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SIEG 4: Storys, Interviews, Essays, Gedichte
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eBook433 Seiten4 Stunden

SIEG 4: Storys, Interviews, Essays, Gedichte

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Über dieses E-Book

SIEG 4

Storys, Interviews, Essays, Gedichte

 

Storys und Interviews:

Flohmarkt im Märchenwald * Fasten * Schatten * Interview mit zwei Aphroditen * Das Mädchen mit dem Perlenohrring: Interview * Interview mit Caesar * Interview mit dem Buchstaben L * Interview mit dem Frust * Interview mit dem G * Interview mit dem Malheur * Interview mit dem Nachtisch * Interview mit den Simpsons * Interview mit der Chinesischen Mauer * Interview mit der Frechheit * Interview mit der Pünktlichkeit, der Verspätung und der Verfrühung * Interview mit der Stilblüte * Interview mit der Tragik * Interview mit einem Alien * Interview mit einer Fee * Interview mit Narziss und Echo * Interview mit Odysseus * Interview mit Pegasus * Interview mit Superhelden * Spitzen Pizzen-Interview

 

Essays:

Alexa die Große * Alexandrias Essay * Ambivalenz * Bis der Fernseharzt kommt * Challenges * Comebacks * Constanze Mozart und Wolfgang Amadeus Mozart * Denksportler * Entspannen * Erinnerungen * Familie * Fast Food * Fernsehen * Fotografie und Kunst * Frauenquote * Geschichten und Geschichte * Gewohnheiten * Grün * Was ist gut an den guten Vorsätzen? * Humorist * Kobolde * Kraft des Lächelns * Künstliche Intelligenz * Peinlichkeit in aller Herrlichkeit * Plädoyer für die kognitive Dissonanz * Pläne vs. Freiheit * Popkultur * Populärwissenschaftliche Literatur * Quizzer * Rätsel * Magie vs. Wissenschaft * Reisen * Sternstunde der Verbote * Verzeihen * Wege * Wenn das Fass überläuft ... * Werbesprüche * Wunder

 

Gedichte:

Gute Vorsätze? * Bänke und Banken * Buchstabe M * Christkind * Crashkurs * Denkfabriken * Elbe - ein Gedicht * Fifty Shades of November-Grey * Flora * Haare * Katze und Küken * Klavier zu mir! * Kultig * Motorrad * Pigasus - wenn Schweine fliegen ... * Ratgeber für Politiker * Schreck * Silvester-Gedanken * Smog * Sparen * Spott * Stillleben * Volkslieder * Weihnachtszauber * Zeitenwende

 

Drabbles und Aphorismen

 

SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum22. Mai 2023
ISBN9783755442806
SIEG 4: Storys, Interviews, Essays, Gedichte

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    Buchvorschau

    SIEG 4 - Phil Humor

    Inhalt

    SIEG 4

    Storys, Interviews, Essays, Gedichte

    Storys und Interviews:

    Flohmarkt im Märchenwald * Fasten * Schatten * Interview mit zwei Aphroditen * Das Mädchen mit dem Perlenohrring: Interview * Interview mit Caesar * Interview mit dem Buchstaben L * Interview mit dem Frust * Interview mit dem G * Interview mit dem Malheur * Interview mit dem Nachtisch * Interview mit den Simpsons * Interview mit der Chinesischen Mauer * Interview mit der Frechheit * Interview mit der Pünktlichkeit, der Verspätung und der Verfrühung * Interview mit der Stilblüte * Interview mit der Tragik * Interview mit einem Alien * Interview mit einer Fee * Interview mit Narziss und Echo * Interview mit Odysseus * Interview mit Pegasus * Interview mit Superhelden * Spitzen Pizzen-Interview

    Essays:

    Alexa die Große * Alexandrias Essay * Ambivalenz * Bis der Fernseharzt kommt * Challenges * Comebacks * Constanze Mozart und Wolfgang Amadeus Mozart * Denksportler * Entspannen * Erinnerungen * Familie * Fast Food * Fernsehen * Fotografie und Kunst * Frauenquote * Geschichten und Geschichte * Gewohnheiten * Grün * Was ist gut an den guten Vorsätzen? * Humorist * Kobolde * Kraft des Lächelns * Künstliche Intelligenz * Peinlichkeit in aller Herrlichkeit * Plädoyer für die kognitive Dissonanz * Pläne vs. Freiheit * Popkultur * Populärwissenschaftliche Literatur * Quizzer * Rätsel * Magie vs. Wissenschaft * Reisen * Sternstunde der Verbote * Verzeihen * Wege * Wenn das Fass überläuft ... * Werbesprüche * Wunder

    Gedichte:

    Gute Vorsätze? * Bänke und Banken * Buchstabe M * Christkind * Crashkurs * Denkfabriken * Elbe - ein Gedicht * Fifty Shades of November-Grey * Flora * Haare * Katze und Küken * Klavier zu mir! * Kultig * Motorrad * Pigasus - wenn Schweine fliegen ... * Ratgeber für Politiker * Schreck * Silvester-Gedanken * Smog * Sparen * Spott * Stillleben * Volkslieder * Weihnachtszauber * Zeitenwende

    Drabbles und Aphorismen

    Flohmarkt im Märchenwald

    Im Märchenwald war mal wieder Flohmarkt. Es war schwer geworden, magiefreie Gegenstände zu bekommen. Magie war allgegenwärtig. Nervige Spiegel, die klugscheißern. Ich geriet an einen verzauberten Teppich, der sich einbildete, eine Brieftaube zu sein.

    Leider leide ich an Kaufzwang, bin ein Shopaholic und bin nicht allzu wählerisch bei meinen Einkäufen. Die Gegenstände spüren das: Da ist ein Kaufwilliger, man könnte mit ihm Abenteuer erleben. Komme mir vor wie in einem Tierheim, wo alle darum betteln, mitkommen zu dürfen.

    Was soll ich mit einem Armreif der Ehrlichkeit? Aber er ließ sich nicht wieder abstreifen. Der Teppich fragte mich zum siebten Mal, ob er jetzt einen Brief zustellen soll. Ich kaufte die Truhe der Verzweiflung; mir war danach. Sobald man sie aufmachte, jammerte sie los. Es war wirklich nicht sehr erbaulich. Magie durchdringt einen, sie kennt kein Erbarmen. Superhelden verdanken ihre Fähigkeiten oft ihren magischen Gegenständen. Sie sind auf sie angewiesen, als Person fühlt man sich schwach ohne ihre Präsenz. War es bei mir Magie-Sucht? War ich bereits ein Magie-Messie?

    Ich kaufte mir das Monokel der Faulheit. Nicht mehr über seine eigenen Fehler nachdenken müssen. Das war ganz erholsam. Aber mein Shopaholic-Charakter drängte mich zu weiteren Einkäufen. Warum fällt es der Magie schwer, den Charakter entscheidend zu verbessern? Es bleibt alles so äußerlich, es dringt nicht bis ins Innerste. Man bleibt von all der Magie unberührt. Den anderen Flohmarkt-Besuchern schien es ähnlich zu gehen. Man erstand etwas – und wollte sich von was anderem befreien.

    Ein Wolf bot seine Wackersteine an. Kaum benutzt. Wirklich tadelloser Zustand. Ein beknabbertes Lebkuchenhaus in Fertigbauweise. Die Verkäuferin sah noch angefressener aus. Da ich den Armreif der Ehrlichkeit trug, sagte ich zu ihr: Du siehst urlaubsreif aus.

    Ich könnte Dich krankenhausreif schlagen, bot sie mir an.

    Was würde mich diese Gefälligkeit kosten? Wir aßen gemeinsam vom Lebkuchenhaus. Wir diskutierten über die Vor- und Nachteile der Magie. Da sie unter die Lebkuchen reichlich Designer-Drogen gemischt hatte, wurde das Gespräch zunehmend surrealistischer.

    Am Nebenstand erstand ich die Büchse der Pandora. Ich lud alles auf den fliegenden Teppich, der im Grunde praktischer war als ein Einkaufswagen. Kaufst Du mir einen Briefbeschwerer?, bettelte er. Ich will Briefe zustellen, wichtige Botschaften überbringen.

    So hat jeder seine Ziele. Ich kaufte dem Wolf einen von seinen Wackersteinen ab – wunderbar verwendbar als Briefbeschwerer. Der Teppich war nicht meiner Meinung.

    Der Flohmarkt war wunderbar: Tinnef und Magie im Verbund. Vermutlich, weil die Seele aus ähnlichem Material gemacht ist, weil sie sich darin wiederfindet: Deshalb bin ich süchtig danach?

    Ich gönnte mir die Laterne der Zwietracht. Was soll man mit innerem Frieden? Man verharrt, man stagniert. Dazu die Schreibfeder des Zorns. Hat einem Journalisten gehört.

    Dich ziehen nur die fragwürdigen Sachen an?, wollte Aurora, die Verkäuferin des Lebkuchenhauses, von mir wissen.

    Die Unzufriedenheit ist ein interessanter Zustand. Man ist ein Suchender. Magie führt Dich ohne Umwege zu Deinem Ziel. Vielleicht will man sich die Sehnsucht bewahren? Sie ist etwas Wertvolles.

    Ich kaufte die blaue Blume der Romantiker – sie stand da einfach so rum, unbeachtet; in einem Topf; schon lange nicht mehr gegossen. Hans im Glück war der Verkäufer. Er drängte mir einen kopfgroßen Klumpen Gold auf. Das belastet einen nur.

    Ich bot ihm den verzauberten Teppich an. Der Teppich war empört. Ich werde hier behandelt wie ein Fußabtreter!

    Ein fliegender Teppich ist unpraktisch. Bei ihm kann man nichts unter den Teppich kehren. Das gab ihm zu denken.

    Die blaue Blume gönnte sich einen Whisky. Was meinst Du, warum ich 'blaue Blume' heiße?

    Jeder Gegenstand auf dem Flohmarkt hatte seine Geschichte, jeder war gewillt, sie zu erzählen. Das Es war einmal ... kursierte als Losung. Magie-übersättigte Welt. Ich kam mir vor wie Hans im Glück, der sein Gold als Last empfand. Als Sehnsuchtsziel erfüllt es nur seine Funktion, wenn es in der Ferne bleibt. Man darf ihm nicht zu nah sein. Ich rückte die blaue Blume von mir weg. Was hab ich Dir getan? Ziehst Du etwa die 'Truhe der Verzweiflung' mir vor?! Ihr habt Euch die Büchse der Pandora redlich verdient! Badet doch im Unheil, suhlt Euch in Eurem Pech.

    Die betrunkene Blume hat Recht!, pflichtete die Laterne der Zwietracht ihr bei. Hier ist zu viel Magie unterwegs. Ist wie mit Parfum: Ein Hauch genügt – alles andere ist widerwärtig!

    Das Problem ist nicht, dass der Zauber verfliegt, sondern, dass er sich verdichtet, omnipräsent ist. Dichte Zauberschwaden. Flieg mit mir allem davon!, schlug der Teppich vor – und schob sich unter mich. Magie braucht Abstand. Ein Philosoph darf nicht mitten im Getümmel stecken.

    Aurora wollte mitkommen. Mein Besen ist zur Reparatur. Mir gefällt Dein Charisma.

    Das lag bestimmt am Monokel der Faulheit. Man fühlt sich damit unglaublich kultiviert. Meine geistig-sittliche Verfeinerung explodiert geradezu, lobte ich das Monokel.

    Wer lobt mich? wollte die Büchse der Pandora wissen. Ich griff in sie hinein und zog unter Mühen die Hoffnung hervor. Die hat ziemlich gedrückt.

    Geht's jetzt los?, wollte der Teppich wissen. Er schoss steil nach oben; tat so, als sei er der Fahrstuhl ins Glück. Abrupt hielt er an. Wolke sieben. Bitte alle aussteigen.

    Gibt's kein anderes Stockwerk?

    Die blaue Blume übergab sich.

    Bist Du mit Deinen Einkäufen zufrieden?, wollte Aurora wissen.

    Ich befürchte, dass mir das Glück immer nur aus der Ferne gefällt. Ich will nicht heranzoomen. Ganz ohne Mühen auf Wolke sieben sein?

    Warum nicht? Die Wolken sind herrlich! Sie nahm ein Wolkenbad.

    Der Teppich schlug vor: Ich könnte das alles notieren. Dann hätte ich eine Botschaft. Ich nahm ihm die Schreibfeder des Zorns weg. Widerlich autoritär!, fuhr er mich an. Dann rollte er sich zusammen. Ich begnüge mich fortan mit der Rolle als Zuschauer!

    Die Magie entwich aus den Gegenständen. Es war, als hätte meine Unzufriedenheit sie infiziert. Die blaue Blume welkte. Die Wolken wurden grau. Ich brachte es fertig, Wolke sieben in einen Ort der Traurigkeit zu verwandeln.

    Ich funktioniere noch, meinte der Armreif der Ehrlichkeit. Ich könnte Deine Rettung sein. Der Ring, der den gesamten Schatz wiederherstellt. – Ich bin der beste Fighter. Du weißt doch: Ehrlich wehrt am längsten. Ich bin ein Wehrexperte! Er klang so zuversichtlich.

    Man sollte dem Glück den roten Teppich ausrollen. Es ist der Stargast der gesamten Veranstaltung, meinte Aurora.

    Aus Wolken bauten wir uns ein Luftschloss. Dem Teppich wurde sein aufgerollter Zustand zu langweilig.

    Die Magie nimmt immer Anleihen beim Glück; das ist ihr eigentlicher Ursprung, belehrte mich Aurora.

    Der Teppich sah mich erwartungsvoll an. Okay. Dann schreib Deine Story. Du kannst auch ein E-Book draus machen. E-Books sind ja auch so was wie Briefe.

    Das lass ich mir nicht zweimal sagen. Teppiche sind die besten Erzähler! Knüpfen und weben – da bin ich in meinem Element! … Aber ich beginne diesmal nicht mit 'Es war einmal', sondern mit dem Satz: 'Im Märchenwald war mal wieder Flohmarkt.'

    ENDE

    Fasten

    Hieronymus meint: Ein voller Bauch diskutiert leicht über das Fasten. An sich ist das Fasten leicht: Es geht um ein Unterlassen. Unterlassene Hilfeleistung für den knurrenden Magen. Beim Hungern denkt man ohne Unterlass an all die Köstlichkeiten. Sogar das, was man ansonsten nie anrühren würde, gewinnt an Attraktivität. Vergammelte Konserven erleben ihr Revival. Mit anschließender Revolte des Magen-Darm-Systems. Genießbarkeit wird zu einem dehnbaren Begriff. Man selber wird beim Fasten immer ungenießbarer. Am besten, man macht das als Solo-Programm. Das Thema Kannibalismus könnte aktuell werden. Komplimente wie Du siehst aber lecker aus und Du siehst zum Anbeißen aus sind in dieser Zeit mit Vorsicht zu genießen.

    Warum kasteit man sich? Askese als TikTok-Trend? Dem niederen Selbst zeigen, wer der Meister ist? Man hat sich im Griff. Man darf sich ja wohl noch in der Nähe des Kühlschranks aufhalten? Spricht er zu einem? Was ist seine Botschaft? Hervorragend: Man macht beim Vergeistigen tolle Fortschritte. Intensive Gespräche mit dem Brotlaib sind möglich. Faszinierende Ansichten. Das Tischtuch wird misstrauisch: Will man am Hungertuch nagen? Man hat den Hunger als Gegner – er spielt im gegnerischen Team. Kann man ihn mit Ballaststoffen austricksen?

    Mittlerweile hat man es mit einem Bärenhunger zu tun. Aber die Waage hält zu einem – es purzeln zwar nicht die Pfunde, aber die Milligramme. Man droht seinem niederen Ich: Bist Du nicht abnehmwillig, so brauch ich Gewalt! Verzicht ist in einer Wohlstandsgesellschaft besonders schwer: Alles lockt. Verlockende Angebote von allen Seiten. Wo bleiben die versprochenen Endorphine? Nach drei Fastentagen sollte sich der Hunger verabschieden und Euphorie könnte sich breitmachen. Hat dem Gehirn keiner Bescheid gesagt? Wo bleibt der Kick? Oder 40 Tage fasten und Gespräche mit dem Teufel führen? Der Kühlschrank ist jetzt schon sehr gesprächig – dabei ist das gar nicht die Smart-Version.

    Alles riecht intensiver, als wollten die Lebensmittel auf sich aufmerksam machen. Sie fühlen sich ignoriert. Was stimmt nicht mit ihnen? Wie vergeistigt ist man? Man selber hat das Gefühl, es geht rapide in Richtung geistige Umnachtung. Man träumt von Fast Food. Der Heißhunger hat 1001 Grad erreicht. Märchengestalten bevölkern die Büroräume. Man spricht mit interessanten Phantomen übers Heilfasten. Essen gewinnt an Wert. Knabbereien erhalten den Status von etwas Göttlichem. Das alles wird angetrieben von der eigenen Entschlossenheit. Man ist stolz auf sich. Ein Kräftemessen mit dem Hunger; wer legt sich freiwillig mit ihm an? Das niedere Selbst führt sich auf, als wollte man es systematisch aushungern. Es berserkert rum. Nicht die richtige Meditations-Idylle. Aber Wüste ist einfacher als Supermarkt. Man steht da unentschlossen zwischen den Regalen rum. Packt abrupt Kekspackungen in seine drei Einkaufswagen.

    Man könnte das Fasten mit Digital Detox verbinden: Entzug auf allen Ebenen. Keinem soll es gutgehen. Autarkie stärken. Nicht so fremdbestimmt sein. Entzug üben – das ist zumindest der Plan in groben Zügen. Die Dinge reagieren unwillig darauf, wenn man ihnen die Macht entziehen will. Das Fasten gelingt einem meist auch nur fast. Vermutlich heißt es deswegen so.

    Man hat Appetit auf die Welt – auch wenn Buddha meint, dass man sich das schleunigst abgewöhnen soll. Wünsche totschlagen – danach kann man die Zeit totschlagen. Alles abtöten, was die Welt wie einen verheißungsvollen Ort wirken lässt. Askese heißt das Zauberwort. Das niedere Ich hört was von Käse. Lebensmittel als Lebensmitte – wie profan ist das denn?

    Dank der Endorphin-Serotonin-Mischung – großzügig bereitgestellt vom Gehirn – ist man jetzt halbwegs high. Die Gespräche mit dem Kühlschrank werden intensiver – man bezieht jetzt auch den Toaster mit ein. Fütter mich, sagt der Toaster – aber man hat keine Brotscheibe für ihn. So macht das Kasteien Spaß – das Gehirn spendiert noch mehr aus seiner Apotheke. Ein bewährtes Drogen-Rezept aus Steinzeit-Tagen. Man ist stoned. Läufer kennen das vom Runner's High. Das Gehirn ist großzügig, es belohnt Anfälle von Jogging-Wahnsinn. Will noch jemand Enkephaline, Endocannabinoide? Das macht Laune. Eben noch launisch – jetzt die volle Dröhnung mit Ekstase-Garantie.

    Her mit dem härenen Gewand! Noch mehr Entbehrungen und Abstriche. Alles streichen! Zum Beispiel ein Brötchen mit Honig streichen. Der Bärenhunger wirkt interessiert. Fasten-Pläne streichen? Man will ja durchhalten – aber die Lebensmittel formieren sich; sie haben einen umstellt. Das Knäckebrot ist der Wortführer. Kaum Kalorien, preist es sich selber an. Die Gewürzgurken pflichten ihm bei: Wir sind beinahe kalorienfrei. Du musst Dich mit der Gurkentruppe nicht zufriedengeben, geben die Lebkuchen zu bedenken, wir sind eine ganz andere Liga.

    Wo ist die Willensstärke, wenn man sie mal braucht? Ich sollte mich zu einem herrischen Nein! aufraffen, aber es reicht nur für ein mattes Ich weiß nicht. Mir ist die Unentschlossenheit ins Gesicht geschrieben. Die Dosen-Ananas legt nach: Fang doch mit den Light-Produkten an. Die fallen nicht ins Gewicht. Die Dos and Don'ts beim Fasten: Man sollte sich vor allem nicht von den heimtückischen Lebensmitteln vom rechten Pfad abbringen lassen. Hunger wie ein Wolf. Und jede Menge Schafe um mich herum.

    Du bist ein schwarzes Schaf!, sage ich anklagend zum Schwarzbrot. Es sieht mich verstört an. Soll ich mich schwarzärgern – oder drückst Du jetzt den Toaster runter?, will das Toastbrot wissen. In Gedanken bestreiche ich es mit Marmelade. Ich bin ihm verfallen. Unser tägliches Brot gib uns heute – von Fasten war nie die Rede.

    Ich befrage die Katjes-Tüte. Katjes – jes – jes – jes. Das deute ich als Zustimmung. Eine Salami raunt mir zu: BiFi ... muss mit. BiFi hat Biss. Sie ignoriert die Tatsache, dass sie eine No-Name-Pfeffersalami ist. Versuchen sie die Salamitaktik? Mich nach und nach mürbemachen? Mürbeteig – ich könnte mal wieder backen. Ich blättere im Rezeptbuch. Meine Selbstbeherrschung fühlt sich getriggert. Ich sollte zumindest noch weitere sieben Tage fasten – aber selbst sieben Minuten fallen mir momentan schwer. Mein Fernseher begrüßt mich mit einer Kochshow. Er hat einen sehr speziellen Humor.

    Die Gesellschaft macht einem das Fasten nicht leicht; man soll nicht entsagen. Hungern und dürsten nach den Segnungen der Zivilisation – jeder soll sein Fett abkriegen. Aber wie wird man es wieder los? Politiker und Frauenmagazine schwören auf Diäten.

    Oder man bucht 40 Tage Wüsten-Urlaub, führt anregende Gespräche mit dem Teufel statt mit dem Kühlschrank – und macht spirituelle Fortschritte. Inmitten all der Köstlichkeiten ist das eine echte Challenge – viel höherer Schwierigkeitsgrad.

    ENDE

    Schatten

    Ich hab noch nie ... - an sich ein amüsantes Trinkspiel; aber Defizite treten zutage. Versäumnisse ... Setzt man das alles auf die Bucket List? Man kann sich einreden, dass es Unsinn sei, unwichtig. Ich bin leider noch nüchtern, da ich keine der Trinkspiel-Fragen bejahen konnte. Wurde mir attestiert, dass ich hervorragende Qualitäten als Langweiler habe? Alexa fragen, wie man über die Stränge schlagen kann? Brauche ich einen Spaß-Berater?

    Mein Schatten löst sich von der Hauswand, als sei das sein Stichwort gewesen. Du brauchst Hilfe? Ich versuche, meinen Schatten irgendwie wieder an der Hauswand zu befestigen. Wie macht man das? Im Baumarkt nachfragen? Du hast in den Grübler-Modus geschaltet. 'Aktiviere den Doppelgänger' – uraltes Programm der Evolution. Sehr zuverlässig, wenn Du mich fragst.

    Wie ignoriert man seinen Schatten, wenn der sich vor einem aufbaut? Du empfindest Dich als flach? Frag mal, wie mir zumute ist, fordert mich mein Schatten auf. Er will mich nur in ein Gespräch verwickeln. Wenn ich Lucky Luke wäre, könnte ich Dich erschießen, überlege ich laut.

    Ich soll in das Reich der Schatten hinabsteigen? Wie witzig. Vielleicht kennt er sich da aus? Ich könnte ihn fragen. Willst Du nun Deine Oberflächlichkeit ablegen, oder was? Er schwebt mir voran; ungewöhnliches Verhalten. Er löst sich von mir, scheint, unseren Bündnis-Vertrag gekündigt zu haben.

    Hier ist die Straßenbeleuchtung besser. Wo viel Licht ist, ist auch viel Schatten. Er wächst. Willst Du nun die wildere Version von Dir kennenlernen? Abwarten, bis die Bravheit ihre Marionette zu Ende geschnitzt hat? Ich bin ein zuverlässiges Programm der Evolution.

    Das ist Deine ganze Referenz? Was stimmt mit meinen Genen nicht? Nie von Schatten-Genen gehört. Krasses Licht. Spürst Du, wie Deine mentale Stärke in mich hinüberfließt? Ich zapfe Dich ab.

    Bedien Dich! Hab ich ernstlich geglaubt, durch Moral zu einer Lichtgestalt werden zu können? Ausbund an Langeweile.

    Ich könnte Dein Mentor sein. Mir schwebt da so ein Gleichgewicht der Kräfte vor. Im Realen kennst Du Dich besser aus. Materie ist für unsereins nicht leicht zu händeln. Aber Du hast doch nichts gegen Energiewesen? Irgendwelche Vorbehalte, Bedenken? – Ich verlange vorbehaltlose Solidarität!

    Wirkt wie ein fairer Deal.

    Gratuliere, ab jetzt kannst Du über Deinen eigenen Schatten springen! Wir probieren das gleich mal aus.

    ENDE

    Interview mit zwei Aphroditen

    Moderator: Heute bei uns zu Gast im Studio: die bezaubernde Aphrodite. Von Beruf Liebesgöttin. Der Anlass ist erfreulich: Die Original-Statue der Aphrodite von Knidos ist wieder aufgetaucht. 350 v. Chr. vom Bildhauer Praxiteles erschaffen. Darf ich Dich bitten, Dich neben die Statue zu stellen? Siehst Du da Ähnlichkeiten? Findest Du, die Statue hat die Jahrtausende besser überstanden als Du?

    Aphrodite: Sie ist in hervorragendem Zustand. Weißer Marmor von der griechischen Insel Paros. Nur beste Qualität. So hat unsereins es gern.

    Moderator: Wir versuchen, uns dem Göttlichen gerne durch Bilder oder Skulpturen zu nähern. Findest Du diese Versuche verwerflich? Immerhin ist die Knidische Aphrodite gänzlich nackt. Sie will ein Bad nehmen.

    Aphrodite: Ja, das rituelle Bad: dient der Wiederherstellung meiner Jungfräulichkeit. Schon sehr praktisch. Alles bleibt beim Alten. Es ist jedes Mal wieder das erste Mal. Sie sieht mir sogar ein bisschen ähnlich. Aber ich habe Praxiteles nicht Modell gestanden. Das war die Hetäre Phryne. Überaus schöne Frau. Der Bildhauer kann nur so gut sein wie sein Modell; der Künstler kann sich zum Ideal vortasten, wenn die Realität mit gutem Material nicht knausert.

    Moderator: Die Knidische Aphrodite war in der Antike überaus populär; keine andere Statue war dermaßen beliebt. Eine Touristenattraktion. Weibliche Schönheit von Dauer. Hat Kunst womöglich per se eine Spur Göttlichkeit in sich, einen Splitter?

    Aphrodite: Ihr schmeichelt uns mit Eurer Kunst. Man stößt wohl nur über den Umweg des Sinnlichen ins Übersinnliche vor. Aber das predige ich ja ohnehin schon seit Jahrtausenden. Das ist mein Metier: die sinnliche Begierde, die Liebessehnsucht, der Triumph des Begehrens über alles Nihilistische. Man muss es aber verwandeln, es sublimieren. Das ist keine Zauberei, kein Hexenwerk. Man gelangt dorthin auch über die Betrachtung des Schönen. Vielleicht schaue ich deswegen so oft in den Spiegel? Schwingt darin ein Gutteil Überheblichkeit mit? Ein Spritzer sei jedem gestattet.

    Moderator: Heutzutage verwenden wir Avatare. Ist so eine Großplastik so etwas wie eine Stellvertreterin für Dich?

    Aphrodite: Man könnte ja sagen, man hat sein Auskommen auf dem Olymp. Man ist unter sich im Pantheon. Aber es ist schön, wenn man Fans hat. Bewunderung ist für mich wie ein Aphrodisiakum. Es berauscht. Vielleicht bin auch ein klein wenig süchtig danach? Ich bin ein Fürsprecher der Liebe. Die Liebe findet ihre Vollendung und schönste Form als Liebeskunst. Ich geh nicht hausieren mit der Kriegskunst. Das ist Ares' Metier.

    Moderator: Manche Götter verbitten sich Bilder.

    Aphrodite: Ich bin da offener. Sogar zu meinem römischen Pendant, Venus, habe ich ein herzliches Verhältnis. Großzügigkeit ist eine der Voraussetzungen für Liebenswürdigkeit. – Wir könnten die Statue zum Leben erwecken. Für eine Zeitlang. Würde Dir das gefallen?

    Moderator: Es soll Bildhauer geben, die sich in ihre Statuen verknallen. Je mehr Plastik es gibt, umso mehr entschwindet der Zauber. Schön, wenn durch eine Plastik der Zauber plötzlich wieder hereinbricht in dieses prosaische Zeitalter. Brauchst Du irgendwelches Zubehör? Einen Zauberkessel?

    Aphrodite: Ich binde ihr einfach meinen buntbestickten Gürtel um, den kestòs himàs poikílos. Ich verleihe ihn gelegentlich. Er verleiht Liebreiz. Du glaubst nicht, wie wichtig Requisiten in der Liebe sind. Im Grunde ist sie auch nur eine Show – wird viel Aufwand betrieben. Der Pfau würde sagen: 'Nicht beratschlagen, sondern ein Rad schlagen.'

    Moderator: Weiser Pfau.

    Aphrodite: Mein größter Gegner ist der Nihilismus. Gegen ihn trete ich an. Die Verneinung ist allgegenwärtig. Sie lauert auf Dich in den Falten der Zeit, in den Furchen des Raumes. Tarnt sich als Furcht. Als Fruchtbarkeitsgöttin trete ich dagegen an. Was wiegt schwerer: meine Frucht oder die Furcht? Die Chariten sind meine Begleiterinnen, meine Assistentinnen: die Göttinnen der Anmut. Wir schätzen in unseren Kreisen Anmut wesentlich höher ein als bloßen Mut. Wir zeichnen denjenigen mit Charisma aus; das sei sein Erkennungszeichen.

    Sie bindet der Knidischen Aphrodite ihren Gürtel um die Hüften. Die Statue erwacht zum Leben.

    Knidische Aphrodite: Wo bin ich?

    Moderator: In einer Talkshow. Fühlst Du Dich mehr wie die Hetäre Phryne oder wie die Liebesgöttin Aphrodite?

    Knidische Aphrodite: Darf ich mich bewegen? Das Standbein zum Spielbein machen?

    Aphrodite: Warum nicht?

    Die Band spielt 'Marmor, Stein und Eisen bricht, aber unsere Liebe nicht'.

    Moderator: Eben noch aus weißem Marmor, jetzt aus Fleisch und Blut!

    Er klingt wie ein Zirkusdirektor, der seine Hauptattraktion ansagt.

    Moderator: Im Grunde ist es die Zerstörung einer kostbaren Statue ...

    Aphrodite: Ist ja nur vorübergehend. Man nimmt seine alte Positur wieder ein. Alles ist beim Alten.

    Knidische Aphrodite: Ich mochte meinen Marmor. Das fühlt sich alles nicht richtig an. Ich war der Ewigkeit geweiht. Was bin ich jetzt? Eine Jahrmarktsgaudi? Stehe entblößt inmitten bekleideter Gaffer.

    Moderator: Wir haben sogar einen Whirlpool. Badespaß!

    Der Moderator ist ganz aus dem Häuschen.

    Knidische Aphrodite: Das ist Erregung privaten Ärgernisses.

    Moderator: Könntest Du für uns Dein Haar lösen? Ich könnte Dir dabei helfen.

    Aphrodite: Sie bekommt ja jede Menge Aufmerksamkeit. Was hat sie denn schon groß geleistet? Steht da neben ihrer Hydria, ihrem Wasserkrug. Unterbeschäftigt. Während unsereins sich der Liebe widmet, ihr Sachwalter ist. Werde ich nicht in den Whirlpool eingeladen? Ich bade außerordentlich gerne. Wenn es nur an meinen Kleidern liegt – die kann ich ablegen!

    Entschlossen zieht sie sich aus.

    Aphrodite: Ist ja gewissermaßen meine Uniform. Wie bei den Helden: Heroische Nacktheit als Ausweis und Nachweis der Göttlichkeit. Idol sein mit Idealmaßen. Wahrgewordene Utopie – ganz ohne Botox. Nicht korrektionsbedürftig.

    Moderator: Mir wird ganz warm ums Herz und anderwärts. Zwei Schönheiten ... Man wüsste wahrlich nicht, welcher von beiden man den Apfel der Eris geben sollte. Beim vorigen Mal hast Du Paris bestochen. Wie würdest Du mich bestechen? Mit was?

    Aphrodite: Den Trojanischen Krieg lasten sie mir immer noch an. Was kann an der Liebe so verkehrt sein – wieso hat sie oft Krieg im Gefolge? Okay, da ist zum einen die Eifersucht; sie macht uns zu schaffen. Den Göttern wohl noch mehr als Euch Menschen. Bei uns ist alles eine Nummer größer, gewaltiger. Euch werfen wir Hybris vor – dabei müssen wir ständig über unser vertrautes Maß hinausgehen, maßlos sein von Berufs wegen. Eifer, Eifersucht, fanatische Eiferer ... Voraneilen, bevor man die Hohlheit seines Tuns erkennt, bevor man abbricht. Leidenschaft braucht die Unwissenheit, sie stürzt sich auf den Moment, sie trinkt den Moment – so schleppt man sich durch die Wüste Ewigkeit.

    Knidische Aphrodite: Das ist alles sehr verwirrend für mich. Ich war der Welt verloren. Es gab Kopien von mir? Seltsame Mischung aus Hetäre, Göttin und weißem Marmor. Die Fantasie in Wallung bringen, Grazie ausstrahlen ...

    Aphrodite: Aber im Grunde nicht mehr als eine Schaufensterpuppe. Belebt wirst Du durch mich – die Liebe setzt alle Deine Kräfte frei, sie setzt Dich in Bewegung. Vielleicht ist so immer der Übergang vom Unbelebten zum Belebten: Die Liebe ist involviert, das Sein gefällt sich selbst. Äußerste Faszinationskraft vitalisiert das Tote, erweckt es zum Leben.

    Knidische Aphrodite: Ja, ungefragt. Was ist mit meiner Würde? Bearbeiteter Marmor – von Künstlerhand. Er stellte mich in die Welt – in einen Tempel. Ich war nützlich. Du rückst mich in die Nähe von Belustigung und Lächerlichkeit. – Und dennoch beginne ich, das Neue wertzuschätzen. Ich bin zerrissen. Ein Riss geht bei mir mitten durch meinen Korpus.

    Moderator: Ich habe gehört, dass Küsse ganz wunderbar geeignet sind, um seelischen Schmerz zum Verschwinden zu bringen.

    Knidische Aphrodite: Klingt interessant. Käme auf einen Versuch an.

    Moderator: Seltsam, eine steinerne Miene hattest Du nie.

    Knidische Aphrodite: Ein lebhaftes Mienenspiel war mir schon immer zu eigen. Man muss nicht ständig grimassieren, um eine ausdrucksstarke Statue zu sein.

    Aphrodite: Ich bin wohl nicht gut im Fratzen-Schneiden; in meinem Beruf kommt man kaum dazu. Ich kann enthusiasmiert aussehen, wie auf Droge. Als ob ich von einer Orgie zur nächsten taumeln würde. Dann wieder das reinigende Bad. Jungfrau-Reset. Was soll man machen, wenn man Besitzerin eines magischen Gürtels ist, der einen unwiderstehlich macht? Der Gelegenheiten sind viele. Als Schönheit will man nicht ungesellig sein, niemanden verprellen. Manche feiern Orgien des Hasses, ich hingegen lasse die Liebe gerne zu Wort kommen; kann auch ein Stöhnen sein.

    Die Aphrodite von Knidos

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