vielleicht ist gar nix wahr von Dem, was die Leut’ von ihm sag’n, und der Gustav — der Gustav ist ganz gewiß auch lieb und gut, obgleich er g’rad’ so finster d’reinschaut wie sein Oheim und kaan and’rer Bursch’ ’was von ihm wiss’n mag!"
Sie zerpflückte sinnend die Blume, welche sie von der Frühkirche her noch am Busen stecken hatte.
„Wenn man nur ’mal mit ihm sprech’n könnt’! Aber ich hab’ noch niemals net geseh’n, daß er mit irgend wem geredet hätt’, und auf dem Tanz, da ist er erst recht nimmer zu erblick’n.