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Die Flamme des Nordens (Das letzte Leben Buch 4): Progression Fantasy Serie
Die Flamme des Nordens (Das letzte Leben Buch 4): Progression Fantasy Serie
Die Flamme des Nordens (Das letzte Leben Buch 4): Progression Fantasy Serie
eBook378 Seiten9 Stunden

Die Flamme des Nordens (Das letzte Leben Buch 4): Progression Fantasy Serie

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Über dieses E-Book

Konung Bjørn Scharfzahn, der Herrscher von Winterwald, hat bekanntgegeben, dass eine Große Prüfung stattfinden wird. Wer auch immer daraus siegreich hervorgeht, wird Prinzessin Astrid heiraten, die Tochter des Konungs.

Einem uralten Brauch zufolge wurde für die gesamte Dauer der Großen Prüfung in Nordland ein Waffenstillstand erklärt. Selbst eingeschworene Feinde, die einander in einem blutigen Krieg bitter bekämpfen, müssen ihre Waffen niederlegen. Und jeder, der der Hand der Prinzessin wert ist, kann zur Hauptstadt reisen und sein Glück versuchen.

In dem Bestreben, die Übergriffe der Nordländer in seine nördlichen Grenzgebiete zu verhindern, hat Carl III. sich dazu entschieden, mit dem Konung ein Bündnis zu schließen. Er hat seinen jüngsten Sohn, Prinz Louis, nach Winterwald geschickt, wo er an der Großen Prüfung teilnehmen soll.

Beeindruckt von Max Renards meisterhafter Fechtkunst, bittet Prinz Louis diesen, sich der der Gesandtschaft anzuschließen, die diese Reise in den Norden antritt. Max Renard ist einverstanden. Schließlich ist dies die perfekte Tarnung, um einen geheimen Auftrag des Herzogs de Bauffremont zu erfüllen.

Die Mächtigen glauben, sie hätten ein gefügiges Werkzeug gefunden, das ihren Befehlen gehorcht. Doch Max Renard verfolgt seinen eigenen Plan.
SpracheDeutsch
HerausgeberMagic Dome Books
Erscheinungsdatum8. März 2024
ISBN9788076934320
Die Flamme des Nordens (Das letzte Leben Buch 4): Progression Fantasy Serie

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    Buchvorschau

    Die Flamme des Nordens (Das letzte Leben Buch 4) - Alexey Osadchuk

    Kapitel 1

    „BIST DU SICHER, dass der Inhaber des Gasthauses noch immer auf uns wartet?, fragte Lucas Jacques. „Es treffen ständig neue Besucher ein.

    Um ehrlich zu sein, teilte ich Lucas‘ Bedenken. Unmengen von Ausländern mischten sich unter die örtlichen Bewohner, und aus den nahegelegenen Dörfern fluteten die Leute in die Hauptstadt — in Erwartung des kommenden großen Ereignisses. All diese Fremden brauchten eine Unterkunft und etwas zu essen. Wenn das so weiterging, vermieteten die Gastwirte am Ende noch Liegeplätze auf ihren Dächern.

    Jacques hatte in der Kneipe Zum Kupferkessel das gesamte obere Stockwerk für uns angemietet. Seiner Beschreibung zufolge war es ein angenehmes Gasthaus. Es bestand jedoch die Gefahr, dass ein Edelmann dem Wirt mehr Silber bieten würde als wir, und dann mussten wir eine weitere Nacht im Wagen verbringen.

    „Ich bin mir sicher, ja. Jacques lachte. „Du kennst Leif René nicht! Man kann über ihn sagen, was man will — aber er ist ein Mann, der zu seinem Wort steht.

    Lucas zuckte nur mit den Schultern, ohne etwas zu sagen.

    „René?, erkundigte ich mich. „Ist er etwa ein Vestonianer?

    „Falls man glauben kann, was Leif behauptet, stammte sein Papa aus Vestonia und kam vor vielen Jahren auf einem Piratenschoner zum Hafen von Fjordgrad. Dort traf er eine wunderschöne, rothaarige Nordländerin, in die er sich Hals über Kopf verliebte. Er ließ sich seinen Anteil an der Beute auszahlen, heiratete sie und eröffnete in der Nähe des Hafens eine Kneipe. Die Leif geerbt hat, zusammen mit den kupferroten Haaren seiner Mutter und den strengen Prinzipien seines Vaters."

    Nach einer kurzen Pause fuhr Jacques grinsend fort:

    „Bevor er sich in der Hauptstadt niederließ und das Familienunternehmen fortsetzte, hörte Leif von seinem Vater viele Geschichten über das Piratenleben. Eines Tages lief er von zu Hause fort und verbrachte lange Zeit damit, auf der Suche nach Abenteuern den Kontinent zu bereisen. Dabei haben wir uns kennengelernt. Ein junger Baron hatte uns zwei junge Hitzköpfe für sein Gefolge angeheuert. Als er mit einem Nachbarn in Streit geriet, stürmten wir dessen Burg. Dabei wurde Leif verletzt. Ein Heiler hat sich um ihn gekümmert. Sein Bein konnte er allerdings nicht retten. Was das Ende seines freien Lebens bedeutete. Er kehrte in seine Heimat zurück, heiratete und hatte einen Haufen Kinder. Jetzt leitet er das Gasthaus der Familie. Als er hörte, dass mein adeliger vestonianischer Meister bei ihm unterkommen wollte, wirkte er sehr glücklich. Deshalb kann ich mir kaum vorstellen, dass der alte René nur für ein paar Silbermünzen sein Wort bricht und seinen Ruf ruiniert."

    Als wir vor dem soliden, zweistöckigen Gebäude standen, das im Vergleich zu den anderen Gebäuden im Hafen wie ein Riese wirkte, pfiff ich innerlich durch die Zähne.

    Als er meinen Gesichtsausdruck sah, bemerkte Jacques selbstzufrieden:

    „Als Leifs Eltern die Kneipe eröffneten, war es ein heruntergekommenes, einstöckiges Loch. Leif mag zwar sein Bein verloren haben — aber nicht seine aktive, energiegeladene Natur. Er hat das Gasthaus während der letzten Jahre zu einem blühenden kleinen Geschäft ausgebaut."

    Ich musste zugeben, dass mir der alte Kriegskamerad von Jacques immer besser gefiel.

    Am Eingang erwartete uns ein muskulöser, rothaariger Junge, der uns in den Hinterhof führte. Anschließend kümmerten er und ein paar Diener sich um unsere Pferde, und jemand zeigte uns den Weg ins Gasthaus.

    Im Inneren schaute ich mich um. Jacques hatte nicht gelogen — es wirkte sehr ansprechend. Alle drei Haupträume waren vollgepackt mit Besuchern. Die Tür zur Küche war keinen Augenblick geschlossen. Ein Dutzend Kellner flitzte herum, mit Tabletts voller Speisen und Getränke. Der Eigentümer hatte sogar vor der Kneipe ein paar Tische und Bänke aufgestellt, und trotz des kalten Wetters waren die ebenfalls besetzt. Die Große Prüfung hatte eine große Zahl von Menschen nach Winterwald gelockt. Ohne Übertreibung konnte man die Prüfung das Ereignis des Jahrhunderts für diese Region nennen. Den Stadtbewohnern musste die Entscheidung ihres Konungs gut gefallen.

    * * *

    „So, so — der Jüngste der vestonianischen Prinzen hat also beschlossen, sein Glück in der Großen Prüfung zu versuchen..." Halb fragend, strich sich Leif René den Bart.

    Der breitschultrige, stämmige Mann sprach sowohl Vestonianisch als auch Nordländisch fließend. Davon abgesehen konnte er sich infolge seines Berufes auch in Atalianisch, Astlandisch und in der Sprach der Nebelinseln unterhalten.

    Mit seinem schwarzen Stirnband, der zwischen die Zähne geklemmten Pfeife, den goldenen Ohrringen und seinem Holzbein sah René, um die Wahrheit zu sagen, eher wie ein Pirat aus als wie der Eigentümer einer respektierlichen Kneipe.

    Übrigens hatten sich unsere Befürchtungen als unbegründet erwiesen. Ich konnte natürlich nicht wissen, was Jacques seinem alten Söldnerkumpel über uns berichtet hatte, aber er begrüßte uns mit einer herzlichen Umarmung, als wären wir alte Freunde.

    Anschließend gab er seinem Wunsch Ausdruck, uns persönlich das Abendessen zu servieren. Oder vielmehr, seine Kellner dabei zu beaufsichtigen, aber Leif kümmerte sich höchstselbst um die Organisation. Natürlich konnte er der Versuchung nicht widerstehen, sich über die neuesten Nachrichten vom Hofe des Königs Carl III zu erkundigen.

    „Das stimmt, mein guter Mann, bestätigte ich. „Seine Hoheit Prinz Louis begehrt den Sieg. Er strebt danach, die schöne Prinzessin Astrid zu seiner Braut zu machen.

    Jacques und Lucas lachten verschmitzt. Alle in der vestonianischen Gesandtschaft wussten darüber Bescheid, welche Gefühle Prinz Louis tatsächlich für die nordische Prinzessin hegte. Leif René hingegen warf sich in die Brust, als ob die Tochter des Konungs von Winterwald seine eigene wäre. Mir war längst aufgefallen, dass Prinzessin Astrid beim gewöhnlichen Volk sehr beliebt war, noch beliebter als ihr Vater.

    „Wir leben in wahrhaft großartigen Zeiten!", erklärte Leif René, schüttelte langsam den Kopf und klopfte sich auf seinen leicht rundlichen Bauch. Sein breites, sommersprossiges Gesicht strahlte vor Zufriedenheit und Fröhlichkeit.

    Während des Essens verbrachte ich ein wenig Zeit damit, René zu beobachten. Trotz seines Übergewichts und seines Holzbeins bewegte sich der Gastwirt leicht und schnell. Zuerst vermutete ich sogar, wir hätten es in ihm mit einem begabten Mann zu tun, aber ein Scan widerlegte das.

    „Wie oft veranstalten denn die Konunge eine solche Große Prüfung?", wollte Lucas wissen.

    Als Mitglied der Kriegerklasse war er berechtigt, mit mir an einem Tisch zu sitzen. Bertrand und Gunnar hingegen hatten an einem Nebentisch Platz genommen. Der alte Mann bestand streng auf der Einhaltung der Etikette, selbst in einer Kneipe. Was ihm einen respektvollen Blick von Leif René eintrug.

    „Das letzte Mal hat eine solche Prüfung vor 100 Jahren stattgefunden, antwortete der Gastwirt und klopfte sich aus unerfindlichen Gründen erneut den Bauch. „Damals ist es in der königlichen Dynastie von Winterwald zu einer Veränderung gekommen.

    „Ich hoffe, das geschieht nicht ein weiteres Mal..., schnaubte Jacques. „Ich habe keine Luft, mitten in einen blutigen Kampf um den Thron zu geraten.

    „Nein, du verstehst es nicht. Lächelnd schüttelte Leif den Kopf. „Es war ein friedlicher Wechsel. Ein Vorfahr von Bjørn Scharfzahn, Ulf Weißauge, erbte den Herrschertitel von Ivar dem Weisen. Der ihn vollkommen freiwillig übertrug. Ulf Weißauge war der Gewinner der Großen Prüfung. Und Ivar der Weise hatte nach dem Tode seines Neffen, des rechtmäßigen Erben der königlichen Dynastie, die Große Prüfung ausdrücklich zu dem Zweck bekanntgegeben, einen neuen Nachfolger zu finden. Diesmal jedoch ist alles anders. Der König hat neben seiner Tochter auch drei Söhne.

    „Und wozu dann der ganze Aufstand?, fragte Jacques erstaunt. „Unter den Umständen könnte er seine Tochter doch einfach ohne eine solche Prüfung verheiraten.

    „Oh! Leif Renés Augen funkelten begeistert. „So einfach ist das keineswegs, alter Freund. Die Tochter unseres Konungs ist keine gewöhnliche Prinzessin. Astrid die Schnelle ist einer der mächtigsten begabten Menschen in ganz Nordland! Jedes Haus der Elite, jede einflussreiche Familie ist begierig, sich eine Braut wie sie zu sichern. Ihre Söhne werden einmal große Krieger und Herrscher sein.

    „Und Bjørn Scharfzahn möchte niemanden durch eine Ablehnung beleidigen, weshalb er eine Große Prüfung organisiert hatte..., führte Jacques seine Erklärung zu Ende. „Hm... Jetzt verstehe ich...

    „In der Tat!" Leif hob den Zeigefinger.

    Wie merkwürdig — ich war fest davon überzeugt gewesen, dass die ganze Sache längst zwischen dem Konung von Winterwald und dem König von Vestonia abgesprochen worden war. Meister Grau war ohne Zweifel der mächtigste Stürmer, den ich jemals zu Gesicht bekommen hatte. Selbst der Wilde Herzog schien schwächer gewesen zu sein. Dennoch konnte niemand seinen Sieg in der Prüfung garantieren. Bestimmt waren unter den nördlichen Wettbewerbern auch andere mächtige, begabte Kämpfer. Bjørn Scharfzahn spielte ohne Zweifel sein eigenes Spiel. Entweder das — oder er und Carl III. hatten die Dinge im Voraus arrangiert, und den anderen Bewerbern stand eine böse Überraschung bevor.

    Leif sprach weiter, voller Leidenschaft:

    „Alles, was in diesem Winter geschieht, wird uns und unseren Nachkommen für immer im Gedächtnis bleiben!"

    „Hast du eine Ahnung, was der Konung plant?, erkundigte sich Jacques, und ergänzte grinsend: „Und sag mir nicht, dass die guten Leute von Fjordwald keine Ahnung davon haben, was den Kandidaten bevorsteht!

    Lächelnd nickte der Gastwirt.

    „Oh ja, jeder hier weiß, dass die Prüfung in Eisfjord stattfinden wird. Dort hat der Konung eine große Arena errichten lassen, in der sich die besten Krieger von ganz Festland in einem Kampf auf den Tod gegenüberstehen werden."

    Übrigens, wo er schon Krieger erwähnte...

    „Es ist unglaublich, wie viele Gruppen unter Bannern mit den Wappen von Elite-Familien in Fjordgrad eintreffen, bemerkte ich. „Ich schäme mich, zugeben zu müssen, dass ich viele davon nicht kenne. Zum Beispiel ist da der schwarze Kopf eines Ebers vor einem gelben Hintergrund...

    „Jarl Sigurd Blutschwert, der ältere Bruder unserer Königin Margaret, erklärte Leif mit einem bedeutungsvollen Nicken. „Das ist sein Banner. Er hat seine Tochter mitgebracht, Helga die Tapfere, eine höchst mächtige Heilerin.

    Das war also der Name der falschen Thais...

    Der Gastwirt wollte noch mehr sagen, wurde jedoch recht unsanft durch einen fordernden Ruf von der Theke unterbrochen.

    „Hey! Was ist das für ein Gewürz, das ihr hier in alles hineinschüttet?"

    Die Unterbrechung schien Leif nicht zu gefallen. Stirnrunzelnd drehte er sich um.

    An einem Tisch stand ein übergewichtiger Mann mit roten Wangen, gekleidet nach der neuesten vestonianischen Mode. In seinen schmalen, eng beieinanderstehenden Augen stand Abscheu und seine fleischigen Lippen waren angeekelt verzogen.

    Der beleibte Kerl, der an einen ausgestopften Truthahn erinnerte, hatte Leif in Vestonianisch angesprochen, aber mit einem deutlichen Akzent. Eine ähnliche Aussprache hatte ich bereits mehrfach zu hören bekommen. Anscheinend hatte ein bergoninanischer Edelmann beschlossen, sich der Großen Prüfung zu stellen.

    „Darf ich mich vorstellen?, bemerkte der Gastwirt. „Ich bin Leif René, und Sie...

    „Ja, ja, winkte der Truthahn ungeduldig ab. „Ich bin Pierre Léger, dritter Kammerdiener von Seiner Gnaden, dem Grafen Étienne de Mornay, der morgen in Fjordgrad eintreffen wird, um an der Großen Prüfung teilzunehmen. In diesem Kuhkaff gibt es nur wenige Hotels und Gasthäuser, und sie sind alle bereits voll besetzt. Dein Etablissement hat man mir als anständig empfohlen.

    Der dritte Kammerdiener sah sich höhnisch im Raum um und fuhr mit befehlsgewohnter Stimme fort: „Du solltest dich glücklich schätzen. Es wird dir eine große Ehre zuteil.! Mein Meister wird in deinem Gasthaus unterkommen. Er wird den gesamten ersten Stock übernehmen. Aber bevor das stattfinden kann, muss ich die Zimmer gesehen haben. Ich muss sicherstellen, dass sie dem Standard entsprechen, den mein Meister erwartet. Beeile dich, wir haben nicht viel Zeit. Befehle deinen Leuten, sofort mit dem Putzen der Räume zu beginnen und..."

    „Leider haben wir keine freien Zimmer", unterbrach ihn Leif.

    Trotz des arroganten Tons von Pierre Léger blieb der Gastwirt ruhig. Mit Besuchern dieser Art hatte er es wohl häufiger zu tun.

    „Was meinst du damit, du hast keine freien Zimmer?, rief der dritte Kammerdiener empört aus. Er war offensichtlich so schnell nicht bereit aufzugeben. „Man hat mir erklärt, der gesamte erste Stock wäre frei!

    „Dann hat man Sie falsch informiert. Leif zuckte mit den Schultern und ergänzte mit einem Kopfnicken in meine Richtung: „Chevalier Renard hat das obere Stockwerk angemietet.

    Sofort schätzten mich die schmalen Truthahnaugen überheblich ab. Pierre Légers dicke Lippen verzogen sich zu einem höhnischen Grinsen.

    „Du hast mir offensichtlich nicht richtig zugehört, guter Mann, erklärte er, nahezu triumphierend. „Mein Meister ist der Graf Étienne de Mornay. Seine Familie ist eine der ältesten und reichsten in Bergonia. Außerdem ist Seine Gnaden ein höchst mächtiger Stürmer. Ist dir denn nicht klar, welche hohe Ehre dir da zuteilwird? Denk doch einmal an das Prestige deines Etablissements! Irgendein unwichtiger Chevalier kann deinen Ruf niemals auf die gleiche Weise verbessern wie mein Meister. Davon abgesehen wird man dich reich entschädigen. Nun, was sagst du? Sind wir uns einig?

    „Sie haben mich offensichtlich nicht richtig verstanden. Leifs Selbstkontrolle war beneidenswert. „Sobald jemand herausfindet, dass Leif René sich durch das Klingen von Münzen dazu überreden lässt, seine Gäste auf die Straße zu setzen, bedeutet dies das Ende meines Rufes und des Ansehens meines Etablissements.

    Der Truthahn hob das Kinn. Seine winzigen Augen funkelten zornig. Ruhig ertrug es Leif und wollte sich weiter mit uns unterhalten, doch der dritte Kammerdiener des Grafen de Mornay ließ es nicht zu.

    Erstaunlich flink und geschickt trat er auf den Gastwirt zu und stellte sich an unseren Tisch. Er bedachte uns mit einem arroganten Blick. Rasch erkannte er, wer von uns wer war.

    „Euer Gnaden, sprach er mich mit vorgetäuschter Höflichkeit an. „Wären Sie so gütig, mir ein wenig Ihrer Zeit zu schenken?

    „Glaubst du etwa, du könntest mich in diese Geschichte mit hineinziehen?" Ich hatte beschlossen, das Spiel dieses unverschämten Kerls mitzuspielen. Sein Meister, der Graf, musste in Bergonia ein hohes Tier sein — nachdem selbst sein dritter Kammerdiener sich benahm, als wäre er zumindest ein Marquis.

    Pierre Léger schien Mitgefühl aus meinem Tonfall herauszulesen, denn sofort schöpfte er Mut und erklärte zuversichtlich:

    „Ich bin mir dessen sicher!"

    Sein abschätziger Blick, sein überhebliches Lächeln — das alles deutete darauf hin, dass man mir bereits ein Preisschild verpasst und mich abgeschrieben hatte. In gewisser Weise konnte ich Pierre sogar verstehen. Trotz seiner gewöhnlichen Herkunft war seine Kleidung doppelt so teuer gewesen wie meine. Chevaliers wie mich gab es in dieser Welt wie Sand am Meer. Er musste lediglich meinen Preis herausfinden.

    Meine Begleiter ließen sich durch meinen Tonfall nicht täuschen. Jacques und Lucas sahen sich an, grinsten und machten sich bereit.

    „Also gut. Ich zuckte mit den Schultern und lehnte mich im Stuhl zurück. „Du hast meine Neugier geweckt.

    Pieere Léger schien das weiter zu ermutigen. Ich sah Begeisterung in seinen Truthahnaugen aufkeimen. Innerlich stellte er sich bestimmt bereits vor, wie er sich dieses Einfaltspinsels von einem Chevalier entledigte und von seinem Meister dafür gelobt wurde.

    Er rieb sich die fleischigen Hände und erklärte:

    „Euer Gnaden, Sie werden sicher nicht leugnen, dass ein edler Herr wie der Graf de Mornay es auf keinen Fall verdient hat, die Nacht wie ein gewöhnlicher Bürger auf dem Heuboden zu verbringen, oder?"

    „Du hast recht — das leugne ich nicht. Ich schüttelte den Kopf. „Ich würde dies sogar als eine ungeheure Ungerechtigkeit betrachten.

    Pierre Légers Lächeln wurde noch breiter und er sprach weiter.

    „Uns beiden ist bewusst, dass meinem Meister ein Komfort zuteilwerden muss, wie er seinem Stand entspricht."

    „Aber unbedingt!", stimmte ich eifrig zu.

    „Und deshalb bin ich überzeugt, dass ein Mann von unzweifelhaft adeligem Blut wie Sie selbst es über sich bringen wird, meinem Meister das obere Stockwerk dieses Gasthauses zu überlassen. Ich werde Sie für diese Unbequemlichkeit selbstverständlich entschädigen."

    Nachdenklich rieb ich mir das Kinn. Eine kurze Pause trat ein.

    „Nun, was sagen Sie?, drängte mich Pierre Léger. „Stimmen Sie zu?

    „Es ist ein sehr verführerisches Angebot, erwiderte ich. „Ich muss es jedoch leider ablehnen.

    „Aber warum denn bloß?" Léger schien ernsthaft erstaunt.

    „Muss ich dir dafür wirklich eine Erklärung geben?"

    „Nein, aber es wirkte doch so, als würden wir beide einander hervorragend verstehen... Und mein Meister..."

    Ich hob die Hand, um ihm Einhalt zu gebieten.

    „Wenn Seine Gnaden die Nacht in einer Scheune verbringen muss, bedeutet das lediglich, dass er rasch seine lustlosen, faulen Diener ersetzen muss, die nicht in der Lage waren, ihrem Meister den Komfort zu verschaffen, den er verdient hat."

    Das Gesicht des rundlichen Kerls zog sich in die Länge.

    „Nimm zum Beispiel mich, ergänzte ich und deutete auf Jacques. „Dank des Gespürs meines Mannes für die Dringlichkeit der Sache kann ich die Nacht in einem warmen Bett verbringen. Wenn er mit einer solch leichten Aufgabe nicht fertiggeworden wäre, hätte ich ihn beim Kragen gepackt und vor die Tür gesetzt. Und ihm noch dazu eine verdiente Auspeitschung verpasst.

    „Und damit wären Sie voll und ganz im Recht gewesen, mein Herr, nahm Jacques den Ball auf. „Es wäre eine Lektion gewesen, die ich niemals vergessen hätte.

    Rasch schaute ich mich um. Die Besucher an den anderen Tischen hatten ihre eigenen Unterhaltungen eingestellt und lauschten mit großer Aufmerksamkeit unserer. Auf Leif René rotbärtigem Gesicht spielte ein befriedigtes Grinsen.

    Nachdem Jacques seinen Senf dazugegeben hatte, hörte ich Gelächter.

    Pierre Léger schien endlich zu kapieren, dass wir uns lediglich über ihn lustig machten. Er runzelte die Stirn und öffnete den Mund...

    „Bevor du weitersprichst, wies ich ihn kalt zurecht, „lass mich dir einen kostenlosen Rat geben. Überlege dir deine nächsten Worte gut. Ich weiß, du bist es gewohnt, dass der Status deines Meisters dir in Bergonia einen gewissen Schutz verleiht, aber jetzt bist du im Norden. Hier zählt persönlicher Heldenmut mehr als alles andere, und es wird niemand geduldet, der sich für seine Worte nicht zur Rechenschaft ziehen lässt.

    In der Kneipe war zustimmendes Murmeln zu hören.

    Die Augen des dritten Kammerdieners des Grafen de Mornay blitzten vor Zorn, doch er drehte sich um und schickte sich an, das Gasthaus zu verlassen.

    Jacques beobachtete ihn scharf, dann sah er mich an.

    „Eine innere Stimme verrät mir, dass sein Meister über diese Begegnung einen massiv veränderten Bericht erhalten wird. Ein Duell mit einem Stürmer ist eine ernste Angelegenheit."

    Ich zuckte mit den Schultern.

    „Ein weiterer Stürmer kann nicht schaden. Wir müssen uns auf jeden Fall beeilen..."

    Jacques nickte verstehend. Ich wandte mich an Leif René.

    „Mein guter Mann, ich habe gehört, dass Fjordgrad neben allem anderen eine Stadt ist, in der man zu seinem Schutz mächtige Krieger anheuern kann. Kannst du mir, falls dies tatsächlich stimmt, vielleicht eine Söldnergilde mit einem makellosen Ruf empfehlen?"

    „Sie haben richtig gehört, Euer Gnaden, antwortete der Gastwirt lächelnd. „Und was Empfehlungen betrifft... Es hängt alles davon ab, wie viel Sie bezahlen können.

    „Geld spielt keine Rolle, erklärte ich. „Ich brauche die besten Kämpfer, bevorzugt begabte.

    Kapitel 2

    „ICH HATTE KEINE AHNUNG, dass es sie auch in Nordland gibt", bemerkte Lucas und rieb sich den Hinterkopf.

    „Ich ebenfalls nicht, erklärte Jacques. „Soweit ich das weiß, lag die Hauptfestung der Dämmerungs-Verschworenen in Astland. Es muss sich ein schwerer Konflikt mit dem dortigen König entwickelt haben, wenn diese Leute bei Scharfzahn Schutz suchen.

    Ich ritt neben den beiden und hörte ihnen schweigend zu. Im Grunde war es eine Wiederholung ihrer gestrigen Unterhaltung. Leif René hatte mir eine Söldnergilde mit dem Namen „Klingen der Dämmerung" empfohlen, deren Mitglieder als Dämmerungs-Verschworene bekannt waren. Ich wusste, dass dies die berühmteste und älteste Gilde von Söldnern auf dem Kontinent war. Auch wenn ich in dieser Welt neu war — selbst ich hatte bereits von ihnen gehört.

    Leifs Empfehlung hatte Jacques ebenso überrascht wie Lucas. Wie sich herausstellte, hatten sich die Klingen der Dämmerung erst vor einem Jahr im Norden niedergelassen.

    Es wäre eine Schande gewesen, sich eine solche Gelegenheit entgehen zu lassen. Vor allem, nachdem meine Finanzen mir gestatteten, sie auszunutzen.

    Wir standen früh auf, nahmen ein Frühstück zu uns und brachen zu den Außenbezirken von Fjordgrad auf. Dort entdeckte ich zwischen den Klippen eine Burg. Es war Eisklippe, die neue Festung der Dämmerungs-Verschworenen.

    „Man kann sich nur schwer vorstellen, was in Astland passiert sein muss", bemerkte Lucas nachdenklich.

    „Ich verwette mein Leben darauf, dass der Thronräuber Otto II. versucht hat, sich die Gilde gefügig zu machen. Jacques schüttelte den Kopf. „Es ist ein weiterer Beweis dafür, dass der Betrüger ein Narr ist.

    Hm... Ich hätte nicht gedacht, dass Jacques die Meinung des Barons von Herwarth über den derzeitigen Herrscher von Astland teilen würde... Aber darüber würde ich später mit ihm sprechen.

    Jetzt brauchte ich erst einmal andere Informationen. Am Abend zuvor waren wir nicht in der Lage gewesen, uns anständig zu unterhalten. Ich war früh zu Bett gegangen, und Jacques und Lucas hatten sich mit Leif ein paar Humpen Bier geteilt und von alten Zeiten geschwärmt. Ich hatte beschlossen, mich in den Austausch von Erinnerungen zwischen zwei alten Kriegskameraden nicht einzumischen.

    „Was wisst ihr über die Gilde?, erkundigte ich mich. „Abgesehen davon, dass es eine der ältesten in Festland ist.

    „Botschafter von Aristokraten aus verschiedenen Ländern bevorzugen immer in erster Linie die Dämmerungs-Verschworenen, wenn sie auf der Suche nach Soldaten sind, und das gilt selbst für die Botschafter von Königen", antwortete Lucas.

    „Natürlich nur, wenn sie genügend Gold haben, für die Dienste zu bezahlen, schnaubte Jacques. „Die Gilde verlangt ein Vermögen, und das war schon immer so, in den gesamten 200 Jahren ihres Bestehens.

    „Das stimmt, bestätigte Lucas. „Aber diese Kämpfer sind ihr Geld wert! Wer auch immer die Klingen der Dämmerung auf seiner Seite hat, wird sicher gewinnen.

    „Was ist das Geheimnis dieser Kämpfer?, fragte ich. „Sind es Begabte? Dann verstehe ich nicht ganz, weshalb sie etwas so Besonderes sein sollen. Das ist nicht die einzige Gilde, bei der man Magier anheuern kann. Die Rotäxte und die Stahlseelen bieten ähnliche Dienste an.

    „Euer Gnaden, wandte Lucas ein, „bei allem Respekt für diese unzweifelhaft achtenswerten Gilden... Die Klingen der Dämmerung sind von deren Mitgliedern so weit entfernt wie wir vom Schatten.

    Jacques nickte.

    „Diese Kämpfer werden von ihrer Geburt an trainiert. Und falls sie doch einmal einen Erwachsenen mit Erfahrung akzeptieren, muss er sich einem strengen Auswahlprozess unterziehen. Deshalb garantiert die Gilde, dass ihre Krieger den Vertrag erfüllen werden, was auch geschieht."

    „Was ist, wenn es zu einem Interessenkonflikt kommt?"

    „Die Gilde hält sich aus der königlichen Politik heraus, antwortete Jacques. „Und die Auseinandersetzungen zwischen Priestern oder Aristokraten sind den Dämmerungs-Verschworenen gleichgültig. Soweit ich das weiß, haben die Mitglieder dieser Gilde noch nie gegeneinander gekämpft.

    „Und sie ziehen sich nicht zurück, es sei denn, sie erhalten den Befehl dazu, und verlassen niemals das Schlachtfeld", ergänzte Lucas.

    „Es ist so gut wie unmöglich, dass sie ihre Auftraggeber verraten, bestätigte Jacques. „Deserteure und Verräter werden von den Vollstreckern der Gilde hart bestraft. Ich habe mit eigenen Augen gesehen, wie ganze Kohorten von Dämmerungs-Verschworenen umgekommen sind, als sie den Rückzug der Truppen des Herzogs von Welff gedeckt haben, bei der Schlacht am Schwarzfluss. Sie sind bis auf den letzten Mann gefallen, aber sie haben den Feind keinen Zentimeter vorrücken lassen. Einer solchen Disziplin kann sich keine andere Gilde rühmen.

    „Gibt es denn viele Leute, die sich einer solchen Selbstmord-Schwadron anschließen und die Entscheidung über ihr Leben irgendwelchen dummen Kommandeuren überlassen wollen?", erkundigte ich mich erstaunt.

    „Oh ja, Euer Gnaden, erwiderte Lucas. „Der Kodex der Gilde verlangt den Kämpfern sehr viel ab, aber dafür erhalten sie auch viel. Wenn zum Beispiel ein Kunde gegen den Vertrag verstößt, den er abgeschlossen hat, greift die Gilde ein und schützt ihre Krieger und deren Ehre. Wer den Verstoß begangen hat, spielt keine Rolle — es kann sogar ein König sein. Wer sich nicht an den Vertrag hält, muss mit Konsequenzen rechnen. Deshalb werden die Dämmerungs-Verschworenen als etwas so Besonderes betrachtet. Niemand möchte sein Leben für nichts riskieren. Das ist einer der Gründe, warum so viele Begabte sich dazu entschließen, speziell für diese Gilde zu arbeiten. Ein anderer sind natürlich die hohen Löhne, die gezahlt werden.

    Hm... Das war ein gewichtiges Argument. Ich vermutete, dass die Gilde, nachdem sie nun schon so viele Jahre bestand, enge und weitreichende Beziehungen zu verschiedenen Ebenen der Gesellschaft auf dem gesamten Kontinent aufgebaut haben musste. Das Oberhaupt der Organisation, oder wie auch immer man den Kerl nannte — Großmeister wahrscheinlich — war bestimmt einer der einflussreichsten Menschen in ganz Festland. Kontakte zu königlichen Höfen, zur oberen Aristokratie, zu Handelshäusern, zu Mitgliedern verschiedener Sekten — ich konnte den Umfang der Informationen nur erraten, über die die Führung der Gilde verfügte. Wie viele Mysterien und Geheimnisse die wohl im Laufe der nahezu zwei Jahrhunderte ihres Bestehens zusammengetragen hatten...

    Doch trotz alledem blieb die Gilde, so paradox es auch klang, durchgehend neutral. Die Klingen standen über der Politik und religiösen Auseinandersetzungen. Und das war in meinen Augen der Grund, weshalb keine Könige oder mächtigen Aristokraten es in all den Jahren gewagt hatten, die Gilde anzugreifen. Sie betrachteten die Söldner nicht als eine Gefahr für ihre Herrschaft. Hm... Bis jetzt. Mit dem König von Astland war eindeutig etwas schiefgegangen.

    Bjørn Scharfzahn war ein schlauer Kerl. Je mehr ich über seine Taten und Handlungen erfuhr, desto besser gefiel er mir. Zuerst einmal verwandelte er die Verlobung seiner Tochter in eine große Show und sorgte dabei gleichzeitig dafür, dass seine Untertanen bei dem dadurch ausgelösten Massentourismus eine Menge Geld verdienten. Und außerdem hatte er auch noch der mächtigsten Gilde von Söldnern Schutz geboten.

    Wie Leif berichtet hatte, war es kein Geheimnis, dass die Gilde nach dem Vertrag, den sie mit dem Konung geschlossen hatte, die Grenzen von Winterwald bewachte. Aus den internen Angelegenheiten hielten sie sich jedoch heraus. Im Gegenzug dafür gewährte Scharfzahn der Gilde Schutz und befreite sie von der Pflicht, Steuern zu zahlen. Im gesamten Land genossen die Klingen der Dämmerung einen besonderen Status. Ich vermutete, dass Winterwald nicht zuletzt dank dieser Vereinbarung im Norden einen ruhigen Zufluchtsort bildete, obwohl das gesamte Nordland in einen blutigen Krieg verstrickt war.

    * * *

    „Wow! Lucas seufzte laut und starrte auf die hohen Wände, die die gut befestigte Burg umgaben, die direkt aus der Klippe herauszuwachsen schien. „Ich habe schon mehrfach Berichte über Eisklippe gehört, und ich muss sagen — die Burg wird ihrem Namen gerecht.

    „Ja, es

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