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Weltengeflecht (Unterwerfung der Wirklichkeit Buch 4): LitRPG-Serie
Weltengeflecht (Unterwerfung der Wirklichkeit Buch 4): LitRPG-Serie
Weltengeflecht (Unterwerfung der Wirklichkeit Buch 4): LitRPG-Serie
eBook468 Seiten7 Stunden

Weltengeflecht (Unterwerfung der Wirklichkeit Buch 4): LitRPG-Serie

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Über dieses E-Book

Waffenstillstände haben einen entscheidenden Nachteil: Irgendwann gehen sie zu Ende. Wenn es dazu kommt, werden wieder Spiel-Knoten in Brand gesteckt, und Zug um Zug Dunkler Soldaten drohen, die Welt, die wir kennen, zu zerstören. Der Feind ist stärker geworden, seine Truppen haben sich vergrößert.

Außerdem haben sie noch tödlichere Waffen in die Hände bekommen. Sie haben aus früheren Kämpfen schmerzhafte Lehren gezogen und ihre Taktik entsprechend verändert. Darüber hinaus werden die riesigen Feindeshorden vom größten Strategen der Neuzeit angeführt. Seine magischen Berater können alle möglichen Versionen der Zukunft voraussehen. Sie wissen immer, was zu tun ist.

Wie soll sich unsere Welt gegen einen solchen Feind behaupten? Unsere einzige Hoffnung liegt in der Tapferkeit und Hartnäckigkeit unserer besten Kämpfer, in jenen, die lieber sterben, als sich zu ergeben. Nun, und in einem Raumschiff und dem einsamen Magier auf seiner Kapitänsbrücke.
SpracheDeutsch
HerausgeberMagic Dome Books
Erscheinungsdatum26. Mai 2022
ISBN9788076191549
Weltengeflecht (Unterwerfung der Wirklichkeit Buch 4): LitRPG-Serie

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    Buchvorschau

    Weltengeflecht (Unterwerfung der Wirklichkeit Buch 4) - Michael Atamanov

    Prolog. Kein Zurück

    Moskau, Onega-3-Kommandozentrale

    Russisches Verteidigungsministerium

    Kleiner Sitzungssaal

    IVAN LOZOVSKY WAR hochgradig nervös, gab jedoch sein Bestes, um seine Aufregung zu verbergen. Zum ersten Mal in seiner kurzen Amtszeit als Leiter der Human-3-Faktion hatten die Kuratoren des Kuppelprojekts ihn zu einem Treffen einberufen. Und obwohl der junge Diplomat sich nicht vorstellen konnte, dass die Leitung Grund zur Unzufriedenheit hatte, fiel es ihm schwer, optimistisch zu bleiben. Immerhin war er aus wichtigen Verhandlungen mit der verbündeten deutschen Fraktion im Spiel geholt und schnurstracks mit einem Militärhubschrauber nach Moskau geflogen worden. Was wohl passiert war?

    In letzter Zeit liefen die Dinge in der Fraktion recht gut, nicht zuletzt dank des langen Waffenstillstands mit den gefährlichen Nachbarn im Norden, wodurch viele Ressourcen wieder in die Entwicklung fließen konnten, die sonst für militärische Zwecke verwendet worden wären. Die Zahl der Fraktionsmitglieder wuchs stetig an und hatte gerade die 2.000 überschritten. Die neuen Knoten waren ins Territorium eingegliedert worden. Außerdem gab es Grund zu der Annahme, dass die Zentauren in den nächsten Tagen zwei weitere Knoten südlich der Gelben Berge an die H3-Fraktion übergeben würden. All ihre Abkommen mit Phylira waren immer noch in Kraft. Die gestreifte Stute war auf dem besten Weg, Alleinherrscherin über eine vereinigte zentaurische Herde mit Tausenden von Tieren zu werden.

    Ja, es hatte gewisse Rückschläge gegeben. Doch bei einem so großen, weitreichenden Projekt wie diesem waren die unumgänglich. Wie viel hatte beispielsweise der sinnlose Krieg gekostet, den die Deutschen mit den Naiaden angezettelt hatten? Und bestimmt war der Führung aufgefallen, dass sie ihr Ressourcen-Budget für den Aufbau der Basis in Karelia um das Dreifache überschritten hatten. Die NPCs griffen immer wieder an und machten jedweden Fortschritt zunichte. Aber es hatte keine groben Fehler oder Patzer gegeben, und schon gar keine eklatanten Fehlschläge, wie etwa damals, als Tjulenew zum Dunklen Bruch übergelaufen war oder als Feinde ihr Geld von den miyelonischen Piratenhändlern aus dem Hinterhalt abgefangen hatten. Ebendieser Vorfall hatte übrigens seinem Vorgänger Radugin den Job gekostet. Was könnte also der Grund für die heutige Krisensitzung sein?

    Ivan Lozovsky sammelte sich und trat in den ihm gut bekannten kleinen Saal ein, der nur etwa 30 Personen fasste. An der Tür sah er den Hinweis, dass die drahtlose Kommunikation im Inneren blockiert war. Der Sitzungssaal selbst verfügte über keine Fenster, und eine ganze Wand wurde von einer großen, interaktiven Tafel eingenommen, die das Gebiet der Human-3-Faktion und benachbarte Knoten zeigte. Dies war derselbe Raum, in dem die Kuratoren Ivan fünf Monate zuvor über einen bevorstehenden Raumflug in die Geckho-Heimatwelt Shikharsa informiert hatten. Er war damals ein blutiger Anfänger im Spiel, das die Wirklichkeit unterwirft, gewesen, aber die Führung hatte große Hoffnungen in seine diplomatische Mission gesetzt. Man war davon ausgegangen, dass die allmächtigen Geckho Wissen und Technologien mit ihren neuen Vasallen teilen würden. Und das, so hatte das gängige Argument damals gelautet, würde die Wege für Langstrecken-Raumschiffe ebnen und in nicht allzu ferner Zukunft interplanetare Reisen zu einer alltäglichen Angelegenheit machen, nicht viel spannender als eine Fahrt mit der U-Bahn.

    Tja. Naive Fantasien. Und obwohl man der Fraktion offiziell die Geschichte aufgetischt hatte, dass die diplomatische Mission von Erfolg gekrönt gewesen war und die Geckho die Antigravitationstechnologie mit ihren neuen Vasallen geteilt hatten, traf das nicht einmal annähernd zu. Es war zu keiner persönlichen Begegnung mit dem mächtigen Herrscher Krong Daveyesh-Pir gekommen. Lozovsky hatte die traditionelle Begrüßung, die er mit dem Geckho-Diplomaten Kosta Dykhsh tagelang geübt und perfektioniert hatte, nie aussprechen dürfen. Stattdessen war der einsame Erdling zusammen mit einer großen Gruppe von 300, wenn nicht noch mehr Vertretern neuer Vasallen, Kolonien und Bevölkerungen in eine riesige, kreisförmige Halle im Hohen Palast bugsiert worden. Dort hatte er, den man hinter irgendeinem turmhohen Geckho platziert hatte, nicht einmal einen kurzen Blick auf den außerirdischen Herrscher erhascht.

    Es war dem Erddiplomaten auch nicht gelungen, dem großen Krong Daveyesh-Pir sein Geschenk zu überreichen, eine exakte Kopie der goldenen Schallplatte der Voyager-Mission mit all den Bildern und Entwürfen. Die berühmte Botschaft, die die Menschheit im 20. Jahrhundert in der Hoffnung auf Begegnungen mit außerirdischen Zivilisationen in den Weltraum entsandt hatte, erschien sinnlos, wenn er ihre genauere Bedeutung nicht erklären konnte.

    Bevor er nach Hause zurückgekehrt war, hatte Lozovsky die Goldscheibe zum Schrottpreis verkauft. Er hatte dafür genug Kristalle erhalten, um ein altes, notdürftig zusammengeflicktes Antigrav zu kaufen. Schnell war jedoch klargeworden, dass er von dem Schrotthändler übers Ohr gehauen worden war. Das Raumschiff war miyelonischen Ursprungs und daher nicht mit den Ersatzteilen und der Software kompatibel, die man im nahegelegenen Geckho-Raumhafen kaufen konnte. Dennoch hatte das Antigrav bei den Wissenschaftlern ein kolossales Interesse hervorgerufen und ihnen immerhin Einblick in einige der Arbeitsweisen und Gesetze der Physik hinter der Antigrav-Technologie gegeben. Das war somit die wahre Geschichte dieses angeblichen „Geschenks".

    „Okay, wir haben jetzt unser Quorum und können beginnen." Die durchdringende Stimme eines Soldaten mittleren Alters mit Generalmajor-Streifen riss Ivan Lozovsky aus seinen Gedanken.

    Der Diplomat sah sich um. Es gab keine freien Plätze mehr. Tatsächlich bot sich ihm dasselbe Bild wie bei allen Treffen, denen er als Radugins Stellvertreter beigewohnt hatte. Die 30 Menschen, überwiegend in Militäruniform, blickten äußerst konzentriert und streng drein und warteten auf einen Bericht des Fraktionschefs.

    Der Diplomat nahm sein Tablet heraus. Er hatte gerade genug Zeit gehabt, um einige detaillierte Daten über die Angelegenheiten der Fraktion zu kopieren, bevor er nach Moskau abgereist war. Sie enthielten Informationen über Ressourcenvorräte, den Bauzeitrahmen für wichtige Gebäude, Straßenkarten und Näheres zu den einigen wenigen Problemstellen in der Logistik. Unter den Dokumenten befand sich auch eine komplette Klassen- und Levelbeschreibung der Spieler, und er hatte auch versucht, eine durchschnittliche „Kampfeskraft"-Statistik zu erstellen, wie es die Kuratoren von seinem Vorgänger Radugin beim letzten Treffen erbeten hatten. Es war natürlich schade, aber vorerst standen da nur einfache Formeln, Tabellen und trockene Zahlen, die auf den ersten Blick schwierig zu interpretieren waren. Aber Lozovsky war nicht darauf vorbereitet gewesen, diesen Bericht schon heute abliefern zu müssen, und es war keine Zeit geblieben, daraus eine elegante Präsentation zu basteln.

    Der Fraktionsleiter verbeugte sich und sah sich nach Anschlüssen und Kabeln für sein Gerät um. Aber der Generalmajor, der die heutige Versammlung leitet, hielt ihn auf.

    „Das ist nicht nötig, Ivan. Ihr nächster geplanter Bericht wird immer noch in zwei Wochen stattfinden. Jetzt wollen wir nur Antworten auf ein paar Fragen. Zuerst möchten wir über das Problem mit Wassily Andrejewitsch Filippows Charakter sprechen. Wie gedenken Sie als Fraktionschef mit dieser seltsamen Situation umzugehen?"

    Der Fraktionsvorsitzende hatte erst kürzlich einen offiziellen Bericht dazu abgegeben. Tatsächlich war er, sobald er die Nachricht gehört hatte, aus seinem Virt Pod gestiegen, um genau das zu tun. Bei der Sache handelte es sich aber weniger um ein Problem als eine Kuriosität. Filippow war ein erfahrener Militärspezialist, den die Kuratoren als Strategen unter die Kuppel geschickt hatten, um als Gegengewicht zum furchterregenden neuen General des Dunklen Bruchs, Ui-Taka, zu wirken. Das Kuriose war, dass er bei der Generierung seines Charakters vor eine unerwartete Klassenauswahl gestellt worden war: Fischer oder Barde. Bevor er seine Entscheidung getroffen hatte, war Wassily Andrejewitsch Filippow in die wirkliche Welt gegangen, um seine Vorgesetzten zu informieren. Das Spiel hatte ihn allerdings bereits als Spieler Nummer 2018 registriert, es gab also kein Zurück mehr, und ersetzt konnte Filippow auch nicht mehr werden.

    Wassily Andrejewitsch hatte sich dann, sichtlich verlegen, damit gerechtfertigt, dass es ihm die Fischerei und das Singen von Liedern am Lagerfeuer immer schon angetan hätten. Tatsächlich war er ein talentierter Gitarrenspieler und unterhielt seine Freunde gern mit selbst komponierten Weisen. Aber er hätte nie gedacht, dass ihm diese Hobbys offenbar so sehr am Herzen lagen, dass sie seine gesamte berufliche Ausbildung in den Schatten stellen würden.

    Was waren also die Optionen? Entweder ihn trotzdem als Strategen einsetzen und in Kauf nehmen, dass er nicht ganz so effektiv war, oder aber ein Fraktionsmitglied einfach aufgeben. Als Leiter der H3-Fraktion bevorzugte Ivan Lozovsky natürlich erstere Möglichkeit. Die Fraktion brauchte dringend Arbeitskräfte, und ein Stratege, selbst einer mit halber Kapazität, war immer noch besser als gar keiner. Natürlich gab es noch eine andere Möglichkeit, die Lozovsky im Hinterkopf hatte, nämlich, Wassily Filippow einfach als Fischer oder Barden arbeiten zu lassen. Er ahnte allerdings, dass es besser war, diese Möglichkeit nicht direkt zu erwähnen. Dennoch versuchte er, sehr vorsichtig, einen der Anwesenden auf diesen Gedanken zu bringen.

    „Man sagte mir, Wassily Andrejewitsch Filippow sei ein erfahrener Spezialist. Soweit ich weiß, war er an der äußerst schwierigen Befreiung von Aleppo beteiligt. Wir brauchen jemanden wie ihn auf jeden Fall in der Fraktion, und seine Talente sind willkommen, egal in welcher Form. Falls es brenzlig wird, weiß er zumindest, wie man eine Waffe hält. Ob er nun durch Angeln oder Gitarrenspiel levelt, ist meiner Ansicht nach eine rein technische Frage. Darüber kann man diskutieren. Ich persönlich würde aufgrund der Moral- und Statistikboni, die er anderen Spielern geben könnte, einen Barden bevorzugen. Außerdem verfügt unsere Fraktion derzeit über keine Seen oder großen Flüsse, und wegen des Krieges mit den Naiaden ist das Meer tabu."

    Es wurde still im Raum. Irgendjemand dämpfte die Lichter, sodass nur ein kleiner Bereich um das Podium hell erleuchtet blieb. Soweit Lozovsky wusste, geschah das, damit sich die Anwesenden vor einer Abstimmung unter vier Augen austauschen konnten. Schließlich meldete sich der Vorsitzende zu Wort.

    „Es wurde eine Mehrheitsentscheidung getroffen. Wassily Filippow soll der Human-3-Fraktion in der Klasse der Barden beitreten. Wir bitten die Kuratoren, einen Plan für seinen Charakter zu entwickeln, der ihm dabei hilft, schnell zu leveln. Kampffähigkeiten und das Verleihen positiver Boni an andere sollen dabei im Vordergrund stehen. Die Fähigkeiten eines Strategen können vorerst ignoriert werden. Wir planen, in Kürze einen weiteren Kandidaten für diese Position zu entsenden."

    Eine logische, rationale Entscheidung. Der Diplomat war froh, dass er bald einen anständigen Strategen haben würde und sich nicht mit jemandem, der „weder Fisch noch Fleisch" war, begnügen musste. Unklar blieb nur, was mit dem neuen Barden geschehen sollte. Würde er immer noch einer der Direktoren oder Stellvertreter sein? Würden sie ihn in die Ränge der gewöhnlichen Spieler abschieben? Diese Entscheidung konnte warten. Der Sprecher war wohl gleicher Meinung, denn er ging zum nächsten Thema über.

    „Der Waffenstillstand mit dem Dunklen Bruch ist zu Ende, ebenso wie die Zeit für das Ultimatum von General Ui-Taka. Wir haben den Eindruck gewonnen, dass der neue Führer des Dunklen Bruchs ein recht nüchterner Mann ist, jemand, der nichts leichtfertig ausspricht. Wie ist die H3-Fraktion auf eine Eskalation in diesem Konflikt geringer Intensität vorbereitet?"

    Ivan Lozovskys Gesicht erhellte sich sofort, denn zu diesem Thema hatte er jede Menge Daten parat und somit viel zu sagen. Glücklicherweise hatte die Fraktion hier deutliche Fortschritte gemacht. Alle Befestigungsanlagen an der Grenze zum Dunklen Bruch waren wiederaufgebaut und verstärkt worden. Die weiter entfernten, isolierten Kompanien des Ostens litten nicht mehr unter Versorgungsproblemen, neue Straßen waren gebaut worden, und die Fraktion verfügte nun über reichlich Munition, Sprengstoff und Proviant. An den heikelsten Stellen waren gestaffelte Verteidigungslinien errichtet worden. Es gab sogar richtige Festungen mit starken Garnisonen und unterirdischen Speichern mit genügend Vorräten, um Angreifern auch bei voller Belagerung lange Zeit standhalten zu können.

    Auch die Verbündeten der Fraktion waren besser vorbereitet als je zuvor. Erst gestern waren 600 der besten Soldaten der deutschen H6-Fraktion auf einer fast fertiggestellten Straße entlang der Meeresküste hergebracht und im Hauptstadtknoten und im Sumpf des Ostens stationiert worden. Phylira sagte, sie könnte außerdem 2.000 bärenstarke Zentauren zur Verfügung stellen, obwohl die robusten, schnellen NPCs eher im Transportbereich und nicht für den Kampf eingesetzt werden sollten. Selbst mit den Harpyien waren Vereinbarungen getroffen worden. Sie sollten vom Himmel aus Patrouillen und Aufklärungsmissionen fliegen. Auf diese wankelmütigen geflügelten Verbündeten war allerdings nicht sonderlich viel Verlass. Ihre Absichten und Loyalität waren unstet wie Wüstensand. Auf jeden Fall aber hatte die H3-Fraktion die gesamte Grenzlinie von Karelia bis zum Sumpf des Ostens so stark befestigt wie nie zuvor. Kürzlich durchgeführte Tests hatten gezeigt, dass die Streitkräfte in nur 18 Minuten voll einsatzbereit sein konnten. An den kritischsten und gefährlichsten Stellen konnten sogar in nur vier Minuten genügend Truppen zur Abwehr eines Angriffs bereitstehen.

    Die Kuratoren waren damit zufrieden, obwohl jemand einwarf, dass ein Krieg nicht gewonnen werden könnte, indem man sich nur auf die Verteidigung verließ.

    Ivan Lozovsky antwortete auf diese berechtigte Bemerkung, dass die Fraktion viele Angriffspläne in Erwägung gezogen hätte. Aber jedes Mal waren die Militärexperten zum gleichen Ergebnis gekommen: Bei dem gegenwärtigen Kräfteverhältnis, in dem im besten Fall 2.000 ihrer Soldaten auf 5.000 oder 6.000 Brüchler kamen, wäre ein Angriff Selbstmord.

    Dabei versicherte der Diplomat den Militärs aber auch, dass sich die Situation bald zum Besseren wenden würde, da gerade fieberhaft daran gearbeitet wurde, drei südliche Knoten zu leveln und in das bestehende Gebiet einzugliedern: das Zentaurenplateau, den Regenwald und die Tropen. Und wenn ausreichend Ressourcen vorhanden waren, könnten alle drei südlichen Territorien in nur einer Woche auf Level 2 aufsteigen. Die H3-Fraktion könnte dann weitere 522 Spieler ins Spiel bringen. Die größte Hoffnung der Fraktion lag dann darin, die Knoten Dschungel und Gelbe Berge innerhalb von zehn Tagen planmäßig auf Level 3 zu bringen, was ihr weitere 1.000 Spieler bescheren würde. Und wenn darüber hinaus die friedliche Expansion in das Gebiet der Zentauren weiterhin so verlief wie bisher, wäre es leicht möglich, dass sie zwei weitere Knoten gewannen. Im Idealfall würde sich also die Bevölkerung der Human-3-Fraktion in zehn oder elf Tagen praktisch verdoppeln.

    „Der Dunkle Bruch muss das bereits erkannt haben, kommentierte der Vorsitzende, als Lozovsky zu Ende gesprochen hatte. „Und solange sie nicht schneller wachsen als wir, ist ein Angriff in den nächsten Tagen unvermeidlich.

    „Wenn man es so betrachtet, dann natürlich ja. Aber es gibt andere Faktoren, die Sie nicht in Betracht ziehen. Der Diplomat wählte seine Worte mit Bedacht, denn der Vorsitzende hatte ein heikles Thema angeschnitten, und Lozovsky wollte möglichst nicht ins Detail gehen. „Ich habe bereits über unsere Kontakte mit der Organisation ‚Befreiung von der Magiertyrannei‘ berichtet, einer anscheinend ideologisch motivierten antimagischen Gruppierung in der Parallelwelt. Wer auch immer sie wirklich sind, sie haben gute Arbeit geleistet und beim Begräbnis des Mitregenten Thumor-Anhu La-Fin einen verheerenden Terroranschlag verübt, bei dem eine große Anzahl von Trauernden getötet oder verletzt wurde. Unter den Opfern befanden sich einige der engsten Vertrauten des ehemaligen Herrschers der Ersten Präfektur, die zugleich zu den stärksten Spielern des Dunklen Bruchs zählten. Einige wenige waren sogar in der Führung.

    Der erfahrene Redner machte eine Pause und erlaubte den Kuratoren, seine Worte zu überdenken, ehe er fortfuhr. „Wir wissen schon lange, dass die meisten Spieler des Dunklen Bruchs aus der Ersten Präfektur stammen, dem historischen Erbe der La-Fin-Dynastie, ihres Zeichens eine Dynastie von Magiern und Mitherrschern. Es ist also nicht verwunderlich, dass viele der getöteten oder verletzten Magier Untertanen der Familie La-Fin und Teil der vom großen Magier Thumor-Anhu La-Fin gegründeten Fraktion waren. Das bedeutet immerhin, dass sich der Dunkle Bruch jetzt wahrscheinlich in einem Zustand der Lähmung befindet, da er im Grunde genommen keinen Anführer hat. Viele der mächtigsten Magier starben oder wurden schwer verwundet, und die Gesetze der Parallelwelt erlauben es nur Menschen mit magischen Fähigkeiten, Führungspositionen zu besetzen."

    „Aber der neue Anführer des Dunklen Bruchs ist kein Magier!", kam da ein berechtigter Einwand.

    Lozovsky bestätigte das bereitwillig. „General Ui-Taka ist eine Ausnahme. Er ist tatsächlich der einzige Nichtmagier, der in den letzten 800 Jahren an die Macht gekommen ist. Aber dieser Terroranschlag hat dem neuen Anführer des Dunklen Bruchs viele Probleme bereitet. Davon ist die Tatsache, dass viele seiner Berater und Assistenten im Spiel, das die Wirklichkeit unterwirft, verletzt oder getötet wurden, noch eines der geringsten. Man macht ihn höchstpersönlich für die Explosion verantwortlich, und vier der mächtigsten Präfekturen haben seinem Staat den Krieg erklärt. Also ..."

    Ivan Lozovsky schnaubte zufrieden und fügte hinzu, dass der Dunkle Stratege daher bald so tief in Konflikte in der wirklichen Welt verstrickt sein würde, dass er keine Zeit mehr für das Spiel hätte.

    Daraufhin gab es Beifallsrufe, sogar Applaus. Die Nachricht von den Problemen des gefürchteten Feindes wurde begeistert aufgenommen. „Der Dunkle Bruch wird jetzt einfach in sich zusammenfallen, sagte eines der Ratsmitglieder sogar. „Die Bürger der Ersten Präfektur sind ihm, dem ehemaligen Leiter einer anderen Regierung, schon nicht besonders treu, und es klingt so, als würden sie ihn nicht oft zu Gesicht bekommen. Die anderen im Raum teilten seinen Optimismus jedoch nicht.

    „Ivan, was bedeutet das alles?, fragte einer der Kuratoren, der bislang geschwiegen hatte. „Du selbst hast gerade gesagt, dass nur Magier in ihrer Welt herrschen können, aber der letzte Erbe der La-Fin-Dynastie ist gestorben, ohne einen Nachfolger mit magischen Fähigkeiten zu hinterlassen. Wer wird denn nun also das neue Oberhaupt der Ersten Präfektur, immerhin die mächtigste Dunkle Figur nicht nur im Spiel, sondern auch in der wirklichen Welt?

    Der Lärm verstummte sofort, alle warteten gespannt auf Lozovskys Antwort. Als der Diplomat wieder das Wort ergriff, hallte seine Stimme durch den stillen Saal.

    „Der neue Herrscher der Ersten Präfektur ist Nat! Unser Nat. Mitregent Thumor-Anhu La-Fins Enkelin, Prinzessin Minn-O La-Fin, ist seine Frau. Er besitzt zweifellos magische Fähigkeiten. Nach den Gesetzen der magokratischen Welt ist das die einzige Voraussetzung, die Kirill Ignatiev erfüllen muss, um den Thron des Mitregenten zu besteigen!"

    Der Saal füllte sich erneut mit Gemurmel. Die Kuratoren diskutierten diese Neuigkeiten mit Inbrunst. Da öffneten sich leise die Türen, und alle Gespräche verstummten augenblicklich. Ein aufgeregter, junger Offizier kam zügigen Schrittes auf den Redner zu. Er hielt ein Telefon in der Hand und gestikulierte in Richtung des Korridors, wo der Anruf nicht blockiert werden würde. Der Generalmajor entschuldigte sich bei allen und eilte zum Ausgang.

    Wenn sie jemanden geschickt hatten, um dieses geheime Treffen zu unterbrechen, musste etwas wirklich Wichtiges passiert sein. Im Flüsterton tauschten die Anwesenden ihre Vermutungen aus. Das Wort, das am häufigsten fiel, war „Krieg". Und als der Sprecher drei Minuten später mit ernstem Gesicht wieder hereinkam, sprach er aus, was alle bereits angenommen hatten.

    „Krieg! Um fünf Uhr heute Morgen in der Zeit der Spielwelt wurde unser Regenwaldknoten vom Dunklen Bruch angegriffen. Im Schutz des dichten Nebels drangen 15 feindliche Sio-Mi-Dori-Antigravs aus dem Wald in unseren Knoten ein und landeten direkt auf Außenposten 34. Und obwohl sie unsere Soldaten nicht völlig unvorbereitet erwischt haben, dauerte die Schlacht nicht lange. Der Außenposten 34 ist verloren. Mit ihm der gesamte Regenwaldknoten. Damit ist der Tropenknoten mitsamt der dort stationierten Garnison vom Rest unseres Territoriums abgeschnitten. Aber ich fürchte, es gibt noch weitere schlechte Nachrichten ..."

    Der Generalmajor wischte sich den Schweiß von der Stirn. „Gleichzeitig sind nicht weniger als 300 Soldaten des Dunklen Bruchs mit einer Geckho-Fähre auf der deutschen Hauptstadt-Insel gelandet. Ein Hauch von Panik hatte sich in seine Stimme geschlichen. „Die meisten von ihnen trugen Exoskelett-Panzerungen und schwere Waffen. Unsere Verbündeten wurden überrumpelt. Niemand hat mit einem Angriff auf dieser entfernten Insel gerechnet. Praktisch alle H6-Spieler, die eine Waffe halten können, befanden sich in unserem Gebiet! Die Insel wurde erobert, und die Angriffstruppen des Dunklen Bruchs erschießen nun jeden Deutschen, der versucht, ins Spiel zu kommen oder zu respawnen, an Ort und Stelle. Das alles bedeutet ...

    Ivan Lozovsky blickte den Major an und vervollständigte dessen Satz. „Es bedeutet, dass wir unsere 600 alliierten Soldaten verloren haben. Die Spielerkapazität der H6-Fraktion ist stark dezimiert. Sie sind nicht mehr in der Lage, Arbeitskräfte zur Verfügung zu stellen. Ihr Spielermaximum liegt jetzt bei 348, und das wird die H6-Fraktion dringend brauchen, um die zwei Level-1- beziehungsweise Level-2-Küstenknoten zu verteidigen, die ihnen noch geblieben sind."

    Verdammt, verdammt, verdammt! Ivan Lozovsky war wütend auf sich selbst und alle anderen. Nun, viel zu spät, dämmerte es ihm. Wie hatten sie nur so blind sein können? Warum hatten sie nur die Grenzverteidigung verstärkt und sich dann auf ihren Lorbeeren ausgeruht? Immerhin wussten sie, dass General Ui-Taka in seiner Welt als ein konkurrenzloser Taktiker bekannt war. Anstatt sich durch Minenfelder und die Verteidigungsstrukturen zu kämpfen, hatte er einfach eine Truppe tief im hinteren Teil des Knotens abgesetzt und somit den einzigen Weg nach Süden abgeschnitten. Damit war die deutsche Fraktion im Grunde genommen besiegt. Nur ein einziger taktischer Zug! Die Lage war zum Haareraufen.

    Ohne Unterstützung würde der Tropenknoten, der vom Rest der Fraktion abgeschnitten war, fallen. Nicht weniger als 50 H3-Spieler befanden sich dort, die meisten von ihnen Bauarbeiter. Außerdem würden die Deutschen ihre restlichen Sechsecke nicht halten können. Sie würden schnell am Ende sein, sehr schnell. Verstärkungen nach Süden zu schicken, würde bedeuten, Truppen aus dem Norden abzuziehen und die dortige Grenze zum Dunklen Bruch zu schwächen. Das war es auch, worauf der Feind zählte. Die H3-Fraktion stand im Schach, und ihr Schachmatt war nur eine Frage der Zeit. Zumindest sah der Fraktionschef keine möglichen Züge mehr. Egal, was er nun tat oder unterließ, es würde nur noch schlimmer werden.

    „Aber wie konnten sie die Fähre nehmen?, warfen die Kuratoren unisono ein. Ihre Empörung war nicht zu überhören. „Die Geckho mischen sich nicht in die Konflikte ihrer Vasallen ein!

    „Tun sie ja auch nicht, erwiderte der Generalmajor. „Der Geckho-Diplomat Kosta Dykhsh hat die Neutralität bereits bestätigt. Seinen Worten zufolge haben die Geckho lediglich einige Leute befördert, die sich ein Ticket für die Fähre gekauft hatten. Und der Diplomat hat uns daran erinnert, dass unsere Fraktion die gleiche Fähre bei mehreren Gelegenheiten zum Transport von Menschen und Fracht, einschließlich Truppen und militärischem Material, benutzt hat. Ich vermute, dass der Transport von 300 Landungstruppen zusammen mit schweren Waffen und anderen Vorräten unsere Feinde eine Stange Geld gekostet hat. Mindestens eine halbe Million Kristalle! Woher hat der Dunkle Bruch so viel Geld?

    Ivan Lozovsky schwieg und senkte verdrossen den Kopf. Er wusste genau, woher der Feind eine halbe Million Kristalle hatte. Er selbst hatte zusammen mit Gerd Tamara und einigen anderen vertrauenswürdigen Spielern exakt diese Summe einem Mitglied des Dunklen Bruchs übergeben. Als Bezahlung für den Bombenanschlag während der Beerdigung!

    Kapitel 1. Crewgespräche

    DAS GEMÄCHLICHE BRUMMEN der Raumschiffmotoren fiel schon nach einer halben Flugstunde kaum mehr auf. Änderte sich das monotone Geräusch aber in irgendeiner Weise, konnte man davon ausgehen, dass alle Passagiere sofort beunruhigt die Köpfe heben würden. Das Brummen war so etwas wie ein Trost, ein Zeichen, dass alles gut lief. Meine Tolili-Ukh X hatte erfolgreich von der Piratenbasis Medu-Ro IV abgedockt und war, nachdem sie genug Geschwindigkeit für einen Hyperraumsprung aufgenommen hatte, zum miyelonischen Handelszentrum Kasti-Utsh III aufgebrochen. Niemand kam uns an der Pforte der Basis entgegen oder folgte uns, was mich optimistisch stimmte. Ich hatte richtig kalkuliert, und die Reparatur meines Raumschiffs war erledigt, bevor das verärgerte Buschigschattenrudel mit ihrer Flotte zurückgekehrt war.

    In der Sekunde, in der die Gefahr gebannt war, zog meine Geschäftspartnerin Uline Tar ihren Raumanzug aus, ging in ihre Koje und bat darum, nicht gestört zu werden. Ich wusste genau, was meine pelzige Freundin so verstimmt hatte. Weder sie noch ich hatten einen Groschen Geld übrig. Alle Versuche, Sendungen zu finden, die zur miyelonischen Raumbasis unterwegs waren, waren daran gescheitert, dass potenzielle Kunden vor uns zurückgeschreckt waren, als wären wir Aussätzige. Eine direkte Konsequenz von Nats zweifelhaftem Piratenruhm. Die gesetzestreuen Kapitäne wollten nichts mit mir oder meinem Schiff zu tun haben. Uline Tar stammte aus einem altehrwürdigen Haus intergalaktischer Händler, das sich über viele Generationen hinweg und durch harte Arbeit einen guten Ruf erworben hatte. Natürlich saß sie nun nicht gern mit einem Piraten im selben Schiff. Wie konnten wir vernünftig mit irgendjemandem Handel treiben, wenn alle ehrbaren Kaufleute uns mieden?

    Noch dazu gab es einen schwelenden Konflikt zwischen außerirdischen Vasallengruppen am Rande des bekannten Universums, in dem ihr menschlicher Geschäftspartner kämpfen würde. Krieg bedeutete immer große Ausgaben. Und Uline hatte den Planeten und seine bedauernswerten Einwohner mit eigenen Augen gesehen. Diese Primitivlinge besaßen nichts von Wert für einen Geckho-Händler. Meine pelzige Freundin hatte also reichlich Grund zur Verzweiflung.

    Doch uns blieb keine andere Wahl. Wir mussten mit leeren Händen zum Handelszentrum Kasti-Utsh III fliegen. Einer der Gründe für unseren Abstecher dorthin war mein Vorhaben, auf einen Tipp hin, den ich auf Medu-Ro IV erhalten hatte, alte Reliktiker-Artefakte zu kaufen. Aber jetzt hatte ich nur eine vage Vorstellung davon, woher ich die Mittel für den Kauf nehmen sollte. Der miyelonische Handelsknotenpunkt war ein Ort, an dem Recht und Ordnung herrschte. Ich konnte dort nicht einfach irgendwelche Artefakte stehlen, selbst wenn sie einmal Mitgliedern meines Teams gehört hatten und ihnen gewaltsam weggenommen worden waren. Seitdem sie geraubt worden waren, hatten die Gegenstände mindestens dreimal den Besitzer gewechselt, sodass es keinen Beweis dafür gab, dass sie rechtmäßig mir gehörten. Aber egal. Ich würde einen Weg finden, wenn wir im Handelszentrum ankamen. Vielleicht fiel mir bis dahin etwas ein.

    Zuerst hieß es erst einmal, weitere vier Ummi Flug zu überstehen. Das entsprach ungefähr 23 Stunden in Erdzeit. Es ergab keinen Sinn, so lange auf der Brücke herumzuhängen, also überließ ich Raumschiffpilot Dimitri Scheltow die Verantwortung über das Schiff und begab mich in den großen Raum auf dem zweiten Deck, den wir zu einer Lounge umgebaut hatten.

    Die Einrichtung war noch etwas spartanisch. Es gab nur einen schwebenden Tisch, der in der Mitte des Raumes durch Gyroskope auf einem Antigravitationssockel gehalten wurde. Rund um diesen Tisch lagen große, weiche Kissen auf dem Boden. Heute waren die Reparaturarbeiten an unserer Fregatte endlich abgeschlossen worden, also hatte ich der Crew etwas Urlaub gegeben. Ich hatte im Restaurant der Raumbasis verschiedene Delikatessen bestellt, die, wie der Chefkoch mir versichert hatte, für die meisten Rassen genießbar waren, dazu Säfte und leichte alkoholische Getränke. Aber die Crew verhielt sich seltsam schüchtern und wollte die Boxen mit Leckereien und Getränken auf dem schwebenden Tisch nicht öffnen. Und anstatt die Zeit gemeinsam zu verbringen, hatte sich meine Crew in mehrere Cliquen aufgeteilt.

    Die Brüder Basha und Vasha Tushihh waren, wie in jeder anderen freien Minute auch, in eine Runde Na-Tikh-U vertieft und schoben kleine Raumschiffe über ein schimmerndes, dreidimensionales Brett. Sie hatten niemanden sonst zu ihrer Partie eingeladen. Eduard Boyko und Imran waren aus ihrer Kampfrüstung gestiegen und hatten ihre Trainingsanzüge angezogen. Sie lungerten am Rande des Raumes herum, wetteiferten abwechselnd im Ausdauertraining miteinander und warfen sich für das mysteriöse außerirdische Mädchen Valeri in Pose. Das einzige andere weibliche Crewmitglied war meine Wayedda Minn-O La-Fin, und ich nahm an, dass meine Crew nicht lebensmüde genug war, um mit der Frau ihres Kapitäns zu flirten. Valeri-Urla tuschelte ihrerseits mit ihrem Begleiter Denni Marko in der Ecke. Ich musste nicht auf meine psionischen Fähigkeiten zurückgreifen, um zu sehen, dass sich die beiden hier in dieser Piratencrew unwohl fühlten.

    Die Miyelonier wiederum hatten sich in einer anderen Ecke des Raumes eingefunden und taten etwas Seltsames. Ayni, Tini und Orun Va-Mart saßen mit Pfoten und Schwänzen unter sich auf dem nackten Metallkeramikboden und gaben ein Laute von sich, die irgendwo zwischen Gesang und Winseln lagen. Alle drei hatten die Augen geschlossen, die Vorderpfoten ausgestreckt und berührten einander. Ich hatte keine Ahnung, was für ein Ritual das nun wieder sein könnte, aber ich unterbrach es nicht, weil es für die Miyelonier vielleicht von Bedeutung war.

    Ladungsoffizier Avan Toi war am anderen Ende des großen Raumes zu finden. Er fläzte sich träge auf einem Kissen, das unter seinem massigen Körper kaum sichtbar war, und führte ein Gespräch mit Ayukh, dem Navigator, über die Geschehnisse an den Fronten des großen Weltraumkrieges. Allein dank meiner guten Wahrnehmung konnte ich den Inhalt ihres Gesprächs verstehen. Darüber wollte auch ich mehr wissen, also gesellte ich mich zu ihnen und nahm dankbar ein Glas eines leichten alkoholischen Cocktails von Kirsan, dem Reparatur-Bot, entgegen, der es auf sich genommen hatte, die Getränke auszuschenken. Erst nun wandten sich die beiden Geckho an den Mechanoid-Reparatur-Bot und nahmen ebenfalls jeweils ein Glas in ihre großen Pranken.

    „Nun, was gibt es Neues im Krieg?", fragte ich und nahm einen Schluck von dem erfrischenden Getränk.

    Beide Geckho waren begierig darauf, mich ins Bild zu setzen.

    „Captain, die Geckho-Basis auf Un-Tesh ist gefallen, es gab einen sehr kurzen Bericht darüber in den Nachrichten. Keine Details. Wir haben keine Ahnung, ob sie eingenommen oder zerstört wurde. Auch über das Schicksal der Geckho, die sich dort befanden, haben wir keine weiteren Informationen."

    „Ayukh, du weißt so gut wie ich, dass die Meleyephatianische Horde niemals Gefangene macht. Das ist bei ihnen nicht üblich, warf der Ladungsoffizier ein, worauf der Navigator verlegen dreinblickte. „Selbst, wenn das Leben ihrer Brüder auf dem Spiel stünde, würden die Meleyephatianer niemals mit Gefangenen handeln. Sie töten ausnahmslos alle gefangenen Feinde.

    Das hatte ich nicht gewusst. Ich würde es mir merken. Das bedeutete, dass es sinnlos war, sich diesen intelligenten spinnenähnlichen Kreaturen zu ergeben. Es würde trotzdem den Tod bedeuten. Anscheinend war es nur unserem großen Glück zu verdanken, dass wir es in letzter Minute von Un-Tesh weggeschafft hatten.

    „Das heißt also, wir haben Systeme getauscht, murmelte Avan Toi, der laut nachzudenken schien. „Die Geckho haben den meleyephatianischen Stützpunkt Ursa-II-II eingenommen und der Feind den Stützpunkt auf Un-Tesh. Überleg dir das mal! So viele Raumschiffe sind zerstört, so viele Soldaten tot, und das schließt einige ein, die nie wieder respawnen werden. Aber die politische Situation ist praktisch unverändert. Wofür genau haben wir gekämpft? Das würde ich gern mal wissen. Wer wollte diesen Krieg?

    „Das kannst du laut sagen! Aber die Miyelonier haben wohl etwas gewonnen, sagte Ayukh und zeigte mit seiner breiten, bekrallten Hand auf unsere drei flauschigen Besatzungsmitglieder, die noch immer mit geschlossenen Augen auf dem Boden saßen und sangen. „Ihr Leng Keetsie-Myau, eine geschätzte Flottenkommandantin, hat nur darauf gewartet, dass die Geckho und Meleyephatianer sich in die Haare kriegen, und nebenher mal eben zwei meleyephatianische Sternensysteme erobert.

    „Du schreibst die Geckho zu früh ab, warf ich ein und versuchte dabei, ihrem patriotischen Stolz zu schmeicheln und das verebbende Gespräch über interstellare Politik am Laufen zu halten. „Glaubst du wirklich, dass Kung Waid Shishishs Zweite Angriffsflotte keine Verstärkung aus den Zentralsystemen schicken wird? Es gibt dort nur eine Flotte, und die ist nach der Schlacht schwer beschädigt.

    „Naja ... Avan Toi senkte seine Stimme zu einem Flüstern. „Ich habe da ein paar Gerüchte gehört. Angeblich hat der Flottenkommandant Kung Waid Shishish seinen Stolz hinuntergeschluckt und die Hauptstadt um Verstärkung gebeten.

    Andere Besatzungsmitglieder gesellten sich zu uns. Vasha und Basha hatten ihr Spiel beendet. Sie zogen einige Kissen herbei, schmissen sich neben uns hin, lehnten die Getränke aber ab, die Kirsan ihnen anbot. Die alten, weisen Lader-Brüder beteiligten sich nicht am Gespräch, öffneten aber eine Kiste mit Essen und reichten die Speisen herum. Ich hatte plötzlich einen Spieß mit blauen Kugeln in der Hand, von denen ein süßer Saft tropfte. Es waren keine exotischen Früchte oder Beeren, wie man vielleicht erwarten würde. Ich hatte keine Ahnung, was sie waren. Ich konnte nicht einmal genau feststellen, ob sie von einer Pflanze oder einem Tier stammten. Trotzdem waren sie köstlich, also griff ich zu noch einem Spieß und dann noch einem.

    Schließlich kamen auch unsere Sportler heran. Die beiden waren gerade in eine Diskussion über Eiweißdiäten verwickelt. Weder Eduard noch Imran tranken Alkohol, nahmen aber gern Säfte und Essen entgegen. Zu guter Letzt tauchte Minn-O La-Fin auf. Meine Frau sah sich um, konnte keine freien Kissen finden und setzte sich kurzerhand auf meines. Dabei schob sie mich ein wenig unsanft zur Seite. Ich machte ihr bereitwillig Platz. Die Prinzessin erwachte nach all den physischen und psychischen Traumata, die sie in der wirklichen Welt erlitten hatte, langsam wieder zum Leben. Mich freute das sehr. Endlich war sie wieder dieselbe Minn-O wie damals, als ich sie zum ersten Mal getroffen hatte: stolz, selbstbewusst und daran gewöhnt, eine besonders privilegierte Position in jedem Team einzunehmen.

    Wahrnehmungsüberprüfung erfolgreich!

    „Hey! Das war meins!" Eine halbe Minute zuvor hatte ich bereits beobachtet, wie einer der Spieße plötzlich vom schwebenden Tisch verschwunden war. Jetzt zog ich dem schamlosen, unsichtbaren Dieb im allerletzten Moment meinen halb gegessenen Spieß unter der Nase weg, und der Schattenpanther schnappte ins Leere. Ich verpasste der unsichtbaren Schnauze einen Klaps. Kleine Schwester war eindeutig erstaunt, immerhin dachte sie, dass sie niemand sehen könnte. Wütend machte sie sich wieder sichtbar und beklagte sich mit zuckendem Schwanz bei ihrer Herrin Valeri darüber, wie gierig und rücksichtslos ihr Kapitän war. Ich schaute mir das gefährliche Raubtier von

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