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Streben nach Verkörperung (Kräutersammler der Finsternis Buch 4): LitRPG-Serie
Streben nach Verkörperung (Kräutersammler der Finsternis Buch 4): LitRPG-Serie
Streben nach Verkörperung (Kräutersammler der Finsternis Buch 4): LitRPG-Serie
eBook424 Seiten8 Stunden

Streben nach Verkörperung (Kräutersammler der Finsternis Buch 4): LitRPG-Serie

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Über dieses E-Book

Wie ist es für einen kleinen, segelohrigen Goblin-Kräutersammler, wenn er die Rolle des Dunklen Herrschers spielen muss, der Hauptgegner für die vielen hundert Millionen Spieler von Reich ohne Grenzen? Wie ergeht es ihm als Bannerträger einer Armee von menschenfressenden Riesen, Zyklopen, Skeletten, Geistern und anderen Ausgeburten der Hölle, denen ihr anspruchsloser Herrscher vollkommen gleichgültig ist?

Unser Held hat nicht um dieses wenig beneidenswerte Schicksal gebeten, aber es gibt kein Zurück für ihn. Er muss über seinen Schatten springen und den schaurigen Oberherrn der unzähligen wilden Kreaturen spielen, die nun das gesamte Reich ohne Grenzen bedrohen. Doch je länger unser Held spielt, desto klarer wird ihm, dass diese Welt viel komplizierter ist, als sie auf den ersten Blick aussieht, und dass er selbst nur als Schachfigur für jemand anderen dient. Alles hängt davon ab, ob es ihm gelingen wird, in der kurzen Zeit, die ihm bleibt, die Geheimnisse aufzudecken – alles, einschließlich seines eigenen Lebens.
SpracheDeutsch
HerausgeberMagic Dome Books
Erscheinungsdatum27. Mai 2022
ISBN9788076191181
Streben nach Verkörperung (Kräutersammler der Finsternis Buch 4): LitRPG-Serie

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    Buchvorschau

    Streben nach Verkörperung (Kräutersammler der Finsternis Buch 4) - Michael Atamanov

    Sinneswandel

    MEINE SPIELSESSION ENDETE abrupt mit einer Systemmeldung, die besagte, dass mein Charakter suspendiert worden war. Der Bildschirm wurde schwarz, und ich wurde kurzerhand aus dem Reich ohne Grenzen hinausgeworfen.

    Es war allerdings keine wirkliche Überraschung, ich hatte bereits damit gerechnet. Nachdem ich mich den Anweisungen des Unternehmenspräsidenten widersetzt und Taisha, die NPC-Diebin, gewarnt hatte, war es unvermeidlich gewesen. Doch was würde als Nächstes passieren? Ich lag in der Dunkelheit meiner virtuellen Realitätskapsel, zählte die Sekunden, bis sie sich entriegeln würde, und versuchte, die Konsequenzen meines Ungehorsams vorauszusehen. Wahrscheinlich hatte das Unternehmen von Reich ohne Grenzen mich bereits rausgeworfen, und das war sicher noch nicht das Ende.

    Die Bestrafung durch das Unternehmen war mir jedoch völlig gleichgültig. Vorwürfe und Zurechtweisungen, eine Kündigung oder sogar ein dauerhaftes Spielverbot bedeuteten nichts, denn ich hatte gerade erfahren, dass ich tot war! Anders ließ sich das Video, das ich gesehen hatte, nicht interpretieren. Es war meine Beerdigung gewesen! Verglichen mit meinem Tod in der realen Welt erschien jedes andere Problem völlig unbedeutend und verdiente keinerlei Aufmerksamkeit.

    Tod. Digitalisierung. Die Vorstellung, dass ich nicht mehr am Leben war, bestürzte mich. In welchen Körper war mein Bewusstsein übertragen worden? Das Unternehmen hatte wahrscheinlich einen Androiden angefertigt, der aussah wie ich. Sehr glaubhaft, mit einem fast ununterscheidbaren, lebensechten Aussehen und realistischen Gesichtsausdrücken. Höchstwahrscheinlich imitierte der Körper die menschliche Atmung und den Herzschlag. Bevor ich ins Spiel zurückgekehrt war, hatte ich mich im Spiegel gesehen und nichts Außergewöhnliches entdeckt, darum war die Roboter-Theorie plausibel. Und wenn das Unternehmen von Reich ohne Grenzen viel Zeit und Ressourcen aufgewendet hatte, um einen neuen Körper für mich zu erstellen, war ich wahrscheinlich jetzt sein Eigentum. Das würde bedeuten, dass ich das Gebäude nicht verlassen durfte und rund um die Uhr überwacht wurde.

    Ich hörte ein Piepen und das Klicken des Verschlussmechanismus: Meine Kapsel war entsperrt. Energisch öffnete ich den Deckel, doch ich hatte es nicht eilig, herauszusteigen und den Sensoranzug mit seinem ganzen Netz von Drähten auszuziehen. Stattdessen tastete ich mich ab und betrachtete meine Arme und Beine skeptisch aus jedem Blickwinkel. Dann entfernte ich den Verband auf meiner Brust und starrte auf die Naht. Ich riss mir sogar einige Haare aus und untersuchte sie ganz genau, doch ich konnte nicht den kleinsten Hinweis finden, dass mein Körper synthetisch sein könnte. Er sah aus, wie er immer ausgesehen hatte. Und als ich mich gekniffen und mir die Haare ausgerissen hatte, hatte es wehgetan, wie sonst auch. Was ging hier vor? Entweder war die Androidentechnologie nahezu perfektioniert worden oder ... ich irrte mich und dies war mein realer Körper. Doch wie war dann das Video meiner Beerdigung zu verstehen?

    Ohne zu einer Schlussfolgerung zu gelangen, stieg ich aus der Kapsel und zog mich schnell an, denn ich erwartete jeden Moment jemanden vom Unternehmen. Nach meinem offensichtlichen Ungehorsam hatte ich keinen Zweifel, dass ich einen offiziellen Besuch erhalten würde. Nur zu, es würde eine gute Gelegenheit sein, die eine oder andere drängende Frage zu stellen und klare Antworten zu verlangen.

    Nicht einmal fünf Minuten waren vergangen, als das Schloss meiner Bürotür leise klickte. Im Türrahmen stand ... Andrei Soloviev, Leiter des Ingame-Sicherheitsdienstes des Unternehmens von Reich ohne Grenzen. Wie ärgerlich. Ich hatte mich innerlich auf ein Gespräch mit dem Präsidenten des Unternehmens, Thomas Heywood, oder meinem direkten Vorgesetzten Max Tohner, dem Direktor für Sonderprojekte, vorbereitet und mir einen Plan zurechtgelegt, der keinem von beiden erlauben würde, ehrliche Antworten zu umgehen. Doch den Typen vom Sicherheitsdienst hatte ich nicht erwartet. Es brachte mich aus der Fassung, und das aus gutem Grund. Andrei Soloviev hatte schon immer einen kompromisslosen, unerbittlichen Eindruck gemacht und Angst in mir ausgelöst. Wenn ich ihn ansah, sah ich jemanden, der viele Jahre bei den Sondereinsatztruppen hinter sich hatte, einen Mann, der mehr als einmal getötet hatte. Seine Bewegungen waren präzise und effizient, sein Blick stur und entschlossen, doch vor allem hatte er die Augen eines selbstsicheren Raubtieres. Soloviev betrachtete alle um sich herum als potenzielle Gegner. Ich bezweifelte nicht, dass er bei jedem unserer Treffen im Vorhinein kalkuliert hatte, wie er mich notfalls am schnellsten und wirkungsvollsten töten konnte.

    Es gab noch einen anderen Grund, warum ich ihm nicht traute. Als ich niedergestochen worden war und langsam das Bewusstsein verloren hatte, hatte ich eine Stimme sagen hören: „Timothy hat viel Blut verloren! Er braucht sofort Hilfe, sonst stirbt er!" Ich konnte das Gefühl nicht loswerden, dass es Andreis Stimme gewesen war. Unter den gegebenen Umständen war ich fast sicher.

    „Timothy, Sie haben gerade allen ihre Arbeit sehr erschwert, feuerte er seine Eröffnungssalve in verurteilendem Ton ab, während er die Tür fest hinter sich verschloss. „Das hätte wirklich niemand erwartet. Darum haben sie mich geschickt. Wir beide werden uns jetzt ganz entspannt unterhalten und herausfinden, warum Sie uns in den Rücken gefallen sind.

    Entspannt unterhalten? So nannten sie diesen Besuch also? Mein Herz begann, vor Angst zu rasen. Es schlug so schnell, dass ich befürchtete, es würde mir aus der Brust springen. Mein Blutdruck stieg durch die Panik so hoch, dass die Adern an meinen Schläfen pulsierten. Ich trat einen Schritt zurück, stolperte und fiel in einen weichen, tiefen Sessel. Der angsteinflößende Mann lachte und setzte sich ohne zu fragen in den Sessel neben mir. Dann beugte er sich zu mir vor. Dabei sah er aus, als ob er mich jeden Moment angreifen wollen würde.

    Trotz seines verurteilenden Tons, der klaren Missbilligung und des bedrohlichen Verhaltens beruhigte ich mich langsam, und meine Stimmung besserte sich. Wenn die Unternehmensführung die Situation im Hinblick auf Taisha als hoffnungslos betrachtet hätte, hätte ich meinen Wert für sie verloren, und sie hätten sich gar nicht erst die Mühe gemacht, jemanden zu schicken, um mit mir zu sprechen. Doch sie hatten Andrei Soloviev geschickt, und er hielt sich zurück. Das war ein gutes Zeichen. Der Leiter des Sicherheitsdienstes sagte nichts, darum ergriff ich die Initiative.

    „Ich verstehe, warum der Präsident verärgert ist. Aber zum Zeitpunkt unserer Unterhaltung war Thomas Heywood der Meinung, dass die NPC-Diebin jemanden aus dem Reich ohne Grenzen mit Münzen bezahlt hat, um mich in der realen Welt umbringen zu lassen. Es ist ihm gelungen, mich davon zu überzeugen, darum habe ich mich einverstanden erklärt, ihm zu helfen. Es hat sich jedoch herausgestellt, dass Taisha den Mord an mir nicht in Auftrag gegeben hat. Ich habe mir das Protokoll ihrer finanziellen Transaktionen angesehen und keine Ausgaben gefunden, die an einen Auftragsmörder gegangen sein könnten. 50.000 Münzen sind eine Menge Geld. Es wäre unmöglich, eine solche Summe zu verstecken!"

    „Timothy, Timothy ...", sagte er vorwurfsvoll und schüttelte den Kopf. „Sie sind so naiv und liegen völlig falsch! Ich habe vier Jahre damit verbracht, Betrüger aufzuspüren, die Spielgeld und virtuelle Schätze für reales Geld verkaufen. Ich könnte Ihnen mindestens hundert Möglichkeiten nennen, große Ausgaben in den Protokollen finanzieller Transaktionen zu verstecken. Aber das ist nicht der Punkt. Es spielt keine Rolle, ob Taisha den Mann bezahlt hat oder nicht. Sie arbeiten für das Unternehmen von Reich ohne Grenzen, und unser Präsident hat Ihnen klare Anweisungen zur Ergreifung der virtuellen Einheit gegeben. Warum haben Sie Ihre Aufgabe nicht erfüllt?"

    Das war eine heikle Frage. Egal, wie meine Antwort lautete, er würde annehmen, dass ich im Unrecht war. Außerdem hatte ich einen winzigen Ohrhörer in Andreis rechtem Ohr entdeckt, was bedeutete, dass unser Gespräch nicht vertraulich war. Es bedeutete ebenfalls, dass ich jegliche Schuld meinerseits bestreiten und der Frage so gut es ging ausweichen musste.

    „Wovon reden Sie? Ich habe meine Aufgabe erfüllt! Ich arbeite als Chef-Spieltester für das Unternehmen. Ich soll unerprobte Wege, ungewöhnliche Situationen und seltsame Kreaturen in Reich ohne Grenzen finden und studieren. Die NPC-Diebin Taisha ist eine seltsame Kreatur, und ich versuche, mehr über sie herauszufinden. Ich bin der Einzige, der es geschafft hat, das Vertrauen der schönen Goblinfrau zu gewinnen, aber kurz vor der Festung ist alles schiefgegangen. Sie hat gemerkt, dass es eine Falle war, und hätte sich nie in den Bereich des separaten Servers begeben, der für die Festung des Dunklen Herrschers bereitgestellt worden war. Ich hatte zwei Möglichkeiten: Taisha entkommen zu lassen oder Gefahr zu laufen, sie für immer zu verlieren, denn der Plan war bereits gescheitert. Wenn ich meine NPC-Gefährtin offenkundig angelogen hätte, hätte sie mir nie wieder geglaubt. All die Mühe, die es mich gekostet hat, ihr Vertrauen zu gewinnen, wäre umsonst gewesen. Der einzige Ausweg war, Taisha die Wahrheit zu sagen und unsere Beziehung zu stärken. Auf diese Weise betrachtet sie mich immer noch als ihren Freund, auf den sie sich verlassen und dem sie vertrauen kann. Im Gegensatz zu einigen Angestellten dieses Unternehmens ..."

    Auf dem Gesicht des ernsten, hartgesottenen Soloviev zeichnete sich Unverständnis und Überraschung ab. Die geheimnisvollen Lauscher hatten scheinbar Fragen, denn Andrei erstarrte und hörte jemandem in seinem Ohrhörer zu. Gleich darauf fragte er mich, was ich mit meiner Äußerung, dass das Unternehmen unglaubwürdig wäre, gemeint hätte. Auf diese Gelegenheit hatte ich gewartet.

    „Der Videoclip, den Taisha mir geschickt hat, zeigt meine Beerdigung. Haben Sie nichts dazu zu sagen?"

    Der Leiter des Sicherheitsdienstes erstarrte erneut mit leicht geöffnetem Mund, bevor er laut loslachte, bis ihm die Tränen in die Augen traten.

    „Oh, Timothy ... Andrei Soloviev schnappte nach Luft. „Den Clip haben wir aufgenommen und an Ihre NPC-Freundin geschickt, um sie zu verwirren und dazu zu bewegen, sich Ihrem Charakter anzuvertrauen. Wir haben nicht damit gerechnet, dass Sie darauf hereinfallen würden. Ich bin wirklich neugierig, was Sie sich in Ihrer Fantasie jetzt wieder vorgestellt haben. Irgendeine Art von Voodoo, Wiederbelebung einer Leiche, schwarze Magie? Oder vielleicht ein bahnbrechender Fortschritt in moderner Medizin, eine erfolgreiche Hirntransplantation?

    Ich war durch seinen Spott peinlich berührt und beschämt. Andrei wurde wieder ernst und erklärte: „Ich muss Sie leider enttäuschen, Timothy. Es gibt keine Magie und kein medizinisches Wunder. Die Erklärung ist viel banaler. Der Videoclip zeigt die Begräbnis der geschätzten Vizepräsidentin des Unternehmens von Reich ohne Grenzen, Inessa Tyle. Sie ist vor drei Tagen gestorben und gestern auf dem Friedhof der Familie Tyle beigesetzt worden. Viele unserer Angestellten und Spieler sind erschienen, um der bemerkenswerten Frau die letzte Ehre zu erweisen. Ohne sie würde es weder unser Unternehmen noch Reich ohne Grenzen geben."

    * * *

    Ich saß mit verschränkten Armen im Sessel, mein Gesicht war rot vor Verlegenheit. Noch nie in meinem ganzen Leben hatte ich mich so idiotisch gefühlt! Ich hatte mir diese ganze Geschichte über Digitalisierung, Androiden und einen synthetischen Körper in den Kopf gesetzt, doch sie war völlig aus der Luft gegriffen. Aus irgendeinem Grund war mir die einfachste Erklärung entgangen. Außerdem kam ich mir wie ein Mistkerl vor. Ich konnte nicht glauben, dass ich die Beerdigung und meine Chance verpasst hatte, Inessa Tyle die letzte Ehre zu erweisen. Ich war sehr betrübt über ihren Tod. Die Vizepräsidentin hatte mich immer wie ein menschliches Wesen behandelt, sowohl während der großen Jagd auf meinen Lindwurm als auch im Hinblick auf Fenrirs Verfluchte Insignien. Sicher, ich hatte einen guten Grund gehabt, warum ich nicht zur Beerdigung erschienen war. Ich war ernsthaft verwundet worden und hatte auf dem Operationstisch gelegen, doch nur wenige Leute wussten, dass ich angegriffen worden war. Darum würde vor allem Kira über meine Abwesenheit wütend oder sogar beleidigt sein. Sie dachte wahrscheinlich, dass ich die Beerdigung ihrer geliebten Großmutter ohne Grund verpasst hätte, obwohl Inessa Tyle so viel für mich getan hatte.

    Nachdem Andrei Soloviev mir ein paar Minuten Zeit gegeben hatte, um mich zu sammeln und über die Geschehnisse nachzudenken, fuhr er fort: „Also gut, zurück zur Gegenwart. Vorläufig werden Sie weder dieses Zimmer verlassen noch Kontakt mit der Außenwelt aufnehmen. Sehen Sie mich nicht so missbilligend an. Ich habe nichts damit zu tun, die Entscheidung kommt von ganz oben."

    „Hat es damit zu tun, dass Taisha die Überwachungskameras gehackt hat?", fragte ich.

    „Unter anderem. Das geheimnisvolle Wesen, das unsere Experten für eine künstliche Intelligenz halten, hat sich Zugriff auf unsere Überwachungskameras verschafft, und wir können sie nicht abschalten, denn dadurch könnte Taisha misstrauisch werden oder untertauchen. Unser Vorstand will sie unbedingt in die Hände bekommen. Doch das ist nicht der Hauptgrund. Vor fünf Minuten sind Sie zum Dunklen Herrscher erklärt worden, Timothy. Ihr Amra ist jetzt Befehlshaber einer Armee von Monstern, die das gesamte Reich ohne Grenzen bedroht. Wir haben fünf Monate an diesem wichtigen Patch gearbeitet. Jetzt muss der schreckenerregende Charakter die Welt betreten, um seine Legion von Monstern anzuführen. Wir haben für dieses Ereignis tausende zusätzlicher Mitarbeiter eingestellt. Es geht um sehr viel Geld, und niemand will eines der größten Ereignisse in der Geschichte von Reich ohne Grenzen in Gefahr bringen. Die Unternehmensführung verlässt sich auf Sie und kann es sich nicht leisten, Sie aus den Augen zu verlieren. Sie dürfen zu diesem entscheidenden Zeitpunkt nicht abgelenkt werden. Darum müssen Sie sich vorerst gedulden. Angesichts der komfortablen Bedingungen, die wir hier für Sie arrangiert haben, sollte es Ihnen nicht schwerfallen."

    „Und wie lange muss ich mich gedulden?", erkundigte ich mich. Ich wollte genau wissen, wie viel Zeit ich in diesem goldenen Käfig würde verbringen müssen.

    Andrei Soloviev antwortete, dass er es nicht wüsste. Er legte die Hand an sein Ohr, hörte einige Zeit zu und eröffnete mir danach, dass ich anderthalb Wochen bleiben müsste.

    „In zehn Tagen findet eine wichtige Sitzung unserer Direktoren und Miteigentümer statt, bei der über die Resultate des neuen Patches diskutiert wird. Das Unternehmen hat erhebliche Summen in das Ereignis des Dunklen Herrschers investiert. Alle wichtigen Nachrichtensender weltweit zeigen Werbeclips der neuesten Erweiterung des beliebtesten Spiels aller Zeiten. Zuerst haben die Programmierer an einem schreckenerregenden NPC mit fortschrittlichen Truppenmanagement-Algorithmen gearbeitet, der den Dunklen Herrscher spielen sollte. Er sollte genau so mächtig sein wie die Götter von Reich ohne Grenzen. Doch als Sie in dieser entlegenen, schwer erreichbaren Gegend aufgetaucht sind, waren die Marketingabteilung und der Abteilung für globale Simulation, die an dem Patch gearbeitet haben, überrascht. Glücklicherweise sind Algorithmen flexibel und lassen sich leicht an Änderungen anpassen, darum hat die Armee von Monstern Sie bereits als Befehlshaber akzeptiert und der Wechsel sollte keine Probleme bereiten. Eine lebende Person wurde als interessanter erachtet als ein seelenloses Computerprogramm, deswegen wurde Ihre Beförderung zum Dunklen Herrscher genehmigt. Meine Gratulation!"

    Automatisch drückte ich seine ausgestreckte Hand, obwohl ich keinen Grund zur Freude erkennen konnte. Zehn Tage in diesem Zimmer eingesperrt zu sein war keine verlockende Aussicht. Und wofür? Das Unternehmen erwartete, dass ich rund um die Uhr als ihr Hauptgegner arbeiten würde, doch was würde ich davon haben?

    Als ob er meine Gedanken gelesen hätte, fügte Andrei Soloviev hinzu: „Hören Sie gut zu, Timothy, denn es betrifft Sie direkt. Bei der bevorstehenden Vorstandssitzung wird Inessa Tyles Testament verlesen. Niemand weiß genau, was darin steht, doch sie hat mir gegenüber mehrmals erwähnt, dass sie ihre Aktien des Unternehmens von Reich ohne Grenzen unter den berühmtesten und erfolgreichsten Spielern verteilen will, damit sie die Zukunft von Reich ohne Grenzen mitbestimmen können. Sie wollte einige Spieler selbst nennen und den Vorstand die übrigen auswählen lassen. Ihr Name wird wegen des großen Dunkler-Herrscher-Ereignisses in aller Munde sein, darum nutzen Sie diese Gelegenheit! Es geht um einen Anteil von 33 Prozent am größten Unternehmen des Planeten. Das ist genug Geld, um für immer im Luxus leben zu können – nicht nur Sie selbst, sondern die nächsten sieben Generationen Ihrer Familie. Nutzen Sie die Chance, sich zu beweisen, und nehmen Sie sie ernst! Aber vergessen Sie nicht, dass Sie nur zehn Tage Zeit haben!"

    * * *

    Andrei Soloviev hatte mein Büro verlassen, doch ich saß immer noch im Sessel und dachte über das nach, was er gesagt hatte. Es war gut, dass die Direktoren des Unternehmens meine Bemühungen schätzten und mich nicht für meinen Ungehorsam bestrafen wollten. Noch besser war, dass die Suspendierung meines segelohrigen Goblin-Kräutersammlers aufgehoben worden war und ich die Chance erhielt, mich zu beweisen und die Rolle des Dunklen Herrschers zu spielen. Von nun an gehörte ich zu den Spielern, die die politische Welt von Reich ohne Grenzen definierten, und das war aufregend. Außerdem wartete in der Zukunft eine große, glänzende Belohnung auf mich, die mich antrieb, noch härter arbeiten zu wollen. Doch es musste etwas geben, das sie mir nicht gesagt hatten. Ich konnte es fühlen. Es war, als ob die Aussicht auf einen Anteil am Unternehmen die berühmte Karotte war, die man mir vor die Nase hielt, die jedoch unerreichbar war. Als ob ich der naive Esel wäre, der ihr störrisch hinterherjagen, sich umsonst bemühen und bis zum Umfallen arbeiten würde.

    Egal, mit der Zeit würde ich herausfinden, was vor sich ging. Ich erhob mich aus dem Sessel und warf einen weiteren Blick in den Spiegel. Kritisch betrachtete ich mein hageres, blasses Gesicht, jungenhaft und unrasiert, dazu zerzaustes Haar. Nach zehn Tagen würde mein Bart äußerst unansehnlich sein ... Jemand würde mir einen Rasierapparat und Rasierschaum besorgen müssen. Vielleicht sollte ich auch um eine Bräunungskabine bitten, da ich für die nächsten zehn Tage nicht nach draußen gehen konnte. Mit diesen alltäglichen Gedanken zog ich mich aus, warf meine Kleidung achtlos auf den Boden und stieg in die virtuelle Realitätskapsel. Danach lud ich das Spiel.

    Das war ein Charakter, vor dem man sich in Acht nehmen musste! Er war stärker und widerstandsfähiger, als sein bescheidenes Level 65 suggerierte, selbst wenn seine Stärke und Konstitution durch die fünf Gegenstände von Fenrirs Verfluchten Insignien zusätzlich gestärkt wurden. 1.200 Rüstungsteile und 50 % Resistenz gegen Körperschaden, Regeneration von 2 Trefferpunkten pro Minute und Selbstheilung von 17 % des verursachten Nahkampfschadens (und 67 % mit Vampirbiss). Diese Eigenschaften rundeten das Bild meines Charakters ab. Selbst ein Charakter, der 50 Level höher war, würde Schwierigkeiten haben, ihn zu töten. Das war auch gut so, denn für jemanden, auf den hochlevelige Feinde aus ganz Reich ohne Grenzen warteten, war die Fähigkeit, Treffer einstecken und überleben zu können, unerlässlich.

    Nachdem ich meine Situation nüchtern betrachtet hatte, war mir klar, dass ich Spielern mit sehr hohen Leveln trotzdem nicht gewachsen war. Charaktere, die für PvP gelevelt hatten und an der Spitze ihrer Allianz standen, würden meinen Goblin-Kräutersammler ohne viel Aufhebens erledigen können. Darum bestand meine wichtigste Mission für die nächste Zeit darin, Begegnungen mit solchen Feinden zu vermeiden, bis mein segelohriger, kleiner Goblin noch stärker geworden und sich zu einem wahren Dunklen Herrscher entwickelt hatte. Dann würden meine mächtigen Schritte eines Tages das gesamte Reich ohne Grenzen erzittern lassen.

    Um die Spezialisierungen wollte ich mich später kümmern, jetzt hatte ich es eilig, ins Spiel zurückzukehren. Ich erschien an der Stelle, an der ich vor 15 Minuten hinausgeworfen worden war: vor den offenen Toren meiner riesigen, schaurigen Festung. Meine Schwester stand einen Schritt von mir entfernt, neben ihr befanden sich der Oger-Festungsbaumeister und der Schamane Ghuu.

    „Segelohr, wohin bist du gerade verschwunden? Wir brauchen dich hier!, rief Valerianna Schnellfuß vorwurfsvoll. „Deine Soldaten sind fast ausgerastet, als du verschwunden bist, bevor du die Festung betreten hattest und vereidigt worden warst!

    „Ich bin ohne Vorwarnung suspendiert worden, antwortete ich wahrheitsgemäß, doch ich ging nicht ins Detail. „Zum Glück konnten wir die Dinge ins Reine bringen, und jetzt bin ich wieder hier.

    „Der perfekte Zeitpunkt! Ich habe mir schon Sorgen gemacht, dass die Riesen und Rougarou uns angreifen und verjagen würden. Vorsorglich habe ich unsere Orks mit ihren Schilden und dahinter die Armbrustschützen in Stellung gebracht, obwohl ich wusste, dass es sinnlos sein würde. Doch dann hat sich die Situation entspannt, und die Einstellung der Krieger bei der Festung hat zu ‚Verbündete‘ gewechselt."

    Ich betrachtete die geraden Reihen der Untoten, die vor der Festung standen. Sie waren genauso schauerlich und unheimlich wie die unzähligen Stämme der Rougarou, Minotauren, Titanen und die anderen gefährlichen Bestien. Ein furchterregender Anblick! Ich konnte mich immer noch nicht an den Gedanken gewöhnen, dass das jetzt meine Armee war. Aber es hatte keinen Sinn, Zeit zu verlieren. Ich musste mich offiziell zum Dunklen Herrscher erklären, dem Schrecken von ganz Reich ohne Grenzen! Entschlossen ging ich einen Schritt auf das riesige Metalltor zu.

    Gleich darauf ertönte ohrenbetäubender Donner. Selbst die Berge am Horizont schienen durch den unerträglich lauten, aus allen Richtungen kommenden Ton zu wanken. Gleichzeitig erschien ein leuchtend roter, blinkender Text vor meinen Augen.

    ACHTUNG! Es gibt eine neue Macht im Reich ohne Grenzen! Der Dunkle Herrscher, Bannerträger für unzählige Horden schreckenerregender, blutrünstiger Monster, bedroht die Sicherheit auf dem südlichen Kontinent. In den Provinzen Tori, Lars und Amathy besteht die Gefahr einer Invasion! Furchtlose Spieler, die Zeit ist gekommen, nach euren Waffen zu greifen und zu verteidigen, was euch im Reich ohne Grenzen wichtig ist!

    Ich konnte mir vorstellen, dass jeder Spieler, gleichgültig welchen Volkes, Klasse oder Aufenthaltsortes, eine ähnliche Meldung gesehen hatte. Sobald die Identität und der Aufenthaltsort des Dunklen Herrschers durchgesickert waren, würden alle Kampfclans, die Spaß an diesen großen Ereignissen hatten, ihre Aufmerksamkeit auf mich richten. Aber nicht nur das. Statt eines scheußlichen, unverwundbaren Monsters war dieser Dunkle Herrscher ein kleiner Goblin. Und er war – es klang zu lächerlich, um es laut zu sagen – auf einem dürftigen Level 65! Dabei befand sich der durchschnittliche Spieler von Reich ohne Grenzen nach einer offiziellen Mitteilung des Unternehmens auf Level 68.

    Ich fragte mich, warum ich für diese einzigartige Leistung keine Erfahrung erhalten hatte. Mindestens ein oder besser zwei Millionen Erfahrungspunkte wären für diese einzigartige, schwierige Mission angemessen gewesen. Mein Amra musste unbedingt sein Level erhöhen, doch ich war weder dafür, dass ich den Oberlauf des Styx erreicht hatte, noch für die Besetzung der offenen Position des Anführers des ultimativen Bösen belohnt worden. Mein direkter Vorgesetzter Max Tohner hatte mir einmal eine seltene Belohnung versprochen, wenn ich es als Erster schaffen würde, diese unwirtlichen Gegenden zu erreichen. Nun war es Zeit, meinen Chef an sein Versprechen zu erinnern, obwohl ich nicht wusste, wie ich ihn erreichen sollte. Mein Handy war mir in der realen Welt abgenommen worden, und alle anderen Kommunikationsmittel waren blockiert.

    Die Stimme meiner Schwester unterbrach meine Gedanken. „Segelohr, warum entscheidet jemand anderes, welche Provinzen der Dunkle Herrscher angreifen wird?" Die Mavka hatte eine logische Frage gestellt, doch ich zuckte nur die Schultern, weil ich nicht die leiseste Ahnung hatte, wie ich meine Armee kontrollieren sollte.

    Jenseits des hohen Tores führte ein langer Korridor in die düstere Festung. Links und rechts des Korridors befanden sich Flure, doch sie endeten alle an verschlossenen Türen. Wir sahen auch Wendeltreppen, die in die dunklen Tiefen der Festung führten. Es gab weder Fenster, Lampen noch andere Lichtquellen. Ich musste Nachtsicht benutzen, um nicht gegen die Wände meines neuen Zuhauses zu laufen. Glücklicherweise aktivierte die Waldnymphe kurz darauf eine magische Fackel, die es uns erleichterte, unseren Weg zu finden.

    „Es ist ziemlich dunkel hier. Und leer. Keine Bilder an den Wänden, keine Skulpturen, keine Rüstungen, sagte Shrekson Bastard mit einem sauren Grinsen, als er in die monotonen, identischen Gänge blickte. „Eine mittelalterliche Festung habe ich mir ganz anders vorgestellt.

    „Ja, der Innenbereich muss auf alle Fälle verändert werden", stimmte ich ihm zu und sah skeptisch auf die kahlen Wände und den feuchten, schimmeligen Boden. „Ein paar Fackeln in den dunklen Gängen könnten auch nicht schaden. Außerdem sollten wir Kronleuchter mit einhundert Kerzen in den Räumen aufhängen. Wir müssen im Forum von Reich ohne Grenzen herausfinden, wie das gemacht wird. Es gibt sicher eine detaillierte Anleitung zur Ausstattung einer Festung."

    „Das ist jetzt völlig unwichtig, Tim! Du hast Tausende von Untertanen, die du beschäftigen musst. Wenn du nicht willst, dass sie sich untereinander streiten, befiehl ihnen, die Festung ihres Herrn in Ordnung zu bringen. Aha, sieht aus, als ob wir angekommen sind ..."

    Wir hatten das Ende des Korridors erreicht und sahen eine hohe, zweiflügelige Bronzetür vor uns, die mit der Zeit schwarz geworden war. Anders als die anderen Türen war sie nicht verschlossen. Als ich gegen die schweren Türflügel drückte, öffneten sie sich unter lautem Quietschen. Wir betraten einen riesigen Thronsaal. Er war ebenfalls leer und feucht, doch es gab wenigstens eine Lichtquelle. Neben einem wahrhaft gigantischen, schwarzen Thron, der aus einer Art von Titan gemacht war, stand ein bronzener Dreifuß, auf dem eine leuchtende, glatte Kristallkugel von etwa einem Meter Durchmesser lag. Wie verzaubert näherten wir uns dem einzigartigen Gegenstand.

    Auge des Dunklen Herrschers (Gegenstand zum Beherrschen der Untertanen)

    Auf der Oberfläche der magischen Kugel konnte ich den Vorplatz meiner Festung sehen. Reihen von Minotauren, Rougarou und anderer Monster standen dort in Formation, doch die Soldaten bildeten keine geraden Reihen mehr. Die wilden Kreaturen wollten nicht mehr strammstehen und wanderten umher. Einige von ihnen hatten sogar ihre Waffen abgelegt und sich auf die Pflastersteine gesetzt. Die Befehlshaber gaben sich Mühe, die Disziplin unter ihren Truppen aufrechtzuerhalten, doch es wurde immer schwieriger.

    Aus meiner Vogelperspektive sahen meine Untertanen alle klein aus. Ich wischte mit dem Finger über die Kugel, als ob ich ein Bild auf einem Tablet ziehen würde, um zu versuchen, heranzuzoomen, und erschauderte, als es funktionierte. Auf einmal starrte mir in der Kristallkugel ein gesichtsloser, verwesender Zombie entgegen.

    Schnell wischte ich das widerliche Bild weg. Dann sah ich Prinzessin Chai-nee Shu inmitten ihrer Rougarou. Das letzte Mitglied der Herrscherfamilie des Stammes der Weißen Lilie hielt einen Wassereimer aus Holz in ihren mit Krallen versehenen Händen und hatte sich hinuntergebeugt, um dem Regenten Uvari-Dor Shu etwas zu trinken zu geben. Er lag auf einer Trage und musste sich noch erholen. Unser gnadenloses Duell hatte für den Rougarou-Druiden seinen Preis gehabt. Die Wunden, die meine wölfischen Reißzähne ihm zugefügt hatten, heilten nur sehr langsam. Einige waren frisch vernarbt. Mehrere seiner Knochen waren gebrochen und noch nicht wieder geheilt, darum konnte der Regent nicht laufen.

    Ich war neugierig, ob ich die Kugel benutzen konnte, um zu meinen Untertanen zu sprechen. Vorsichtig berührte ich das Bild der pelzigen Prinzessin und sagte: „Chai-nee Shu, komm sofort in die Festung!"

    Die Rougarou-Prinzessin, die mit ihren großen Ohren wie ein treuer Haushund aussah, zuckte überrascht zusammen und warf den Holzeimer zur Seite, sodass sie den verletzten Druiden und alle um sich herum mit Wasser bespritzte. Die Rougarou und andere Soldaten, die auf den Pflastersteinen saßen, sprangen auf und stellten sich wieder in Formation auf. Ich hatte anscheinend die Lautstärke meiner Stimme unterschätzt. Nicht nur Chai-nee, sondern alle anderen Krieger auf dem Vorplatz hatten den Befehl des Dunklen Herrschers gehört. Das bedeutete, dass ich das Auge des Dunklen Herrschers benutzen konnte, um zu meinen Untertanen zu sprechen!

    „Chai-nee, befiehl dem Stamm der Weißen Lilie, Uvari-Dor Shu in den Thronsaal zu tragen. Ich brauche meinen Berater umgehend in meiner Festung. Der Orkschamane Ghuu und mein Quartiermeister Ziabash Robust sollen ebenfalls mitkommen. Und rufe den Najadenhändler Max Sochnier auch dazu! Besorge außerdem einige Fackeln. In dieser Festung ist es so dunkel wie in der Höhle eines Bergtrolls!"

    Du hast in der Fertigkeit Vorarbeiter Level 67 erreicht!

    In der Kristallkugel konnte ich sehen, wie die Rougarou sich beeilten, die Befehle ihres Herrschers auszuführen. Ich verkleinerte das Bild, als ob ich senkrecht abheben würde, sodass ich meinen Besitz aus der höchstmöglichen Perspektive sehen konnte. Doch in der Hinsicht wurde ich zweimal enttäuscht. Erstens war die Karte vollkommen schwarz. Außer einer schmalen, im Zickzack verlaufenden Linie, die unseren Weg zur Festung über Berge und Gebirgspässe markierte, war das gesamte Territorium noch unerforscht. Bevor ich irgendetwas in der magischen Kugel sehen konnte, würde ich die Gegenden erforschen müssen. Erst dann würden sie auf meiner Karte erscheinen. Und als ich versuchte, durch das Auge zu schauen und Gebiete zu sehen, die ich bereits entdeckt hatte, war mir eine undurchdringliche Wolkendecke im Weg, die mein Territorium einhüllte. Um etwas in der magischen Kugel sehen zu können, musste ich bis auf Bodennähe hinuntergehen. Das war unpraktisch und gab mir keinen vollständigen Überblick.

    Valerianna Schnellfuß‘ spöttische Stimme lenkte mich davon ab, mit dem Experimentieren fortzufahren.

    „He, Tim! Wenn du lange genug mit der Kugel gespielt hast, geh mal zum Thron hinüber. Dort gibt es auch Einiges zu entdecken."

    Ich tat, was Valerianna vorgeschlagen hatte. Die säulenartigen Ebenholzbeine des riesigen Throns waren mit unzähligen geschnitzten Totenköpfen verziert. Es waren nicht nur menschliche Schädel, sondern die vieler verschiedener Völker und Tiere. Hunderte von augenlosen Skeletten schnitten mir mit ihren Hauern und Reißzähnen hässliche Grimassen. Es fiel mir schwer, meinen Blick von den schauerlichen Totenschädeln zu lösen. Es war, als ob sie mich anstarren würden. Unvermittelt begann ich, zu zittern.

    Um den gigantischen Sessel in seiner vollen Größe zu sehen, musste ich meinen Kopf

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