Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Herrschaft der Clans - Die Rastlosen (Buch 7): LitRPG-Serie
Herrschaft der Clans - Die Rastlosen (Buch 7): LitRPG-Serie
Herrschaft der Clans - Die Rastlosen (Buch 7): LitRPG-Serie
eBook644 Seiten7 Stunden

Herrschaft der Clans - Die Rastlosen (Buch 7): LitRPG-Serie

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Die Zeit ist gekommen. Der große Navigator Rosgard bricht auf, um sich zusammen mit seiner Armada einen Weg zum fernen neuen Kontinent zu bahnen. Alle Spielerinnen und Spieler von Waldyra warten ungeduldig darauf, den Ruf „Alle an Bord!“ zu hören.

Doch nun rufen ausgerechnet Rosgards elterliche Pflichten. Obwohl seine schelmische kleine Tochter nur eine digitale Kreation dieser virtuellen Welt ist, ist Vatersein mit den gleichen Herausforderungen verbunden wie in der Realität. Außerdem ist Rosgards Tochter kein Kind mehr, sondern ein aufgeweckter und ziemlich widerspenstiger Teenager. Sie geht für ihr Leben gern angeln und liebt Abenteuer. Darum hat sie auch nicht vor, noch länger in einem künstlichen Schlaf zu verharren, während ihr Vater seinen Spaß hat. Sie will dabei sein!

Alles schön und gut, wenn Rosgards Tochter nicht eine angehende Göttin wäre. Ihre Ankunft in der Welt Waldyras wird von den alten Göttern, deren himmlische Throne langsam ins Wanken geraten, ganz und gar nicht begrüßt. Neue Götter wie sie bieten ihren potenziellen Anhängern großzügige Geschenke an und machen den alten Göttern damit die Schäfchen strittig. Ganz zu schweigen von der göttlichen Energie, die sie erhält. Verlieren sie zu viel Macht, so besteht die Gefahr, dass die alten Götter in die schreckliche göttliche Hölle Tantariall gestoßen werden. Niemand fährt gern zur Hölle. Götter sind da keine Ausnahme. Die böse Göttin Guorra begibt sich auf eine regelrechte Kopfjagd nach Rosgards Tochter, die plötzlich in Lebensgefahr schwebt.

Rosgard hat also keine Wahl. Er ist gezwungen, seine Tochter mit auf die gefährliche Reise zu nehmen. Nun muss er dringend leveln und sich auf seine große Reise vorbereiten, die neue Rätsel und Geheimnisse bei seiner Entdeckung von Waldyra verspricht.

Freu dich auf das nächste Buch der kultigen LitRPG-Serie Clan Dominance!
SpracheDeutsch
HerausgeberMagic Dome Books
Erscheinungsdatum1. Mai 2023
ISBN9788076930490
Herrschaft der Clans - Die Rastlosen (Buch 7): LitRPG-Serie

Mehr von Dem Mikhailov lesen

Ähnlich wie Herrschaft der Clans - Die Rastlosen (Buch 7)

Titel in dieser Serie (8)

Mehr anzeigen

Ähnliche E-Books

Fantasy für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Rezensionen für Herrschaft der Clans - Die Rastlosen (Buch 7)

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Herrschaft der Clans - Die Rastlosen (Buch 7) - Dem Mikhailov

    Erstes Kapitel

    Algora

    DA WAREN WIR also wieder. Trautes Algora.

    Das Royale de Canne war ein schickes und unverschämt teures Restaurant, das die gesamte vierte Etage und das Dach eines großen Gebäudes auf einem Hügel etwas abseits des Stadtzentrums von Algora einnahm. Dieser Hügel war hoch und uns bot sich ein hervorragender Blick auf das Stadtpanorama.

    Das Dach war teilweise von einer durchsichtigen Glaskuppel bedeckt, die auf einer ausgefallenen schmiedeeisernen Stütze ruhte. Jedes Glassegment der Kuppel hatte einen dezent anderen Farbton, sodass die Illusion eines zarten Regenbogens erzeugt wurde, der sanft in der Luft schimmerte. Windspiele aus Kristall erfüllten die Luft mit zarten Tönen, und smaragdfarbene Vögel in goldenen Käfigen zwitscherten im Chor.

    Die Atmosphäre war friedlich, beinahe verträumt. Der einzige Misston kam von einem spindeldürren, glatzköpfigen Elfen, der sich mit einer goldenen Dessertgabel in der Nase bohrte und abschätzige Kommentare über die Einheimischen von sich gab. Die schmutzigen Füße des Elfen hinterließen hässliche Flecken auf der feinen Seide der Stühle, die edle Tischdecke war bereits mit nicht näher identifizierbaren Krumen übersät und die Hälfte des Geschirrs lag in Scherben auf dem Boden.

    Das riesige Mammut Callowan stand hinter Orbit und schmauste die Reste eines einst stattlichen, drei Meter hohen Ficus, dessen Blätter nun wie gedünstetes Kraut aussahen.

    Wir wussten eben, was sich gehörte. Niemand, der etwas auf sich hielt, würde sich jemals ohne sein Hausmammut in einem Nobelrestaurant blicken lassen. Da wäre man doch das Gespött der ganzen Stadt...

    Diese ironischen Gedankengänge kamen bei mir mittlerweile automatisch und aus reiner Gewohnheit. Die Anwesenheit des Mammuts und Orbits Verhalten war mir völlig egal. Ich hatte gerade alle meine freien Stat-Punkte verteilt und wählte meine erste Spezialisierung, um dem Großen Navigator ein Stück näherzukommen. Aber das war nur ein Schritt von vielen. Die Ziellinie war noch weit entfernt. Ich würde mindestens noch ein paar Dutzend solcher Schritte machen müssen.

    In Gedanken war ich also damit beschäftigt, alle möglichen Optionen abzuwägen und zu überlegen, wie ich Dinge, die nicht zusammenpassen wollten, mit weiteren Dingen, die ihrerseits unmöglich erschienen, kombinieren könnte. Und während ich hier saß und all meine widerspenstigen Gedanken zu sammeln und zu etwas halbwegs Vernünftigem zu bündeln versuchte, war meine Freundin mit Extremangeln beschäftigt und ich konnte nichts tun, um ihr dabei zu helfen.

    Sehr zu meinem Leidwesen. Da hatte ich nur kurz mein privates Zimmer aufsuchen wollen, doch dann war meine Tochter aufgewacht und wollte nicht mehr schlafen. Überhaupt nicht mehr.

    Damit war’s das mit Ruhe und Entspannung. Die kleine Göttin interessierte sich für Teddybären, Essen und ganz besonders für den göttlichen Thron. Wer würde ihr das alles geben? Teddybären und Zuckerzeug könnte ich, wenn auch widerwillig, an die Schwarze Baronin auslagern. Aber um den letzten Punkt würde ich mich selbst kümmern müssen, wenn ich meine Tochter zu einer freundlichen, guten und wohlwollenden Göttin erziehen wollte. So viel war klar. Unter keinen Umständen wollte ich meine Tochter in ein bösartiges Monster wie Guorra verwandeln.

    Apropos Tochter.

    „Ähem", machte ich, um die Aufmerksamkeit der anderen zu erregen.

    Dreimal musste ich mich immer theatralischer räuspern, bis die Baronin hochschreckte, so sehr war sie damit beschäftigt, das Kind zu betüdeln.

    „Hm?" Der übliche Adlerblick in ihren Augen war dieses Mal etwas trüb.

    „Vielleicht solltest du dir selbst welche zulegen, sagte ich hochnäsig. „Echte!

    „Au jaaa!, feixte Orbit, dass sein beeindruckendes Gebiss nur so blitzte. „Daaa könnt ihr laaange waaarten!

    „Orbit! Warte nur, bis ich dir mit meiner Spitzhacke den Eierschädel bearbeite, dann vergeht dir das Lachen!"

    Ich räusperte mich erneut und entschied mich vorsichtshalber, mich nicht weiter in das Privatleben anderer Leute einzumischen.

    „Ist es möglich, eine Vereinbarung mit der Göttin Guorra zu treffen?", fragte ich stattdessen höflich.

    „Mit jemandem, der sich nicht auf die Seite der Schatten geschlagen hat? Nein! Niemals!", sagte die Baronin entschlossen.

    Ihr Bruder wackelte zustimmend mit den zerfetzten Ohren und fügte der Beschreibung seiner Schwester dann noch ein paar dekorative Details hinzu. „Sie ist eine blutrünstige Verrüüückte, eine Mööörderin und eine Sadiiistin. Ein echtes Weibsbiiild!"

    „Okay, du solltest dich bei einem guten Psychiater auf die Couch legen, bevor du dich entschließt zu heiraten, Orbit", sagte ich kopfschüttelnd.

    „Haaab ich doch schon! Aus irgendeinem Grund sagten die aaalle immer ..."

    „Orbit! Du kannst Ros später alles über deine glückliche Kindheit erzählen!, fuhr die Baronin dazwischen, nahm dem Kellner eine Portion Eis ab und reichte sie dem Kind. „Deine Tochter ist also eine von Guorras Konkurrentinnen, nicht wahr?

    „Erraten", sagte ich offen und strich mir mit den Händen über das Gesicht, als ob ich eine Maske entfernen wollte. Was für ein endlos langer Tag.

    „Ist das dein Ring?" Die Stimme der Schwarzen Baronin erklang aus einer unerwartet geringen Entfernung.

    Ich öffnete meine Augen und zuckte unfreiwillig zusammen. Das Gesicht der jungen Frau war nur Zentimeter von meinem entfernt. Noch eine Handbreit näher und wir würden uns küssen. Falls Kyre das herausfinden sollte, würde ich derjenige sein, dessen Eierschädel mit einer Spitzhacke bearbeitet werden würde.

    „Der Ring an deinem Finger, Ros. Der da, der aus Knochen. Woher hast du ihn?"

    Die Baronin sprach ruhig, aber sie verriet sich durch ein Zucken eines Augenlids. Ihr Blick flackerte für den Bruchteil einer Sekunde hin zu meiner Tochter, die auf einem quadratischen karmesinroten Teppich saß und ihr Kirscheis verschlang. Vielleicht hatte ich mich auch getäuscht.

    „Habe ich von jemandem geschenkt bekommen, sagte ich achselzuckend. „Also, wegen Guorra ...

    „Wie heißt dieser Jemand? Ist es ein Er oder eine Sie?"

    „Was ist denn mit dem Ring?" Langsam platzte mir der Kragen. „Nervt er dich? Interessiert er dich? Interessiert er dich wirklich? Entweder du kommst gleich zur Sache, ohne um den heißen Brei herumzureden, oder du fragst gar nicht erst."

    „Es interessiert mich wirklich, wie du zu dem Knochenring an deinem Finger gekommen bist", sagte die Baronin beschwichtigend.

    „Er macht einen nicht unsichtbar, sagte ich mit einem Grinsen. „Also steigere dich nicht unnötig rein in die Sache. Ringgeister sind auch keine hinter ihm her.

    „Da irrst du dich, liebster Rosgard, sagte die Schwarze Baronin, und ein Hauch von einem Lächeln spielte auf ihren Lippen. „Dieser Ring wird von Leuten begehrt, gegen die Ringgeister wie Casper der freundliche Geist aussehen. Woher hast du ihn, Ros?

    „Ich wollte über Guorra reden, und du hast dich dazu bereiterklärt", sagte ich stur.

    Wie entzog man sich einem ungerechtfertigten Verhör? Indem man bei erster Gelegenheit das Gesprächsthema wechselte. Man musste dazu nur absolut unnachgiebig sein, ohne Rücksicht auf die mögliche Unzufriedenheit des Gegenübers.

    „„Wie wäre es also, wenn wir beim Thema bleiben?, fuhr ich fort. „Ich habe vor dem Abendessen noch ein Date mit ein paar menschenfressenden Ogern.

    „Willst du ihnen Nachtisch servieren?"

    „Eher einen Knochen, der ihnen gründlich im Hals stecken bleibt. Vor ein paar Stunden hat schon mal jemand versucht, mich zu fressen, aber anscheinend war mein Nährwert nicht hoch genug."

    „Jemand, der so gefühllos und verbittert ist wie du, kann kein Leckerbissen sein, schnaubte die Clanführerin der Rastlosen. Dann wurde sie todernst. „Ich werde dir alle Daten geben, die der Clan über die Göttinnen Guorra und Snessa hat. Alles, was wir haben, hin zum letzten Fetzen Pergament mit geheimen Kritzeleien. Wir gewähren dir vollen Zugriff auf alles. Du hast mein Wort. Im Gegenzug sagst du mir, wie du den Ring bekommen hast. Wo, von wem und wie. Deal?

    „Was macht eigentlich das Mammut hier?", fragte ich und warf dem zotteligen Ttier einen trägen Blick zu.

    Die Baronin seufzte, als ihr klar wurde, dass ich das unangenehme Thema Ring weiter umgehen würde. Dann holte sie zu einer Erklärung aus.

    „Immer, wenn jemandes Haustier in Waldyra eine Art Boost bekommt, hat der auch irgendeinen Nachteil, damit es nicht zu einfach wird. Im Fall von Callowan ist es seine unerschütterliche, besser gesagt, seine sture Liebe zu meinem kleinen Bruder. Ich bin mir sicher, dass Orbit seinen süßen Begleiter davon hätte überzeugen können, am Eingang zu warten, aber er hatte einfach keine Lust dazu. Oder?"

    „Laaangweilig!", krähte der kahlköpfige Elf.

    „Eben, sagte die Baronin mit einem weiteren Seufzen. „Natürlich ist es langweilig. Aber keine Angst, wir werden bestimmt bald ein paar lustige Sachen sehen. Wie zum Beispiel, dass den Restaurantmanager der Schlag trifft. Orbit, wenn dein gottverdammtes Mammut nach diesem Gebüsch noch immer Hunger hat und versucht, sich etwas anderes reinzustopfen, verspreche ich dir, dass ich dir die goldene Gabel aus deiner Rotznase ziehe und damit etwas wirklich Beleidigendes auf deine Glatze kritzle!

    „Coool!" Orbit sah überglücklich aus.

    „Warum bestellen wir ihm nicht ein paar Bananenstauden?, schlug die Schwarze Baronin vor. „Das wäre jedenfalls billiger.

    Jetzt wich also auch sie dem Thema aus. Oder besser gesagt, sie hütete sich, schlafende Hunde zu wecken.

    „So viel zu meinen Plänen." Ich seufzte theatralisch und mimte so gut es ging die tragische männliche Hauptrolle. Dazu nahm ich mir das Gesicht meines Vaters zum Vorbild, das er gemacht hatte, als meine Mutter die unzähligen Banner und Modellschiffe von den Wänden entfernt hatte, die die Wohnung wie ein Marinemuseum hatten aussehen lassen.

    Meiner Mutter hatte damals nicht darauf geachtet. Und auch die Baronin zeigte sich nur minder beeindruckt. Immerhin erhielt ich eine Antwort.

    „Ros, was hast du denn erwartet? Die Anführerin des Clans der Rastlosen nahm den größten Apfel aus der Obstschale und gab ihn meiner Tochter. „Bis zu diesem Moment war alles quid pro quo, oder nicht? Nehmen wir etwa das Land auf der anderen Seite. Wir haben wie vereinbart für das Recht gezahlt, an der Expedition teilzunehmen. Morgen Abend begleichen wir die Rechnung in voller Höhe. Ich hoffe, ihr habt genügend leere Taschen für die Schätze, die euch erwarten. Damit ist die Frage geklärt, ob wir zu einer weiteren Expedition mitkommen, einer auf See diesmal. Bin ich oder sind die Rastlosen dir noch irgendetwas schuldig? Abgesehen von den Kosten für die oben genannten Dinge? Sag du es mir.

    „Na und ob! Ich gluckste bösartig. „Ich werde ständig von deinen Schleichern verfolgt! Meinst du nicht, dass das verdammt nervig ist?

    „Ach, das. Das gehört eben zum Spiel. Nimm’s nicht persönlich, sagte die Baronin mit einer abweisenden Geste. „Wir machen ja nichts Perverses. Dein schmaler Arsch interessiert keinen Menschen.

    „Na vielen Dank auch. Ich schnaubte. „Es ist nur so, dass ...

    „Najaaa, sagte Orbit gedankenverloren. „Flüüüsterer freut sich iiimmer, wenn er auf Rooos und seinen schmalen Aaarsch aufpassen muuuss ...

    „Was?", sagte ich perplex.

    „Was?, ertönte eine entrüstete Stimme von irgendwo an der Decke wie ein Echo. Etwas Grünes, Buschähnliches plumpste herunter. Eine Sekunde später sprang der Rhododendron, der eben noch an der Decke gehangen hatte, auf und wiederholte das „Was noch ein paar Mal, wobei jedes neue Wort noch wütender klang als das vorherige.

    Die Rüstung, die neben der Tür stand, quietschte, als sie sich bewegte, und eine traurige Stimme sagte hinter dem Visier: „Na ja, irgendwann musste er sich ja mal outen ..."

    „Du! Wie kannst du es wagen!"

    Der wütende Rhododendronbusch sprang auf Orbit zu, packte ihn am Genick und schüttelte ihn heftig. Callowan trompetete in höchster Empörung, packte den als Busch getarnten Flüsterer mit dem Rüssel und schüttelte ihn ebenfalls. Dadurch wurde der kahle Elf doppelt so stark geschüttelt. Der Geist des Krabberanführers erschien aus dem Nichts und versuchte, den Rüssel des Mammuts mit seiner Schere zu kappen. Callowan trompetete nun so laut, dass die Teller auf den Tischen zu klappern begannen. Wegen des besonderen Status des Ortes färbten sich keine Spitznamen rot. Das Restaurant gehörte dem Clan, also wurden die Zugangsrechte und das Verhaltensprotokoll vom Clanführer festgelegt. Niemand verlor auch nur einen einzigen Gesundheitspunkt. Aber die Show war mitreißend.

    „Ich folge Ros gern, weil er immer was erlebt, zischte der Rhododendron wütend. „Sonst liege ich höchstens im Schnee neben irgendeinem gottverlassenen Außenposten, um den sich keiner auch nur einen feuchten Furz schert, und verjage halb erfrorene Schakale, bevor sie mich markieren können. Von wegen schmale Ärsche! Mit Ros ist es einfach immer spannend! Kapiert? Ob du das kapiert hast, will ich wissen!

    „Waaa...", machte der in der Luft baumelnde Orbit. Der Krabber brüllte wütend, während er immer noch versuchte, den Rüssel des Mammuts mit seiner Schere zu attackieren. Callowan schüttelte Flüsterer, der die Frechheit besessen hatte, seinen Freund und Meister, den kahlen Elfen, anzugreifen. Wir drei — die Baronin, meine Tochter und ich — knabberten an Äpfeln und beobachteten das Geschehen mit mildem Interesse.

    Die Szene dauerte eine gute Minute. Dann ertönte ein lauter und deutlicher Befehl. Zehn Sekunden später kamen drei stämmige Ritter angetrabt und scheuchten die Streithammel in den angrenzenden Raum. Sofort kehrte wieder Ruhe ein.

    „Also, Ros, du willst mich zu Guorra befragen, aber du fragst nicht mit dem angebrachten Respekt, sagte die Baronin und kam damit wieder zur Sache. „Willst du reden? Oder willst du mir lieber eine Szene machen, dir auf die Brust trommeln und behaupten, dass der Große Navigator doch alles umsonst bekommen müsste und wir froh sein sollten, dass wir dich haben? Willst du dich lieber weigern zu verhandeln, schmollen und zur Konkurrenz überlaufen?

    „Nein, sagte ich kopfschüttelnd. „Aber wenn wir schon mal dabei sind, würde ich dir raten, auch beim Thema zu bleiben, Frau Ninja vom Todesdünenclan. Du lässt also meinen schmalen Arsch observieren? Ja, tust du, und, wie zuvor erwähnt: Das nervt. Habe ich dir nicht schon mal gesagt, dass mir das keinen Spaß macht und ich lieber in Ruhe gelassen werden möchte? Ich glaube schon. Also lass rüberwachsen, Clanführerin. Ich verlange nicht viel von dir.

    „Und dein Preis wäre...?"

    „Ein Schneider, antwortete ich sofort. „Ein Juwelier. Ein Schuster. Ein Waffenschmied. Ein Friseur. Ich will die Besten, und zwar sofort.

    „Du hast dich also endlich entschlossen... Die Frau unterbrach sich, schaute zu dem Mädchen, das gerade seinen dritten Apfel aß, und nickte. „Ich verstehe. Dann machen wir es jetzt gleich. Bringen wir sie nach...

    „Wir bringen sie nirgendwo hin. Wir erledigen alles direkt hinter diesem gemusterten Blickschutz dort. Eine mordlustige Göttin macht Jagd auf meine Tochter! Ich werde sie nicht aus den Augen lassen."

    „Aber was wirst du tun, wenn sie zuschlägt?", fragte die Baronin und sah mir direkt in die Augen.

    „Ich habe keine Ahnung! Ich lachte sorglos. „Schnell sterben? Also, was meinst du, kriegst du das hin? Es muss ein richtig süßes Outfit sein, aber auch alle Register ziehen. Nicht nur ein hübsches Blümchenkleid, sondern eine richtige Ausrüstung. Ein Strampler aus Titan. Verstanden?

    „Selbstverständlich. Ich habe jetzt schon alle informiert. Die Schneidereikavallerie reitet gerade zur Rettung aus."

    „Oh, und noch etwas, Bessie, sagte ich mit zuckersüßer Stimme. „Wenn ich herausfinde, dass ein Amulett, ein Artefakt oder etwas Ähnliches in die Kleidung meiner Tochter eingenäht wurde, und sei es auch nur ein einziger verzauberter Faden, werde ich nicht nur nie wieder mit dir Geschäfte machen, ich werde dich nie wieder eines Blickes würdigen.

    „Schon klar. Die Baronin schnaubte. „Na bitte, du hast offensichtlich das Zeug zur Vaterschaft. Du brüllst jetzt schon wie ein Tiger. Wie einer, der für seine Familie über Leichen gehen würde. Wir werden uns hüten, deiner Tochter Wanzen oder andere Tracker unterzujubeln. Wenn ich dich brauche, finde ich dich schon. Und wenn deine Tochter erwachsen ist, wird ihre göttliche Aura ausreichen, um alle Auswirkungen der Ausrüstung zu neutralisieren, egal, ob sie nützlich oder schädlich ist.

    „Soll sie doch, antwortete ich. „Na gut. Wenn du mit dem Outfit, den Schuhen und dem Rest fertig bist — und, noch einmal, ich will nur das Allerbeste –, dann ist die Rechnung beglichen und ich verzeihe dir auch, dass du Spione an meinen schmalen Arsch geheftet hast. Abgemacht?

    „Abgemacht", stimmte die Baronin leichthin zu.

    „Und wenn ich noch einen einzigen Schleicher aus deinem Clan im Nacken spüre..."

    „Übrigens, Ros, ist dir bewusst, dass Flüsterer nicht nur dein viel gepriesenes Hinterteil bewundert, sondern dabei bereits auch andere Schleicher erledigt? Einmal musste er sogar respawnen, als ihn jemand — Wasserklasse, sehr hohes Level — wie eine Laus zerquetscht hat, während er einen morschen Baumstamm in einem der vielen Bäche der Seenplatte spielte? Du warst mit deinem Wolf spazieren, wenn ich mich recht erinnere."

    Ich warf einen kurzen Blick auf den riesigen Wolf, der zu meinen Füßen lag, und sah die Schwarze Baronin dann überrascht an.

    „Ist das dein Ernst?"

    „Mein voller Ernst, sagte die Clanführerin der Rastlosen. „Wir verfolgen weniger dich als die Leute, die dich verfolgen. Hast du eine Ahnung, wer das sein könnte, mein liebster Ros? Könnte jemand anderes wissen, dass du der Große Navigator bist?

    „Verdammt noch mal!, japste ich. „Leck mich am... Aber hat Flüsterer die Besitztümer derer durchsucht, die er ausschalten konnte? Und vielleicht etwas gefunden, um sie zu identifizieren?

    „Ja. Die ersten beiden waren vom Purpurkreuz-Clan. Das war leicht herauszufinden."

    „Cedry!", rief ich wütend aus.

    Sein Name war der erste, der mir in den Sinn kam. Augenblicklich. Ich wusste nicht warum, aber es war naheliegend. Der verrückte Sammler hatte ihn gebeten, ihm einen Gefallen zu tun. Vielleicht hatten sie versucht, herauszufinden, wo ich meine Sachen versteckt hatte. Andererseits, warum sollten sie? Artefakte wie meine wurden in der Regel irgendwo aufbewahrt. In einer Bank oder in den eigenen vier Wänden. Obwohl, als ich neulich einen Handschuh aus einem legendären Ausrüstungsset gefunden hatte, hätten sie mich auf der Stelle getötet und die ganze wertvolle Beute eingesackt, wären mir die Purpurkreuz-Schleicher zu dem Zeitpunkt gefolgt. Ganz toll.

    Aber bisher war alles nur eine Vermutung.

    „Und was ist mit dem dritten Schleicher?"

    „Er hat Flüsterer getötet, sagte die Baronin und zuckte mit den in hautenges schwarzes Leder gehüllten Schultern. „Aber es war ein Achylote. Wir sind uns zu 90 % sicher.

    „Es ist nicht leicht, Flüsterer zu töten", sagte ich grübelnd.

    „Und trotzdem hat es den Mörder genau fünf Sekunden gekostet, fügte die Clanführerin der Rastlosen hinzu. „Also denk darüber nach, Ros. Vielleicht solltest du unsere Eskorte als Bodyguards und nicht als Spione betrachten. Und — vielleicht — dich selbst als eine Person, die wichtig genug ist, um Bodyguards zu brauchen. Wenn es hier jemanden gibt, der zu bemitleiden ist, dann bin ich es.

    „Weil deine Schleicher ununterbrochen ins Gras beißen und deine Geduld am Ende ist?"

    „Das auch! Aber auch, weil du meinen Bruder überall mit dir herumschleppst. Und der sitzt wiederum quietschfidel auf der Riesenrübe dieses Mammuts und schert sich einen feuchten Dreck um mich. Da frage ich ihn freundlich, wo er sich gerade so rumtreibt — und du — und was antwortet der Rotzlöffel? ‚Weeeit weeeg.‘ Echt, manchmal habe ich Lust, aus meinem Kokon zu kriechen, in sein Zimmer zu laufen, alle seine Puzzles in einen großen Sack zu werfen und ihn kräftig zu schütteln! Aber das geht ja auch nicht. Da hätte er höchstens noch mehr Spaß, weil er sie wieder zusammensetzen kann. Ich habe es echt nicht leicht, Ros. Versteh‘ mich doch. Jemand, der mir sehr wichtig ist, hängt mit jemandem rum, der jederzeit Ziel eines Angriffs werden kann. Natürlich muss ich da die besten Spione meines Clans losschicken, um auf euch aufzupassen."

    „Schon klar, sagte ich. Dann dachte ich ein wenig nach und fällte meinen Entschluss. „Hör mal, wäre Flüsterer nicht einverstanden, mich offen zu begleiten? Nicht Nase an Hintern, eher Schulter an Schulter. Ich habe ein paar, sagen wir, schwierige Geschäfte vor mir und ich muss auch meine Tochter mitnehmen.

    „Darüber muss ich erst nachdenken, sagte die Baronin und hüstelte. „Du weißt ja, dass Schleicher viel zu tun haben. Wenn ich dir einen zur Verfügung stelle, ziehe ich ihn anderswo von einem wichtigen Projekt ab. Ich müsste also...

    „Ich bin dabei!, brüllte Flüsterer aus dem Nebenzimmer. „Und zwar so was von!

    „So viel zum Thema Disziplin! Lang hat sie ja nicht gehalten!", rief die Baronin wütend.

    „Bessie. Hab Erbarmen!, heulte Flüsterer ungehalten und schnaufte dabei aus irgendeinem Grund laut. „Ich bin in den vergangenen Wochen viermal getötet worden, und zwar auf die grausamste Art und Weise, die man sich vorstellen kann! Die! Aller! Grausamste! Erst das göttliche Feuer! Dann haben sie mich in einem Fluss ertränkt und mir die Kehle aufgeschlitzt! Und dann schossen sie mich von weiß Gott wo aus mit einem Pfeil ab, mit dem man ein Mammut aufspießen könnte! Ich halte es nicht mehr aus! Ros zu folgen, wird immer gefährlicher. Und beängstigender! Ich bin schon ganz paranoid! Darf ich bitte aufhören, im Dunkeln herumzuschleichen, und eine Weile raus? Ins Sonnenlicht, Bessie? Bitte? Orbit! Pfeif‘ deinen verdammten Elefanten zurück, oder ich verknote ihm den Rüssel!

    „Also? Darf er?", fragte ich, als der Tumult sich etwas gelegt hatte.

    „Na schön, sagte die leidgeprüfte Anführerin des mächtigen Kriegerclans mit größtem Widerwillen. „Aber denk daran, auch wenn Flüsterer stark ist, Guorra ist Guorra! Es wäre ein Kinderspiel für sie, dir 200 Orks an den Hals zu teleportieren, dann die Teleportation zu deaktivieren und sich das Massaker bei einer Tüte Popcorn live anzusehen. Sie ist eine Kriegsgöttin, Ros, und das Orakel hat ihren Namen auf der Liste der Verdammten erwähnt! Da sie bereits herausgefunden hat, wer der Vater der zukünftigen Göttin ist und wo sich das Kind jetzt befindet, wird sie nicht nachgeben! Die wütende Göttin hat dich nur deshalb noch nicht besucht, weil sie nicht schnell genug an Informationen kommen kann. Im Grunde ist sie nichts anderes als eine göttliche Schamanin mit Größenwahn. Und genauso verhält es sich auch mit ihrer Magie. Sehr mächtig, aber auch sehr langsam. Die Orks müssen erst tanzen, dann das Ritual ausführen und dann herausfinden, wo du und deine Tochter sind. Das dauert. Aber sie ist sehr stark! Es gibt andere Götter, die für Algora zuständig sind, und sie hat es gewagt, sich ihrem Willen zu widersetzen! Irgendetwas ist an der ganzen Sache faul. Es ist wirklich seltsam...

    „Was ist seltsam?"

    „Dass sie das Mädchen so leicht entdeckt hat. Wie wär’s mit einer Orange, Mäuschen? Willst du eine?"

    „Au ja!", antwortete meine kleine angehende Göttin fröhlich. Nachdem sie sich die Orange geschnappt hatte, ließ sie sich auf den Rücken des schlafenden Wolfes fallen. Tyrann schien das nicht sonderlich zu stören. Eine seiner Pfoten zuckte und er schnüffelte im Schlaf.

    „Was meinst du mit ‚so leicht‘?"

    „Ich meine genau das, was ich gesagt habe. Woher wusste sie, dass sie dich mit ihrer Aura genauso beschützt wie sich selbst? Das kann nur passieren, wenn... Warte mal kurz. Hast du deiner Tochter schon einen Namen gegeben? Hast du?"

    „Hab‘ ich?", stammelte ich perplex.

    „Einen Namen! Hast du ihr schon einen Namen gegeben? Ich will wissen, ob du ihr schon einen Namen gegeben hast, Ros! Ein Kind fängt erst an zu wachsen, wenn es einen Namen hat. Ich habe von anderen Kindern gehört, die sehr schnell gewachsen sind. Ihre Väter und Mütter haben auch dafür gesorgt, dass die Kinder wachsen. Je älter ein Kind ist, desto stärker ist es. Je mehr ein Kind über die Welt erfährt, desto stärker ist es. Je mehr es mit den Einheimischen kommuniziert, desto wahrscheinlicher ist es, dass diese zu Anhängern werden, die zu den neuen Göttern und Göttinnen beten und ihnen die nötige Macht geben. Aber nichts davon ist möglich, solange das Kind noch keinen Namen hat. Götter können gesichtslos sein, aber nicht namenlos. Deshalb frage ich dich noch einmal, Ros, wie heißt deine Tochter?"

    „Sch… Scheibenkleister!" In letzter Sekunde war mir eingefallen, dass man vor kleinen Kindern nicht fluchen sollte wie ein Bierkutscher.

    „Hast du deine Tochter wirklich so genannt, du unmöglicher, perverser Irrer?"

    „So ein Quatsch, natürlich nicht! Ich geb’s ja schon zu, ich habe ihr noch keinen Namen gegeben! Wenn ich gewusst hätte, dass das so wichtig ist. Verdammt!"

    „Mann, Ros, sagte die Baronin kopfschüttelnd. „Aus dir soll mal einer schlau werden...

    In diesem Moment öffnete sich die Tür zum Flur, und ich erfuhr nicht genauer, was sie von mir hielt. Ein glücklicher Umstand, wie ich meinte.

    „Die Chefschneiderin und ihre Lehrlinge", informierte uns der in Seide und Samt gekleidete Haushofmeister mit leiser Stimme.

    „Schickt sie rein, befahl die Baronin. „Wir müssen das Kind einkleiden und eine Kampfausrüstung und ein paar Accessoires bestellen.

    „Vielleicht etwas Schmutzabweisendes...", begann ich zaghaft.

    „Das überlässt du mal schön den Frauen, mahnte die Baronin. „An deiner Stelle würde ich mir zuerst einmal einen Namen überlegen. Beeil dich, Ros! Das Mädchen muss in etwa fünf Minuten einen Namen haben! Ich kann dir bei der Auswahl helfen, wenn du möchtest.

    „Bloß nicht!, rief ich. „Auf keinen Fall! Wenn Kyre herausfindet, dass du für die Namensgebung meiner Tochter verantwortlich warst...

    „Du tust ja gerade so, als würdet ihr zusammenleben und Frikadellen aus derselben Pfanne essen", schnaubte die Schwarze Baronin und warf mir einen Seitenblick zu.

    „Bewahre! Ich griff mir an die Brust und warf theatralisch den Kopf zurück. „Und wenn du das in dem Ton sagst, klingt das ja beinahe so, als würdest du mich tot sehen wollen. Übrigens...

    „Was übrigens?"

    „Ich frage mich, aus welchem Land du wohl kommst. Ich blinzelte und schürzte die Lippen — mein Fieser-Spion-Look. „Du bist auf jeden Fall nicht von da, wo ich herkomme. Die Art, wie du sprichst, verrät dich. Ich erinnere mich, dass du Orbit gegenüber die Heilige Mutter Maria erwähnt hast, als wir uns ins Land auf der anderen Seite teleportiert haben. Das würden wir nie im Ernst sagen. Und Frikadellen in der Pfanne? Also wir stehen mehr auf Spiegeleier und Kartoffeln. Frikadellen kommen bei uns nur zu besonderen Anlässen auf den Tisch.

    „Was du nicht sagst. Aber wenn, dann wohl in einer Pfanne? Netter Versuch, Ros. Sherlock Poirot, ein Detektiv ohne Furcht und Tadel in Waldyra, hat gerade die Identität von Frau Moriarti aufgedeckt! Also schön, wenn du nicht über Kindernamen reden willst, auch okay!"

    „Schick nur bitte nicht Flüsterer los, um mich im wirklichen Leben auszuspionieren, bat ich sie mit einem klagenden Gesichtsausdruck. „Wenn ich eines schönen Tages die Speisekammer öffne, um meine Skier und meinen Emmentaler zu holen, und einen Kerl in Ninja-Kluft dabei ertappe, wie er sich durch meinen Schokoladevorrat frisst, trifft mich der Schlag. Also bitte, hab Erbarmen, ich flehe dich an.

    „Der Schlag soll dich treffen? Warum? Ist dir dein Schokoladevorrat so wichtig?"

    „Nein. Aber ich habe den starken Verdacht, dass Flüsterer keine Tischmanieren hat und mir am Ende die Skier voll kleckert, die ich immer auf Hochglanz poliere. Wie übrigens auch meine Uhren. Die Skier haben einen enormen sentimentalen Wert für mich, weißt du, sie sind ein Geschenk von meinem guten Freund Alpöhi vom Nachbargipfel."

    „Also so viel Mist auf einmal habe ich schon lange nicht mehr gehört. Den Schweizer, falls du den gerade zu geben versuchst, kaufe ich dir nicht ab. Russischer als du geht ja fast gar nicht."

    „Habe ich jemals das Gegenteil behauptet?", fragte ich mit einem Achselzucken.

    Was gab es da zu leugnen? Jemanden in einem Land von der Größe Russlands zu finden, wäre wie die sprichwörtliche Suche nach der Nadel im Heuhaufen.

    Doch jedes Land konnte sehr klein werden, wenn dein potenzieller Feind deine Adresse herausgefunden hatte. Meine war niemandem außer meinen Eltern, meinem engsten Freundeskreis und unserem Wachpersonal bekannt. Angesichts des Vertrauens, das mein Vater in diese Wachen setzte, konnte ich nur zu dem Schluss kommen, dass wir von menschlichen Höllenhunden bewacht wurden, die stark genug waren, aus Panzergeschützrohren Brezeln zu drehen. Die sie dann in Motoröl getunkt zum Frühstück verspeisten. Deshalb blieb ich ruhig, lächelte und bohrte vorsichtig weiter.

    „Deine rastlosen Leute suchen also schon nach mir?"

    „Na, was denkst du? Die Baronin blinzelte. „Natürlich tun sie das. Ist ja klar. Jedenfalls danke, dass du so offen zu mir bist, Ros. Je tiefer der Dschungel, desto kräftiger muss man für gewöhnlich die Machete schwingen.

    „War das gerade eine Drohung?"

    „Nein, das war eine Erklärung einfacher Tatsachen. Der Dschungel steht metaphorisch für all den Mist, der deinen Verstand vernebelt, dich verwirrt und dazu führt, dass du ständig deine Zeit verplemperst. Wir sollten endlich aufhören, uns mit Grünzeug und Lianen herumzuschlagen, auf ein schönes offenes Feld hinausgehen und alles besprechen. Ohne Drumherum."

    „Äh, ja. Genau, sagte ich mechanisch. „Grünzeug und Lianen. Aber ich verstehe dich schon. Ich habe den Eiertanz auch langsam satt.

    „Wunderbar. Lass uns also wie geplant vorgehen, Ros, und die Gelegenheit nutzen, unsere Angelegenheiten zu besprechen. Hier kommt auch schon die Armee der Scherenschwinger. Deine Kleine kann sich in der Zwischenzeit einkleiden lassen. Die nette Dame im grauen Kleid dort hilft dir, mein Schatz. Lauf einfach zu ihr rüber. Ich kann sie auch selbst hinbringen, Ros, wenn du mich nur lässt."

    „Hör zu, Liebes, sagte ich und beugte mich zu meiner Tochter hinüber. „Lauf mal zu dieser Frau dort drüben. Sie hat viele schöne Kleider für dich.

    „Kleider!"

    Das Kind war sichtlich begeistert von der Aussicht und lief sofort in die von mir gezeigte Richtung, die Schwarze Baronin im Schlepptau. Ich schenkte mir etwas Wein nach und fluchte. Ein digitaler Alkoholiker, das wurde gerade aus mir. Ein Glas Wein pro Stunde. Während ich mir selbst leidtat und den ewigen Stress verfluchte, machte ich es mir in einem exquisiten Armsessel bequem und legte die Füße auf den mit hübschen Schnitzereien verzierten Tisch aus Redwood vor mir. Damit legte ich immer noch besseres Benehmen zutage als gewisse kahle Elfen und zottelige Mammuts unter uns.

    Ich brauchte nicht lange zu warten. Die Anführerin der Rastlosen gab ein paar Anweisungen und ein Team von etwa zehn Schneiderinnen machte sich unter dem wachsamen Auge der „netten Dame im grauen Kleid" rings um meine Tochter zu schaffen. Sie gab ihre Anweisungen mit sanfter Stimme, und dennoch wurden diese sofort und gewissenhaft befolgt. Sie erinnerte mich eindeutig an jemanden, den ich vor Kurzem kennengelernt hatte.

    Die seidenen Chinoiserie-Zwischenwände schlossen sich, nun bündig aneinandergereiht wie strammstehende Soldaten bei einer Parade. Leinen und kostbare Seidenstoffe in den schillerndsten Farben flatterten dahinter durch die Luft. Der Schuster mit dem grauen Bart breitete mit Gusto sein Werkzeug auf dem nächsten Tisch aus, nachdem er indigniert eine wahnsinnig teure blaue Kristallvase zur Seite geräumt hatte.

    Die Baronin setzte sich mir gegenüber in einen Sessel, schlug die Beine übereinander, nahm einen Schluck Rosé und seufzte. „Ich trinke zu viel."

    „Wem sagst du das! Ich gab mir einen Ruck und setzte mich aufrecht hin. „Genau darüber habe ich eben nachgedacht. Ich habe in letzter Zeit literweise Wein getrunken, und zwar schon am frühen Morgen.

    „Nun, in den Worten Sir Noël Cowards, als man ihn fragte, warum er Champagner zum Frühstück trinkt: ‚Tut das nicht jeder?‘. Wie auch immer, es ist ja nicht mehr früher Morgen. Ros. Wie wäre es, wenn wir von Angesicht zu Angesicht miteinander reden? Tacheles. Was sagst du dazu? Kyrea die Beschützerin hat am Naikalsee alles im Griff. Dich hat kürzlich ein Hecht hochgewürgt. Bitte sag mir, dass du nun ein Stündchen Zeit für mich hast. Ich selbst war heute auch nicht untätig, obwohl ich es mir, ehrlich gesagt, tatsächlich leisten könnte, bis zum Beginn der Expedition auf dem Sofa zu liegen, Bücher zu lesen und Wein zu trinken. Nachdem wir jetzt dieses Gebäude besitzen, könnte ich faulenzen, ohne dass es jemand wagen würde, auch nur ein einziges Wort des Tadels darüber zu verlieren. Meine Aufgaben als Clanchefin habe ich diesen Monat mit Bravour gemeistert, das muss man mir lassen. Du warst mir dabei übrigens eine große Hilfe."

    „Sehr schön, sagte ich, beugte mich vor und hob mein Glas. „Auf uns beide und unseren Erfolg.

    „Meine Rede."

    Die Gläser klirrten, wir nahmen einen Schluck Wein und taxierten einander eine Weile schweigend. Ich ließ mir Zeit und machte keine Anstalten, etwas zu sagen. Die Baronin interpretierte meine Zurückhaltung richtig und begann.

    „Also. Du und deine Freunde bekommen das Geld und den Rest der Beute aus dem Land auf der anderen Seite morgen Abend hier in diesem Saal. Da können wir auch gleich feiern. Wenn schon, denn schon. Wir haben für morgen ein spezielles 500-Kilometer-Feuerwerk organisiert, wenn du verstehst, was ich meine."

    Ich verstand und nickte ihr so ernsthaft und respektvoll zu, wie ich nur konnte. Das bedeutete, dass sie die Sache ernst nahm. Was sie plante, kostete nämlich eine Stange Geld. Es handelte sich um ein richtig obszön aufwendiges Feuerwerk, das so gewaltig war, dass man es auch noch aus 500 Kilometern Entfernung bewundern konnte, ohne auf optische Hilfsmittel oder spezielle Fähigkeiten zurückgreifen zu müssen. Die Rastlosen hatten vor, eine richtig fette Party zu schmeißen, oder vielleicht sogar den Begriff der fetten Party selbst neu zu definieren. Das würde viel neidisches Getuschel über den Clan geben, und begehrliche Blicke all jener auf sie ziehen, die sich das teuerste und vornehmste Restaurant in Algora nicht leisten konnten.

    „Die Schuld dafür, dass wir dich gegen deinen Willen verfolgt haben, wird gerade beglichen, sagte die Baronin mit einem kaum merklichen Nicken in Richtung der Traube an Schneidern und Schustern, die sich um meine Tochter kümmerten. „Obwohl es, offen gesagt, nichts anderes als eine normale Spielsituation war. Ich hätte mit dir streiten oder auf stur schalten können, aber warum kleinlich sein? Außerdem ist sie absolut bezaubernd.

    „Natürlich ist sie das! Ich lächelte so stolz, dass ich in der echten Welt locker als ihr biologischer Vater durchgegangen wäre. „Also gut. Die Schuld für die ganze Heimlichtuerei ist beglichen, und wir werden morgen für die Reise ins Jenseits bezahlt.

    „Okay. Fahren wir also fort. Eine ehrliche Antwort für eine andere. Ehrlichkeit ist hier das A und O. Keine Flunkereien, kein Ausweichen, kein Abwiegeln, kein Herumdrucksen."

    „Ich kann es ja mal versuchen", sagte ich achselzuckend.

    „Beabsichtigst du, dich der Flotte der Rastlosen anzuschließen, Rosgard?"

    „Die Wahrscheinlichkeit liegt bei 95 %", sagte ich ohne Umschweife.

    „Ah, das ist doch ein guter Anfang!, rief die Baronin und schaute mich mit unverhohlener Überraschung an. „Ich hatte nicht erwartet, dass du so schnell und so unmissverständlich antworten würdest. Ich hatte mich schon darauf eingestellt, dass du um den heißen Brei herumreden und dich zieren würdest, wie immer eben.

    „Ich fürchte, meine Taktiken der Konfrontationsvermeidung sind endgültig aufgebraucht, gestand ich. „Die Frist rückt näher. Ich habe noch keine Entscheidungen getroffen und auch nichts über andere Clans herausgefunden. Alles, was ich über die Flotte weiß, habe ich von dir. Um es ganz offen zu sagen: Ich habe keine Ahnung, wohin ich gehen oder was ich tun soll, und ich bin immer noch so ausgelastet, dass ich es mir nicht leisten kann, mich hinzusetzen und eine vergleichende Clan-Flottenforschung anzustellen. Ergo ist die für mich vorteilhafteste Möglichkeit, dir einen exorbitant hohen Lohn im Voraus aus der Tasche zu leiern und darauf zu bestehen, weiterhin verwöhnt zu werden. Dann können wir von mir aus feilschen, streiten und eine Einigung erzielen. Eine, mit der ich zufrieden sein werde, versteht sich.

    „In Ordnung. Aber wenn das so ist, warum bist du dann zu 95 % dabei und nicht zu 100 %?

    „Damit du es dir nicht zu bequem machst, sagte ich und grinste breit. „Ich bin ein sehr unberechenbares Wesen, weißt du, also wäre es gut, wenn du mich weiterhin hätschelst und tätschelst.

    „Gehätschelt und getätschelt willst du werden? Das wäre geradezu so, als wollte man ein Stachelschwein mit giftigen Borsten umarmen. Aber ich tue mein Möglichstes. Vielen Dank für die Antwort. Jetzt bist du dran."

    „Äh... Ich saß eine Weile in Gedanken versunken da. Ich hatte nicht vor, der Baronin irgendwelche Fragen zu stellen. Mein Kopf war plötzlich völlig leer. „Sogar ein Stachelschwein wie ich versteht, dass du versucht hast, mich in der realen Welt zu finden und dabei keine Mittel gescheut hast. Dass du noch keine Schritte in diese Richtung unternommen hast, glaube ich dir nicht. Ich frage mich, wie weit du schon gekommen bist.

    „Äh. Nicht so weit."

    „Aha, sagte ich und wagte einen erleichterten Seufzer. „Nicht so weit klingt gut...

    „Hier, ich zeige dir, was wir bis jetzt herausgefunden haben. Die Baronin holte ein schwarzes Notizbuch aus einer kleinen Wildledertasche an ihrem Gürtel, blätterte ein paar Seiten durch und legte das Notizbuch auf den Tisch. „Sieh selbst.

    Ein Lichtstrahl schoss aus dem aufgeschlagenen Notizbuch in die Luft und formte eine gelbliche Wolke, die langsam und schimmernd zu einer Art Filmleinwand wurde. Dann begann das Video. Nach kaum einer Minute saß ich bereits wie gebannt da.

    Die Szene spielte sich in irgendeinem Park in Waldyra ab. Definitiv nicht Algora. Ich konnte den ersten Sprecher nicht sehen. Er hatte das Video „mit den Augen" aufgenommen. Die Person, mit der er sprach, konnte ich jedoch sehr gut erkennen.

    Es war eine Frau. Ein Mensch. Sehr aufreizend gekleidet. Eine bombastische Kombination aus Übermaß und Provokation. Das Dekolleté üppig, die Taille fast grotesk schmal. Der untere Teil ihres Körpers war durch den Tisch verdeckt, an den sie sich gelehnt hatte, und sie schaute mich, oder besser gesagt die Person, die das Video aufgenommen hatte, aus riesigen violettfarbenen Augen an. Sie hatte eine seltsame Frisur. Lange Strähnen, an anderen Stellen fast rasiert, und in einige Stränge war alles Mögliche eingewoben, von kleinen Goldelementen angefangen hin zu Fäden und Perlen. Sie trug auffälliges Make-up, riesige goldene Ohrringe, opulente Ringe mit Edelsteinen an jedem Finger. Dieser Schmuck schien ihre Stats zwar ein wenig zu verbessern, war aber insgesamt bestimmt nicht sonderlich nützlich. Der Spitzname über ihrem Kopf lautete Lenolia Legro, und die karmesinroten Buchstaben brandmarkten sie als PK. Level 103. Wahrscheinlich war sie eine Magierin, mit Sicherheit konnte ich es nicht sagen. Aber ihr Aussehen, ihre Klasse und ihr Name waren mir bald völlig egal. Es waren die Worte, die aus ihrem mit knallig kobaltblauem Lippenstift geschminkten Mund kamen.

    „Du weißt schon, sagte ihr Gesprächspartner leise, „dass uns dein Wort allein nicht reicht. Wir würden gern einen ausführlicheren Bericht hören, wenn es dir nichts ausmacht.

    „Meine Güte, wie anstrengend du bist! Lenolia Legro seufzte theatralisch. „Wenn ich es dir doch sage. Er ist es. Dieser Typ. Er ist es wirklich.

    „Könnten wir bitte seinen Namen erfahren?"

    „Es ist Rostislaw. Rostislaw Grokhotov. Hier in Waldyra nennt er sich zwar Rosgard, aber das ist sein richtiger Name. Und die dunkelhaarige Tussi, Kyrea die Beschützerin in Waldyra, heißt Kyre. Sie hat sich mir so vorgestellt. Persönlich."

    „Rostislaw Grokhotov und Kyre. Weißt du zufällig ihren Nachnamen?"

    „Keine Ahnung."

    „Und wo habt ihr euch getroffen?"

    „In unserem Stadtpark."

    „Und wie heißt die Stadt?"

    „Hör mal, Mann, lass es gut sein, okay? Rosgard ist Rostislaw Grokhotov, und ja, ich bin mir sicher. Du willst mehr wissen? Öffne die Tasche und lege die Teile der Smaragdschwalbe vor mir auf den Tisch, wie du es versprochen hast. Ich bringe sie in mein privates Zimmer und wir reden weiter. Ein bisschen Gold und ein paar Diamanten könnten auch nicht schaden, kapiert? A girl’s best friend, weißt du doch."

    „Es wird bereits alles vorbereitet, sagte ihr Gesprächspartner beruhigend. „Aber du verstehst bestimmt, dass wir sicher sein müssen. Rostislaw in der realen Welt ist eine Person. Rosgard hier könnte eine ganz andere sein. Wie kommst du darauf, dass es sich um dieselbe Person handelt?

    „Denkst du, ich würde ihn nicht erkennen? Fünf Videos von ihm waren mehr als genug für mich! Spätestens beim dritten Video war mir klar, dass der virtuelle Rosgard der echte Rostislaw ist! Wie er geht! Wie er nickt! Wie er seine Arme hält! Wie er sich ständig am Hinterkopf kratzt, wie es nur Idioten tun, mit allen Fingern außer dem einen, den er so hält, als würde er ständig allen den Mittelfinger zeigen. Und wie

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1