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Time Dwarfs Inn: Der Preis der Magie
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Time Dwarfs Inn: Der Preis der Magie
eBook314 Seiten4 Stunden

Time Dwarfs Inn: Der Preis der Magie

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Über dieses E-Book

Was bringt eine Dämonenjägerin und einen geflügelten Zentauren dazu, nach den Sternen zu greifen? Weshalb kann sich ein gefürchteter Revolverheld unter keinen Umständen von seinem Streifenhörnchen trennen? Und was hat ein freischwebender Robotkopf eigentlich mit einer bildschönen Gefälligkeits-Androidin zu schaffen?
Das alles kümmert den Zeitzwerg Nimb recht wenig, gilt es doch vielmehr, diese ungleichen Gespanne davon zu überzeugen, nur gemeinsam sein geliebtes Wirtshaus retten zu können und nebenbei das Ende allen Seins zu verhindern.
Und so beginnt eine ungewöhnliche Geschichte über Freundschaft, Tapferkeit, Untote ... und Dosenpfirsich.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum24. Apr. 2017
ISBN9783744858496
Time Dwarfs Inn: Der Preis der Magie
Autor

Mario Hammer

Mario Hammer wurde am 18.10.1978 in Bochum geboren. Er ist verheiratet und seiner Geburtsstadt bis heute treu geblieben.

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    Buchvorschau

    Time Dwarfs Inn - Mario Hammer

    Prologs

    Hrah-Kelin, das Königreich der Feen und Waldgeister. Mittagszeit. Die Sonne stand hoch am Himmel, und kein Wölkchen vermochte sein strahlend blaues Antlitz zu trüben.

    Vöglein zwitscherten um die Wette, eine Schar Grillen stimmte munter mit ein. In der Ferne krähte ein Hahn.

    Der Wind säuselte andächtig durchs Geäst, nur noch übertönt vom gleichmäßigen Rauschen des Baches, und es wäre kaum mehr verwunderlich gewesen, wenn ein - mit Wald- und Feldtieren bedecktes - junges Mädchen in farbenfrohen Kleidern singenderweise über die bunte Blumenwiese am Wegesrand gehüpft wäre.

    Wem bei diesem Anblick nicht unverzüglich warm ums Herz wurde, dem waren wohl auch Katzenbabys ein Gräuel.

    Doch dieses liebliche Treiben idyllischster Art wurde jäh durchbrochen von Gekeife und Gezeter in der Ferne.

    »Unfug! Grober Unfug! Ich weigere mich vehement!«, stieß die erste Stimme trotzig aus. Eine Stimme, dem Geräusch eines über sandigen Steinboden gezogenen Holzklotschens nicht unähnlich.

    »Du willst mir also wirklich damit sagen, dass dich keinerlei Schuld trifft?«, ertönte eine zweite Stimme. Diese zweite Stimme klang um ein Vielfaches liebreizender und angenehmer als die erste, war sie doch zum einen weiblicher, die Gehörgänge sanft umschmeichelnder Natur und zum anderen weit weniger aufbrausend.

    »Selbstverständlich will ich das! Hört Ihr mir überhaupt zu, werte Dame? Hier liegt doch ganz offensichtlich ein Irrtum vor«, sprach das Reibeisen.

    »Oh, ein Irrtum? Du hast also ganz zufällig mit vollgeschlagener Wampe neben dem großen Knochenhaufen, der einmal die Kuh des armen Bauern Rodrick war, ein Nickerchen gehalten? Und das Beinkleid, das du noch immer trägst, und welches dir im Übrigen viel zu groß ist, hast du auch nicht dem kleinen Knochenhaufen entwendet, der einmal der arme Bauer Rodrick war?«

    »Unfug! Ich sehe mich durchaus in der Lage, dies alles vernünftig zu erklären«, röhrte es. Die unschöne Stimme hatte an Gekrächze noch weiter zugenommen.

    Die Grillen hatten ihr geschäftiges Zirpen mittlerweile vollends eingestellt, so wie die Vögel ihr Gezwitscher. Ob dies aus der Einsicht geschah, gegen den Radau eh nicht viel ausrichten zu können oder aber aus reiner Neugier heraus ob des Anblicks, der sich ihnen nun bieten sollte, vermochte niemand zu sagen.

    Besagter Anblick war in der Tat von einer Art, die sich einem nicht jeden Tag bot:

    Besitzer eingangs erwähnter Brechreizstimme war ein Troll. Oder vielmehr Eigentümer der Stimme. Verzwickte Sache, das. Immerhin ist der Besitzer einer Sache lediglich derjenige, in dessen Einflussbereich sie sich befindet und der deshalb auf sie zugreifen kann. Rein rechtlich gesehen. Doch er darf nur das mit jener Sache tun, was der Eigentümer ihm auch erlaubt hat. Die eigene Stimme hingegen zählt als Eigentum, sollte man meinen.

    Andererseits ist es sehr wohl möglich - und hinlänglich belegt -, dass man durchaus auch für jemand anderen sprechen kann, sich dessen Stimme also quasi nur vorübergehend im eigenen Besitz befindet. Dies ist allerdings hier nicht der Fall. Wie gesagt, verzwickte Sache.

    Der gemeine Troll jedenfalls sorgte an sich nicht zwingend für Aufsehen (und Verstummen in der Tierwelt) und stellte wahrlich keine Seltenheit in diesen Gefilden dar. Dieser Troll hier allerdings schon. War er doch, im Gegensatz zu seinen Artgenossen - Trolle waren in der Regel nur durch ihre Bewegung ... oder die Tatsache, dass sie sich überhaupt bewegten, von einem Felsen zu unterscheiden - keine zweieinhalb Meter hoch. Nicht einmal annähernd. Nicht im Entferntesten. Dieser Troll hier, er hörte auf den klangvollen Namen Knorpel, kam mit Wohlwollen auf eine Körpergröße von einhundertzwanzig Zentimetern. Jene wenig ehrfurchterregende Statur versuchte er mit seiner Hässlichkeit wettzumachen.

    Und ... er lag in Ketten.

    Das andere Ende besagter Fessel, jenes Ende, welches nicht um Knorpels armseliges Erscheinungsbild gewunden war, hielt die Dame, mit deren Stimme wir ebenfalls schon Bekanntschaft machen durften. Nun gut, Dame traf es nicht ganz. Hoch zu Ross (und warum auch dieser Begriff ziemlich unangebracht war, würde sich in Kürze offenbaren) saß sie: Jung, schlank, wohlproportioniert. Ein ledernes Beinkleid umschmiegte ihre kräftigen Schenkel, ein eisernes Bustier zähmte ihre üppigen ... äh ... sie war wohlproportioniert.

    Ihr güldenes Haar wehte neckisch verspielt im Wind, ihr eiserner Helm, mit flammenförmigen, verschnörkelten Ornamenten verziert, glänzte andächtig in der Mittagssonne. Das auf dem Rücken getragene Schwert sowie die ebenfalls dort drapierte Axt waren in ihrer Zunft gern gesehenes Tranchierbesteck, und von daher gerade bei modebewussten Dämonenjägern als Accessoires ganz vorn mit dabei.

    »Na, auf die Erklärung bin ich aber mal gespannt«, sagte die Reiterin. »Oder, weißt du was?«, unterbrach sie sich. »Ich will sie gar nicht hören. Wir bringen dich zum Zwerg, kassieren die Belohnung und du kannst unserem Auftraggeber deine Lügenmärchen auftischen. So er sie denn hören mag. Oder vielmehr: So du dann noch einen Kopf hast, um derartige Geschichten zu ersinnen.«

    Knorpels - nennen wir es in Ermangelung eines passenderen Wortes - Gesicht färbte sich leicht auberginenartig, wohl der Tatsache geschuldet, dass der natürliche Grundton, grün in diesem Falle, eine rote Gesichtsverfärbung nahezu unmöglich machte.

    »Ich protestiere erneut aufs Energischste, werte Dame!«

    »Und hör auf, mich so zu nennen!«, warf die junge Frau ein und zog an der Kette.

    »Nun gut«, entgegnete Knorpel stolpernderweise. »Wie Ihr wünscht. Wie darf ich Euch nennen? Gestattet Ihr mir, Euch Finya zu rufen?«

    »Gestatte ich nicht«, entgegnete Finya. »Am liebsten wäre es mir, wenn du mich gar nicht ansprechen und einfach nur den Mund halten würdest.«

    »Könnt ihr beide mal den Mund halten? Das ist ja furchtbar! Kaum zum Aushalten!«, unterbrach sie eine weitere Stimme. Die dritte, männlich herbe Stimme nun gehörte Karrn ... Karrn, dem Zentauren. Dies war auch der Grund, weshalb das Wort Ross für Finyas momentanen Untersatz beim besten Willen nicht angebracht war.

    Schließlich war es allerorts bekannt, dass man einen Zentauren besser nicht Ross nennen sollte, wenn man einigermaßen daran interessiert war, aufrecht (also mit funktionstüchtigem Rückgrat) durchs Leben zu ziehen. Und schon gar nicht sollte man dieses Wort im Angesicht der Spezies in den Mund nehmen, welcher Karrn angehört: Den geflügelten Zentauren. Diese waren um einiges seltener zu erblicken als gewöhnliche Zentauren und zeichneten sich besonders durch ihre fliederfarbene Fellfärbung und ... nun ja ... ihre Flügel aus.

    Zosse wurden sie im Übrigen auch nicht gern genannt.

    »Finya Feuerhelm, tapferste Kriegerin ihres Stammes, Schlächterin unzähliger Bestien und Ungetüme, die Ursache für zahlreiche Witwen und Waisen im Kreise der Kobolde, Orks und Trolle, ... und sie zankt sich hier mit einem Hutzelmännchen wie ein altes Waschweib«, grollte Karrn.

    Die Stimme des Zentauren war vom Klang her am ehesten mit einer Schuttlawine zu vergleichen und stand dem Erscheinungsbild ihres Erzeugers in nichts nach. Der stählerne Brustkorb des hünenhaften Wesens war von beachtlicher Statur und wurde nur marginal von schützender Rüstung bedeckt. Eine Notwendigkeit stellte dies ohnehin nicht dar, da auf ihn abgefeuerte Pfeile oder anders geartete Geschosse in der Regel eh auf halbem Wege verängstigt kehrt machten.

    »Werte ... äh ... also ... spricht da etwa Euer Pferd zu uns?«, fragte Knorpel mehr als erstaunt.

    An dieser Stelle sei hinzugefügt, dass Knorpel zwar sehr wohl hören und, zum Leidwesen seiner Reise-„Gefährten", auch sehr wohl sprechen konnte, das Sehen allerdings war ihm ob des Jutesacks über seinem Kopf nicht möglich. Es wurde erwähnt, dass er hässlich war?

    »Wie hast du mich gerade genannt?«, rief Karrn und stellte sofort jegliche Beinbewegung ein. Das plötzliche Abstoppen brachte den Troll, der sich ohnehin schon aufgrund seiner wirklich geringen Körpergröße stets sehr nah am Boden aufhielt, zu Fall.

    »Oh, jetzt beruhigen wir uns alle wieder, ja?«, warf Finya ein. »Du hässlicher Zwerg hältst deinen Mund, und du, Karrn, regst dich auch wieder ab. Tief ein- und ausatmen. Konzentrier dich lieber wieder auf den Weg. Wir wollen vor Sonnenuntergang beim Zwerg sein.«

    »Du weißt, was wir mit Leuten machen, die uns „Pferd" nennen, ja?«, sprach Karrn und scharrte trotzig mit den Hufen.

    »Ich darf Euer Pferd nicht als Pferd titulieren, obschon Ihr mich Zwerg nennt? Wo bleibt denn da die Gerechtigkeit?«, raunte Knorpel und erhob sich vom Boden. So gut es seine Fesseln zuließen, klopfte er sich unbeholfen den Staub aus Bauer Rodricks Wams und kam dabei dem Balztanz eines einbeinigen Pockenhuhns erstaunlich nah.

    »Du brauchst ja mal gar nicht von Gerechtigkeit reden«, warf Finya ein. »Frisst einen Bauern mitsamt seiner Kuh und fühlst dich ungerecht behandelt? Ich glaub es nicht. Und mein Freund Karrn hier ist ein Zentaur, ja? Kein Pferd. Da du tief und fest geschlafen hast, als wir dich „einfingen", hast du das natürlich nicht mitbekommen. Und ich habe keine Ahnung, warum ich überhaupt noch mit dir rede. Weiter jetzt.«

    Der äußerst ungleiche Trupp setzte sich langsam wieder in Bewegung.

    »Was habt Ihr denn mit einem Zentauren zu schaffen?«, wollte Knorpel wissen.

    Selbst wenn man dem Troll sein fransiges Maul zugenäht hätte, wäre er mit Sicherheit dazu imstande gewesen, binnen kürzester Zeit eine andere Körperöffnung zu dressieren, seine Worte an die weite Welt hinaus zu entlassen.

    »Meines Wissens nach«, fuhr er fort, »lassen sich die Zentauren fürwahr nur von Partnern ihrer eigenen Rasse besteigen, falls Ihr versteht?«

    Knorpel hatte sein eigenes Komikzentrum getroffen. Er brach in wildes Gelächter aus. Sich gegenseitig die Federn ausreißende Krähen klangen dagegen wie der liebliche Gesang holder Jungfern beim gegenseitigen Zöpfe flechten.

    Abermals stoppte Karrn.

    »STEIG AB! ICH ZERREISSE IHN!« brüllte er.

    »Beruhig dich, Karrn!«, erwiderte Finya und wirkte sichtlich genervt.

    Sie hatte sich den Auftrag wahrlich einfacher vorgestellt. Für eine Dämonenjägerin, die bereits vor dem Frühstück Drachen fing und Oger ins Reich der Träume schickte, sollte das Einfangen und Ausliefern eines Trolls, wie Knorpel es war (und im Namen aller Trolle weltweit blieb zu hoffen, dass der vorliegende Fall eine der berühmten, die Regel bestätigenden Ausnahmen war) überhaupt kein Problem darstellen. Wie hatte sie auch ahnen können, dass der Kleine unentwegt reden würde? Und zudem noch derart ... wortgewandt war? Der eingangs erwähnte Troll im Allgemeinen kam über die Worte „Uargh, „Gnah und „Fressen (je nach Landstrich auch „Happa) kaum hinaus.

    »Nur noch ein paar Stunden und wir sind ihn los«, sprach die Kriegerin. »Versuch einfach, ihn nicht zu beachten. Ich habe gehört, Trolle verschwinden, wenn man sie nicht weiter beachtet. Halbe Trolle wahrscheinlich sogar umso schneller.«

    »Wieso reist Ihr zwei denn zusammen? Menschen und Zentauren sind meines Wissens nach nicht unbedingt gut aufeinander zu sprechen«, hakte Knorpel unnachgiebig nach, und er hatte sichtlich Spaß dabei. »Ist einer von Euch dem anderen etwas schuldig? Habt Ihr den Karrn aus dem Dreck gezogen, werte Dame?«

    Er warf sich zu Boden und kugelte sich vor Lachen.

    In der Tat, gänzlich unangebracht war der Gedanke des Trolls nicht, dies musste man ihm lassen. So waren Zentauren - ob nun geflügelt oder nicht - beim besten Willen nicht bekannt dafür, sich schnell, oder überhaupt, mit Menschen anzufreunden. Doch in diesem Falle beruhte das Ganze tatsächlich auf einer Ehrenschuld:

    Der gute Karrn hatte seinerzeit eine noch sehr junge und unerfahrene Finya Feuerhelm vor dem sicheren Tod, und nichts anderes bedeutete in der Regel ein Angriff eines ausgewachsenen Eisdrachen auf ein kleines Mädchen, bewahrt. Von diesem Moment an stand Karrn auf ewig in ihrer Schuld. Ja, andersherum würde es sehr viel mehr Sinn ergeben, aber wer kennt sich schon mit den Sitten und Gebräuchen fliegender, fliederfarbener Pferdemänner aus?

    In Karrn keimte mittlerweile das unbändige Verlangen auf, Knorpel mit einer Makrele in sein verhülltes Gesicht zu schlagen. Und zwar ohne Unterlass. Doch woher nehmen? Es gab weit und breit kein passendes Gewässer, und der mitgeführte Proviantbeutel gab außer einem kleinen hölzernen Fässchen, gefüllt mit köstlichem Weißkrautsalat, und einem Beutel gepökelter Albenohren nicht viel her. Zu schade. Der Zentaur hätte sicherlich seinen Spaß gehabt.

    Von diesem Augenblick an sollte jedwedes weitere Gezeter entweder zum Inhalt haben, wer denn nun den hässlichen Knorpel umbringen durfte, oder aber, ob man auch ein Kopfgeld für einen halben halben Troll bekommen würde.

    Die Vöglein nahmen ihr Lied für eine ganze Weile nicht mehr auf.

    * * *

    An einem völlig anderen Ort, in einer völlig anderen Welt hatte jemand völlig anderes völlig andere Probleme ...

    Minister Kluhtan durchschritt die pompösen Hallen des galaktischen Friedenstempels von Xinar VII in einem Tempo, welches selbst für seine Verhältnisse unsäglich langsam erschien. Der leicht rundliche Mann kannte die verwinkelten Gänge wie seine eigene Westentasche, hatte er doch einen nicht zu verachtenden Großteil seiner bisherigen Amtszeit hier verbracht. Er übte seine Tätigkeit nun schon seit beinahe dreiundvierzig Xliaden (dies sind in etwa ziemlich genau zweiundvierzig Erdenjahre plus zwölf Erdenmonate) aus, und stets war er folgsam, fleißig und hingebungsvoll bei der Sache gewesen. Diente er doch - und diese Ehre wurde wahrlich nicht jedem Xinarier zuteil - dem großen Kaiser der sieben Sternenhimmel höchstpersönlich. Als rechte Hand des Kaisers wurde er in all den Jahren immer wieder mit wichtigen Staatsangelegenheiten betraut, für die sein Herrscher entweder keine Zeit oder - wie in diesem Fall - keine Nerven hatte.

    Ebenso unmotiviert war nun auch Kluhtan selbst, ging es doch in vorliegender Angelegenheit einzig und allein um die Aufgabe, sich mit einer „erlesenen" Truppe (zwei Personen an der Zahl) von Weltraumabenteurern auseinanderzusetzen, die der Kaiser in all seiner untrüglichen Weisheit dazu auserkoren hatte, ihm Hilfe zu leisten. Wieso seine Wahl ausgerechnet auf dieses Gespann gefallen war, entzog sich Kluhtans Kenntnis. Doch wer war er schon, dass er sich anmaßte, das unfehlbare Urteil seines Herrn anzuzweifeln?

    Der Minister hatte, sehr zu seinem Leidwesen, das Ende des Ganges erreicht und betrat den prunkvollen Sitzungsraum mit den folgenden, fein säuberlich auf seiner Zunge zurechtgelegten Worten: »Ah, die sagenumwobene Crew der Vermillion. Welch eine Ehre. Bitte, behaltet doch Platz.«

    Seine Aussage wirkte ebenso gestelzt wie überflüssig, da niemand der anwesenden Personen auch nur ansatzweise Anstalten machte, sich zu erheben. Im Gegenteil: Einerseits lässig und andererseits lasziv (hierzu später mehr) saßen seine Gegenüber in ihren samtbezogenen Hover-Sesseln und wirkten gelangweilt.

    Vielleicht hätte ich mir für den Weg hierhin doch nicht so viel Zeit lassen sollen, kam dem Minister in den Sinn.

    »Ich freue mich, dass Ihr dem Aufruf Ihrer Majestät gefolgt seid«, sprach Kluhtan, und deponierte seinerseits seinen Unterbau sorgsam in einem der über dem polierten Marmorboden schwebenden Sessel.

    »Als wenn wir irgendeine Wahl gehabt hätten«, erwiderte der männliche Teil seiner beiden Gesprächspartner und hängte ein Bein lässig über die Armlehne.

    »Oh, Captain Derringer, nicht wahr?«, fragte der Minister rhetorisch.

    »Dash für meine Freunde«, entgegnete der Captain und grinste süffisant.

    »Dash also ... «

    »Ihr seid nicht mein Freund!«

    »Äh ... «, stammelte Kluhtan und wirkte übertölpelt.

    »Ein Scherz«, entgegnete Dash und versank, wenn irgend möglich, noch tiefer in seinem Sitz.

    »Ein Scherz. Also, worum genau geht es denn? Wie können wir Ihro Gnaden behilflich sein?«

    »Ähm ... äh ...« Noch immer rang der Xinarier sichtlich nach Worten.

    »Wieso bist du immer so?«, warf der weibliche Teil der Gesprächspartner fragend in den Raum.

    Neben dem Captain, welcher in seiner augenscheinlich vielgetragenen Kleidung - unterstützt noch durch einen leidlich gepflegten Dreitagebart - einen dezent verruchten Eindruck hinterließ, wirkte die Frau an seiner Seite beinahe schon fehlplatziert: Sie hatte purpurnes Haar, einen porzellanähnlichen, feinen Teint, überaus sanfte Gesichtszüge und trug einen hautengen Holodress, welcher je nach Bedarf (oder Gemütszustand des Trägers) Farbe und Muster wechseln konnte. Ein wahrer Kassenschlager in vielen Teilen der Galaxis und bei Mann und Frau gleichsam beliebt. Die Damen trugen den Holodress bevorzugt, weil er gerade „in" war, und diese Tatsache allein schon als Begründung genügen sollte. Es liegt nicht umsonst in der Natur aller Lebewesen weiblichen Geschlechts, sich immer gerade so zu kleiden, wie es alle anderen femininen Wesen auch tun, nur, um sich dann - auf Partys oder bei Theaterbesuchen - darüber echauffieren zu können, dass das jeweilige Gegenüber die gleiche Kleidung trägt wie man selbst. Die Herren hingegen bevorzugten den Holodress - an ihren Frauen, wohlgemerkt -, da so die stundenlange Wahl nach der passenden Zweithaut nahezu komplett entfiel.

    Die Tatsache, dass der Dress in dem Sekundenbruchteil, welcher zwischen den jeweiligen Farbwechseln verging, transparent war (eine Kinderkrankheit, die die - natürlich maskulinen - Hersteller des Kleidungsstückes noch auszumerzen gedachten ... oder auch nicht), ließ so manches Gegenüber gern einmal jeglichen Faden verlieren und hauptsächlich im Antlitz erröten.

    Im Augenblick war der Dress schwarz-weiß.

    »Wieso bin ich wie?«, fragte der Captain und hob eine Augenbraue.

    »So kindisch.«

    »Erstens stimmt das nicht, und zweitens: Ich wollte nur ein wenig das Eis brechen. Und drittens: Solltest du nicht einfach nur zuhören? Hatten wir das nicht so abgesprochen?« Dash nahm eine beinahe schon anständige Sitzposition ein. »Wenn wir wieder an Bord sind, muss ich mir deine Programmierung wohl noch mal vornehmen.«

    »Ohhh, na das ist ein Wort. Herzlich gern darfst du dir meine Programmierung vornehmen.«

    Die Frau veränderte ihre Sitzposition - beinahe schon hypnotisierend langsam - von „lasziv", wie eingangs bereits erwähnt, in „sehr lasziv" (Einzelheiten seien an dieser Stelle der Fantasie des Lesers überlassen).

    »Wer ist jetzt kindisch, hm?« Der Captain verzog den Mund. »Und jetzt schließ bitte den Kopf, Katee, der werte Herr Minister hat sein Anliegen noch nicht vortragen können.«

    »Programmierung?«, fragte Kluhtan immer noch sichtlich irritiert. »Wieso denn Programmierung?«

    »Nun ja ... „KT-259", oder Katee für ihre ... Freunde ...«

    Dash Derringer pausierte und grinste verschmitzt. Katee warf ihm einen erzürnten Blick zu.

    »... ist eine Androidin. Eine Gefälligkeits-Androidin, Modell „Kurtisane".«

    »Eine Gefälligkeits-Androidin?«, fragte der Minister und rutschte, leichtes Unbehagen ausstrahlend, nervös in seinem Sessel umher.

    »Kennt man das hier nicht? Meine Güte, Ihr seid wirklich weitab vom Schuss, was? Und das dürft Ihr gern wörtlich nehmen.«

    Dashs Gegenüber zog ein Tuch aus seiner Westentasche und tupfte sich den Schweiß von der Stirn.

    »Na ja, Katee ist programmiert auf gewisse ... Gefälligkeiten«, fuhr der Captain fort.

    »Wozu benötigt Ihr denn eine ... äh ... künstliche Dame für ... Gefälligkeiten?« Das Gestammel des Ministers konnte seine erweckte Neugier nicht sehr überzeugend verbergen.

    »Nun, eigentlich wurde sie mir als Nahkampfroboter mit Piloten-Erweiterung verkauft, aber da hat man mich leider ein wenig über’s Ohr gehauen.«

    »Ich beherrsche diverse Nahkampftechniken«, protestierte Katee.

    »Das, was du meinst, sind keine Nahkampftechniken. Das haben wir doch schon etliche Male durchgekaut.«

    »Durchgekaut noch nicht.«

    Die Androidin trug rot und grinste verschmitzt.

    »Katee! Genug jetzt!« Dash erhob die Stimme, beugte sich vor und stützte sich mit seinen Ellbogen auf den massiven Eichentisch. »Also, Herr Minister. Können wir jetzt bitte zum Thema kommen?«

    »Nun, äh ... also gut. Wenn ich Euch richtig einschätze, seid Ihr eher auf eine Kurzfassung aus. Liege ich damit vielleicht richtig?«

    »Siehst du, Liebes? Der gute Mann besitzt Menschenkenntnis.«

    »Ich besitze auch ...«

    »Ah, ah, ah!« Katee wurde jäh unterbrochen. »Weiter im Text. Herr Minister?«

    »Nun, dem ... äh ... Kaiser wurde etwas sehr Wertvolles aus seinem Besitz entwendet, und er möchte Euch anheuern, um es ihm zurück zu beschaffen.«

    »Okay, das war sehr kurz. Keine Prinzessin also?«, fragte Dash und stützte seinen Kopf ab.

    »Äh ... wie meinen?« Kluhtans dezente Fassungslosigkeit sollte an diesem sonnigen Nachmittag kaum mehr schwinden.

    »Na, es werden doch immer wertvolle Gegenstände oder Prinzessinnen entwendet«, erläuterte der Captain, ein wenig von der offensichtlichen Ahnungslosigkeit seines Gegenübers überrascht. »Und da Ihr von Besitz spracht und ich den Kaiser für einen derart fortschrittlichen Mann halte, dass er seine Tochter nicht als Besitz titulieren würde, schließe ich das einfach mal aus.«

    »Der Kaiser hat überhaupt keine Tochter, äh ...«, entgegnete Kluhtan, sich abermals den Schweiß von der Stirn tupfend.

    »Zumal ich auch nicht denke, dass die Tochter eines Kaisers eine Prinzessin wäre«, warf Katee ein. »Vielmehr würde man in einem solchen Fall ...«

    »Okay, ist ja gut«, unterbrach Dash die Androidin. «Dann halt nicht. Aber es sind immer Prinzessinnen, die entführt werden. Nie Herzoginnen. Oder Gräfinnen. Schon etwas verwunderlich, oder?«

    Der Captain kratzte sich an seiner stoppeligen Wange.

    »Und ich hätte so gern mal eine Prinzessin gerettet«, fügte er schmollend hinzu.

    »In diesem Falle ist es leider wirklich „nur ein Gegenstand«, fuhr der Minister fort. »Und ich setze das „nur in Anführungszeichen, da es sich - bedauerlicherweise - nicht nur um irgendeinen Gegenstand handelt, sondern um eine Waffe.«

    »Eine Waffe? Was denn für eine Waffe?«, fragte der Captain. »Und wieso kommt Ihro Majestät damit ausgerechnet zu uns? Wieso entsendet er nicht die kaiserliche Garde? Oder ist die „Prosecco-Clique" gerade anderweitig beschäftigt?«

    »Ähm ... Der Kaiser bestand ausdrücklich auf Euch, da er der festen Überzeugung ist, dass Ihr, und nur Ihr, am besten für diese Aufgabe geeignet seid«, sprach Kluhtan. »Auf weitere Einzelheiten, die Art und Beschaffenheit der entwendeten Waffe betreffend, wollte er nicht näher eingehen. Es sei ... nun ... etwas sehr persönliches.«

    »Na, jetzt wird es aber interessant.« Dash Derringer lehnte sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust.

    »Interessant ist nicht unbedingt das richtige Wort. Vielmehr „ungewöhnlich". Besonders ungewöhnlich ist nämlich der Ort, wohin die Waffe gebracht wurde.«

    »Moment mal.« Der Captain stützte erneut seine Ellbogen auf dem Tisch ab. »Ihr wisst, wo die Waffe ist?«

    Der Minister kniff die Augen zusammen und senkte seine Stimme. »Sagt Euch der Begriff Time Dwarf’s Inn etwas?«

    Plötzliche Stille. Dash’s Kinnlade war am Boden.

    Katee trug nun transparent.

    Kluhtan errötete.

    * * *

    Abgang, Bühne links.

    Szenenwechsel.

    Der Wilde

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