Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Herrschaft der Clans - Die Rastlosen (Buch 6): LitRPG-Serie
Herrschaft der Clans - Die Rastlosen (Buch 6): LitRPG-Serie
Herrschaft der Clans - Die Rastlosen (Buch 6): LitRPG-Serie
eBook572 Seiten6 Stunden

Herrschaft der Clans - Die Rastlosen (Buch 6): LitRPG-Serie

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Rosgard muss dringend leveln und sich neue Fähigkeiten aneignen, um den einzigartigen Zauber, in dessen Besitz er gelangt ist, wirken zu können. Doch wieder einmal durchkreuzt Waldyra seine Pläne und lockt ihn in ein neues Abenteuer. Wie könnte er sich auch die Chance entgehen lassen, einen geheimnisvollen und unerforschten Ort, das Land auf der anderen Seite, zu besuchen?

Selbst mit dem mächtigsten Clan Waldyras – den Rastlosen – an seiner Seite verspricht diese Reise eine beschwerliche zu werden. Dennoch hat Rosgard kaum eine andere Wahl. Schließlich ist sein Haustier Tyrann, das schwarz-weiße Wolfsjunge, einer der Schlüssel zum Land auf der anderen Seite. Natürlich lässt Rosgard auch das berühmte Item-Set, die Silberne Legende, keine Ruhe. Er erhält neue Informationen über einige der Artefakte, die zu dem Set gehören, und muss schnell handeln, damit ihm nicht jemand zuvorkommt, der gerissener spielt als er.

Außerdem hat er eine Menge anderer Probleme, um die er sich kümmern muss – sowohl in Waldyra als auch im wirklichen Leben. Rosgard wird sich sehr anstrengen müssen, um den Anspruch auf den Titel des Großen Navigators nicht zu verlieren.
SpracheDeutsch
HerausgeberMagic Dome Books
Erscheinungsdatum28. Sept. 2022
ISBN9788076198043
Herrschaft der Clans - Die Rastlosen (Buch 6): LitRPG-Serie

Mehr von Dem Mikhailov lesen

Ähnlich wie Herrschaft der Clans - Die Rastlosen (Buch 6)

Titel in dieser Serie (8)

Mehr anzeigen

Ähnliche E-Books

Fantasy für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Rezensionen für Herrschaft der Clans - Die Rastlosen (Buch 6)

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Herrschaft der Clans - Die Rastlosen (Buch 6) - Dem Mikhailov

    Erster Teil. Das Land auf der anderen Seite ist nicht das Ende

    Erstes Kapitel

    Ich kam, fiel und siegte

    WIR FANDEN NIE heraus, ob unser kahlköpfiger Elf es geschafft hatte, das Wollhaarmammut Callowan in die Luft zu jagen.

    Natürlich wäre ein Lebewesen nicht wortwörtlich explodiert. Aber schon ein angesengtes Mammut hätte durchdrehen und uns viel Ärger bereiten können. Wenn ich es mir recht überlegte, wäre das vielleicht sogar besser für uns gewesen. Das Land auf der anderen Seite war ein unwirtlicher Ort. Unsere Probleme begannen in der Sekunde, in der wir dort landeten.

    Die tausenden spiralförmigen Sterne blitzten kurz und hell auf und wir hörten ein lautes Brummen. So laut, dass es beinahe Orbit übertönte, der immer noch seinen Countdown brüllte. Bei eins sah ich, wie der Sternenhimmel in Stücke zerbrach. Die unerbittlichen Gesetze der Schwerkraft hatten uns nun wieder fest im Griff.

    Helles Sonnenlicht blendete uns. Ich war erleichtert, als ich den gewohnten azurblauen Himmel über mir erblickte, mit hier und da einer verirrten Zirruswolke. Danach verwandelte sich alles ringsum wieder zu einem riesigen Strudel und unsere Bruchlandung nahm ihren Lauf. Die Mammuts tröteten in Panik. Sie hatten keinen festen Boden mehr unter den Füßen und ihre Körper wurden gegen die dünnen Stäbe gepresst, die den Weidenkäfig bildeten.

    Oh mein Gott. Wir stürzen ab! Dieser Gedanke ging mir mit einigen Millisekunden Verspätung durch den Kopf.

    „Haltet euch fest!", schrie ich aus Leibeskräften. Doch stellte ich im selben Augenblick fest, dass die Leute um mich herum bereits präzise Befehle brüllten, die im krassen Gegensatz zu meinem dilettantischen Ausruf standen.

    „Springt! Springt!, bellte der Blutrote Luchs. „Springt alle raus! Nicht trödeln!

    „Pterodaktylen! Abflug!, kommandierte eine Frauenstimme im selben Ton. „Abflug, alle zusammen!

    Ein lauter Schrei ertönte, und in der Ferne blitzte ein riesiger orangefarbener Schatten auf, der abrupt nach rechts abbog. Einige Spieler schienen sich an seinem schuppigen Rücken festzuhalten. Es gab einen Ruck. Ich stürzte und riss Zoff, die meine Hand fest gepackt hatte, mit mir. Zusammen mit Tyrann purzelten wir aus dem Weidenkäfig, der noch immer durch die Luft wirbelte.

    „Mir nach!", brüllte ich.

    Vor meinen Augen tauchte braune Erde mit hier und dort ein paar grünen Sprenkeln auf. Kyre hielt sich an mir fest, und ich hielt mich an meinem legendären Wolf Tyrann fest. Der wiederum heulte laut, um seinen extremen Unmut über diese Art der Fortbewegung auszudrücken.

    Immer wieder splitterten Holzstücke aus dem Käfig, der noch über uns hing. In unregelmäßigen Abständen stürzten Spieler und Tiere heraus. Eines der Breitmaulnashörner kam herab gerauscht, schnell wie eine Bombe, Horn nach unten, empört brüllend. Fliegende Gegenstände und Tiere holten uns in halsbrecherischem Tempo ein, da sie viel schwerer waren.

    „Streck die Arme aus!", schrie Kyre.

    „Und soll ich auch damit schlagen wie eine Gans? Oh, verdammt! Callowan!"

    Callowan, das Mammut, stürzte direkt auf uns. Seine stämmigen Beine zuckten und der dicke Rüssel reckte sich verzweifelt in die Höhe, als ob er versuchte, etwas zum Festhalten zu finden. Wir ruderten unsere Körper zur Seite und schafften es gerade noch, der prähistorischen Kreatur auszuweichen. Das Mammut verfehlte uns um Haaresbreite. Der Held, der die Kreatur steuert, hatte auf deren Kopf Platz genommen – in Schlabberhosen und mit funkelnder Glatze, wie üblich. Wir hörten seine selbstsichere und entschlossene Stimme, die Befehle erteilte, die so abwegig waren, dass ich kurz vergaß, dass wir eben aus enormer Höhe herabstürzten.

    „Deine Ohreeen! Beweg deine Ohreeen! Schwanz nach liiinks! Und trompeteeen!"

    „Ooorbit!", heulte ich.

    Der Pilot des behaarten Flugzeugs mit Rüssel hörte mich nicht. In ungebrochenem Sturzflug sausten die beiden in Richtung Erde. Orbit versuchte dabei lautstark, sein fliegendes Mammut zu retten.

    „Turbinen an!", kommandierte unser Held mit fester Stimme, und das schwere Mammut strudelte an uns vorbei, immer noch im freien Fall, und verfolgte das Breitmaulnashorn so schnell, als wäre es ein Wettrennen.

    Teile des Holzkäfigs hatten uns in der Zwischenzeit eingeholt, ebenso wie schreiende Spieler, lange Schlangen, die durch die Luft trudelten, und ein Haufen anderer Tiere. Kyre kickte einen prall gefüllten Sack von uns weg, und ich konnte gerade noch einem riesigen, mit nassem Schlamm bedeckten Speer ausweichen.

    „Liebster Ros, brüllte Zoff in mein Ohr und hielt sich nun an meinem Hals fest. „Da wir noch nicht gelandet sind, sag mir eines... Liebst du mich?

    „Ist das der beste Zeitpunkt, um eine solche Frage zu stellen?", stöhnte ich. Tyrann, der mir beizupflichten schien, stimmte ein empörtes Heulen an.

    „Ihr Miesepeter! Kyre schnaubte. „Jetzt ist der beste Zeitpunkt! Ros, nach rechts! Alle zusammen!

    Ich warf einen schnellen Blick zu Boden, begriff, was sie meinte, und ruderte nach rechts, wobei ich mich mit einem Arm am zotteligen Rumpf des Wolfes festhielt. Nun hatte ich ein grünes, anstelle des braun gesprenkelten quadratischen Feldes vor Augen. Wir fielen tatsächlich auf ein grünbraunes Schachbrett. Ein Spiel um Leben und (vorübergehenden) Tod. Die armen Kerle auf den braunen Feldern empfing einen harter, unbarmherziger Boden. Glücklicherweise steuerten wir auf ein grünes Feld zu: Wasser. Wasser, das unsere Rettung sein würde, wenn es nur tief genug war. Ich hoffte inständig, dass es nicht auch hier einen Haken gab – ein gefräßiges Monster von Loch Ness zum Beispiel.

    Dicht bei uns schlugen Flugsaurier mit den gewaltigen Flügeln. Offensichtlich befolgten sie jemandes Anweisung. Sie packten Schlangen, die sich noch immer hilflos im freien Fall wanden, und trugen sie fort, um sie über den grünen Feldern fallenzulassen. Sie taten dasselbe mit Spielern und brachten sie von ihren todbringenden Kursen ab. Aber wer erteilte hier so schnell Befehle, da doch jeder Clan für sich selbst kämpfte?

    „I believe I can flyyy!", frohlockte Doc in der Ferne, drehte dabei bereits ab und steuerte auf eine der Wasserflächen zu. Bislang hatte ich keine anderen Mitglieder meines Teams entdeckt, mit Ausnahme von Orbit, der bereits in Begleitung von Callowan, dem Mammut, einem unbekannten Schicksal erlegen war.

    „Halapuertulpen! Halapuertulpen!", rief ein mir unbekannter Spieler aus dem Team der Rastlose und starrte durch ein kupfernes Fernrohr auf den sich nähernden Boden. Ein Kräutersammler? Ein Verrückter? Oder beides?

    „Juhuiii!", kreischte ein Achyloten-Spieler und versuchte, mit seinen Schwimmhäuten zu manövrieren. Ich hatte ihn vorher gar nicht bemerkt. Eine junge Frau derselben Rasse über dem Spieler tat es ihm gleich. Beide gehörten zu den Architekten. Wasserliebende Rassen in einem Landrattenclan? Wir hatten schon einige Überraschungen erlebt, bevor wir überhaupt gelandet – oder aufgeschlagen – waren. In der Ferne schienen noch ein paar Achyloten, die zu den Rastlosen gehörten, in der Luft zu rudern.

    Der Käfig brach nun völlig auseinander. Trümmer flogen in alle Richtungen und die letzten Passagiere verließen den berstenden Bauch.

    Es gelang mir, einige weitere Details zu erkennen: fest verschlossene Kisten, Säcke, riesige Taschen. Dann endete unser Flug und wir plumpsten in das mit einem Teppich aus Wasserlinsen bedeckte Wasser. Die Wasserlinsenschicht musste unglaublich dick gewesen sein, doch wir nahmen sie kaum wahr, als wir in die dunkle Tiefe eintauchten. Kyre versuchte sofort, an die Oberfläche zu gelangen, und Tyrann paddelte unter ihr um sein Leben. Ein Balken, der die verbleibende Sauerstoffmenge anzeigte, erschien vor meinen Augen. Ich schaffte es trotz der allgemeinen Aufregung, Kyre nach unten zu ziehen, während mein Blick auf den leuchtend grünen Wasserlinsenteppich über uns gerichtet war. Die Oberfläche wurde immer wieder von Spielern, Tieren und Gegenständen durchstoßen. Sie alle hätten uns getroffen. Das Wasser sprudelte und blubberte. Wir setzten unsere Arme und Beine ein, um nicht zu ertrinken, warteten etwa zehn Sekunden und beschlossen dann, aufzutauchen. Zum Glück hatte sich der Hagel von schweren Gegenständen und Lebewesen bereits gelegt.

    Die Schatten zweier Achyloten glitten anmutig vorbei. Sie sahen aus wie Raubfische auf der Jagd.

    Einige qualvolle Augenblicke später durchbrach mein Kopf den Wasserlinsenteppich. Gierig sog ich die Luft des Lands auf der anderen Seite ein und achtete nicht auf den schrecklichen Lärm rings um mich. Einige hatten wohl weniger Glück gehabt als wir und mussten eine harte Bruchlandung hinnehmen.

    HERZLICHEN GLÜCKWUNSCH!

    Ihr seid die ersten Helden, die das Land auf der anderen Seite erreicht haben, einen geheimnisvollen Ort.

    Ihr hattet etwas Pech!

    Und doch könnt ihr mithilfe von Widerstandskraft und Mut alle Hindernisse überwinden.

    Ihr seid Wegbereiter!

    Ein Pionier zu sein, ist immer mit Strapazen verbunden. Diejenigen, die in eure Fußstapfen treten, werden es leichter haben.

    Debugs:

    Physischer Schaden, der den Bewohnern dieser Ländereien zugefügt wird, um 25 % verringert.

    Magischer Schaden, der den Bewohnern dieser Ländereien zugefügt wird, um 25 % verringert.

    Chance, Beute von den Monstern zu erhalten, die du tötest, um 25 % verringert.

    Chance, kritischen physischen oder magischen Schaden zu verursachen, um 25 % verringert.

    Chance, erfolgreich Ressourcen zu sammeln, um 25 % verringert.

    Von Monstern verursachter physischer Schaden um 25 % erhöht.

    Von Monstern verursachter magischer Schaden um 25 % erhöht.

    Qualität der Kartografie um 25 % verringert.

    Reisegeschwindigkeit in jedem Fall um 10 % verringert.

    Die Geschwindigkeit der Trefferpunkte- und der Manaregeneration wird um 10 % verringert.

    Die Debugs gelten für: 23:59:59.

    Boni:

    Antike Artefakte: Ja.

    Aktueller Zustand und Menge: 5/5.

    Verfügbarkeit von alten, nicht magischen Fertigkeiten und Rezepten: Ja.

    Aktueller Zustand und Menge: unbekannt.

    Verfügbarkeit von altem magischem Wissen: Ja.

    Aktueller Zustand und Menge: unbekannt.

    Einzigartige, noch nie dagewesene Monster: Ja.

    Die Anzahl der Arten: Unbekannt.

    Anzeichen für die frühere Anwesenheit der ausgestorbenen Rasse der „Großen": Unbekannt.

    Zur Erinnerung!

    Es gibt viele Gilden, die bereit sind, für jede einzigartige Trophäe oder Fertigkeit, die du hier findest, einen hohen Preis zu zahlen!

    Eine einzigartige Leistung!

    Du hast die folgende Errungenschaft erhalten: Wegbereiter!

    (Diese Errungenschaft hat keine Stufen und kann nicht upgegradet werden).

    Diese Errungenschaft gilt nur für Abenteurer, die einen Weg zu einem bisher unentdeckten Ort gefunden haben!

    HERZLICHEN GLÜCKWUNSCH!

    Deine Belohnung: Die kunstvoll grob geschnitzte Holzfigur eines müden Reisenden, der in die Ferne blickt.

    Gegenstandsklasse: Selten.

    Objektstatus: Sammlerstück.

    ACHTUNG!

    Der Hüter dieser Ländereien ist noch nicht vernichtet worden!

    Sei wachsam!

    ACHTUNG!

    Status Flora und Fauna: E. A. E. G.

    „Verdammt! Verdammt! Mir fiel nichts Besseres ein, während ich Wasserlinsen hustete und mich prustend dem Ufer näherte. Ich schwamm, ohne mich bewegen zu müssen, denn Tyrann spielte Wassertaxi. Er paddelte kraftvoll in Richtung Festland und zog mich mit. Kyre hielt sich am Hals ihres Gürteltiers fest und sah dabei aus wie eine entstellte Wasserschildkröte. „Hast du die Nachricht auch bekommen, Kyre? Der lokale ‚Big Papa‘ ist immer noch unbesiegt.

    „Könnte auch eine Big Mama sein..., gab unser Paladin zurück und sah mich durch die T-förmige Öffnung im Visier ihrer dunkelblauen Barbuta an. Ein langer, durchnässter Umhang in der gleichen Farbe und ohne jegliche Markierungen wallte hinter ihr im Wasser. „Wir sind die Ersten. Mögen die Götter uns davor bewahren, dem Beschützer dieses Territoriums zu begegnen, so wie wir gerade angekrochen kommen. Aber sollten wir es schaffen, ihn zu killen, wäre das...

    „Oh ja", sagte ich und schnaubte.

    Alle Gebiete von Waldyra hatten einst über Beschützer verfügt. Dabei handelte es sich um absolut einzigartige Mobs jeder Art, jeder Größe und mit allen Eigenschaften, die man sich nur vorstellen konnte. Sie konnten nur einmal getötet werden und respawnten nicht.

    Früher konnte man auf einen Beschützer stoßen, sobald man seine Stadt verließ und eine solche Begegnung musste nicht unbedingt tödlich enden. Da gab es zum Beispiel die Hasenhügel, die von einer Heerschar grauer und weißer Kaninchen bevölkert waren. Sie fanden in tiefen Gängen zwischen den Büschen Unterschlupf und gediehen dort prächtig. Unter ihnen befand sich auch ein pechschwarzes Kaninchen, das dreimal so groß war wie der Rest. Nicht gerade ein „Big Papa". Ganz nett, aber auch irgendwie unspektakulär. Doch meistens war es ein Kunststück, einen der Beschützer zu erlegen – man bekam einen Haufen Beute und eine Errungenschaft sowie die Chance, etwas wirklich Einzigartiges, wenn auch nicht unbedingt Nützliches, zu finden.

    Einzelne oder mehrere Begegnungen mit den Beschützern waren das Privileg der allerersten Spieler. Derjenigen, die den sicheren Heimathafen verließen und direkt in die Terra Incognita eintauchten. Für unsere Spielergeneration waren solche Errungenschaften nahezu unmöglich. In dieser Hinsicht war es genau wie in der wirklichen Welt: Beinahe jeder Ort war bereits von jemand anderem erkundet worden. Die ersten Spieler waren Pioniere gewesen. Wir nur Touristen. Doch mit unserer Ankunft hier änderte sich das. Ich wurde wider Willen selbst zum Pionier.

    Die Beschützer wurden zwar als „Mamas und „Papas bezeichnet, hegten aber keinerlei väterliche oder mütterliche Gefühle und waren oft sogar in der Lage, noch weitere Höllenwesen ihres Territoriums auf den Plan zu rufen. Was das legendäre Land auf der anderen Seite anging, war ich mir ziemlich sicher, dass der hiesige Beschützer nicht so etwas wie das bereits erwähnte pechschwarze Kaninchen war. Es war jedenfalls etwas Einzigartiges, und wahrscheinlich würden wir von Glück reden können, wenn wir nicht auf die betreffende Kreatur trafen. Selbst wenn es sich um ein friedliches Tier wie einen einzigartigen Bison oder ein Faultier handelte, das den ganzen Tag in einer Astgabel hing und schlief.

    Der Wolf hatte das Ufer erreicht, dessen Wasser so klar war, dass es aussah wie im Schwimmbad, und sprang elegant an Land. Ich folgte ihm in einem viel langsameren Tempo.

    „Es muss irgendwo einen Unterschlupf geben", wisperte Kyrea, die sich hinter mir aus dem Wasser geschleppt hatte.

    „Da hast du bestimmt recht", murmelte ich ebenso leise.

    Jeder Beschützer besaß einen Unterschlupf – eine Höhle, ein Nest, eine Schlucht, manchmal auch nur ein paar Büsche. Und dort gab es auf jeden Fall einen Haufen Beute in allen möglichen Größen. Darunter auch Ausrüstungsgegenstände, vor allem, wenn der betreffende Beschützer eine Art Raubtier war. Aber auch Pflanzenfresser konnten einzigartige Gegenstände von guter Qualität hervorbringen.

    Allerdings stammten meine Informationen aus Gesprächen in Tavernen, aus Büchern und Foren. Es war das erste Mal, dass ich mich selbst in der Rolle eines Pioniers wiederfand.

    „Aber wir werden nicht danach suchen, oder?", fragte Zoff.

    „Bestimmt nicht! Ich schüttelte vehement den Kopf. „Die anderen werden das auf jeden Fall tun. Sie werden die Bestie mitsamt ihrer Höhle suchen, in der Hoffnung, einen Haufen hochwertiger Gegenstände zu finden. Vielleicht sogar ein paar einzigartige. Aber was ist mit unseren Mitstreitern? Ich hoffe, dass keiner von ihnen nach dem Sturz jetzt als ein Häufchen Eingeweide daliegt und kampfunfähig ist. Und, überhaupt, wo werden sie respawnen?

    „Die Frage stellt sich nicht!"

    Ich war froh, das wohlbekannte dröhnende Organ von Bom, dem Halbork, zu hören. Unser Mule war am Leben. Bom spuckte einen Schwall Wasser aus und schüttelte sich wie ein nasser Hund. „Was soll mit dem Respawn-Punkt sein?"

    „Ich habe mich nur gefragt, wo wir im Falle eines Falles respawnen würden, erklärte ich abwesend, während ich mich zum ersten Mal genau umsah. „Ich habe von oben keinen Respawn-Punkt bemerkt. In diesem Fall reibt sich der Gewinner die Hände, und der Verlierer schaut durch die Finger, was alles noch schlimmer macht. Hey! Kray! Callen! Doc! Orbit! Geht’s euch gut?

    „Es gibt keinen Respawn-Punkt!, erklärte ein mir unbekannter Zwerg aus dem Clan der Rastlosen im Vorbeilaufen. „Einer unserer Magier ist auf einem verdammten Felsen gelandet. Er ist hier abgestürzt. Jetzt sitzt er wieder auf dem ‚Festland‘. Nackt. Auf einem anderen Felsen. Und zieht Bilanz über seine Verluste.

    „Danke!, sagte ich. „Klingt scheiße.

    „Ist auch scheiße!" Eine leidenschaftliche Frauenstimme, die mir mittlerweile nur allzu vertraut war, ertönte von hinten.

    Ich drehte mich um und wäre beinahe aus den Latschen gekippt. Ich sah einen schimmernden Nebelschleier, der sich sogleich verdichtete und sich dann in eine schlanke, in schwarzes Leder gekleidete Silhouette verwandelte. Die Baronin! Zumindest vermutete ich das, denn sie hatte weder einen lesbaren Spitznamen noch andere Informationen über ihren Kopf. Der untere Teil ihres Gesichts war von einer Maske bedeckt, die bis zu ihren Augen reichte und wie ein abscheuliches Tiermaul aussah, mit gebleckten Reißzähnen und allem, was dazugehörte. Ihre großen Pupillen stierten mich an. Die Luft um sie herum schimmerte wie ein Hitzeschleier, obwohl ich keine Wärme spürte.

    Die Baronin glitt schwerelos an mir vorbei und lief in die Richtung, aus der die aufgeregten Stimmen kamen.

    „Kyre, flüsterte ich. „Das hast du doch auch gerade gesehen, oder?

    „Die schwarze Baronin."

    „Ich frage mich, was ihre Charakterklasse ist."

    „Oh, weißt du das denn gar nicht? Meine Freundin warf mir einen überraschten Blick zu und tätschelte dann gedankenverloren den gepanzerten Kopf ihres Haustiers. „Darum rankt sich doch eine weitere der Legenden Waldyras, oder eher ein Gerücht. Die Schwarze Baronin hat ihr Handwerk beim Todesdünenclan gelernt. Nimmt zumindest jeder an, aber niemand weiß es genau. Aber nur dort gibt es diese Charakterklasse. Sowohl Krieger als auch Kampfmagier.

    „Mit ihrer verdammten Maske sieht sie jedenfalls aus wie ein Ninja!"

    „Genau das ist sie, sagte Kyre und nickte mit ernster Miene. „Auch wenn es diese Klasse offiziell nicht gibt. Laut Gerüchteküche heißt es, sie habe sich irgendwie in den Todesdünenclan eingeschlichen und es geschafft, sich von ihnen ausbilden zu lassen. Das ist keine Fähigkeit, die man mal eben in einer Gilde erlernt, indem man ein paar Goldstücke berappt und irgendeinen Wälzer begrapscht. Sie hat eine umfassende Ausbildung erhalten, die ganz bestimmt mehr als nur eine oder zwei Wochen gedauert hat. Manche sagen, sie habe ein ganzes Jahr lang dort im Sand trainiert und alle möglichen geheimen Fähigkeiten erlernt, aber das glaube ich nicht. Ein Jahr im Spiel verbringen, mit nichts anderem als Trainingsübungen in Kasernen, die in einer Wüste versteckt sind? Ergibt für mich keinen Sinn. Wer würde so etwas tun? Das ist doch eine Verschwörungstheorie. Einige glauben diese Geschichte aber und haben sogar versucht, ihr das Kunststück nachzumachen. Natürlich mit bösem Ende.

    „Na ja, antwortete ich nachdenklich. „Sie stammt eben aus einer eigensinnigen und exzentrischen Familie. Mit anderen Worten: interessaaant. Der Todesdünenclan... ich habe den Namen schon einmal gehört, da bin ich mir sicher.

    „Mir wäre es lieber, wenn du dich jetzt auf diese E. A. E. G.-Geschichte hier konzentrieren würdest."

    „Warum sollte ich? Ich habe noch nie davon gehört. Keine Ahnung, wie sich dieser Status äußert."

    „Ich hatte bereits ein paar Erlebnisse damit. Wir halten uns besser an die Jungs und Mädels auf hohem Level, sonst sind wir erledigt."

    E. A. E. G. stand für „extreme Aggression ersten Grades".

    Meine Kenntnisse des Phänomens waren jedoch äußerst begrenzt. Als ich Kyre sagte, dass ich so etwas noch nie erlebt hatte, war das die Wahrheit. Es gab drei Aggressionsgrade, wobei der erste der härteste war. Wir befanden uns also in einem absoluten Albtraum, denn sogar die Pflanzen hier waren genauso aggressiv wie die Mobs. Es dauerte nicht lange, bis die Spieler das Akronym in S.N.A.F.U. änderten, und das entsprach genau dem, was man erwarten konnte: Situation Normal, All Fucked Up.

    Das Land, in dem wir gelandet waren, war uns absolut feindlich gesonnen. Als würde man freiwillig durch ein mit konzentrierter Schwefelsäure gefülltes Becken schwimmen.

    Der einzige Grund, warum wir jetzt eine Verschnaufpause einlegen konnten, war, dass wir an einer Art Startpunkt gelandet waren, der uns die Möglichkeit gab, uns auf das Unbekannte und die unvermeidlichen Schwierigkeiten vorzubereiten.

    „Hey!", rief ich noch einmal und sah mich um. Ich sah nur Kyre und Bom. Vom Rest fehlte jede Spur, und ich fragte mich, ob meine Kameraden vielleicht eine harte Landung gehabt hatten.

    Das Gelände war so flach wie eine Tischplatte und sah aus wie ein riesiges Schachbrett. Gute Sicht, durch nichts beeinträchtigt. Doch alles, was ich bis jetzt sehen konnte, war eine brodelnde Masse von Spielern und Tieren im Wasser. Einige von ihnen hatten sich bereits erfolgreich aus dem Chaos gelöst und krabbelten nun an Land, prustend, grunzend und wütend. Vier Krieger-Spieler zogen schwitzend und fluchend an einem dicken Seil, das um das Breitmaulnashorn gebunden war, und versuchten, es über das steile Ufer aus dem von der Natur geschaffenen, beinahe quadratischen Schwimmbecken zu ziehen. Sie kamen dem Erfolg immer näher, Zentimeter für Zentimeter.

    Einige Meter von mir stampften gemächlich zwei Mammuts vorbei. Wasser floss ihnen in dicken Rinnsalen aus dem wolligen, mit Wasserlinsen bedeckten Fell. Spieler beider Clans wuselten um sie herum. Gleich vier Heiler hatten die Hände ausgestreckt und heilten die Tiere mit ihrer Magie.

    Von hinten ertönte ein Trompetenruf, und ich war erleichtert, als ich den Kopf drehte und ein weiteres Mammut sah. Es war Callowan, auf dessen Kopf unser kahlköpfiger Elf stand, ein breites Grinsen im Gesicht. Ich hatte keine Ahnung, wie sie es geschafft hatten, zu landen, aber dem nassen Fell und der Wasserlinsenpanade nach zu urteilen, waren sie an einem der „Survival-Punkte gelandet. Offenbar brauchte Callowan nicht dringend Heilung, denn er bewegte seine enorme Masse energisch und blinzelte munter in die Welt. Orbit war es also tatsächlich gelungen, sein „Flugzeug sicher zu landen.

    Kray saß hinter dem Elfen auf dem breiten Rücken des Mammuts, und dahinter Callen, die sich an seiner Taille festhielt. Der Zwerg sah etwas mitgenommen aus, aber die Magierin Callen ließ das wohlbekannte weiße Licht der Heilung um ihn strahlen. Die Haustiere der beiden folgten dem riesigen Mammut, das auf seinem Rücken keinen Platz mehr für sie gehabt hatte. Nur Orbits zweiköpfiger Papagei saß auf der Schulter seines Besitzers. Es dauerte eine Weile, bis ich erkannte, dass sich an jedem von Callowans Ohren ein Geist festhielt und ein weiterer um den vernarbten Kopf des kahlen Elfen seine gruseligen Bahnen zog.

    Also gut, jetzt hieß es planen.

    Automatisch zählte ich meine Freunde. Kray, Callen, Orbit und Bom. Mit Kyre und mir sechs, alle gesund und munter.

    Doc blieb verschollen, aber ich machte mir keine zu großen Sorgen, da ich beobachtet hatte, wie ein Pterodaktylus ihn in eine sichere Landezone getragen hatte.

    „Hey, Leute!"

    Wenn man vom Teufel sprach. Auch Doc war quicklebendig, spuckte und schüttelte Wasserlinsen ab, während er auf uns zueilte. Um seinen Hals wand sich seine Schlange, die von einer echten Göttin gesegnet worden war und in den letzten Stunden einen regelrechten Wachstumsschub hingelegt hatte.

    Alle anderen hatten uns inzwischen ebenfalls erreicht, auch Callowan, das Mammut. Unser Heiler aktivierte seine Auren, um uns zu heilen und unsere Regeneration zu verbessern. Die Luft füllte sich augenblicklich mit heilender Kraft, die niemanden verschmähte – nicht einmal Callowan. Das flauschige Ungetüm schüttelte den Kopf mit der breiten Stirn, als ob er seine Dankbarkeit ausdrücken wollte, und dann klopfte er unserem Heiler sogar mit dem Rüssel auf den Rücken. Doc schaffte es kaum, sich dabei auf den Beinen zu halten, aber er nahm dem Mammut seine kräftige Geste der Zuneigung nicht übel.

    „Wir sind also alle hier, fasste ich zusammen. „Und alle scheinen zu leben. Den Haustieren … Ich machte eine Bestandsaufnahme der Wesen, die uns umgaben. „… geht es auch gut. Also, wollen wir uns mal umsehen?"

    „Warte mal, Rooos", sagte Orbit leise und hielt mich mit einer Geste auf, die nur wir beide sehen konnten.

    „Was ist denn los?" Ich blieb stehen und drehte mich zu ihm um.

    „Wir sollten ausweichen. Dort rüüüber. Der spindeldürre Finger des großen Elfen deutete auf den nahe gelegenen Käfig, in dem keiner der Spieler, die im Land auf der anderen Seite angekommen waren, mehr zu sehen war. „Sonst sind wir Kollateraaalschaden.

    „Kollateralschaden?", fragte Kray unwirsch. Die Magierin, die in der Nähe stand und Orbit gehört hatte, sah den Elfen ebenfalls überrascht an.

    „High Noon?", fragte ich sachlich.

    „Yeeep..."

    „Okay, Leute, wir packen Callowan am Rüssel und gehen dort rüber, wie unser glatzköpfiger Freund sagt, befahl ich und ging mit gutem Beispiel voran in die besagte Richtung. „Glaubst du, es wird ein Gefecht zwischen ihnen geben, Orbit?

    „Aaabsolut. Jetzt lecken sie noch ihre Wuuunden. Aber wenn sie damit feeertig sind... Ich meine, hier gibt’s keinen Respaaawn-Punkt."

    Da musste ich ihm recht geben. Der Ort war ideal für ein derartiges Kräftemessen, denn keiner der toten Spieler könnte respawnen, und keiner der beiden Clans auf Unterstützung aus den eigenen Reihen zählen. Wir waren auf uns allein gestellt, und nur die Überlebenden würden weitermachen können. In Anbetracht unseres enormen Level-Unterschieds wären wir dumm, wenn wir uns daran beteiligen würden. Denn unser Beitrag wäre minimal, die Folgen aber verheerend.

    „Passt nur auf, dass ihr ruhig bleibt, fügte Kyre hinzu, die bereits an meiner Seite war. „Dreht euch nicht um, lauft nicht zu schnell, diskutiert nicht laut über hochkarätige Spieler und schließt um Himmels willen keine Wetten darüber ab, wer wem den Arsch versohlen wird. Das Letzte, was wir jetzt für unsere kleine Gruppe brauchen, ist ein Flächenschaden-Zauber. Es hat schon viele Fälle gegeben, in denen es genau diejenigen, die das meiste Interesse an den Scharmützeln anderer Clans hatten, gleich als Erste erwischt hat.

    Wir gingen nicht weit, vielleicht 15 Meter, bis zum Schachbrettfeld gleich nebenan, um den beiden näher kommenden Clan-Blöcken aus dem Weg zu gehen. Das allgemeine Chaos hatte sich gelegt, und die Rettung der Spieler, die zu ertrinken drohten, war erfolgreich abgeschlossen. Der Keil, der zwischen die Mitglieder des einstigen Teams getrieben wurde, war nun immer deutlicher sichtbar, und die Kluft wurde von Minute zu Minute größer. Charaktere der Kriegerklassen mit ihrer hohen Trefferpunktezahl versammelten sich im Niemandsland zwischen den Teams beider Clans und bildeten auf unauffällige Weise die Vorhut. Oh Mann! Orbit hatte recht gehabt. Wir wurden eben Zeugen der Vorbereitungen für einen Showdown. Wie dumm! Es gab wohl keinen schlechteren Zeitpunkt – oder einen schlechteren Ort – für einen Konflikt. Anstatt den Streit zwischen den beiden Clans zu vergessen, rasselten die Rastlosen und die Architekten ausgerechnet hier, im Land auf der anderen Seite, mit den Säbeln. Idioten!

    Ein riesiger Schatten zog blitzschnell an uns vorbei. Die leuchtend gelben Flügel gaben ein lautes Klatschen von sich. Dann landete der legendäre Drache direkt neben uns. Zwei seiner Reiter stiegen ab – der Ritter in glänzender goldener Rüstung und der stämmige Zwerg. Ein lautes Kreischen ertönte, als eine weitere legendäre Kreatur aus dem Untergrund auftauchte und sich augenblicklich wie eine Steinmauer um ihren Besitzer wickelte. An der Stelle, an der das Felsmonster aufgetaucht war, blieb ein riesiger Krater zurück.

    „Ross!" Der goldene Ritter der Architekten lächelte und bot uns den traditionellen Karate-Gruß. Der Besitzer des Felsenwurms schwieg und nickte nur mürrisch. Ein wortkarger Typ.

    „Deine Interessen sind eindeutig, sagte ich mit einem Blick auf Murkchrom und sah dann Florian an. „Aber was ist mit dir? Du bist doch angeblich ein großer Clan-Krieger der Architekten. Warum schlägst du dich nicht auf ihre Seite?

    „Ich bin hier, um mir die legendäre Ausrüstung für meinen Kleinen zu holen, antwortete er. „Das habe ich allen im Voraus gesagt, auch meinem Clanführer und der Schwarzen Baronin. Ich will nicht zwischen die Fronten geraten. Soll ich etwa die Chance, legendäre Ausrüstung für mein Haustier zu bekommen, vertun, nur um an einem weiteren Clan-Scharmützel teilzunehmen? Blöd wäre ich! Murkchrom sieht das genauso. Und auch du stimmst uns zu, nicht wahr?

    „Tue ich. Ich bin nur wegen der Ausrüstung hier."

    Florian sagte definitiv die Wahrheit. In einem solchen Moment die Chance auf legendäre Ausrüstung zu vergeuden, wäre reine Idiotie. Und Florian war definitiv kein Idiot. Gerissen war er. Süßholz raspelte er gut und mit Hingabe. Vielleicht war er auch ein wenig rachsüchtig. Aber er war kein Dummkopf, und er wusste, wann man eine Chance nicht an sich vorbeiziehen lassen durfte.

    Abgesehen davon brachte ein legendärer Drache seinem Clan viel, doch ein Drache mit legendärer Ausrüstung wäre ein noch größerer Vorteil.

    „Was ist, wenn die Rastlosen gewinnen?, wollte Doc wissen. „Und sich dann gegen dich wenden?

    „Ich habe das Wort der Baronin, sagte der Ritter und schüttelte den Kopf. „Und sie steht zu ihrem Wort. Wenn ich es euch doch sage: Ich habe jedem sofort ausdrücklich mitgeteilt, dass ich nur hierherkomme, um die legendäre Ausrüstung für mein Haustier zu holen. Für alle anderen wäre sie nutzlos.

    „Andererseits könntest du sie auch in den Tresor deines Clans legen und jeden dafür bezahlen lassen, sagte Bom und zuckte mit den breiten Schultern. „So hätte ich das gemacht.

    „Die Baronin hat mir ihr Wort gegeben, wiederholte Florian. „Außerdem hoffe ich, dass sie sich wieder beruhigen. Wir sind seit jeher wie Hund und Katz, gut, aber hier im Land auf der anderen Seite alte Rechnungen zu begleichen, ist einfach dumm!

    „Aber interessaaant!", warf Orbit ein.

    „Nein, ohne mich!, sagte Florian unwirsch. „Egal, wie interessant du das wieder findest. Übrigens, gehört das Mammut uns oder euch?

    „Er ist unser Booombenjet!, sagte Orbit. „Mit einer vertikalen Landeoption! Ein Jumpjet!

    „Das nenne ich technologischen Fortschritt", sagte Kyre seufzend.

    „Okay, Leute", sagte ich, holte mein Fernrohr aus dem Rucksack und beobachtete die beiden großen Clans aus der Ferne. Man konnte auch ohne Fernrohr viel sehen, aber auf diese Weise erkannte ich alles bis ins kleinste Detail.

    Der Clanchef der Architekten hatte beschlossen, sich die gesamte Exkursion zu ersparen. Aber die Schwarze Baronin würde niemals auf die Chance verzichten, an einem solchen Abenteuer teilzunehmen. Und sie stand direkt vor einem riesigen Halbork, der zu den Architekten gehörte, furchtlos, die Hände im Rücken verschränkt. Ihr Gegenüber war wohl der Architekten-Anführer für diese Expedition. Zwei kleine Armeen bereiteten sich auf einen Krieg vor, und der Ausgang dieses Schlagabtauschs würde über den weiteren Verlauf der Ereignisse entscheiden. Krieg und Frieden. Tolstoi würde Augen machen. Diese verdammten Clans!

    Der Halbork der Architekten legte ein sehr italienisches Verhalten zutage. Seine Gesten, sein Stampfen und seine Mimik konnten niemanden im Zweifel darüber lassen, dass er verärgert war. Die Schwarze Baronin blieb ganz ruhig, wie eine Schildmaid-Statue. Vielleicht sagte sie etwas, aber ich konnte ihre Lippen hinter der Gesichtsmaske nicht erkennen. Ich konnte jedoch deutlich sehen, dass der Blutrote Luchs hinter seinem Rücken zwei rot glühende Kristallkugeln versteckt hielt – es musste sich dabei um das örtliche Äquivalent von Hochleistungssprengstoff handeln.

    Der Halbork brüllte wütend – und zwar nicht so, wie es ein einfacher Spieler tun würde, sondern eher wie ein zum Leben erwachtes mythisches Monster und laut genug, dass wir es hören konnten. Zur gleichen Zeit verließen zwei Spieler die Architekten. Ein menschlicher Magier und ein Elfen-Bogenschütze überquerten die Distanz zwischen den beiden Clans in nur wenigen Schritten und schlossen sich den Rastlosen an. Nun standen sie ihren ehemaligen Verbündeten gegenüber.

    Ich fragte mich, was zum Teufel da los war.

    Der brüllende Halbork stockte und verstummte. Er starrte mit großen Augen auf seine Kameraden, die ihn offenbar gerade verraten und sich dem gegnerischen Clan angeschlossen hatten.

    „Was zur Hölle?" Mir fehlen die Worte.

    „Kobalt? Edge? Florian schien ebenso verblüfft zu sein. „Das darf doch nicht wahr sein!

    „Spione!, hauchte Kyrea. „Spione der Rastlosen! Ich kann es kaum glauben.

    „Verdammt! Florian klang immer noch wütend. „Sie sind seit über einem Jahr bei uns, und wir haben sie beide gründlich überprüft! Das ist unmöglich!

    „Es ist möglich – siehst du doch, murmelte ich. „Oder wie würdest du das Bild dort deuten? Da ist dein Edge, wenn du den Elfen mit dem Spitznamen Death‘s Edge meinst, der bereits mit fünf Pfeilen auf deine Kollegen zielt.

    „Das war‘s, sagte Kyrea und seufzte erleichtert. „Der Kampf ist abgesagt. Es wäre dumm, nicht die weiße Fahne rauszuholen. Ich meine, der Gegner hat nun einen Bogenschützen und einen Kampfmagier. Und ihr nicht mehr.

    Da hatte sie wohl recht. Der Halbork sah zermürbt drein und betrachtete die Verräter mit funkelnden Augen. Die Baronin zeigte keinerlei Gefühlsregung, obwohl ich hätte schwören können, dass sie den Spionen ein geheimes Signal gegeben hatte, sich zu zeigen.

    Die beiden Anführer setzten ihr Gespräch fort. Nach dem nun stillen Halbork zu urteilen, führte die Schwarze Baronin im Moment das Wort. Die Atmosphäre wurde von Minute zu Minute entspannter.

    „Wir können uns auf die Expedition vorbereiten, sagte ich und reichte das Fernrohr an Kyre weiter. „Das Einzige, was ich nicht kapiert habe, ist: Gehen wir zusammen oder getrennt los?

    „Getrennt, denke ich", sagte Kyre achselzuckend.

    „Getreeent, bestätigte der kahle Elf. „Zwei Kampfformatiooonen, die sich parallel zueinander beweeegen...

    „Das ist mir egal, solange wir endlich gehen!, grummelte Bom, der nachdenklich eine kleine lila Blume, die er gerade gepflückt hatte, betrachtete und offensichtlich herauszufinden versuchte, wie viel sie wert sein könnte. „Kein Name, nur Fragezeichen! Weiß jemand etwas über diese Blumen? Was sind sie in barem Geld wert?

    „Frag doch einen Spezialisten", sagte ich achselzuckend. Die Blume war mir völlig fremd.

    „Woher soll ich jetzt einen Spezialisten bekommen?", sagte Bom unwirsch und funkelte die welkende Blume finster an.

    Der arme Halbork war in einer Zwickmühle. In unserer unmittelbaren Umgebung gab es mindestens 50 solcher lila Blumen. Noch mehr leuchteten in der Ferne. Sie können viel Geld wert sein oder sich als Unkraut entpuppen. Was sollte er tun?

    „Spezialisten!, sagte Bom in einem fröhlicheren Tonfall, als hätte er einen Einfall gehabt, und lächelte so breit, dass man die Größe seiner Reißzähne sehen konnte. „Hey, ich kenne einen! Ich rufe die Alchemie-Hotline von Tapferlicht an. Vielleicht weiß er etwas.

    „Gute Idee", sagte ich abwesend und konzentrierte mich weiter auf die nachlassende Spannung zwischen den beiden Clans.

    Beide Parteien zogen sich zurück. Die Magier und Krieger kehrten dem Feind nacheinander den Rücken zu und gingen zu den Lasttieren, die in der Nähe standen und ebenfalls nach Clan-Zugehörigkeit getrennt waren. Die Haustiere folgten. Dieses Scharmützel war eher psychologischer als physischer Natur gewesen. Niemand wollte zu Hause respawnen. Alle wollten lieber länger an dem legendären und bisher unzugänglichen Ort bleiben.

    Ich atmete auf. Doch dieses Gefühl währte nicht lange, denn ich hörte das unglaublich klägliche Wimmern des kahlen Elfen.

    „Laaangweilig! Oh! In dieser Packtasche steckt eine Ballisteee! Feuer freiii!"

    Als Orbit die giftigen Blicke der anderen bemerkte, schmollte er und schüttelte stattdessen die riesige Tragetasche, die an dem wolligen Mammut hing. Der Elf schnaubte alsbald enttäuscht und wandte sich ab, um einen tosenden Wasserfall in der Ferne zu bewundern. Das Mammut gab ebenfalls ein kräftiges Schnauben von sich und wandte seine Aufmerksamkeit dem Wasserfall zu. Er gab dem Elfen wohl recht.

    „Der ist wie ein Nuklearsprengkopf mit einem kaputten Timer, sagte ich und studierte den kahlen Hinterkopf unseres gelaaangweilten Elfen. „Bom, was genau machst du da?

    Der Halbork kroch auf dem Boden herum und pflückte die violettfarbenen Blumen mähdreschergleich mit beiden Händen.

    „Siehst du das nicht?, brüllte Bom, immer noch auf allen vieren. „Ihr alle könntet helfen! Das sind keine Blumen! Das sind lila Diamanten, die direkt aus der Erde wachsen!

    „Lila Diamanten? Ich gluckste. „Also sind sie wertvoll?

    Artig pflückte ich ein halbes Dutzend lila Blumen und verstaute sie in meinem Rucksack. Die anderen begannen, die lokale Flora mit viel mehr Sorgfalt zu betrachten. Verständlich. Pflanzen dieser Art und Größe wogen so gut wie nichts. Bis man zwei Kilo beisammen hatte, musste man mindestens 30 Blumen pflücken, wahrscheinlich sogar mehr. Ihre Qualität hing von der Nachfrage auf dem Markt für alchemistische Zutaten ab. Das legendäre Land auf der anderen Seite war eine wahre Goldmine, vergleichbar nur

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1