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Die andere Welt (Außenseiter Buch #4): LitRPG-Serie
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eBook449 Seiten7 Stunden

Die andere Welt (Außenseiter Buch #4): LitRPG-Serie

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Über dieses E-Book

Nach dem Kampf gegen die Hyänen meldet das System Eric, dass es etwas lokalisieren konnte, das sich “Ort der Macht” nennt. Es ist der einzige Hinweis auf seiner Suche nach einem Weg zurück in seine eigene Welt.

Es gibt da nur ein Problem: Ohne Mana kann das System den Weg zu diesem Ort nicht berechnen, und Erics Mana-Vorrat ist erschöpft. Schlimmer noch – in dieser anderen Welt herrschen merkwürdige Gesetze, und Erics Mana-Vorrat füllt sich nicht von selbst wieder auf. Zum Glück gibt es das Große System auch hier, aber die Wirkung seiner Gesetze ist eingeschränkt.

So findet Eric sich in einer fremden und gefährlichen Welt wieder, ohne magische Unterstützung und ohne seinen treuen Schlinger. Bald wird ihm klar, dass Dachs, der Junge, den er vor den Hyänen gerettet hat, seine einzige Hoffnung ist, sich Informationen zu beschaffen. Er ist Erics Chance, diese Welt zu verstehen, mehr über sie zu erfahren und sich vielleicht sogar irgendwie ein wenig Mana zu beschaffen.
SpracheDeutsch
HerausgeberMagic Dome Books
Erscheinungsdatum24. Mai 2022
ISBN9788076193505
Die andere Welt (Außenseiter Buch #4): LitRPG-Serie

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    Buchvorschau

    Die andere Welt (Außenseiter Buch #4) - Alexey Osadchuk

    Kapitel 1

    „BEIM ABGRUND!", fluchte ich mit zusammengebissenen Zähnen und trat nach einem Büschel Moos.

    Es war ein wütender Tritt, mit so viel Kraft, wie ich nur aufbringen konnte. Als ob es das Moos wäre, das mir gerade erklärt hätte, für die Berechnung der Route zum Ort der Macht müsste ich 10 Mana-Punkte „opfern".

    Ich atmete heftig und starrte blind auf die Klumpen Moos, die in alle Richtungen geflogen waren, und das braune „Innere" des vollkommen unschuldigen Büschels.

    Das musste man sich einmal vorstellen – mir fehlten mickrige 6 Punkte!

    In der Ferne, tief in der toten Stadt, erklang das Heulen einer Meute von Bestien und ließ mich erschauern. Das erinnerte mich daran, wo ich mich befand, und dass jetzt nicht der richtige Zeitpunkt war, auszuflippen. Darüber hinaus verrieten mir das vorsichtige Rascheln und das ungeduldige Fauchen in der Nähe, dass eine Anzahl von Aasfressern längst den Geruch des Blutes aufgenommen hatte und herbeigeeilt war. Zum Glück waren die ersten Besucher zu schwach, um sich vorzuwagen, doch diese Vorsicht würde nur anhalten, bis mehr von ihnen versammelt waren und sie sich mutig genug fühlten, mich anzugreifen. Ich musste mich beeilen.

    Ich lief zu dem Hyänenkadaver, in dem die Machete steckte, und bewegte den Griff mit beiden Händen kreisförmig, um die Wunde zu erweitern. Das Knacken der Wirbelsäule und die ekelhaft schmatzenden Geräusche des noch nicht erkalteten Fleisches ignorierte ich. Nach einer Weile löste sich endlich die Klinge, und ich wischte sie notdürftig am Fell des Tieres sauber. Dann ging ich zu den anderen Leichen. Ich hatte gehofft, die Pfeile freischneiden zu können, doch das sollte nicht sein. Der Schaft des ersten Pfeils war gebrochen und der zweite steckte zu tief im Körper des Leittiers. Leider hatte ich auch keine Zeit, ihn herauszuoperieren, denn inzwischen hörte ich das Heulen größerer Kreaturen immer näher herankommen.

    Ich überprüfte, ob der Sättigungstrank bei Dachs weiterhin seine Wirkung entfaltete, hievte ihn mir auf den Rücken und hastete zurück in das Gebäude, aus dem wir vorhin gekommen waren. Dabei sah ich mich ständig um.

    Mein Rückzug wurde von Freudenschreien begleitet. Die kleinen Aasfresser waren außer sich vor Glück. Noch vor dem Eintreffen der stärkeren Konkurrenz konnten sie sich nun die saftigsten, leckersten Bissen sichern. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie ihre Gestalten blitzschnell zum „gedeckten Tisch" rannten, begleitet von durchdringendem Kreischen.

    Dachs war zu meinem Erstaunen nicht sonderlich schwer, obwohl ich ja auch noch seinen Rucksack und seine Waffe tragen musste. Dennoch machte ich rasche Fortschritte. So viel Mumm hätte ich mir gar nicht zugetraut. Irgendetwas stimmte nicht mit dieser Welt, und zwar gewaltig! Aber ich wollte nicht lügen – es gefiel mir, endlich einmal stark zu sein! Das erste Mal in meinem Leben kam ich mir nicht wie der unfähige Außenseiter vor, der den anderen ständig in allem hinterherhinkte.

    Ich beschloss, im zweiten Stock Schutz zu suchen. Es gab keinen Grund, höher hinauf zu flüchten. Von der Treppe zwischen dem ersten und zweiten Stock fehlten etliche Stufen, was Verfolger aufhalten würde. Ohne die rettenden Zweige der unaufhaltsamen Vegetation hätten wir die Lücke beim Hinuntersteigen niemals überwinden können.

    Als ich über die schmale natürliche Brücke balancierte, betete ich zu allen Göttern, die mir einfielen. Zwar hörte ich ab und an einen gefährlich knackenden Laut, doch ich schaffte es hinauf.

    Vorsichtig legte ich Dachs auf dem Fußboden ab und erholte mich erst einmal. Anschließend hielt ich am Rand der Lücke in der Treppe Wache, den Bogen schussbereit. Es war unwahrscheinlich, dass meine Spuren unbemerkt bleiben würden.

    Während ich auf ungebetene Besucher wartete, betrachtete ich die Wände, die mit Efeu und Moos bewachsen waren. Der Efeu klammerte sich an die schmutzig-graue Oberfläche wie die Tentakel eines Tintenfischs. Ich zog an einer Ranke mit dem Umfang meines Handgelenks und schnaubte respektvoll. Sie war verdammt kräftig.

    Anschließend steckte ich den Kopf aus dem Fenster und besah mir die Außenwand. Der Efeu reichte bis zum Boden hinab. Notfalls war das ein alternativer Fluchtweg.

    Dämmerlicht senkte sich auf die Stadt herab, und kein Tier folgte meinen Spuren, auch wenn ich draußen deutliches Knurren und Kreischen hörte. Wahrscheinlich würden die Aasfresser die ganze Nacht beschäftigt sein.

    Eine Weile lang stand ich erneut an der Kante zu den fehlenden Stufen. Endlich hatte ich mich entschieden. Mit der Machete zerstörte ich die Haltepunkte der „Brücke", über die ich vorhin hochgestiegen war. Zwar glaubte ich nicht, dass Hyänen sie benutzen würden – aber wer sagte denn, dass dies die einzigen Raubtiere dort draußen waren?

    Als ein großes Loch unter mir klaffte, atmete ich erleichtert auf und machte mich daran, das uralte Gebäude zu untersuchen.

    Wohin ich auch blickte, überall sah ich Moos, angekohlte Wände und Zerstörung. Wer auch immer einmal hier gelebt hatte – diese Leute hatten ihre Wohnungen schon vor langer Zeit aufgegeben.

    Ich marschierte die Stockwerke hinauf und hinunter, untersuchte jede Ecke und jeden Winkel und kehrte am Ende zum Portal zurück. Doch meine Hoffnung, dort mehr zu finden als ein Tor zurück in meine Welt, erfüllte sich nicht. Da waren keine Markierungen der Mobjäger und da war kein Altar.

    Während ich alles untersuchte, wurde das Knurren und Kreischen draußen lauter. Anscheinend trafen ständig neue Gäste auf der „Party" ein.

    Ein mächtiges Brüllen ließ mich erschrocken aufhorchen. Offensichtlich waren jetzt die größeren Raubtiere eingetroffen.

    Das zweite Brüllen hörte ich auf der Treppe zwischen dem vierten und fünften Stock. Es klang anders, eher langgezogen und ein wenig heiser.

    Langsam ging ich zum Fenster, vermied jede plötzliche Bewegung, und schaute hinunter. Viel konnte ich in der Dunkelheit zwar nicht erkennen, aber das Wenige bestätigte mir, dass es die richtige Entscheidung gewesen war, wegzulaufen und mich zu verstecken. Es waren erschreckend große Kreaturen, die nun erschienen waren, vom Lärm und dem Geruch des Blutes angelockt. Flüchtig überlegte ich, wie viel Glück wir gehabt hatten, vorhin nur auf Hyänen statt auf Schlimmeres gestoßen zu sein. Die riesigen Bestien, die alle anderen Kreaturen mit einem einzigen Brüllen in die Flucht jagen konnten, hätten uns mit Sicherheit in Stücke gerissen.

    Auf einmal hatte ich das Gefühl, beobachtet zu werden. Von etwas, das ebenso hungrig wie übel gelaunt war. Mir lief ein kalter Schauer über den Rücken. Beim Abgrund! Anscheinend hatte man mich trotz meiner Anstrengungen, mich verborgen zu halten, entdeckt. Aber wer oder was hatte mich gefunden?

    Ich packte den Bogen fester und schaute mich um. Unter mir war das Blutbad noch immer in vollem Gang. Von den Mobs dort unten war gewiss keiner auf die einsame Gestalt im fünften Stock aufmerksam geworden. Also …

    Ich tat so, als würde ich weiter nach unten blicken, und hob den Blick nach oben, ohne den Kopf zu bewegen. Unter meinen Augenbrauen hervor betrachtete ich das Gebäude gegenüber. Als ob sie meinen stummen Wunsch vernommen hätten, stoben auf einmal die dunklen Wolken vor dem Mond auseinander wie glimmende Papierfetzen. Sanftes Mondlicht beschien die beschädigten Wände des toten Hauses. Und dann sah ich die Kreatur, die mich beobachtete. Das Tier war schwarz und sein Fell zottelig. Es war doppelt so groß, wie es die Hyänen gewesen waren, seine Arme waren lang und seine Beine kurz. Das Biest versteckte sich im Efeu, der am Gebäude hochwuchs.

    Die Kreatur spürte wohl, dass ich sie bemerkt hatte. Mit einem knurrenden Laut bewegte das Biest rasch die Füße und hangelte sich am Efeu nach unten. Am Boden angekommen, verschwand die dunkle Silhouette zwischen Blättern. Ich war zwar nicht so naiv zu glauben, das Vieh würde mich nun ignorieren. Dennoch hatte ich es nicht eilig, nach unten zu kommen.

    Noch eine Weile lang stand ich am Fenster, den Blick starr auf die Pflanzen gerichtet, zwischen denen das Ding verschwunden war. Meine Schläfen schmerzten vor Konzentration. Wo, verdammt noch mal, steckte der Mob? Ah, da war er ja! Etwas flitzte durch die Vegetation, und kurz darauf senkte sich ein junger Baum herab. Das Tier war auf dem Weg in unser Gebäude!

    „Zeit zu verschwinden!", bemerkte ich zu mir selbst und rannte hinunter zu Dachs.

    Unterwegs legte ich einen Pfeil an. Aus irgendeinem Grund fand ich diese Bewegung beruhigend. Am Rande meines Bewusstseins fiel mir auf, dass ich nicht in Panik ausgebrochen war. Natürlich, ich hatte weder Schlinger an meiner Seite, noch verfügte ich über meine Magie, aber ich hatte vorhin gelernt, wie ich mich auch ohne diese beiden Dinge wehren konnte. Darüber hinaus hatte ich für unseren Gast eine Überraschung bereit – eine Schriftrolle des Zorns.

    Ich rannte ein weiteres Stockwerk hinunter und blickte erneut aus dem Fenster. Das Mistvieh kletterte bereits an der Wand unseres Hauses hoch! Es entdeckte mich, zeigte seine gelben Zähne und knurrte. Unsere Blicke trafen sich. In den schrecklichen, schwarzen Augen sah ich Zorn und Ungeduld. Das Biest versuchte nicht länger, sich zu verstecken, sondern raste nun auf mich zu.

    Mit einem boshaften Grinsen duckte ich mich und trat zehn Schritte zurück. Ich würde den Mob hier in diesem engen Gang erwarten.

    Ich hob den Bogen, zog die Sehne zurück bis an mein Kinn und machte mich bereit, die Schriftrolle zu aktivieren. Mein Verfolger ließ mich nicht lange warten. Bald verdeckte seine geduckte Silhouette das Licht, das durch das Fenster drang, und es wurde dunkel im Korridor. Doch das machte mir nichts aus. Die Sehne surrte, die angespannte Form des Bogens gab nach, und der Pfeil flog durch die Luft, angetrieben vom Zorn der Schriftrolle.

    Ich hatte zwar erwartet, dass es schwieriger sein würde, diese Kreatur zu treffen als die Hyänen, dennoch überraschte die Bestie mich. Eines musste ich ihr lassen – sie reagierte blitzschnell. Hätte statt meiner Dachs den Pfeil abgeschossen, hätte der Mob wahrscheinlich ausweichen können. Doch zu seinem Pech war nicht Dachs der Schütze.

    Verstärkt durch die Magie aus meiner Welt traf der Pfeil das Wesen in der linken Seite, mitten in der Ausweichbewegung. Ich vernahm das Knirschen eines Knochens, ein schmerzerfülltes Keuchen, und die Kreatur fiel rückwärts aus dem Fenster. Zuerst glaubte ich, der Mob hätte sich nach seiner Verletzung lediglich einstweilen taktisch zurückgezogen, doch kurz darauf hörte ich seinen Körper auf den Boden krachen.

    Ich legte einen weiteren Pfeil an und bewegte mich vorsichtig in Richtung Fenster. Etwa drei Schritte davon entfernt hockte ich mich auf den Boden, suchte nach einem Stein und warf ihn hinaus. Es kam keine Reaktion. Ich schickte noch zwei weitere Steinbrocken nach unten. Da war nichts.

    Ich legte den Bogen ab und trat mit gezogener Machete zum Fenster. Rasch sah ich mich um. Nein, mein Gegner hing nicht im Efeu. Er lag unten zwischen Büschen, ohne ein Lebenszeichen von sich zu geben.

    Verblüfft kratzte ich mich am Hinterkopf. Ich hatte das Ding tatsächlich erledigt! Mit einem traurigen Seufzen betrachtete ich meinen Rucksack. Ich hatte nur noch sieben Schriftrollen des Zorns übrig.

    Auch dieser frische Leckerbissen blieb nicht lange unbemerkt. Schon huschten mit ungeduldigem Fauchen von allen Seiten Schatten auf den neuen Kadaver zu.

    Ich vergewisserte mich mit einem letzten Blick, dass draußen nichts war, das mir etwas antun konnte, und kehrte zu Dachs zurück.

    In dieser Nacht schlief ich kaum. Die tote Stadt war weit weniger tot, als ich anfangs gedacht hatte. Überall hörte ich Kreischen, Knurren, Fauchen und Brüllen. Nach dem Angriff der pelzigen Kreatur war ich wachsam.

    Abgesehen davon begann Dachs, mitten in der Nacht, etwas vor sich hin zu murmeln. Auf einmal hatte er Fieber. Er rief nach jemandem mit dem Namen Nerz. Vielleicht war es seine Frau. Ich musste ihm einen weiteren Sättigungstrank in den Schlund gießen.

    In seinem Beutel fand ich mehrere saubere Lappen, sorgfältig um Kräuter gewickelt. Nachdem ich seine Wunden mit Wasser aus meiner Flasche gereinigt hatte, verwendete ich die Stoffstreifen als Bandagen.

    Neben den Kräutern und anderen Vorräten fand ich auch etwas, das ausgesprochen lecker roch. Ich öffnete das Bündel jedoch nicht, sondern brachte es lediglich in Sicherheit. Wenn ich jetzt Nahrung erblickte, würde ich mich nicht zurückhalten können. Anschließend würde mich ein schlechtes Gewissen plagen. Schlimm genug, dass ich Dachs‘ Sachen durchsucht hatte, da musste ich nicht auch noch sein Essen klauen. Stattdessen nahm ich einen Schluck Sättigungstrank, und der Hunger ließ sofort nach.

    In dieser Nacht hatte ich Zeit, über diverse Dinge nachzudenken. In Dachs’ Rucksack hatte ich nicht einen einzigen Gegenstand mit Level-Beschränkungen entdeckt. Eine interessante Wendung! Natürlich besaß ich selbst ebenfalls etliche Gegenstände ohne Level. Da waren zum Beispiel mein Knopf und die Mana-Kristalle. Aber meine Artefakte hatten sowohl Beschreibungen als auch bestimmte Werte. Von Dachs’ Besitztümern konnte ich das nicht behaupten. Langsam gewann ich den Eindruck, als ob das Große System keine Macht über sie besäße. Allerdings gab es auch Hinweise, die gegen diese Theorie sprachen. Hatte der Sättigungstrank funktioniert? Jawohl. Hatte die Schriftrolle des Zorns funktioniert? Und ob. Daraus schloss ich, dass das Große System zwar auch hier Wirkung entfaltete, aber Dachs und seinen Besitz erst noch erreichen musste.

    Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass all seine Waffen und Kleidungsstücke von guter Qualität waren. In meiner Welt wären die Gegenstände mindestens auf Level 10 gewesen, und der Bogen wäre gewiss noch höher eingestuft worden, Level 20 oder so. Es war ein ausgesprochen hochwertiger Bogen, robust und tödlich.

    Dachs konnte damit kaum umgehen. Zwar konnte er mit ihm schießen, aber es wirkte, als wäre er einen anderen Bogen gewöhnt, einen, der weniger mächtig war. Für mich allerdings war diese Waffe genau richtig.

    Merkwürdig. Warum wohl? Momentan hatte ich nur eine Erklärung dafür – es hing alles mit meinen Eigenschaften zusammen. Trotz meines Levels 0 lagen meine Werte bei den höchsten, die ein Charakter auf Level 1 erreichen konnte, und manche sogar darüber. Für diese Welt war das offensichtlich mehr als genug.

    Wenn hier alle Leute so waren wie Dachs, wagte ich mir nicht einmal vorzustellen, zu welchen Höhen jemand wie etwa der Stahlkönig aufsteigen könnte. Ob er wohl den allmächtigen Herrn über alles abgeben würde, das existierte? Einen Erzmagier? Einen Gott?

    Ich legte Dachs‘ Ausrüstung beiseite und betrachtete den Inhalt meines eigenen Rucksacks.

    - Erfahrungsessenz (855.860)

    - Goldtafel des Verstandes (2)

    - Diamanttafel des Verstandes (1)

    - Goldtafel (1)

    - Diamanttafel (1)

    - Mobjäger-Wertmarke (33.600)

    - Jägers Zorn (7)

    - Amulett zum Herbeirufen des wilden Harns

    - Silbertafel (237)

    - Mittlerer Sättigungstrank (22)

    - Verstärkter Fleck (27)

    - Zecken (26)

    - Kleines Fläschchen mit der Seele des schwarzen Panzerkäfers (11)

    - Große Kugel der Dunkelheit (106)

    - Boten-Amulett (2)

    - Amulett des Wanderers

    - Amulett „Freund der Trolle"

    Nach der Schlacht in der Höhle der Draks hatte das Große System mich reichlich mit Esses und Silbertafeln belohnt. Inzwischen könnte ich Schlinger sofort aufs nächste Level bringen. Der Gedanke an meinen Freund ließ mich seufzen. Ohne viel Hoffnung überprüfte ich meinen Mana-Vorrat, sah erneut die Zahl „4", und wurde noch trauriger.

    Die Morgendämmerung begrüßte ich in düsterer, nachdenklicher Stimmung. Dachs war meine einzige Hoffnung, einen Weg heraus aus dieser Welt zu finden. Zu dem Zeitpunkt, als er endlich aus seiner Ohnmacht erwachte, hatte ich mir längst überlegt, wie ich ihn behandeln würde.

    „Wo sind wir?", keuchte Dachs und sah sich halb blind um.

    Ich saß ihm gegenüber auf einer Stufe und wischte sorgfältig das Blut von der Klinge der Machete.

    „Im zweiten Stock des Gebäudes, in dem wir einander begegnet sind", erwiderte ich ruhig.

    „Ähm …"

    Dachs wollte eine Frage stellen, bewegte dabei jedoch unwillkürlich das verletzte Bein und zuckte voller Schmerz zusammen.

    „Als du das Bewusstsein verloren hast, musste ich mit der Meute Hyänen allein fertigwerden und dich dann hier hochschleppen. Es trafen immer mehr Bestien aus allen Richtungen ein, also mussten wir uns verstecken."

    „Du hast mich gerettet?, fragte Dachs überrascht. „Aber warum?

    Dann sah er seine Waffen zu meinen Füßen und seufzte. In seinen Augen sah ich Verstehen, gefolgt von Sorge.

    „Was hast du denn erwartet?, erwiderte ich erstaunt. „Ich weiß ja nicht, welche Regeln hier herrschen, aber in meinem Stamm lässt man keine Verbündeten zurück.

    „Aber vorher hatte ich dich doch gefangen genommen …"

    „Und dann hast du mir eine deiner Waffen gegeben, wandte ich ein und ergänzte mit einem freundlichen Lächeln: „Und was die Gefangennahme betrifft – in deiner Situation hätte jeder das Gleiche getan. Ich schlage vor, wir kehren dieses kleine Missverständnis einfach unter den Teppich.

    Alles, was Dachs durch den Kopf ging, spiegelte sich in seinem Gesicht wider. Ich konnte in ihm lesen wie in einem offenen Buch. Was ein unbehagliches Gefühl in mir hervorrief. In seinen braunen Augen leuchtete Hoffnung, und seine dünnen Lippen verzogen sich zu einem halbherzigen Lächeln. Um bei Dachs einen noch besseren Eindruck zu hinterlassen, stand ich auf, raffte seine Waffen zusammen und legte sie neben ihn auf den Boden.

    „Prima Waffen, lobte ich ihn, und er strahlte. „Du kannst sie zurückhaben. Allerdings fehlen fünf Pfeile. Vier habe ich bei den Hyänen verschossen, und den fünften habe ich für einen nächtlichen Besucher gebraucht.

    „Und was für ein Besucher war das?" Dachs runzelte die Stirn.

    „Das konnte ich in der Dunkelheit nicht so richtig erkennen. Ich zuckte mit den Schultern. „Es war etwas Pelziges, was hervorragend Wände hochklettern kann.

    Das System hatte den Besucher als „Heuler" bezeichnet, aber das erwähnte ich lieber nicht.

    „Willst du etwa behaupten, du hättest einen Zischer getroffen?", erkundigte Dachs sich verblüfft.

    „Ja. Ich nickte bescheiden. „Wahrscheinlich habe ich nur Glück gehabt.

    „Und wie hast du ihm den Rest gegeben?"

    „Das musste ich gar nicht."

    „Willst du etwa behaupten, du hättest einen Zischer mit einem Schuss erledigt?", fragte Dachs misstrauisch.

    „Er ist aus dem Fenster gestürzt, antwortete ich. „Wenn du mir nicht glaubst, kannst du dir seinen Kadaver unten ansehen. Oder vielmehr das, was davon noch übrig ist. Die Aasfresser sind verdammt schnell.

    Der Tonfall, den Dachs für den „Heuler-Zischer" verwendete, erweckte den Eindruck, als handelte es sich dabei um eine der gefährlichsten Kreaturen in dieser Gegend. Du liebe Güte – er hätte mal die Königin der Draks sehen sollen!

    „Wer bist du?", wollte Dachs wissen. Sein Mund stand vor Staunen offen, und er strahlte Unglauben und Misstrauen aus. Dennoch griff er nicht nach seinen Waffen. Seine Hand zuckte nicht einmal. Das war ein gutes Zeichen.

    „Wir kennen uns doch bereits, wich ich aus. Diese Frage hatte ich erwartet. „Ich habe dir etwas über mich berichtet, aber wer bist du? Und vor allem – was machst du hier?

    Dachs wirkte auf einmal verlegen. Und ich beschloss, den sanften Druck aufrechtzuerhalten.

    „Ich kann mir kaum vorstellen, dass die Leute in deinem Stamm oft allein in toten Städten herumlaufen."

    Dachs errötete und senkte den Blick.

    „Du bist doch auch allein hier", wandte er zu seiner Verteidigung ein.

    „Dafür gibt es einen guten Grund. Ich breitete die Arme aus. „Meine gesamte Familie und mein Stamm … Sie sind alle tot.

    Ich hatte beschlossen, die Geschichte meiner Reise in eine andere Welt einstweilen für mich zu behalten. Schließlich hatte ich keine Ahnung, wie er darauf reagieren würde.

    „Ich bin ganz allein in dieser Welt, fuhr ich fort. „Ich wollte die Familie meiner Mutter finden …

    Dachs‘ Augen leuchteten. „Was ist denn bei dir zu Hause passiert? War es die Pest? Ein Krieg? Mutanten?"

    Hm, schon wieder diese Mutanten …

    „Es war ein Krieg, entschloss ich mich für die neutralste Antwort und fragte rasch: „Greifen Mutanten in dieser Gegend etwa oft Dörfer an?

    Dachs schüttelte den Kopf. „Nein. Dazu sind wir zu viele. Obwohl die Ältesten behaupten, es sei häufig vorgekommen, als sie noch jung waren. Ähm … Ich muss mal …"

    Ich nickte und half ihm hoch. Er blickte auf sein Bein und schnaubte anerkennend, sagte jedoch nichts.

    Wenige Minuten später war Dachs zurück und rieb sich den Magen. „Ich schlage vor, wir essen etwas. Ich habe noch ein wenig Pastete von meiner Schwester im Beutel."

    Ich lachte zustimmend, um zu zeigen, dass ich gegen ein Frühstück nichts einzuwenden hätte.

    Eine Weile lang aßen wir schweigend. Beim Kauen kam ich zu dem überraschenden Schluss, dass die Nahrung in dieser Welt ebenfalls keine Level hatte und ich daher alles ohne Einschränkung essen konnte. Die Pilzpastete zum Beispiel, die ich mir gierig in den Mund stopfte, wäre in meiner Welt mindestens als Level 10 eingestuft worden.

    „Und, wie schmeckt es dir?", fragte Dachs grinsend.

    „Hervorragend!, antwortete ich mit vollem Mund. „Deine Schwester ist eine wahre Künstlerin in der Küche! Zu schade, dass ich mich nicht persönlich bei ihr bedanken kann.

    „Was hält dich davon ab?, fragte Dachs fröhlich. „Komm mit und bleib eine Weile bei uns, Eric, mein Freund! Es ist das Mindeste, das ich tun kann, nachdem du mir das Leben gerettet hast. Meine Schwester Nerz wird sich freuen, dich als Gast zu haben.

    Ein lautes Knurren von unten ließ ihn erschauern.

    „Wir müssen es nur lebendig hier heraus schaffen", ergänzte er und sah mich hoffnungsvoll an.

    Kapitel 2

    WIR STANDEN am Fenster und betrachteten den Bereich unter uns. Die Anzahl der Kadaver verriet, dass um die toten Hyänen ein erbitterter Kampf geführt worden war, der weitere Leben gekostet hatte. Inzwischen waren die Aasfresser längst über die Leichen ihrer toten Kameraden hergefallen. Und dieses blutige Karussell drehte sich weiter.

    Ich warf Dachs, der neben mir stand, einen Blick zu. Mein Sättigungstrank hatte seine Verfassung sichtlich verbessert. Er hinkte kaum noch, und es schien nicht mehr allzu sehr zu schmerzen, wenn er sein verletztes Bein belastete, was ihn freudig überrascht hatte. Immer wieder erklärte er, wie dankbar er seiner Schwester und ihren Kräutern war. Ich hatte beschlossen, ihm nichts von meinen Tränken zu verraten. Das konnte zu nichts Gutem führen. Schon jetzt sah er mich ständig nachdenklich an.

    „Zu schade, dass wir keine Trophäen mitnehmen können", bemerkte Dachs, leicht verärgert.

    „Trophäen?", fragte ich überrascht.

    Es gab also auch hier Beute? Hatte das System lediglich versäumt, mich über diese Trophäen zu informieren, oder verfügte Dachs über eine Art Sammlerfähigkeit?

    „Ja. Er nickte. „Zähne, Krallen, vielleicht ein Pelz.

    Ich runzelte fragend die Stirn. Nein, davon hatte das System definitiv nichts erwähnt.

    „Wenn ich gewusst hätte, dass die so wertvoll sind …"

    „Nein, nein!, gebot Dachs mir Einhalt und ergänzte mit einem Lächeln: „Ha, ha! Wenn du nur wüsstest, wie froh ich bin, dass du meinen Arsch gerettet hast, statt Trophäen einzusammeln! Außerdem hast du auch noch meine Waffen in Sicherheit gebracht. Ich kapiere noch immer nicht, wie du mit denen so erfolgreich sein konntest. Ich meine, schließlich bin ich schwerer und kräftiger als du

    „Angst kann einen zu vielen Dingen befähigen", erwiderte ich.

    Dachs gab ein unterdrücktes Lachen von sich. Der Ausdruck in seinen Augen verriet mir allerdings, dass er später auf das Thema meiner Fähigkeiten noch einmal zurückkommen würde. Dann blickte er wieder nach unten und seufzte.

    „Sind diese Trophäen sehr wertvoll?", erkundigte ich mich.

    Dachs kratzte sich am Hinterkopf. „Ich will nicht lügen, Kumpel – ohne Trophäen kann ich mich in meinem Dorf nicht wieder blicken lassen."

    „Sind das Zutaten für Heiltränke?", fragte ich neugierig.

    Dachs schüttelte den Kopf. „Nein. Wie soll ich dir das begreiflich machen? Ich muss den Beweis dafür in mein Dorf zurückbringen, dass ich diese Monster besiegt habe."

    Verblüfft starrte ich meinen neuen Bekannten an. Das Gejammer hatte seinen Grund also in nichts anderem als dem Wunsch, bei seinem Stamm mit seinen Erfolgen anzugeben? Oder übersah ich etwas?

    „Und warum musst du das nachweisen?", fragte ich in neutralem Tonfall.

    Dachs bemerkte meine Missbilligung nicht. Herablassend, wie einem unwissenden Kind gegenüber, erklärte er: „Mehr Trophäen bringen einem Jäger mehr Respekt ein. Ist das in den Bergen denn anders?"

    Mit dieser Frage hatte er mich kalt erwischt und zwang mich dazu, kurz nachzudenken. Natürlich gab es auch bei uns Leute, die mit ihrer Beute nur angeben wollten, aber eine Anforderung war das nicht gerade. Ich brauchte bestimmte Arten von Beute, um mein Ansehen beim Orden zu verbessern, nur war das etwas anderes und hatte mit Prahlen nichts zu tun. Und was den Status betraf – das Level, das über dem Kopf eines Charakters angezeigt wurde, und seine verbesserten Eigenschaften sprachen für sich selbst.

    „Ich vermute, etwas Ähnliches haben wir auch, aber es funktioniert auf andere Weise", antwortete ich nach einer Pause schließlich ausweichend.

    „Na siehst du! Dachs nickte zustimmend. „Dann solltest du das nachvollziehen können.

    Wenn er nur wüsste, was ich tatsächlich dachte!

    „Du bist also ein Jäger?", hakte ich nach.

    „Das ist es ja gerade – nein, ich bin kein Jäger, entgegnete Dachs traurig. „Aber ich will einer sein. Natürlich nicht gleich. Zuerst einmal muss ich ein Nachwuchsjäger werden.

    „Und die Trophäen sind eine Art Symbol?" Endlich glaubte ich, es kapiert zu haben.

    „Ja, bestätigte Dachs. „Der Häuptling und die stärksten Krieger des Dorfes schauen sich an, welche Trophäen ich zurückbringe, und dann entscheiden sie, ob ich dieses Titels würdig bin oder nicht.

    Ah, das war es! Das hatte ich wohl falsch verstanden.

    „Die Zähne und Krallen dieser Kreaturen sind also wertvolle Gegenstände?"

    „Das kannst du laut sagen! Dachs’ Augen leuchteten. „Du musst wissen, dass es Hyänen lediglich hier gibt, in der Stadt der Schatten.

    „Dein Stamm betrachtet diese Stadt demnach als einen gefährlichen Ort?" Ich verengte die Augen.

    „Na klar!, rief Dachs aus. „Wenn unser Stamm hierher zur Jagd auszieht, werden nur die besten und stärksten Jäger losgeschickt.

    „Dann lass mich eine frühere Frage wiederholen, sagte ich. „Wenn dies selbst für eine Gruppe erfahrener Jäger ein gefährlicher Ort ist, was machst du dann hier? Ich bezweifle, dass du ausgerechnet hierherkommen musstest, um dir die Trophäen für den Titel eines Nachwuchsjägers zu beschaffen.

    Dachs senkte den Kopf. „Doch, ich musste das tun."

    „Aber wieso denn?", fragte ich erstaunt.

    „Weil in diesem Jahr die Auswahl vor der Prüfung erfolgt, antwortete Dachs düster. Dabei betonte er das Wort „Prüfung. Anschließend schwieg er.

    Zu behaupten, ich wäre verblüfft gewesen, war eine maßlose Untertreibung. Trophäen, Beweise, Prüfungen, Initiierungen, und jetzt diese Auswahl, was auch immer das war – das wäre selbst für Bug zu viel auf einmal gewesen. Obwohl, andererseits – was interessierte mich das? Ich wollte nichts als meinen Mana-Vorrat auffüllen und nach Hause zurückkehren.

    Ich hatte bereits vermutet, mehr hätte Dachs nicht zu sagen, doch auf einmal sprach er weiter.

    „Jedes Jahr schickt unser Prinz eine kleine Gruppe los, die bei den Stämmen den Tribut einsammelt. Wir zahlen den Tribut in Geld, Pelzen, einem Teil unserer Ernte und … in Leuten."

    „In Leuten?" Ich zog die Augenbrauen zusammen.

    Dachs nickte. „Es nennt sich die Auswahl. Die mächtigen Familien im Stamm sind davon ausgenommen. Mit deren Segen überlässt unser Häuptling den Boten des Königs die schwächsten oder unwürdigsten Mitglieder."

    „Aha – und die Familien von Kriegern und Jägern sind mächtig, willst du darauf hinaus?"

    „Du hast es kapiert, bestätigte Dachs und schwieg einen Augenblick, bevor er fortfuhr: „Meine Mutter ist an der Pest gestorben, als Nerz und ich noch klein waren. Unser Vater hat sie sehr geliebt und lange um sie getrauert. Er hat nie eine andere Frau gefunden, die er heiraten wollte. Viele unverheiratete Frauen aus unserem Stamm haben ihn umworben, weil er einer unserer stärksten Jäger war. Er hatte sogar seinen eigenen Jagdtrupp. Aber bei einem Kampf gegen Mutanten wurde dieser Trupp nahezu vollständig ausgelöscht.

    Dachs ließ den Kopf hängen. Jedes Wort schien ihn Überwindung gekostet zu haben. Er sprach abgehackt, fast stotternd. Das Thema bereitete ihm sichtlich Pein. Wie merkwürdig – sein Schicksal war meinem recht ähnlich.

    „In diesem Jahr haben die Ältesten sich an die Götter gewandt, und die Götter haben verkündet, die beste Zeit für das Abhalten der Prüfung sei das Ende des Frühlings. Aber das ist für Nerz und mich zu spät. Bis dahin hat die Auswahl für dieses Jahr bereits stattgefunden. Ich bin auf der Suche nach seltenen Trophäen, weil ich hoffe, zum Nachwuchsjäger gemacht zu werden, bevor die Boten unseres Prinzen eintreffen."

    Was für brutale Gesetze!

    „Wieso glaubst du, dass sie ausgerechnet dich und deine Schwester fortschicken werden? Ihr seid jung und stark – die Zukunft eures Stamms! Das muss doch auch euer Häuptling einsehen."

    Dachs ballte die Hände zur Faust und stieß zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor: „Oh, dieses Tier weiß das sehr genau! Aber er will uns loswerden. Er hat unseren Vater immer gehasst, und jetzt hasst er uns."

    „Was ist denn mit dem Rest des Stamms?, erkundigte ich mich. „Setzt sich niemand für euch ein? Du hast erwähnt, dass dein Vater Freunde hatte.

    Dachs sah mich an, als wäre ich ein dummes Kind.

    „Sie haben Angst, entgegnete er. „Niemand hat Lust, für zwei Waisen das Wohl seiner Familie aufs Spiel zu setzen.

    Ich strich mir über das Kinn. „Und wieso bist du dir dann so sicher, dass sie dich zu einem Jäger machen werden?"

    Dachs winkte ab. „Sie würden es nicht wagen, gegen ein uraltes Gesetz zu verstoßen."

    Er wandte sich ab und schaute wieder aus dem Fenster. Innerlich war ich zusammengezuckt. Dieser Junge war naiver, als ich geglaubt hatte. Davon abgesehen hatte ich gute Gründe, zu vermuten, es würde sich für mich als nachteilig erweisen, Dachs zurück in sein Dorf zu begleiten. Diese ganze Chose mit der Auswahl kam mir höchst merkwürdig vor. Wenn dieser Stamm bereit war, die eigenen Leute der Sklaverei zu übereignen, was würden sie dann erst mit einem Außenseiter anstellen? Ich hatte keine Lust, zur Tributzahlung eines anderen zu werden. Nach allem, was ich gehört hatte, musste ich meine bisherige Absicht aufgeben, Dachs’ Dorf zu besuchen. Besser war es, ich fragte ihn über andere Stämme aus und begab mich anschließend auf die Suche nach einer neuen Informationsquelle.

    Unter uns beruhigte sich die Lage langsam. Die großen Raubtiere waren gesättigt und von dannen gezogen, und die kleineren Kreaturen stritten sich nun um die blutigen Reste, die die größeren verschmäht hatten. Wie flinke kleine Schatten erschienen sie hinter Büschen und aus Eingängen.

    Als ob er meine Gedanken lesen könnte, deutete Dachs auf die Bewegung unter uns und erklärte: „Jetzt verstehst du bestimmt, weshalb wir dies die Stadt der Schatten nennen."

    „Wer hat denn einmal hier gelebt?", fragte ich.

    Dachs lachte. „Dieser Ort ist unheimlich, nicht wahr?"

    Ich

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