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Herrschaft der Clans - Die Rastlosen (Buch 3): LitRPG-Serie
Herrschaft der Clans - Die Rastlosen (Buch 3): LitRPG-Serie
Herrschaft der Clans - Die Rastlosen (Buch 3): LitRPG-Serie
eBook403 Seiten4 Stunden

Herrschaft der Clans - Die Rastlosen (Buch 3): LitRPG-Serie

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Über dieses E-Book

Doch kein Grund zu verzweifeln! Zeige Entschlossenheit, anstatt nur zu existieren. Du musst handeln. Du musst dein eigenes Spiel spielen. Das ist der einzige Weg, um zu einer wahren Legende von Waldyra zu werden. Du kannst nicht ewig vor deinen Problemen davonlaufen. Irgendwann wirst du dich ihnen stellen müssen. Also tue es nach deinen eigenen Bedingungen. Das Gespräch mit jemandem zu suchen, der dich in der Vergangenheit (vermeintlich) betrogen hat, wäre wahrscheinlich ein guter Anfang. Oder dich vielleicht der Bedrohung stellen und den Spieß umdrehen. Wer sagt denn, dass der Gejagte nicht zum Jäger werden kann?

Oh, und da ist noch etwas. Du brauchst ein Team um dich. Einzelkämpfer gewinnen keine Schlachten, auch wenn sie allein mehr Spaß in der Welt hätten.

Willkommen im neuen Band der Serie, die derzeit als der Maßstab des LitRPG-Genres schlechthin gilt. Die Ereignisse in den beiden Welten, der wirklichen und der virtuellen, gewinnen an Dynamik, und die Handlung verdichtet sich immer weiter. Freu dich auf ein neues Buch in der Serie „Herrschaft der Clans: Die Rastlosen“ von Dem Mikhailov. Jetzt auch auf Deutsch erhältlich!
SpracheDeutsch
HerausgeberMagic Dome Books
Erscheinungsdatum30. Mai 2022
ISBN9788076194038
Herrschaft der Clans - Die Rastlosen (Buch 3): LitRPG-Serie

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    Buchvorschau

    Herrschaft der Clans - Die Rastlosen (Buch 3) - Dem Mikhailov

    Erstes Kapitel

    DER BERG HÜLLTE mich in Dunkelheit, Leere und Stille. Genau wie ich es mochte.

    Hinter meinem Rücken schlugen Türen zu. Vor mir lag der schwarze Schlund des Abgrunds.

    Unter meinen Füßen befand sich brüchiger, eisiger Schneematsch, ein Überbleibsel des Eissplitters, der mich durch die Lüfte getragen hatte.

    Das Wichtigste war jedoch zu meiner Rechten – eine in Stein gehauene Treppe, die zu den Ausläufern des Berges führte. Es war das, was ich meisten brauchte - ein relativ unkomplizierter Weg zu einem Ort, an dem ich mich ausruhen konnte.

    Das namenlose Wolfsjunge, das ich fest an meine Brust gepresst hielt, zuckte im Traum mit der Pfote, atmete dann wieder tief und sah zufrieden aus. Ich öffnete meine alte, zerfledderte Jacke, nickte dem Tempeltor zum Abschied zu und ging in Richtung Ausgang.

    Eine lange und gewundene, in Stein gehauene Treppe noch, dann hatte ich das örtliche Hotel erreicht. Es war der letzte Abschnitt des Weges. Die letzte Anstrengung, die mir nichts ausmachte. Danach würde ich mich ausruhen können.

    Ich hatte kaum ein paar Dutzend Schritte gemacht, als mir ein eisiger Wind ins Gesicht blies und mich taumeln ließ. Da war ein kaum hörbares, mattes Flüstern in meinen Ohren. Eine eisige Kälte kroch über meine Wirbelsäule und zwischen meine Rippen. Ich spürte die frostige Berührung und grinste schief. Dieses Gefühl war wie kein anderes. Ich hätte es erwarten müssen. Während ich die scheinbar endlosen Treppen hinunterstieg, hob ich mein Gesicht zum Himmel.

    „Okay, okay. Ich hab’s schon kapiert, flüsterte ich. „Melde mich ja schon ab. Warte doch eine halbe Sekunde und mach dir nicht gleich nicht ins Hemd.

    Ich warf einen Blick hinter mich und stellte fest, dass der Tempel der Trauer in den letzten Stunden seine Attraktivität verloren hatte. Aus den Augen von Myrthes steinernem Gesicht flossen keine kostbaren feurigen Tränen mehr, und alle „Pilger" hatten sich im Nebel verloren. Nur ein paar Umrisse waren weit unten zu sehen. Spieler, die sich beeilten, die Ausläufer zu erreichen, an denen die paar Lichter eines winzigen Bergdorfes leuchteten.

    Ein weiterer Luftstoß erfasste mich mit einem raschelnden Geräusch. Das Flüstern war dieses Mal gebieterischer.

    Das kostete mich ein müdes Lachen. Ich beschleunigte meinen Schritt. Der Bote der Ermattung wieder einmal. Ich hatte schon lange nicht mehr das Vergnügen gehabt.

    Waldyra kümmerte sich gut um seine Spieler. Immer wenn ein solcher nicht mehr willkommen war, erhielt er eine stimmlose Benachrichtigung, einen plötzlichen Hauch von Kälte, egal, wo er sich befand. Diese eisige Nachricht ereilte einen Spieler sogar in einer Sauna oder in einer Wüste. Die Botschaft war eindeutig: Mach’ eine Pause, ruhe dich eine Weile aus.

    Niemand hatte das Recht, die totale Immersion zu stören. Einige Leute rannten einfach herum und spielten nach Herzenslust, andere hielten sich an ihre Rollen auf die Method-Man-Art. Mochten das nun Scharfschützen, gewiefte Händler oder Gelehrte mit weißen Rauschebärten sein, die nie die kleine Kneipe am Meer verließen.

    Es brauchte schon einen triftigen Grund, um sich in den Spielablauf eines Einzelnen einzumischen.

    Auch hatte niemand das Recht, Spielern zu befehlen oder auch nur zu empfehlen, sich auszuloggen, selbst wenn sie bereits viele Stunden in Immersion verbracht hatten.

    Und niemand konnte einen zwingen, das Spiel zu verlassen, außer, wenn ein medizinischer Notfall vorlag oder ein Kokon nicht mehr richtig funktionierte.

    Jede Minute, die man in der Fantasiewelt von Waldyra verbrachte, kostete hart verdientes, bares Geld. Kein Wunder, dass man als Spieler normalerweise jede Sekunde ausreizen und alles aus jedem einzelnen Cent herausholen wollte. Manchmal verlor man sich dann in dieser Welt und jegliches Zeitgefühl kam einem abhanden.

    Aus dem Grund hatte die Verwaltung einen anderen Ansatz gewählt. Diejenigen, die zu viel Zeit im Spiel verbrachten, wurden von einer kalten, spöttischen Brise heimgesucht, die durch ihre Körper kroch, ihre eiskalten Reißzähne fletschte und etwas Unverständliches zischelte.

    Waldyra machte es ungemütlich für diejenigen, die sich weigerten, gute Ratschläge zu befolgen.

    Die Farben verblassten langsam. Die Helligkeit und der Farbkontrast, die viele Spieler an der Welt so schätzten, verflüchtigten sich. Das Gras verlor sein sattes Grün. Der Himmel wechselte die Farbe von tiefblau zu gräulich …

    Irgendwann trafen auch Waffen nicht mehr ordentlich und die Zaubersprüche blieben harmlose Funken. Ein Handwerker war dann nicht mehr in der Lage, ordentliche Ware zu produzieren. Der Weg eines Fernreisenden zog sich doppelt so lang.

    So äußerte sich die Ermattung, und sie gewann mit jeder Stunde an Eindringlichkeit.

    Das Wort „Ermattung selbst war von den Spielern erfunden worden, da die Verwaltung die Existenz eines solchen „Benachrichtigungsmechanismus strikt leugnete. Alle Fragen und die gelegentlichen Beschwerden wurden immer mit einem höflichen Lächeln beantwortet und gelöst.

    „So etwas gibt es im Spiel nicht. Es steht jedem Spieler frei, so lange hier zu bleiben, wie er möchte. Es gibt keinen Wind, und schon gar nicht diese üblen ‚eiskalten Reißzähne‘. Das ist alles nur eine Legende. Und wer würde dir schon glauben?"

    Nicht die Spieler, definitiv nicht. Doch die Unsterblichen hatten keine Ahnung. Jeder Spieler erlebte den gleichen Effekt: eine eiskalte Welle, die durch den Körper ebbte, der flüsternde Wind und die verblassenden Farben. Halluzinieren konnte jeder, aber nicht auf exakt dieselbe Weise.

    Das Seltsamste war, dass es nie ein festgelegtes Zeitlimit gegeben hatte. Früher hatte ich oft tagelang im Spiel verbracht und nur ein paar Minuten Pause gemacht, um auf die Toilette zu gehen und etwas zu trinken. Nichts. Keinerlei Warnungen. Dann war es wieder völlig anders. Ein paar Stunden Spiel, dann bereits eine unangenehme Brise, die mir das Haar zerzauste, die beißende Kälte, die sich in meine Rippen zu fressen schien. Und mein Pfeil traf nicht mehr ins Ziel.

    Ich schaffte es die Hälfte des steilen Weges hinab, bevor ich eine Warnung erhielt.

    Ein Feind naht! Der Name des Charakters ist Dorth Viderrr!

    Ein Feind naht! Der Name des Charakters ist Ariella Farnblume!

    Im selben Moment sah ich Spieler auf dem Weg, etwa 30 Schritte entfernt. Es war eine Gruppe von drei Spielern, zwei Männer und eine Frau. Alle mit rot blinkenden Player-Killer-Spitznamen.

    Ich wurde langsamer, stieß einen schweren Seufzer aus und rieb mir die Schläfen. Verdammt. Ich war hundemüde.

    Wie standen die Chancen, seinen Feinden in der Welt von Waldyra einfach so über den Weg zu laufen? Eins zu einer Million? Eins zu einer Milliarde?

    „Hey, Rosgard! Einer der Charaktere wirbelte zu mir um. „Meine Güte, du bist aber groß geworden, kleiner Rosgard! Schon über 50 …

    „Hallo, Sith-Schlampe, entgegnete ich und ging seelenruhig weiter. „Ihr seid zu spät. Die Tore des Tempels sind bereits geschlossen.

    „Wissen wir, sagte Dorth schulterzuckend und tastete nach dem Griff des Schwertes hinter seiner Schulter. „Wir haben das schon dreimal von Zuspätkommenden gehört. Da, sieh selbst!

    Ich schaute weiter nach unten. Drei silberne Wolken schwebten über den Stufen. Eine sah aus, als würde sie jeden Moment in den Abgrund driften. Sie ragte weit über den Rand der Treppe hinaus.

    „Sie wollte Selbstmord begehen, sagte der Sith grob, kicherte und wandte sich seinen Begleitern zu. „Aber wir konnten diese Todsünde nicht zulassen.

    „Um ihre Sachen zu klauen", sagte ich wissend.

    Der Abgrund war tief. Ganz nach unten zu klettern und dort die eigene Nebelwolke wiederzufinden, wäre ein schwieriges Unterfangen. Der Besitzer, der respawnen musste, wäre auch nicht gerade begeistert davon, seinen eigenen Kadaver zu suchen. Aber seine Sachen in einen Abgrund zu werfen war immer noch besser, als sie gierigen PKs zu überlassen, die sich dann unrechtmäßig bereicherten. Der Abgrund war immer die bessere Option.

    „Du hast mich umgebracht!, zischte Ariella. „Du hast mir in den Rücken geschlagen! Du hast mir den Turnierumhang gestohlen!

    Seltsame Darstellung. Tatsächlich hatten sie mich angegriffen, und jetzt war ich schuld an ihrem Versagen?

    „Es war der Hals, nicht der Rücken. Aber in Ordnung, ich habe mich von hinten genähert, sagte ich bemüht ruhig. „Okay, Leute, ich bin wirklich müde, und ihr steht auf meiner Prioritätenliste momentan weit unten. Lasst mich durch. Dieses Schwätzchen dauert mir schon zu lange.

    „Du …"

    „Ruhe, Ari, sagte der Sith. „Rosgard, glaubst du wirklich, dass wir dich einfach so laufen lassen? Du hast mich zweimal umgebracht. Jetzt ist es persönlich. Und es gibt hier auch keine Büsche, hinter denen du dich doch so gern versteckst. Nur blanken Fels und einen schmalen Pfad. Du musst jetzt entweder vorwärts oder zurück. Oder du springst in den Abgrund. Wie würde dir das gefallen?

    „Kennst du den?" Die dritte PK meldete sich zum ersten Mal zu Wort. Ein Magier, Level 28. Gar nicht schlecht. Der Sith-Edgelord hatte es auf 33 geschafft. Ariella Farnblume war auf Level 36 die Stärkste. Offensichtlich eine ehrgeizige Frau, aber meiner bescheidenen Meinung nach etwas neben der Spur.

    „Wir warten schon seit drei Stunden auf dich, sagte der Sith und ignorierte die Frage seines Freundes. „Alles, worüber sie im Forum reden, ist, dass ein paar Spieler ins Feuer gezogen wurden. Einer von ihnen hieß Rosgard. Es gibt sogar ein Video. Du hättest den dummen Blick auf deinem Gesicht sehen sollen! Aber du scheinst seitdem ein wenig gewachsen zu sein. Du bist jetzt auf Level 51, aber das kriegen wir schon hin.

    „Du wartest seit drei Stunden auf mich? Ich war erstaunt. „Soll das ein Witz sein?

    Dorth ignorierte meine Frage, während er langsam ein schmales Schwert hinter seinem Rücken hervorzog, dessen Klinge schwach rot glühte. Ein verwunschener Gegenstand. Es sah cool aus, das musste ich ihm lassen.

    „Siehst du das Glühen? Wie ein echtes Lichtschwert. Hast du so etwas?"

    „Ja, bestätigte ich und hob meine Hand. „Aber meines ist etwas größer.

    Ein Wink. Ein kurzes, zornig Zischen, und ein greller Blitz traf Dorth Viderrr mitten in die Brust. Die Zickzacklinien der Restelektrizität breiteten sich über die Stufen aus. Zurück blieb eine Wolke aus silbrigem Nebel.

    Ich warf den verdutzten beiden anderen Spielern einen Seitenblick zu und hob meinen unscheinbaren, aber mächtigen Zauberstab.

    „Warte mal!"

    „Tut mir leid. Aber ich habe es eilig", widersprach ich und jagte dem Magier einen Blitz durch den Bauch.

    Der wortkarge Magier gesellte sich in Form einer weiteren Wolke aus Silbernebel auf dem nassen Stein zum Sith.

    Tja. Was ihr wirklich gebraucht hättet, liebe Freunde, wäre ein Tank mit jeder Menge Trefferpunkten und einem guten Schild mit Elementresistenz. Magier, Bogenschützen und Siths … Eine Salve aus einem ordentlich gefertigten Zauberstab genügte und sie starben wie die Fliegen.

    Ich zielte auf das Mädchen, das wie der geölte Blitz Reißaus genommen hatte, taumelte ein wenig, seufzte und steckte den Zauberstab zurück in meinen Rucksack. Sie war wirklich schnell. Ich würde sie höchstwahrscheinlich verfehlen und eine Ladung verschwenden. Das wollte ich nicht riskieren, denn sie war nicht billig.

    Nach ein paar rituellen Verbeugungen (und damit meinte ich, dass ich mich über die „Körper" der PKs beugte und mir alles nahm, was sie bei sich hatten) holte ich eine Transportrolle aus meinem Rucksack und hielt sie nachdenklich in den Händen. Diese Dinge waren sogar noch teurer als die Verwendung des Zauberstabs. Aber man sollte schließlich beenden, was man angefangen hatte. Dann konnte ich auch noch etwas Restdampf ablassen.

    Ich strich mit dem Fingernagel über die leere Rolle.

    „Das Vorland des Kummergebirges."

    Nach einem blass zuckenden Blitz befand ich mich an demselben Ort, an dem ich Kyre und den Greif namens Tölpel getroffen hatte. Vor langer, langer Zeit. Damals, als ich noch gedacht hatte, sie und ich wären Freunde.

    Über meinem Kopf befand sich ein Gipfel, der in der Dunkelheit kaum zu erkennen war. Noch vor wenigen Sekunden hatte ich oben an diesem Hang gestanden. Ich begann zu rennen, passierte ein paar unscheinbare Gebäude, überquerte eine Brücke über einen schmalen Felsspalt, tauchte in die Wolke ein und tastete mich an dem überhängenden Fels entlang. Als ich ihn hinter mir gelassen hatte, blieb ich in der Nähe der ersten Stufen stehen, die zum Kummertempel führten.

    Ich brauchte nicht lange zu warten. Eilige Schritte hallten in die Dunkelheit und eine schlanke weibliche Silhouette tauchte im Licht des Mondes auf.

    „Hi, sagte ich zu Ariella Farnblume, die mich beinahe umgerannt hätte. „Unsere ständigen Begegnungen werden mir langsam zu anstrengend, beschwerte ich mich.

    Das verblüffte Elfenmädchen öffnete den Mund, hatte aber keine Zeit, etwas zu sagen. Ein Blitzschlag und unser Gespräch war beendet, ehe es begonnen hatte.

    Ich bückte mich und nahm alles, was ich kriegen konnte, aus dem silbrigen Nebelfleck. Eine Systemmeldung sprang auf, und ich fluchte verhalten.

    Überlastung!

    Du trägst zu viele Gegenstände! Müdigkeit …

    Ach, halt doch die Klappe!

    Ich würde das Gasthaus sowieso erreichen, und warum sollte ich irgendetwas von dem Zeug loswerden?

    „Rosgard!" Eine Stimme, die ebenso beängstigend wie vertraut war.

    Ich wirbelte herum und hätte beinahe mein Gesicht in den Bauch einer großen Gestalt gepresst. Ich machte einen großen Satz zurück.

    Es war Grym. Grym! Verdammt!

    „Was ist los mit dir, mein Freund? Der Werwolf, der sich offenbar vor Kurzem zurückverwandelt hatte, blinzelte mich überrascht an, nachdem er sich so unbemerkt genähert hatte. „Du siehst verängstigt aus, aber warum? Ich bin es, Grym, dein Freund. Hast du die wohlverdiente Belohnung vergessen, die du von mir erhalten hast?

    Grym war nackt bis auf einen schwarzen Lendenschurz. Jeder hart gesottene Bodybuilder würde bei seinem Anblick vor Neid erblassen.

    „Grym … Ich zwang mich zu einem schwachen Lächeln, zumal ich keine Ahnung hatte, was ich sagen sollte. „Tut mir leid, dass ich zurückgewichen bin. Ich habe dich mit jemandem verwechselt. Ähm, aber was machst du hier?

    „Ja, also … Grym raufte sich in offensichtlicher Verlegenheit das struppige Haar. „Das weiß ich selbst nicht so genau. Ich erinnere mich noch daran, wie ich am Feuer saß und einen Hirsch häutete, den ich erlegt hatte. Dann kam ich auf dem nassen Felsen wieder zur Besinnung. Ich habe deine Stimme gehört und hatte das Bedürfnis, zu dir zu kommen …

    „Das klingt zweideutig, bemerkte ich, nachdem ich einigermaßen die Fassung wiedererlangt hatte. „Hör mal, Grym, mein Freund, ich muss weiter. Es ist spät, und man trifft zu dieser Stunde doch immer auf diverse Geschöpfe der Nacht. Werwölfe zum Beispiel …

    „Jetzt warte doch mal! Warte!" Eine riesige Hand packte mich an der Schulter und kostete meinen Charakter sofort 10 Trefferpunkte. Ganz schön stark.

    Grym gluckste halb, halb brüllte er und ignorierte mein ängstliches, angespanntes Gesicht.

    „Wenn ich es dir doch sage. Ich habe deine Stimme gehört, und in meinem Kopf hat es Klick gemacht. Ich sah Myrthe, aber so, wie ich sie im echten Leben gesehen hatte … Doch sie war blutverschmiert, hatte Narben im Gesicht und die riesigen Pranken von jemandem … Und es schien, als wärst du auch dort gewesen. Kannst du mir das erklären? War es eine Vision? War es ein Traum? Es muss einen Grund dafür gegeben haben, dass ich deine Stimme hörte, als ich aufwachte."

    „Nun …", begann ich ausweichend und befreite meine Schulter aus seinem Griff. Heute war so was von nicht mein Glückstag.

    „Wenn du etwas weißt, bitte, sag es mir!"

    „Rosgard! Du Arschloch! Dorth Viderrr, bekleidet mit einer Windel, tauchte aus der Dunkelheit auf, in der Hand einen Stock als Waffe. „Du Scheißkerl! Ich hasse dich! Du bist ein toter Mann!

    Aus irgendeinem Grund scheine ich halb nackte Männer anzuziehen, dachte ich und beobachtete den herannahenden PK mit unverhohlener Häme.

    „Geh mir aus dem Weg!" Grym brauchte sich nicht einmal umzudrehen. Er stieß ein wütendes Brüllen aus. Er hob eine Hand, und Dorth wirbelte hoch wie eine Schneeflocke. Dann stürzte der Sith in den nebelverhangenen Abgrund.

    Ein wutentbrannter Schrei gellte durch die Stille der Nacht.

    „Rosgaaaaard! Du Arschloooo …"

    „Warum, verdammt, bin jetzt schon wieder ich schuld? Verwirrt starrte ich in den Abgrund, der gerade den Sith verschlungen hatte. „Ich habe nur hier gestanden.

    Niemand antwortete. Als ich mich wieder zu Grym umdrehte, war er nicht mehr da. Er war in einem Sekundenbruchteil verschwunden, ohne auch nur ein Geräusch zu machen.

    „Das gibt‘s doch nicht", murmelte ich und wechselte in den Galopp. Oder besser gesagt, in einen eiligen, aber etwas lahmen Trab. Die Überlastung ließ mich gebückt gehen, aber ich kämpfte mich verbissen weiter, fluchte unentwegt als Motivation und sah mich immer wieder um, auch wenn es unmöglich war, in dieser völligen Dunkelheit etwas zu sehen.

    Unser Gespräch blieb unbeendet. Grym war so plötzlich verschwunden, dass ich besorgt war, er könnte sich in diesem Moment in einen Werwolf verwandelt haben. Ich würde wohl nicht entkommen. Aber ich könnte zumindest versuchen, das schlafende Wolfsjunge in mein privates Zimmer zu bringen. Ich wusste, dass die Reißzähne seines Vaters schon lange nach meinem Blut dürsteten. Und dann erst diese Möchtegern-Player-Killer …

    Der Dorfplatz blitzte vor meinen Augen auf, und das dunkelblaue Licht über dem Gasthaus leuchtete tröstlich in die Dunkelheit. Die Tür knarrte, und ich stolperte mit einem erleichterten Stöhnen hindurch.

    Ich sah mich nicht weiter um. Das Gasthaus war unverändert. Das Erdgeschoss, die Bar und die Gaststube. Eine Treppe, die nach oben führte, mit einem Teppich darauf.

    Die Gaststube war fast leer, nur zwei Tische waren besetzt und ein paar Leute saßen neben dem Kamin, tranken Glühwein und starrten in das digitale Feuer, lauschten dem Knistern der Flammen. Idyllisch.

    Ich ertappte mich dabei, dass ich sie beneidete. Noch vor Kurzem war auch ich aus diesem Grund so gern in die Welt von Waldyra gekommen. Alltägliche Abenteuer an unbekannten Orten, Kämpfe mit seltsamen Monstern und spätabendliches Beisammensein in Tavernen, wo man viel Neues lernen und nebenbei Pläne für den nächsten Tag schmieden konnte.

    Und jetzt?

    Jetzt rannte ich mit eingezogenem Schwanz herum und fürchtete mich vor jedem Schatten. Was für ein Spiel sollte das sein, bitte?

    Ich nickte dem mürrischen Wirt kurz zu und ging dann die Treppe hinauf, wobei ich mich zwang, dem Mädchen an der Rezeption ein freundliches Lächeln zu schenken.

    „Oh! Guten Abend, mein Herr!" Ein schmachtendes Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus. Sie lehnte sich so weit über den Tresen zu mir, dass ich tief in ihr Dekolleté sehen konnte. Das war ein schöner Anblick.

    „Hallo", sagte ich und quetschte mich an ihr vorbei.

    „Aber wo wollt Ihr denn hin?", fragte sie schmollend.

    „Ich muss etwas schlafen", antwortete ich und suchte fieberhaft nach der vertrauten Tür.

    „Schlafen? Das Mädchen blinzelte verblüfft und stemmte die Arme in die Seiten, was ihre kurvige Figur noch besser in Szene setzte. Offensichtlich verstand sie nicht, warum ich sie abwimmeln wollte. „Aber …

    „Gute Nacht", sagte ich eilig und warf mich regelrecht in meinen privaten Bereich.

    „Wartet …", hörte ich sie sagen, doch die Tür schlug ins Schloss und die empörte Stimme des Mädchens verklang.

    „Dieser verdammte Liebesbonus!", zischte ich.

    Ich riss mir den Mantel von den Schultern, warf ihn in die Ecke und legte das Wolfsjunge vorsichtig darauf. Ich kippte den Inhalt meines Rucksacks auf den Boden, ignorierte das Durcheinander und drückte den Log-out-Knopf, während ich überlegte, wie ich das kleine Fellknäuel nennen sollte. Flecki? Kumpel? Grymito? Kyrefeind? Verdammt … Irgendetwas Bedrohliches. Aber darüber würde ich mir später Gedanken machen müssen.

    Ein Blitz.

    Abmelden.

    * * *

    DIE WOHNUNG WAR still. Auch draußen und im restlichen Wohnblock regte sich nichts. Jeder normale Mensch schlief entweder oder hatte vielleicht Sex, während ich in einer anderen Realität vor geilen Weibchen und Werwölfen floh.

    Im Gegensatz zur Wohnung wollte mein Körper, der nun den Tribut für zu langes Verweilen an einem Ort zahlen musste, nicht still sein und protestierte lautstark und nachdrücklich gegen die Art und Weise, wie ich ihn behandelte. Mein Nacken und jeder einzelne Muskel waren steif. Das Gefühl ließ zwar allmählich nach, aber der Nacken schmerzte stark. Alles nur, weil ich es so eilig gehabt hatte, nachdem dieser verdammte Goscha mich in den Kokon gejagt hatte. Ich hatte mich nicht bequem genug hingelegt. Die Position meiner Arme und Beine war falsch gewesen, mein Hals schräg. Das hatte ich mir selbst eingebrockt. Es gab ein Handbuch mit einem halben Dutzend Kapitel darüber, wie man seine Gliedmaßen richtig in den Kokon bettete, bevor man ins Spiel einstieg, und ich hatte sie allesamt ignoriert. Jetzt kam mich das teuer zu stehen.

    Ich massierte meinen schmerzenden Nacken, während ich ins Bad ging, mich aus den schweißgetränkten Klamotten schälte und unter die heiße Dusche stieg. Ich rieb mich rücksichtslos mit einem Schwamm ab und stand so lange unter den heißen Wasserstrahlen, bis meine Haut rot wurde. Dann drehte ich den Heißwasserhahn zu. Der eiskalte Kontrast ließ mich kreischend auf und ab hüpfen. Noch eine heiße Dusche. Fünf Minuten Genuss. Dann wieder kalt … Hurra! Ich fühlte mich endlich wieder wie ein Mensch, mein Körper erwachte zum Leben. Die Kopfschmerzen in meinen Schläfen verflüchtigten sich widerwillig, und ich hatte einen Bärenhunger.

    Ich pfiff eine einfache Melodie, während ich mich ans Kochen machte. Am liebsten hätte ich mich ins Bett gelegt, aber das wäre ein Verbrechen an meinem Körper gewesen. Gerade aus dem Kokon gekrochen und schon wieder ins Bett? Auf keinen Fall.

    Ich ließ mir Zeit und kochte mein spätes Abendessen oder frühes Frühstück, wie auch immer man es nennen wollte. Dabei flößte ich mir so viel heißen Tee mit viel Zucker ein, wie ich konnte, nahm mir dann den Teller und setzte mich an meinen Computer. Ich musste mal ins Spieleforum schauen. So viele neue Themen. Fast hatte ich den Eindruck, dass bestimmte Leute sich einen Jux daraus machten, ständig neue Threads zu posten.

    Ich strengte mich an, die penetranten neuen Themen zu überlesen, da ich genug hatte von „Holzfäller gesucht!, „Wir brauchen Bergarbeiter! und „Ahoi, Schiffsbauer. Ganz zu schweigen von „Wo sind die Schmiede?, „Handwerkliche Arbeit: Top-Qualität!" und so weiter. Nach der Anzahl der Themen zu urteilen, waren Handwerker aller Art sehr begehrt und die Nachfrage stieg ständig.

    Der nächste Thread war interessanter. Ein kurzer Überblick über die wichtigsten Ereignisse in Waldyra.

    Die Sensation des Tages! Berühmter Händler- und Handwerkerclan löst sich auf! Für die Feuerfalken springt nichts heraus.

    „Der Diamantenhammer-Clan hat sich dafür entschieden, den Clan aufzulösen, anstatt das enorme Lösegeld für das gestohlene Clan-Symbol zu zahlen. Offenbar verlangten die Falken eine absurde Summe! Sie waren nicht gerade erfreut, als sie erfuhren, dass der Clan sich aufgelöst hatte. Hat der Diamantenhammer-Clan denn jedes Ehrgefühl verloren, so eine Entscheidung zu treffen und den Clan aufzulösen? Oder steckte hinter dieser Aktion der berühmtesten Händler Waldyras eiskalte Berechnung?

    Die Feuerfalken legten offiziellen Protest ein und verlangten, dass die Auflösung des Diamantenhammer-Clans bis zur Zahlung des Lösegelds ausgesetzt wird. Das Oberhaupt des Clans teilte mit, dass die Höhe des Lösegelds verhandelbar sei und er gern so schnell wie möglich eine Einigung erzielen würde.

    Die Verwaltung prüft nun den Antrag. In der Zwischenzeit hat sich in Waldyra ein neuer Clan gebildet, dessen Name für Stirnrunzeln sorgt: Der Kristallhammer-Clan.

    Interessant, aber auch nicht weltbewegend, schlussfolgerte ich, während ich auf der Seite weiter nach unten scrollte. Ich war nicht an Clankriegen oder hochrangiger Politik interessiert.

    Ein Geschenk des Clans der Rastlosen an jeden Bürger von Waldyra!

    „In Anbetracht der bevorstehenden Reise in unbekannte Länder haben die Rastlosen in fünf der größten Städte Waldyras aufwendige Dekorationen installiert: Schiffe, die über Wasserstrahlen schweben. Diese sind nicht nur wunderschön, sie beherbergen auch eine Vielzahl von Handelsständen, an denen jeder Spieler alles, was er möchte, mit einem Rabatt kaufen kann!"

    Ja, ja. War mir schon aufgefallen. Keine weiteren Besuche dieser lustigen Vergnügungsparks für mich, herzlichen Dank auch.

    Die anderen neuen Threads befassten sich alle mit detaillierten Beschreibungen von Überfällen auf Werften, Sabotage, auf halber Strecke geraubten Rohstoffen und der Ermordung friedlicher Bergleute und Holzfäller. Ich überflog sie, ohne sie wirklich zu lesen.

    Dann stieß ich endlich auf ein interessanteres Thema.

    Eine Invasion im Unterwasserreich!

    Die Unterwasser-Werften der Achyloten sind einem massiven Angriff zum Opfer gefallen! Das Wasser kochte förmlich, Dampfsäulen stiegen in den Himmel. Etwa zwei Dutzend Geburtskammern wurden zerstört und bringen somit auch keine mächtigen Leviathans mehr hervor.

    Allerdings war diese Unterwasserwelt für Landratten völlig fremdes Terrain. Die Angreifer stießen auf heftigen Widerstand und mussten sich zurückziehen, kurz bevor sie die zentralen Bereiche der U-Boot-Werften erreicht hatten. Wenn man jenen glauben konnte, die an diesen Schlachten teilgenommen hatten … Das Forum wollte keine Verantwortung für die Worte anderer Leute übernehmen und zitierte sie einfach.

    „Wir konnten das Zentrum nicht erreichen, diese Stelle, an der man Unterwassergipfel erkennen kann. Aber wir haben dort unten etwas gesehen. Etwas Lebendiges und Riesiges. Groß genug, um in einem Bissen einen Wohnblock zu fressen."

    Der Kommentar des Unterwasserclans Nautilus Lockhard Schwertfisch: „Tja, die Landratten, die uns angegriffen haben, sind vielleicht nicht mit gänzlich leeren Händen abgezogen. Doch die Dinge haben sich geändert. In Zukunft sollten sie alle besser zwei- oder dreimal überlegen, bevor sie an Bord eines Schiffes gehen, egal wie gut es geschützt ist. Und merkt euch diese drei Namen gut: Megalodon, Orthokon und Mosasaurus. Wir sind nicht diejenigen, die diesen Krieg angezettelt haben, aber wir werden diejenigen sein, die ihn beenden.

    Mit den Achyloten war offensichtlich nicht gut Kirschen essen. Oder Seegras, oder weiß der Geier was.

    Das dumpfe Geräusch von zerbrochenem Glas ließ mich hochschrecken und meine unterhaltsame Lektüre jäh unterbrechen.

    Was in aller Welt …?

    Automatisch drehte ich den Kopf. Die Fenster waren noch intakt. Mein armer Nacken, der rachsüchtige Bastard, bestrafte mich mit einem weiteren unangenehmen Stechen. Ich kroch vom Stuhl und humpelte fluchend in Richtung Küche. Es war nichts heruntergefallen oder zerbrochen, auch hier waren die Fenster noch heil (und mussten übrigens dringend geputzt werden).

    Noch einmal das entfernte Klirren. Diesmal konnte ich die Richtung des Geräusches ausmachen. Es kam von meiner Haustür.

    Ich verbrachte etwa eine Minute damit, zu hoffen, dass ich mich nur verhört hatte, doch da war das Geräusch schon wieder. Es war mitten in der Nacht.

    Niemand klopfte an die Tür, weder an meine noch an die Tür einer meiner Nachbarn. Diese Stille verhieß nichts Gutes.

    Ich überlegte kurz, dann ging ich zurück in mein Schlafzimmer, riss das rostige „Katana" von der Wand, zog meine Trainingshose an und schlüpfte in die abgetragenen, bequemen Hausschuhe, bevor ich mich hinauswagte, um nachzusehen, was los war.

    Wurde gerade ein Nachbar ausgeraubt?

    Das Schloss klickte, als ich die Tür öffnete, um mit einem Auge die Umgebung zu inspizieren. Ich hatte vor, sie bei Bedarf weit zu öffnen und mit meinem Stück rostigen Eisen bewaffnet nach draußen zu preschen.

    Was ich aber schließlich auf dem Treppenabsatz sah, war Kyras lebloser Körper. Der untere Teil auf der Treppe, der Rest von ihr auf dem kalten Beton, umgeben von Glasscherben. Ein nasser Fleck unter ihr breitete sich still und kontinuierlich aus.

    Sie hatten sie umgebracht! Sie hatten sie aufgespürt und getötet! Clan-Konkurrenten … Oh mein Gott.

    „Kyre! Kyre!" Das Metallstück in meiner Hand verursachte ein klingendes Geräusch, als es auf den Boden meiner Wohnung fiel. Ich sackte neben der

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