Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Essays & Co.
Essays & Co.
Essays & Co.
eBook634 Seiten7 Stunden

Essays & Co.

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Storys und Interviews:

Interview mit der Vorsilbe Ver * Pitje * Interview mit einer guten Fee * Sprichwörter Floß-kel * Interview mit einem Einhorn * Drachenflieger * In der Schneekugel * Interview mit dem Glück * Fisch * Die Liebesschaukel – Voll verschaukelt * Croissants * Multitas-King * Homeoffice am Strand * Lokalverbot – Unterwegs mit KIM * Der Sitcom-Reisende * Sex and the Vernissage * Date in der Theaterloge * 2020 * Liebeszitate * Interview mit dem Zufall * Anna, die Ananas * Date am Strand * Interview mit Eirene * Bis zum Mindesthaltbarkeitsdatum und noch viel weiter * Ein außer Kontrolle geratener Wunschbrunnen

 

Essays:

Angst als Angstgegner * Archaismen vs. Neologismen * Avantgardismus-Kurs * Blaubeeren * Der Wald und ich – Mein grüner Freund * Édouard Manet * Ehrlichkeit und Maskerade * Ein Eskapist aus Leidenschaft * Ein Garten philosophiert * Ein jeder lernt nur, was er lernen kann * Eine Computermaus philosophiert * Entfremdungs-Übungen * Experten * Experten und Laien * Fantastische Unordnung * Feminismus * Franz Schubert und die Schubertiaden * Franz Werfel und Alma Mahler-Werfel * Frösche * Ganz schwindelig von der Etikette und den Etiketten * Gelb * Glauben und Zweifel * Hestia * Im Wartezimmer der Intuition * Jeder Tag ist ein neuer Anfang * Monolithen * Peter der Große * Probleme * Prominent * Rot * Spoiler * Stadt der Zukunft * Stapel-weise * Sulamith und Salomo * Superlativitis * Ungeheuer – gar nicht teuer * Vorbilder * Zauber-Melodien * Zeitvergeudung * Zielgruppen * Zungenbrecher-Welt * Agenda Setting * Arnold Schönberg * Dekaden des Lebens * Dialekte * Friedrich II. * Haare * Idylle * Innere Werte * Neofeminismus * Selfpublishing

 

Prosagedichte:

Abschied vom Schnee * Absurdität * Alter * Bär * Betrachtungs-weise * Bettina von Arnim * Boomm! * Charakter * Das innere Faultier * Deko * Der tropfende Wasserhahn * Dichterlesung * Ein Zug philosophiert * Eins mit der Einsamkeit * Eislaufen * Ferienhäuser * Flatrate * Flexibilität * Gedanken-Malerei * Gemäldegalerie * Gespräch mit dem Februar * Halloween * Herbst trifft auf Halloween * Ich mach die Flatter * Kunst * Ludwig II. – Märchenkönig * Pferde * Plattdeutsch * Raben und Krähen * Relax-Town * Rosenkrieg * Save the Earth * Sollbruchstelle * Sorgen * Sturm * Tische – Ein tischfertiges Gedicht * US-Stadt * Viren * Weihnachtsgebäck im Gepäck * Wenn es funkt, funktioniert's * Wichte * Wie verwandelt * Zauberei * Zugfahrt * Heuschrecken * Neujahrstag * Spiegel

 

Drabbles (100-Wörter-Storys):

Biss * Zahnadu * Beim Augenarzt * Der Zahn der Zeit * Wettrennen der Bäume * Bäume, die in den Himmel wachsen * Herbst vs. Baum * Urlaub fürs Laub * Freunde * Das Geschenk * Waldeinsamkeit * Schneemann in Nöten * Der trampende Schneemann * Sammelleidenschaft * Gut gefüttert * Der Schluckspecht * Tier-Olympiade * Freudenbecher & Co. * Küchenmeister * Opti-Mist * Sparkurs * Abflug * Panik-Fachmann * Umschulung * Scheunenfund * Bon Voyage * Die Bremer Stadtmusikanten * Komödiant * Unwetter-Prüfung * Assistent bei Herkules * Aufgeweckt * Band und Bike * Veni, vidi, vici

 

Aphorismen

SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum7. Mai 2021
ISBN9783748782025
Essays & Co.

Mehr von Phil Humor lesen

Ähnlich wie Essays & Co.

Ähnliche E-Books

Humor & Satire für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Rezensionen für Essays & Co.

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Essays & Co. - Phil Humor

    Inhalt

    Essays & Co.

    Storys und Interviews:

    Interview mit der Vorsilbe Ver * Pitje * Interview mit einer guten Fee * Sprichwörter Floß-kel * Interview mit einem Einhorn * Drachenflieger * In der Schneekugel * Interview mit dem Glück * Fisch * Die Liebesschaukel – Voll verschaukelt * Croissants * Multitas-King * Homeoffice am Strand * Lokalverbot – Unterwegs mit KIM * Der Sitcom-Reisende * Sex and the Vernissage * Date in der Theaterloge * 2020 * Liebeszitate * Interview mit dem Zufall * Anna, die Ananas * Date am Strand * Interview mit Eirene * Bis zum Mindesthaltbarkeitsdatum und noch viel weiter * Ein außer Kontrolle geratener Wunschbrunnen

    Essays:

    Angst als Angstgegner * Archaismen vs. Neologismen * Avantgardismus-Kurs * Blaubeeren * Der Wald und ich – Mein grüner Freund * Édouard Manet * Ehrlichkeit und Maskerade * Ein Eskapist aus Leidenschaft * Ein Garten philosophiert * Ein jeder lernt nur, was er lernen kann * Eine Computermaus philosophiert * Entfremdungs-Übungen * Experten * Experten und Laien * Fantastische Unordnung * Feminismus * Franz Schubert und die Schubertiaden * Franz Werfel und Alma Mahler-Werfel * Frösche * Ganz schwindelig von der Etikette und den Etiketten * Gelb * Glauben und Zweifel * Hestia * Im Wartezimmer der Intuition * Jeder Tag ist ein neuer Anfang * Monolithen * Peter der Große * Probleme * Prominent * Rot * Spoiler * Stadt der Zukunft * Stapel-weise * Sulamith und Salomo * Superlativitis * Ungeheuer – gar nicht teuer * Vorbilder * Zauber-Melodien * Zeitvergeudung * Zielgruppen * Zungenbrecher-Welt * Agenda Setting * Arnold Schönberg * Dekaden des Lebens * Dialekte * Friedrich II. * Haare * Idylle * Innere Werte * Neofeminismus * Selfpublishing

    Prosagedichte:

    Abschied vom Schnee * Absurdität * Alter * Bär * Betrachtungs-weise * Bettina von Arnim * Boomm! * Charakter * Das innere Faultier * Deko * Der tropfende Wasserhahn * Dichterlesung * Ein Zug philosophiert * Eins mit der Einsamkeit * Eislaufen * Ferienhäuser * Flatrate * Flexibilität * Gedanken-Malerei * Gemäldegalerie * Gespräch mit dem Februar * Halloween * Herbst trifft auf Halloween * Ich mach die Flatter * Kunst * Ludwig II. – Märchenkönig * Pferde * Plattdeutsch * Raben und Krähen * Relax-Town * Rosenkrieg * Save the Earth * Sollbruchstelle * Sorgen * Sturm * Tische – Ein tischfertiges Gedicht * US-Stadt * Viren * Weihnachtsgebäck im Gepäck * Wenn es funkt, funktioniert's * Wichte * Wie verwandelt * Zauberei * Zugfahrt * Heuschrecken * Neujahrstag * Spiegel

    Drabbles (100-Wörter-Storys):

    Biss * Zahnadu * Beim Augenarzt * Der Zahn der Zeit * Wettrennen der Bäume * Bäume, die in den Himmel wachsen * Herbst vs. Baum * Urlaub fürs Laub * Freunde * Das Geschenk * Waldeinsamkeit * Schneemann in Nöten * Der trampende Schneemann * Sammelleidenschaft * Gut gefüttert * Der Schluckspecht * Tier-Olympiade * Freudenbecher & Co. * Küchenmeister * Opti-Mist * Sparkurs * Abflug * Panik-Fachmann * Umschulung * Scheunenfund * Bon Voyage * Die Bremer Stadtmusikanten * Komödiant * Unwetter-Prüfung * Assistent bei Herkules * Aufgeweckt * Band und Bike * Veni, vidi, vici

    Aphorismen

    Auch als Hardcover erhältlich:

    ISBN 9798500281579, 528 Seiten, € 19,32

    Interview mit der Vorsilbe Ver

    Moderator: Ein guter Vorsatz – auch mal ins Gespräch zu kommen mit den Vorsilben. Heute bei uns zu Gast: das Ver. Oft verkannt. Aber eventuell auch verspielt?

    Ver: Vielen Dank für die Einladung. Ich bin hier doch nicht verkehrt? Verbessert mich, verbannt mich, falls ich das hier verhaue. Ich könnte mich zur Not auch selbst verhauen.

    Moderator: Nur nicht so schüchtern. Du bist eine der wichtigsten Vorsilben. Ich selbst nutze Dich recht oft. Bei Dir geht es um Veränderungen. Du bewirkst etwas.

    Ver: Ja, aber meist nichts Gutes. Ich würde mich ja selbst aus dem Verkehr ziehen ... Überall, wo ich aufkreuze, herrscht Chaos, Anarchie! Aber wie vermeidet man sich selbst? Wie geht man sich selbst aus dem Weg? Alles ganz verwerflich, was ich tue.

    Moderator: Das sollte man nicht verallgemeinern ...

    Ver: Als ob ich jeden Tag darüber nachdenken würde, wen ich heute verärgern könnte. So bin ich gar nicht! Ich bin eine ganz nette Vorsilbe; und ich wäre gerne konstruktiver. Aber das entspricht wohl nicht meinem Naturell. Ich verderbe es mir mit allen Verben! Sie meiden mich schon. Sie alle wollen das Er. Das ist erwünscht, ersehnt ... Es erdrückt mich! Ich ertrage das Er nicht! Wer hat es erfunden?! Es erreicht die Menschen, es erzielt mit ganz geringem Aufwand wahnsinnige Erfolge. Enttäuschte Gesichter, wenn mein Auftritt erfolgt. Das verfolgt mich.

    Moderator: Das Er kann erklären, aber Du kannst verklären. Ist doch was.

    Ver: Ja, die Vergangenheit verklären. Aber sinnvoller wäre es doch, sie zu erklären. Es bleibt dabei: Ich versorge Euch mit dem Unangenehmen. Ich sitze auf einer Veranda in Vermont und höre Verdi – das entspricht doch dem Klischee, das Ihr von mir habt?

    Moderator: Nicht, dass ich wüsste. Dich beherrscht das Grundgefühl, verkehrt zu sein.

    Ver: Ich bin ein Bündnisgenosse des Chaos, bin ihm verpflichtet. Wer folgt wem auf den Fuß? Bin ich sein Gefolgsmann oder kündet mein Erscheinen erst den Untergang an? Läute ich das ein, habe ich die Ehre? Kaum eine Vorsilbe sonst ist dermaßen verrucht, verdorben, verkommen.

    Moderator: Jetzt sind wir also bei dem Seelenheil einer Vorsilbe angelangt ...

    Ver: Ja, alles eine Vorhölle. Ich bin der Wermutstropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt!

    Moderator: Wie passend. Meine Assistentin Vera bringt uns Wermutwein. Vera, was hast Du heute denn schon Verwerfliches gemacht?

    Vera: Ich bin verkatert aufgewacht; und ich habe eine Kollegin verleumdet.

    Moderator: Immer tüchtig. Das Ver gibt uns so viel.

    Ver: Ich würde mich nicht verharmlosen. Mit mir ist es immer wie verhext. Ganz unschuldige Verben leite ich auf die dunkle Seite der Wort-Macht. Aus hauchen mache ich verhauchen; aus heben verheben; aus kommen verkommen ... Ich könnte so fortfahren, aber dann gleite ich vollends in meine depressive Phase. Das Er kann sich alles erschwindeln; ich verwerfe mich beim geringsten Anlass.

    Moderator: Dann ist Wermut vielleicht doch nicht das Richtige? Vera bringt uns Erdbeerbowle und Erdnuss-Likör.

    Ver: Das Er verkehrt in erlauchter Gesellschaft. Bei Gelegenheit erdolche ich es.

    Moderator: Immer schön, wenn man Pläne hat.

    Ver: Meine Devise: 'Es gibt nichts Verkehrtes, außer: Man tut es.' Und damit bin ich pausenlos beschäftigt. Mein Tag ist angefüllt mit Inkorrektheiten, Regelwidrigkeiten, unhaltbaren Zuständen, Irrtümern. Es ist alles dermaßen fehlgeleitet, als ob ich ein Verkehrspolizist in Ausbildung bin. Dabei mache ich den Job schon einige Jahre. Alles liegt im Argen! Ich ziehe nach Argentinien!

    Moderator: Eine Vorsilbe als Drama-Queen.

    Ver: Man wird ja auch sonst mit keiner Silbe erwähnt. Ob Du es glaubst oder nicht, aber dies ist mein allererstes Interview! Wir Vorsilben werden fast nie irgendwohin eingeladen außerhalb unseres semantischen Hofs. Man hängt immer mit irgendwelchen Wörtern ab ... Das ist doch grundverkehrt! Dann schürt man den Neid zwischen den Vorsilben, macht jeder Versprechungen ... Dann das Gerangel bei den Dichtern – ob man auch gute Plätze in den Gedichten ergattern kann. So ein Interview schmeichelt mir ... Das macht einiges wieder wett.

    Moderator: Schön, wenn man helfen kann.

    Vera bringt die Erdbeerbowle und den Erdnuss-Likör.

    Moderator: Vera, was sind Deine Lieblingswörter mit der Vorsilbe Ver?

    Vera: Verhascht, verprassen, verpulvern, ... Ich sollte mein Talent erwähnen, alles zu verkomplizieren; vielleicht kommt es daher, weil ich verlottert bin?

    Moderator: Mag sein. Das Ver hat so viel zu bieten. Verscherbeln, verscherzen, verschwenden, verschrecken, verschandeln ...

    Ver: Soll das aufbauend sein? Ich bin ja noch schrecklicher, als ich vermutet habe. Da hilft die Erdbeerbowle auch nicht.

    Vera: Ich geh nachher noch auf eine Vernissage. Du könntest mitkommen.

    Ver: Das Ver ist kein gern gesehener Gast. Ich verbilde die Verben und mit ihnen die Sätze. Wo andere Erbauliches leisten, verbaue ich Aussicht, Landschaft, Zukunft. Ich bin perfekt darin; ich verstelle alles ohne Kompromisse! Ich verdränge das gerne; aber man kann es den Leuten nicht verdenken, wenn sie lieber nur denken ohne das Ver.

    Moderator: Dir liegt aber auch das Verdeutlichen oder das Verfeinern.

    Ver: O verderblich ist es, das Ver zu sich einzuladen. Verfemt ... Selbst der Geiger vergeigt es mit mir. Das Knäuel verknäult sich. Ich bin verantwortlich für alle größeren Pejorisierungs-Vorkommnisse! Die Sprache ist am Verrotten!

    Moderator: Ich kenne leider keinen guten Vorsilben-Therapeuten.

    Ver: Das Präfix muss fix repariert werden! Ist ein Sprach-Doktor im Saal?

    Moderator: Da muss man sich erkundigen. Was erhoffst Du Dir denn von ihm? Du bist erwünscht.

    Ver: Netter Trost-Versuch. Aber all das sind doch höchstens Trostpreise! Ich fühle mich wie in der Sendung 'Verstehen Sie Spaß?'. Alle amüsieren sich prächtig – nur man selbst fühlt sich so schrecklich fehl am Platz. Aber genau das macht mich ja aus: das Verkehrte, das Vermasseln. Ich vermute, darin bin ich gut. Aber ich hätte auch gerne mal die andere Seite kennengelernt. Das Präfix ist fix und fertig.

    Moderator: Verabschieden wir das Ver! Man sollte es nicht vernachlässigen. Ein Applaus wird Dir bestätigen, dass Du verdammt wichtig bist. Wir verlassen uns auf Dich!

    Ver: Ich hab Euch nur verladen. Aber so ein wenig Zusatz-Trost ist in diesen Zeiten gar nicht so schlecht. Ich habe Euch am Haken. Und 'Fishing for Compliments' beherrsche ich nach wie vor recht gut. Ich verbuche das als Erfolg. Vielleicht machst Du aus dem Interview ja ein Buch? Was wäre die Wirklichkeit ohne das Verwirklichen?

    Moderator: Ein wirklich schönes Schlusswort. Gute Heimreise nach Vermont!

    ENDE

    Pitje

    Es war einmal ein Wellensittich, dessen bester Freund lebte in einem Spiegel; aber er konnte ihn nicht daraus befreien; so sehr er sich auch bemühte und ihm gut zuredete. Der saß da irgendwie fest. Oft beriet er sich mit seinem anderen Freund darüber; mit dem stimmte ebenfalls irgendwas nicht. Der rotierte immer wie wild um seine Stange, sobald man ihn mit dem Schnabel anstieß. Sah witzig aus, aber der war doch nicht ganz dicht? Okay, ein bisschen Spaß machte es schon, ihn so rotieren zu lassen. Was wohl der Spiegel-Kamerad davon hielt?

    Gelegentlich schaute ein Mensch zu ihm in den Käfig, unterhielt sich recht anständig mit ihm. Von ihm erfuhr er, dass er 'Pitje' hieß. Aha. Ein schöner Name. Dann forderte man ihn auf, sich im Zimmer umzusehen, 'ne Runde zu fliegen; sogar an den Gardinen konnte man sich festhalten. Er hatte zwar keine Vergleichsmöglichkeiten, aber es wirkte nicht wie ein riesiges Flug-Testgelände. Aber es machte einen Riesenspaß; schön laut.

    Allerdings wollten sie immer wieder dieselben Sätze von ihm hören. Er hatte die sich gut gemerkt. Begeisterung bei denen auszulösen, von denen man abhängig ist, kann nicht verkehrt sein. Körner gab es en masse. So viel er haben wollte. Weintrauben – lecker! Er hatte noch nicht herausgefunden, mit welchem Satz er Weintrauben bestellen konnte. Seinem Spiegel-Freund bot er höflicherweise oft was von dem Knabberzeug an, aber der lehnte immer ab, ließ alles einfach zu Boden fallen. Na ja. Aber es war tröstlich, nicht der seltsamste Vogel im Revier zu sein. Sein Rotations-Freund – dem musste doch schon ganz schwummerig in der Birne sein; aber da half nichts: Pitje gönnte ihm noch 'ne Runde.

    Der Service war nicht schlecht. Aber seltsam, wie die Menschen 'Nacht' definierten. Nacht war, wenn die Decke über den Bauer gezogen wurde. Ab dem Moment hieß die Parole: Schnabel halten. Er wäre gerne auch redegewandt wie die Menschen; sein Repertoire war doch recht dürftig; aber es genügte, um sie bei Laune zu halten. Sehr anspruchsloses Publikum.

    Er hätte gar nicht blau sein dürfen – grün war die offizielle Farbe der Wellensittiche; man verdankte es der Kultur, sie mischte sich ein in die Natur, färbte wild drauf los; sah im Grunde auch viel netter aus. Wie es wohl wäre, so im Schwarm – wenn man einer von Hunderten war, austauschbarerer? Ach, für ihn fände sich hier doch sicherlich auch schnell ein Ersatz. Ein anderer würde seinen Bauer bewohnen; sein Spiegel-Freund würde gut Freund sein mit dem neuen Bewohner; man würde sich an ihn nicht mehr erinnern. Was hatte er geleistet? An Gardinen gezupft, auf Schultern gehockt, immer dieselben Sätze wiederholt, weil es das Publikum so wollte.

    Vielleicht waren die Menschen genauso wie er: Wellensittiche, die sich an einige bekannte Sätze klammerten, daran festhielten? Es gab ihnen einen bisschen Würde; im Natur-Plan war es ja gar nicht vorgesehen, dass man Sprache für mehr verwendete als für Balz und Warnrufe. Ein ganz neues Feld für die Sprache. Und er hatte Anteil daran, durfte gewissermaßen in den großen Ballsaal der Kultur hineinblicken – zwar nicht als geladener Gast, aber nicht ganz unerwünscht. Man war mit der Kultur vertraut, man war von ihr berührt.

    Ein Schwarmgeist – wäre das besser? Er hatte nie die Wahl. Sein Ego unterlag hier keinen Einschränkungen; er galt als einzigartig. Inmitten eines Schwarms hingegen wäre seine Einzigartigkeit mit einem Schlag weg. Bestimmung des Lebens verfehlt? Ein Leben hinter Gittern – wobei es für die Freiheit mittlerweile zu spät war. Kein Naturbursche mehr. Die Natur ist da sehr streng; die nahm ihn nicht wieder auf. Katzen wären vermutlich auch nicht sehr beeindruckt von seinen Sprachfähigkeiten. Besser, man hielt sich an den Komfort, den so ein eigener Bauer bot.

    Langeweile war ein großes Thema; Futtersuche entfiel; stand ja alles da; Wasser wurde nachgeschenkt; man konnte sogar darin baden; eigentlich unhygienisch; aber was soll's? Ein bisschen schade war es, dass die Menschen sich an seinen Rundflügen nie beteiligten – man hätte so schön gemeinsam die Gegend unsicher machen können ... Ein Zimmer erschien auf einmal richtig groß ... Erweiterung des Umfeldes ins Unermessliche, wenn es auch nur ein Dutzend Quadratmeter sind; aber wie oft würde sein Bauer da hineinpassen? Erweiterung, Daseinsfülle.

    Er hatte ein domestiziertes Wesen; sollte ihn das bekümmern? Der verlorenen Natur hinterhertrauern? Er war sich nicht ganz sicher, welche Gedanken von ihm stammten – und welche er einfach von den Menschen übernommen hatte. Er dachte ihre Gedanken weiter, so wie er ihre Sätze übernahm; er stülpte sich ihr Wesen über. Hielt sich zuweilen für einen Menschen. Wunderte sich dann allerdings, dass er so gut fliegen konnte. Sein anderer Spiegel-Freund war besonders witzig: Immer, wenn man ihn von sich stieß, kam er treu zurück. Er stand auf einer Kugel – wie ein Stehaufvogel; beinahe unheimlich. Aber es beschäftigte einen, die Gedanken umkreisten dieses seltsame Phänomen.

    Er wiederholte zuweilen seinen Namen – fast wie eine Beschwörungsformel – in einem rasenden Tempo, als ob in PitjePitjePitjePitje... irgendeine verborgene Weisheit steckte – sein persönliches Mantra. Musste doch eine Bedeutung haben, dass die Menschen es immer in so einem seltsamen Ton zu ihm sagten. Fast beschwörend.

    Er hörte hin, wenn im Gespräch die Rede von ihm, Pitje, war. Da konnte er noch so beschäftigt sein – das war etwas Außergewöhnliches, das galt ihm. Das galt es, herauszufiltern. So etwas hatten die Wildtiere nicht vorzuweisen: einen eigenen Namen. Das unterschied ihn von ihnen. Beschwörungs-Zauber ...

    Vielleicht offenbarte sich die Welt in bestimmten Wörtern? Er merkte sich Sätze, sie füllten seine Langeweile, sie gaben ihm was. Bereicherung durch sinnlose Kultur. Die Menschen hatten einen Vogel. Aber es war ein sehr sympathischer.

    ENDE

    Interview mit einer guten Fee

    Moderator: Bei uns im Studio: eine gute Fee. Name ist der Redaktion bekannt. Es geht um Wünsche, das Wünschenswerte und Wunschgegner. Inwiefern sind gute Feen heutzutage noch relevant? Gilt es, die Fehler des Weihnachtsmannes auszubügeln? Muss man hinter ihm herräumen?

    Fee: Das ist bei uns ja streng limitiert: drei Wünsche pro Person. Ich wäre gern spendabler; zumal die meisten völlig Wunsch-unerfahren sind. Sie stümpern sich da durch. Wir haben eigens dafür einige Märchen in Umlauf gebracht, anhand derer man erkennen kann, wie man es nicht machen sollte.

    Moderator: Märchen also als Feen-Gebrauchsanleitung? Könnte man das so sagen?

    Fee: Ja, es heißt ja Fairy Tales. Es geht um uns – und die Gesetze der Feenwelt. Es erfordert einfach eine ganz andere Logik, ein anderes Herangehen. 'Wünsche sind Lebewesen: Wer sie gebiert, muss sie ernähren, auch wenn sie mitunter die ganze Wirklichkeit verzehren.' Das ist aus einem Lied von Peter Horton. Er hat das ganz gut auf den Punkt gebracht. Jede Magie verlangt nach Energie. Die muss von irgendwoher kommen. Ich rede hier von Seelen-Energie.

    Moderator: Was wären denn drei gut formulierte Wünsche? Gibt es eine Statistik darüber, welche Wünsche funzen?

    Fee: Wenn man den Turbo einschaltet, wird es turbulent. Nicht jeder kommt gut klar mit einer Hochleistungs-Seele. Die fordert einen, die will was. Die ist scharf auf Eskapaden. Passt einem das? Fühlt man sich der noch verbunden? Wie ein zu großer Hund, der an der Leine zerrt.

    Moderator: Die Seele will aber nun doch nicht Gassi gehen?

    Fee: Irgendwo hinken Vergleiche immer. Mit jedem erfüllten Wunsch verändert man sich. Es verändert einen. Es macht was mit einem. Ist man sich selbst noch treu? Vielleicht ist man nun der Typ aus dem Katalog – aber das Ich floatet völlig unabhängig über all dem, wie ein Luftballon, der sich losgerissen hat.

    Moderator: Sehr dramatisch. Da kriegt man ja richtig Angst, sich was zu wünschen. Vielleicht ist man da mit allgemeinen Wünschen auf der sicheren Seite? Weltfrieden beispielsweise?

    Fee: Ein Wischiwaschi-Thema. Es muss konkreter sein. Sonst lehnen wir das wegen Unerfüllbarkeit ab.

    Moderator: Ist das nicht nur eine billige Ausrede, weil Ihr gar nicht in der Lage seid, zu liefern?

    Die Fee schwingt ihren Zauberstab. Der Moderator hat plötzlich grüne Haare.

    Moderator: Bringt Ihr mit solchen Tricks Eure Gegner zum Schweigen? Kein Wunder, dass die Feen immer mehr in Verruf geraten.

    Fee: Gute Feen, böse Feen – wer will das schon genau trennen? Man macht sein Ding. Man will sich schließlich auch mal amüsieren ... Nach all den Überstunden; da ist man irgendwie schräg drauf.

    Moderator: Was ist mit den altmodischen Vorstellungen von Herzensgüte und Mildtätigkeit?

    Fee: Was soll damit sein? Auf den Sperrmüll damit!

    Moderator: Kann es sein, dass bei Dir ein Burn-out diagnostiziert wurde? Du wirkst ziemlich entzaubert, flügellahm, frustriert.

    Fee: Unser Job ist sinnlos! Mit jedem erfüllten Wunsch wachsen zehn neue. Wie bei einer übermächtigen Hydra! Ein Wunsch-Monster haben wir in die Welt gesetzt! Ein entsetzliches. Die Welt wurde nicht besser – keine Spur davon. Ich sprach neulich noch mit dem Weihnachtsmann darüber. Auch er ist frustriert. Wobei wir ja nicht nur so einseitig das Materielle abdecken – bei uns geht es ja immer auch um Stabilisierung der Psyche. Mut, Hoffnung: einzahlen auf dieses Seelen-Konto. Wenn die Menschen nicht mehr an sich selber glauben, dann helfen wir aus, dann müssen wir einspringen. Das ist unser Hauptaufgabengebiet.

    Der Moderator macht sich Notizen.

    Fee: Analysierst Du mich? Was wird das hier?! Ich brauche keine Therapie. Die Welt wird zunehmend inkompatibel mit uns Feen! Daran liegt es. Das driftet alles auseinander. Und plötzlich heißt es, man sei eine böse Fee, nur weil man sich nicht so ganz exakt an die Vorgaben hält; ein bisschen improvisieren; ein wenig für sich abzweigen. Politiker-Denke. ... Da hat man all diese Möglichkeiten – kann Kürbisse in Kutschen verwandeln – in Staatskarossen ... Man kann jeden zum König machen – wenn man so will ein Königsmacher. Aber immer Graue Eminenz – immer im Hintergrund, im Verborgenen agieren. Das ist so ermüdend; wie sehnt man sich dann nach dem Rampenlicht.

    Moderator: Was wären denn Deine drei Wünsche? Sollte man guten Feen gelegentlich auch mal einen Wunsch erfüllen?

    Fee: Geht das Wünschen immer einher mit Egoismus? Ohne Egoismus gäbe es auch keine Empathie. Als rein altruistisches Wesen könnte ich mich ja gar nicht hineindenken in die Begriffs- und Wunsch-Welt von Egoisten. Aber ich berate ja ständig Egoisten. Soll Egoisten auf die Sprünge helfen. Sie womöglich bei ihrem Egoismus unterstützen. Wem rate ich zu, wem rate ich ab? Ich bin ja keine Maschine, kein Automat, der das Gewünschte einfach ausspuckt.

    Moderator: Dann macht Dir Dein Egoismus zu schaffen? Hast Du Angst, dass Du mit weniger Egoismus gefühlloser werden würdest?

    Fee: Egoismus hält einen am Leben. Ich kann da nicht völlig loslassen. Ich habe den Weihnachtsmann gelegentlich auf seinen Touren begleitet. Ich wollte von ihm lernen. Wo sind denn die Vorbilder für uns Feen? An was soll man sich orientieren?

    Sie zaubert fliegende Eichhörnchen.

    Fee: Das mach ich immer, wenn ich nervös bin: Ich zaubere mir irgendwas Goldiges. Ich stelle mir das vor wie Fort Knox – Seelen-Gold. Aber mein Tresor ist leer!

    Moderator: Wir stellen das zurzeit bei sehr vielen Feen fest: Wer immer nur gibt, dessen Magie-Vorrat nie aufgefüllt wird, der ist bald ausgelaugt wie eine Salz-Brezel, an der zu viel geleckt wurde. Du kannst hier auf den Zetteln mal ankreuzen, welche Geschenke Du am dringlichsten benötigst. Wir können nicht alles zusichern – aber es wird alles Menschenmögliche versucht. Die Menschen geben mal zurück – jetzt sind wir mal dran. Die Aktion heißt 'Tue Gutes für die guten Feen'. Eine Art Payback-System. Ein wenig Altruismus unter den guten alten Egoismus-Teig heben. Mal sehen, ob das aufgeht.

    Fee: Ich bin ganz gerührt. Jetzt stehe ich vor der Schwierigkeit, das alles einzudampfen auf drei Wünsche. Alle meine Konzepte, meine Ideale, all das Unverwirklichte. – Aber im Grunde hilft schon dieses Interview. Was ist meine Bestimmung? Es ist für Feen ja nicht üblich, zu beichten. Aber einfach zugeben, dass man nicht perfekt ist; dass es ein Lernprozess ist … Ich bin so oft durch die Feen-Doktorprüfung gerasselt ... Und dann spielt man mit dem Gedanken, das Lager zu wechseln; sich bei den bösen Feen mal ein wenig umschauen, was da so los ist. Es hieß immer, dass in Wünschen eine ganz besondere Magie stecke; man müsse es verstehen, sie zu extrahieren. Ein Wunsch-Alchimist: Jemand, der aus Wünschen Gold gewinnt. Im Grunde so etwas wie Rumpelstilzchen – aus dem Gedanken-Stroh etwas spinnen, das man in seinem persönlichen Fort Knox lagern kann – Seelen-Tresore füllen. Herzenswünsche spielen dabei eine ganz besondere Rolle.

    Sie gibt ihm die Zettel zurück.

    Fee: Vielen Dank. Fühle mich wie im Restaurant – auf der Speisekarte auswählen, was einem genehm wäre. Auch eine Fee braucht Feedback; dann bekomme ich ein Feeling für die tatsächlichen Wünsche. Hinter die Fassaden schauen – lernt man in den Feen-Grundkursen. Erfülle ich das, was die Leute sagen oder das, was sie sich denken? Meist schalte ich die Option 'Gedankenlesen' aus – es bedeutet nur mehr Verantwortung. Lieber oberflächlich bleiben; sachlich; fast wie eine Beamtin. Meine Routiniertheit ersetzt echte Anteilnahme. Ich verstecke mich hinter meiner Routiniertheit – sie ist mein Schild, mein Schutz. So bin ich eine One-Woman-Army. Aber mein Gutsein bröckelt. – Jeder im Publikum hat einen halben Wunsch frei. Ich muss das rationieren. Aber Ihr könnt Euch mit jemandem zusammentun, dann addiert sich das. 'Einigung' heißt das Zauberwort – das viel zu selten ausgesprochen wird.

    Im Publikum wird gewispert und getuschelt. Die gute Fee lässt schon mal ein paar Geld-Koffer im Studio über ihren Köpfen kreisen. Aber es sind vor allem ihre Heiler-Fähigkeiten gefragt.

    Fee: Gesundheit ist immer noch der Hit. Der Vorteil bei mir ist: Ihr braucht nicht an mich zu glauben. Hin und wieder wird die Welt zu einem Feenmärchen. Dann dimmen wir das Real Life, drosseln seine Macht. Voilà – und es ist vollbracht. Denn Magie ist nichts anderes, als seinen Wünschen den Vortritt zu lassen; sollen sie sich freiweg äußern; es ist ihre Bühne; keinerlei Rücksicht auf Machbarkeit, Durchsetzbarkeit – im Verbund mit der Fantasie und etwas Feenstaub verändern wir Entscheidendes.

    Man ist guter Dinge. Eine Gesundheits-Welle breitet sich aus ...

    Moderator: Das dürfte die Ärzte arbeitslos machen. Klappt ja gut. Das Sein an sich ist ja ein Geschenk. Aber wir misstrauen Geschenken. Was ist die Gegenleistung? Was will das Sein von uns?

    Fee: Ein Geschenk ist eine Aufmerksamkeit. Vielleicht wünscht es sich schlicht und einfach eine große Portion Aufmerksamkeit? Aber heißt das, dass man ständig ans Bewusstsein gefesselt ist? Ist Unaufmerksamkeit dann die Flucht-Reaktion – weil man einfach diesen Dauerbeschuss der Aufmerksamkeit nicht aushält? Was berücksichtigt man? Welche Reihenfolge soll gelten? Die Aufmerksamkeit richten auf die Welt, die nähere Umgebung, das innere Universum? Wem soll der Fokus gelten? Was zieht die Aufmerksamkeit auf sich? Arbeitet man gegen an? Ich sage das deshalb, weil Aufmerksamkeit und Wünsche möglichst deckungsgleich sein sollten; es verstärkt die Magie. Macht uns Feen die Arbeit ein kleines bisschen leichter.

    Moderator: Ein schönes Schlusswort. Unsere Interviews sollen ja auch ein bisschen was Therapeutisches haben. Ich hoffe, Du hast Dich bei uns wohl gefühlt. Erfüllte Wünsche gehören zum Lifestyle – sie sind ein nicht zu vernachlässigender Wohlfühlfaktor. Die guten Feen leisten in dieser Hinsicht hervorragende Arbeit; auch wenn das alles auf drei Wünsche pro Person limitiert ist. Dennoch ist das eine schöne Einrichtung des Universums. Gelegentlich mal nachhaken, wie es den Feen so geht ... Geldscheine und Eichhörnchen wirbeln durchs Studio – ein schönes Schlussbild.

    ENDE

    Sprichwörter Floß-kel

    Wenn man nicht weise oder eloquent ist, kann man Hilfe bei einer KI suchen; nachrüsten. Eine KI als Alltags-Souffleur. Ich teste erst mal das Standard-Modell 'Sprichwörter Floß-kel'. Quasi ein Upgrade zum Sprichwort-Meister; rhetorisch fit für alle Lebenslagen. Die gesammelten Lebensweisheiten der Altvorderen. Damit kann ja nichts schiefgehen.

    Unschön ist allerdings, dass die KI besonders witzig sein will. Sie verdreht gelegentlich die Sprichwörter, will zeigen, dass sie mitdenkt. Schade, dass die Apps sich weiterentwickeln. Sie sehen sich nicht mehr nur als bloße Souffleusen, sondern entdecken auch ihr Potenzial als Dramaturgen und Regisseure. Das Beraten ist ja ganz schön, aber allmählich werden wir zu Marionetten der KIs.

    Ich diskutiere mit meiner Dating-Partnerin Lucy darüber. Soll man den Sprach-Apps weiterhin den direkten Zugriff auf das Sprachzentrum im Gehirn erlauben? Wenn wir so weitermachen, mutieren wir doch alle zu Cyborgs!, rege ich mich auf.

    Wie sich herausstellt, hat sich Lucy ebenfalls für die App 'Sprichwörter Floß-kel' entschieden. Ein Match, wenn man so will. Eine Übereinstimmung. Sind wir beide so verunsichert, dass man nach diesem Rettungsring greift? Ein höchst wackeliges Floß: zusammengebundene Wörter – wie Baumstämme. Ist man selbst nicht mehr dazu in der Lage? Haben die Apps einen überrundet? Kommt man ohne Zugriff auf Datenbanken einfach nicht mehr weiter? Und das bei einem simplen Smalltalk?! Aber wir sitzen uns schweigend gegenüber. Wir haben Zugriff auf dieselbe Sprichwörter-Datenbank. Bereichert das die Konversation? Man ist so verzweifelt, dass man es darauf ankommen lässt.

    Früher hat man Gedichte auswendig gelernt. Das wäre passend für solche Anlässe. Hat man sich wirklich nichts zu sagen? Man stützt sich auf Apps; wie ein Schauspieler, der seinen Text nicht gelernt hat, weil er sich auf seine Souffleuse voll und ganz verlässt.

    Ein Lächeln ist die schönste Sprache der Welt, erwidert Lucy. Ja, und Lachen ist die beste Medizin.

    Trotzdem sitzen wir uns mit ernsten Gesichtern gegenüber. Wenn man Zugriff auf die weltweiten Gesprächs-Protokolle hat, sich da durchscrollt, stellt man fest, dass man dem eigentlich nichts Neues hinzufügen könnte. Wie ein Theaterstück, das schon viel zu lange läuft.

    Wir sind kein Novum. Mein Leben ist keine Novelle. Eher die Kopie einer Kopie. Aber in der digitalen Welt sind Original und Kopie ohnehin dasselbe, sagt Lucy.

    Das Café ist gemütlich. Wir haben uns eine große Auswahl an Keksen auf den Tisch stellen lassen. Marmor, Stein und Eisen bricht, aber Omas Plätzchen nicht!, kommentiere ich meinen Versuch, mit einem besonders harten Keks fertig zu werden. Schlimmer, als die Cookies im Internet. Man muss allem zustimmen; als ob es da um eine dauerhafte Beziehung ginge.

    Willst Du nichts Dauerhaftes?, hakt Lucy nach. Besser, ich bleibe auf meinem Sprichwörter-Terrain. Beziehungs-Fragen zu diesem Zeitpunkt sind mehr als gefährlich. Man will sich ja nicht festlegen. Unverbindlich sei der Mensch, hilfreich und weg. Ich tue so, als ob ich mich an einem Keks verschluckt habe. Huster, bleib bei Deinem Leisten, kommentiert sie das ungerührt. Mein Husten kommt nicht glaubhaft genug rüber.

    Die 'Sprichwörter Floß-kel' schlägt mir den Satz vor Lange Haare – kurzer Verstand – und leitet ihn auch gleich weiter an mein Sprachzentrum. Was rede ich da? Ich halte mir die Hände vor den Mund. Lucy – die sehr schöne lange, rote Haare hat – schaut mich noch misstrauischer als vorher an. Rotes Haar und Erlenhecken wachsen nicht auf guten Flecken, lege ich nach. Völlig unpassend! Das kommt davon, wenn man Sprachassistenten vollen Zugang zum Hauptrechner erlaubt. Man kommt sich ja mittlerweile selbst wie ein Computer vor mit all den Verdrahtungs-Möglichkeiten und Schnittstellen zur digitalen Welt. Man wurde da eingebaut, integriert. Man ist ein Teil dieses digitalen Ensembles – und man findet es auch noch gut. Es zieht einen da hinein! Süchtig nach den Apps, die einen ins Verderben ziehen. Wollte ich diese Sprichwörter-Schlacht? Führt die App nur aus, was ich insgeheim plane, von dem mir aber mein Bewusstsein keine Meldung macht?

    Probieren geht über Studieren!, rechtfertige ich die Tatsache, dass ich gerade drei Kekse im Mund habe. Keine Ahnung, ob Lucy mich versteht, denn es mischen sich auch sehr viele Kekskrümel in meine Äußerungen. Und was machst Du beruflich?, frage ich sie. Irgendwas mit Schulterzucken? Kekse erschweren das Verständnis der Menschen untereinander. Lektion des Tages. So fühlt sich doch ein durchschnittlicher Internet-Surfer: Jeder bietet ihm Cookies an. Kein Wunder, dass man sich dann nicht mehr versteht. Ich finde meine Logik brillant.

    Lucy kann mir leider gedanklich nicht folgen; ihr Schulterzucken hat schon was Chronisches. Hoffentlich ist es nichts Ernstes. Ich fühle mich mittlerweile wie Krümelmonster. Da hat man doch in der Sesamstraße was gelernt. Grundlegende Bildung fürs ganze Leben. Jetzt brauche ich noch blaues Fell. Einige der Kekse sind Hasch-Cookies – ich hätte genauer auf die Speisekarte gucken sollen; aber so ist es auch sehr schön. Man ist und isst viel relaxter. Noch ein Hasch-Brownie für das innere Krümelmonster – es will befreit werden!

    Es ist kein Topf so schief. Er findet seinen Deckel, tröste ich Lucy. Guter Anmachspruch. Ich bin genial. Sprichwörter sind als Anmachsprüche völlig unterschätzt.

    Ich verplempere hier meine Zeit, lautet Lucys vorläufiges Resümee. Ich versuche, sie zu küssen; aber dabei sind die Kekse in meinem Mund nicht wirklich hilfreich. Es wirkt eher wie eine Fütterungs-Aktion. Zu Hilfe, ruft Lucy.

    Eine Bordstein-Schwalbe macht noch keinen Sommer, sage ich – wohl auf Veranlassung meiner tollen Sprach-App. Die bringt einen echt weiter. Lucy macht böse Miene zum guten Spiel. Sogar sehr böse Miene.

    Schenk mir Dein bezauberndstes Lächeln, fordere ich sie auf.

    Du gehst mir auf die Palme! Tja, ihre Sprach-App ist ihr auch nicht so eine Hilfe.

    Ich versuche, meinen Keks-Konsum zu rechtfertigen: Der Mensch lebt nicht vom Brot allein. Die Bibel ist Gott sei Dank immer dann zur Stelle, wenn eine gute Ausrede benötigt wird.

    Da zieht sich jemand aus der Atmosphäre!, lautet Lucys Vorwurf. So richtig kommen wir mit der KI-Software nicht weiter. Aber ihre Soufflier-Dienste werden weiterhin benötigt. Nichts ist schlimmer, als sich nichts zu sagen zu haben, sich anschweigen zu müssen, weil der dürftige Vorrat an Ideen verbraucht ist. Man ist ja dankbar für jedes Stichwort, man greift danach wie ein Ertrinkender nach einem Strohhalm. Die 'Sprichwörter Floß-kel'. Aber ein Floß ist keine Yacht. Es lebt sich nicht allzu bequem darauf. Sehr beengt das Ganze. Oder kommt das der Intimität zugute?

    Ich sage: Die Frau ist des Mannes Visitenkarte. Und das im Zeitalter des Feminismus. Wem kann man einen Vorwurf machen, wenn die App angeblich direkt ans Unterbewusstsein angeschlossen ist? Dann hat man doch alles selbst zu verantworten, was 'Sprichwörter Floß-kel' so von sich gibt? Beängstigend. Aber auch aufregend. Ein Sprachabenteuer.

    Los, sag mal was!, fordere ich Lucy auf. Sei wagemutig. Ich gehe mit gutem Beispiel voran. Der Magen einer Sau, die Gedanken einer Frau und der Inhalt einer Worscht bleiben ewig unerforscht. Lockt sie das aus der Reserve?

    Vielleicht sollten wir uns einfach schweigend gegenübersitzen? Warum haben wir so viel Angst vor dem Schweigen?

    Wenn der Kuchen spricht, schweigen die Krümel, entgegne ich. Eine Kuchen-Auswahl hat sich inzwischen unseren Keksen dazugesellt. Recht voll unser Tisch. Warum muss es erst immer eine Hauptmahlzeit geben? Kann das Leben nicht nur aus Nachtisch bestehen?, stelle ich die hochphilosophische Frage in den Raum.

    Aber Vorspeisen lehnst Du nicht kategorisch ab?, fragt Lucy anzüglich. Ein anständiges unanständiges Vorspiel wäre mir schon wichtig. Wobei wir beim Thema wären. Erstaunlich, dass die App uns bis hierhin gelotst hat. Der gebe ich vermutlich doch 5 Sterne.

    Füchse kennt man bald am Schwanz, sagt Lucy. Na, sie muss es ja wissen. Ein Date hat ja doch immer was von einem Theaterstück – wie man sich auch aufführt, so ganz ohne Soufflier-Hilfe bleibt einem nur das Improvisieren. Ist aber für das Stück und das beste Stück nicht gut. Sprichwörter haben sich bewährt, sie begleiten uns durch alle Fährnisse: Unsere Vorfahren haben sich nicht mit ihnen verfahren. Das spricht doch für sie. Dann können sie den vergleichsweise simplen Job als Smalltalk-Unterstützer kaum vermasseln.

    Fünf Minuten vor der Zeit, ist aber nicht des Liebhabers Pünktlichkeit, ermahnt Lucy mich. Ich haue beim Kuchen ordentlich rein, kommentiere das mit: Dummheit frisst, Intelligenz säuft, das Genie macht beides. Tja, gelungenes Selbstlob.

    Zwei Dumme, ein Gedanke. Ich habe noch nie Kuchen reingeschaufelt – beidhändig … Irgendwann sollte man damit beginnen!

    Immer diese Zurückhaltung. Man will vornehm wirken – dabei kommt die Ehrlichkeit zu kurz. Brauchen Dates Ehrlichkeit?

    Keine Ahnung, brauchen sie, fragt Lucy mich. Die Wahrheit von heute ist die Lüge von morgen. Lass uns lieber die sein, die wir schon immer sein wollten. So ein Date sollte man nicht mit allzu viel Ehrlichkeit ruinieren. Ich würde ihr gerne zustimmen, aber sollte man seiner Fantasie wirklich eine Generalvollmacht erteilen? Was die damit alles anstellen würde ...

    Mein Freund hat mich verlassen.

    Echt?

    Nein, ist als Rollenspiel gedacht. Mach mit. Tröste mich!

    Geflickte Freundschaft wird selten wieder ganz. Oder wie meine Sprach-App meint: Gefickte Freundschaft wird selten wieder ganz.

    Die ist so weise, die Sprach-App.

    Ja, ich denke auch; manchmal ist es schwer zu unterscheiden: Spricht aus mir die Weisheit oder die App?

    Kann auch am Zuckerschock liegen, aber wir beide sind seltsam high. Aus dem Stein der Weisen macht ein Dummer Schotter, Lucy macht ihr Kuchenstück mit der Gabel platt.

    Ess-Sitten werden völlig überbewertet.

    Lucy meint: Ich bin der App ganz dankbar für ihre Pässe. Es sind nicht immer Steilvorlagen – aber es lässt sich was draus machen. Wie beim Fußball – man spielt plötzlich mit mehr als 11 Mann. Es ist ein wenig wie Betrug. Aber man sollte öfters die Apps einwechseln und mit aufs Spielfeld lassen. Meine Erlaubnis haben sie.

    Dann macht der Libero bald Liebe?, frage ich hoffnungsfroh.

    Wie beim Shopping: Die eigenen Schnäppchen ins Trockene bringen, entgegnet Lucy. Aha, ich bin ein Schnäppchen. Das sehe ich als Wertsteigerung an.

    Jetzt bring mich auf die Palme! Kokosnüsse sind im Angebot.

    Da greif ich zu! Je höher der Affe steigt, desto mehr Hintern er zeigt. Allmählich wird unser Gespräch völlig sinnfrei – aber seltsamerweise törnt es uns beide an. Dass mit Sprichwörtern auch Dirty Talk möglich ist, hat uns keiner gesagt. Die App dürfte gar nicht jugendfrei sein.

    Erst hielt ich die App für eine windige Sache, aber unser Date hat durch sie an Fahrt gewonnen.

    Fehlt es am Wind, so greife zum Ruder, meint Lucy. Zugriff erfolgt in 5 Sekunden. Nette Ankündigung.

    Noch ein kleines Baiser?

    Aber bitte mit Sahne, antwortet sie mir. Wir blasen zum Sturm auf das Kuchenbuffet. Wir pusten und prusten, fast geht nichts mehr rein, singt sie. Kuchen und Kekse heben eindeutig die Stimmung und anderes. Ich könnte heulen wie ein Schoßhund, schlägt sie vor. Ich bin mir nicht sicher, wie ich das zu deuten habe, aber es hört sich gut an.

    Du bist eine Trophäe auf Deinem Gebiet, bestätige ich ihr. Toll, diese vagen Komplimente. Man legt sich nicht fest.

    Ich singe ihr ein Ständchen. Wo man singet, lass dich ruhig nieder, meint sie und setzt ihre Avancen fort. Sag mir, wie verdorben Du bist, will sie wissen.

    Ich bin Politiker. Politik verdirbt den Charakter. Das genügt ihr; sie ist vollends überzeugt. Schön, wenn man einen Beruf hat, dessen Qualitäten auch bei einem Date zum Tragen kommen.

    Der frühe Wurm fängt den Vogel, stelle ich in Aussicht. Wir treiben schon längst auf dem Floß dahin, das uns die App bereitgestellt hat. Eine Insel, auf der Worte und Sätze plötzlich eine ganz andere Bedeutung verliehen bekommen; eigens für uns. Eine Sprach-Insel.

    Also von uns erhält die 'Sprichwörter Floß-kel' 5 Sterne. Gerne bereit, das wieder zu testen. Sprach-Munition – in der Art von Amors Pfeilen.

    ENDE

    Interview mit einem Einhorn

    Moderator: Heute bei uns im Studio ein Gast, auf den ich ganz besonders stolz bin. Kein B-Promi – er spielt in der obersten Mythen-Liga mit. Ein besonders schönes Exemplar eines Einhorns.

    Einhorn: "Vielen Dank für die nette Begrüßung. Bitte vermeide das Wort 'Mythen'. Ich bekomme

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1