Andreas Baby: Sophienlust Extra 46 – Familienroman
Von Gert Rothberg
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Über dieses E-Book
In der Reihe Sophienlust Extra werden die schönsten Romane dieser wundervollen Erfolgsserie veröffentlicht. Warmherzig, zu Tränen rührend erzählt von der großen Schriftstellerin Patricia Vandenberg.
Andrea von Lehn stand im Wohnzimmer. Sie sah auf den Kalender an der Wand und seufzte abgrundtief. Nun war doch wirklich der gestrige Tag vergangen, als sei es ein Tag wie jeder andere gewesen. Dabei hatte sie zusammen mit ihrem Mann diesem Tag entgegengefiebert. Seit Monaten schon spielte er in ihrem Leben die größte und eine sehr beglückende Rolle. Denn an diesem Tag sollte ihr Baby zur Welt kommen. Das hatte sie selbst sich mit Hans-Joachim genau ausgerechnet, immer wieder kritisch überprüft und es sich von den Ärzten bestätigen lassen. Ob die anderen vielleicht doch recht hatten, die behaupteten, auf den Tag genau könne man die Geburt eines Kindes nun doch nicht berechnen? Das hatte sie nie hören wollen. Andrea legte die Hände zärtlich auf ihren hohen Leib. Sie spürte die Bewegungen ihres Kindes. Wie oft hatte sie lachend gesagt: »Es ist ganz bestimmt ein Junge, Hans-Joachim. Nur ein Junge kann sich so ungebärdig benehmen und so wild strampeln.« Hans-Joachim war freilich nicht ganz ihrer Meinung gewesen. Er hatte dann meistens gesagt: »Wenn ein Mädchen so wird wie du, Andrea, dann ist es sicher auch eine ganz wilde Strampelsuse.« Andreas Augen leuchteten jetzt. Sie dachte daran, dass Hans-Joachim dann fast immer noch etwas hinzugefügt hatte. Nämlich, dass er sich ein Mädchen wünsche, so schön wie die Mutti und so lieb wie die Mutti. Die Dogge Severin erhob sich nun vom Teppich. Knurrend und missmutig.
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Buchvorschau
Andreas Baby - Gert Rothberg
Sophienlust Extra
– 46 –
Andreas Baby
Endlich sind die von Lehns eine richtige Familie!
Gert Rothberg
Andrea von Lehn stand im Wohnzimmer. Sie sah auf den Kalender an der Wand und seufzte abgrundtief. Nun war doch wirklich der gestrige Tag vergangen, als sei es ein Tag wie jeder andere gewesen. Dabei hatte sie zusammen mit ihrem Mann diesem Tag entgegengefiebert. Seit Monaten schon spielte er in ihrem Leben die größte und eine sehr beglückende Rolle. Denn an diesem Tag sollte ihr Baby zur Welt kommen. Das hatte sie selbst sich mit Hans-Joachim genau ausgerechnet, immer wieder kritisch überprüft und es sich von den Ärzten bestätigen lassen.
Ob die anderen vielleicht doch recht hatten, die behaupteten, auf den Tag genau könne man die Geburt eines Kindes nun doch nicht berechnen? Das hatte sie nie hören wollen.
Andrea legte die Hände zärtlich auf ihren hohen Leib. Sie spürte die Bewegungen ihres Kindes. Wie oft hatte sie lachend gesagt: »Es ist ganz bestimmt ein Junge, Hans-Joachim. Nur ein Junge kann sich so ungebärdig benehmen und so wild strampeln.«
Hans-Joachim war freilich nicht ganz ihrer Meinung gewesen. Er hatte dann meistens gesagt: »Wenn ein Mädchen so wird wie du, Andrea, dann ist es sicher auch eine ganz wilde Strampelsuse.«
Andreas Augen leuchteten jetzt. Sie dachte daran, dass Hans-Joachim dann fast immer noch etwas hinzugefügt hatte. Nämlich, dass er sich ein Mädchen wünsche, so schön wie die Mutti und so lieb wie die Mutti.
Die Dogge Severin erhob sich nun vom Teppich. Knurrend und missmutig.
Andrea klopfte Severin auf den Rücken. »Sei nicht so verdrossen. Du bist ein richtiger Morgenmuffel. Dein Herr arbeitet schon seit einer Stunde in der Praxis, und ich zergrüble meinen armen Kopf, wann unser Baby endlich kommt, aber du faulenzt hier, und wenn dich irgendetwas stört, knurrst du.« Sie ging zur Tür. »Ich lasse Waldi herein. An dem kannst du dir ein Beispiel nehmen. Er fegt schon seit Stunden im Freigehege herum und bellt Taps und Tölpl an. Die beiden können heute von der Rutsche nicht genug kriegen.«
Der Name Waldi war für Severin ein Alarmzeichen. Er streckte sich noch einmal, doch dann begleitete er Andrea vor die Haustür.
Die beiden brauchten nicht lange zu warten, bis Waldi angefegt kam. Er begrüßte Andrea stürmisch, aber er sprang nicht an ihr hoch. Das hatte Hans-Joachim ihm in den letzten Wochen abgewöhnt.
Andrea bückte sich zu Waldi hinab und streichelte ihn. »Ja, ja, Waldi, du weißt auch, dass sie mich am liebsten alle in eine Glasvitrine sperren möchten. Dabei fühle ich mich pudelwohl. Komm mit ins Haus, Waldi. Lass Taps und Tölpl ihr Vergnügen. Die haben ein dickes Fell. Denen passiert nichts, wenn sie einmal etwas unsanft auf dem Boden landen. Junge Bären sind nun einmal so albern. Daran kannst du nichts ändern. Auch wenn du der Chef des Tierheims bist.«
Als Andrea mit den beiden Hunden durch die Diele ging, wurde die Tür des Sprechzimmers geöffnet. Hans-Joachim von Lehn kam heraus. »Mit wem unterhältst du dich denn so angeregt, Andrea?«
»Mit den Hunden. Oder meinst du, ich führe Selbstgespräche?« Andrea lachte. Gleich darauf seufzte sie. »O Hans-Joachim, du hast ein zermürbtes Gesicht und bist um Jahre gealtert.« In ihren Augen saß der Schalk.
»Ist das ein Wunder, wenn ihr so unpünktlich seid, dein Baby und du? Ich war die ganze Nacht am Sprung, aber du hast tief und fest geschlafen.«
»Ein Glück!« Andrea lachte amüsiert. »Übrigens, gewöhne dir ja nicht die Untugend der Väter an, zu behaupten, alle guten Eigenschaften des Kindes stammten von ihnen, alle schlechten von der Mutter. Ich meine, von wegen Unpünktlichkeit.«
Hans-Joachim legte den Arm um die Schultern seiner Frau und führte sie ins Wohnzimmer. »Ach, weißt du, Andrea, mir wäre es heute ganz gleichgültig, wie unser Kind ist, wenn es nur schon da wäre. Am liebsten würde ich die Sprechstunde abbrechen. Dieses Verarzten von Hunden und Katzen regt mich heute auf. Wo ist übrigens Schwester Johanna? Du bist ja allein hier.«
»Ja. Und das ist mir sogar sehr recht. Du weißt, dass ich es nicht leiden kann, wenn ich dauernd unter Kontrolle stehe. Gott sei Dank ist Schwester Johanna nicht so feinfühlend wie du. Sie hat einen Waldspaziergang gemacht. Sie meint, die Zeit hier bei uns müsse sie nutzen. Wenn sie erst wieder in ihrem Krankenhaus in Stuttgart steckt, muss sie weit fahren, um ins Grüne zu kommen.«
Das Gesicht des werdenden Vaters rötete sich vor Unwillen. »Schwester Johanna ist als Hebamme bei uns und nicht zum spazieren gehen. Und so etwas empfiehlt uns Frau Dr. Frey. Wenn Schwester Johanna nicht spätestens in einer Viertelstunde zurück ist, bringe ich dich nach Maibach ins Krankenhaus.«
Andrea erschrak. Dann wurde sie ärgerlich. »Stelle dich doch nicht so an, Hans-Joachim. Bekomme ich nun das Baby oder du?«
Der junge Tierarzt fuhr sich mit beiden Händen durch das volle Haar. »Du bekommst es. Das ist es ja gerade, Andrea.«
Für Sekunden war Andrea sprachlos, dann warf sie die Arme um den Hals ihres Mannes. »Willst du damit sagen, dass du lieber das Baby bekommen würdest?«
»Ja, ganz gewiss, Andrea.« Hans-Joachim machte ein zerknirschtes Gesicht.
Andrea ließ sich davon nicht beeindrucken. Sie lachte schallend, trat zwei Schritte zurück und zeigte mit dem ausgestreckten Arm auf ihren Mann. »Du, Hans-Joachim? Du möchtest das Baby bekommen?«
»Du solltest dich nicht über mich lustig machen. Mir ist dieser Wunsch todernst, Andrea.«
Die junge Frau ging zu ihrem Mann zurück, hob sich auf die Zehenspitzen und küsste Hans-Joachim. »Nein, ich mache mich nicht mehr über dich lustig, Liebster. Ich weiß, du leidest Höllenqualen. Jetzt schon. Nun habe ich dir auch noch zugemutet, einer Entbindung zu Hause zuzustimmen. Für dich wäre es leichter, ich ginge ins Krankenhaus.«
»Für dich auch, Andrea.«
»Aber ich habe keine Komplikationen zu befürchten. Das haben mir die Ärzte bestätigt. Anja Frey ist auf dem Sprung, und Schwester Johanna ist eine sehr erfahrene Hebamme, auch wenn sie jetzt im Wald spazieren geht.« In Andreas Augen blitzte schon wieder der Schelm auf.
»Mit dir kann man über so ernste Dinge wirklich nicht reden, Andrea.« Hans-Joachim ging etwas gekränkt zur Tür. »Du nimmst alles auf die leichte Schulter. Sogar meine Sorge um dich. Am besten versteht mich noch dein Vater.«
Andrea setzte sich. »Ja, Vati ist genauso aufgeregt wie du. Und Mutti hat es mit ihm so schwer wie ich mit dir. Sie sagte mir vorhin am Telefon, dass sie heute Nacht kaum geschlafen habe. Und das nur deshalb, weil Vati immerzu umhergegeistert ist. Da sind Nick und Henrik wirklich vernünftiger.«
»Sage das nicht. Sie waren gestern auch schon ganz durcheinander.«
»Ach was! Das kommt nur daher, dass du sie mit deiner Nervosität angesteckt hast. Ich habe vorhin am Telefon ein paar Worte mit meinem kleinen Bruder gesprochen. Weißt du, was er gesagt hat?«
»Natürlich nicht. Du hast ja mit ihm gesprochen.« Hans-Joachims Stimme klang leicht gereizt.
»Henrik hat gesagt, ich sei furchtbar langweilig. Wenn das Baby heute nicht käme, sei er gar nicht mehr daran interessiert. In der Schule würden ihn heute alle auslachen, weil er das Baby schon für gestern angekündigt habe.« Andrea stand wieder auf. Sie schob ihren Mann zur Tür hinaus. »Verarzte mal deine Hunde und Katzen, sonst kriegst du Ärger. Ich verspreche dir, dich nicht zu vergessen, wenn ich mich nicht wohlfühlen sollte.«
Der junge Tierarzt zog sich in sein Sprechzimmer zurück. Doch Andrea wusste, nach einer Viertelstunde würde sie wieder mit seinem Besuch rechnen müssen. Sie trat ans Fenster und schob die Gardine zur Seite.
Mit einem Satz war Waldi auf dem breiten Fensterbrett. Die Blumentöpfe kamen bedenklich ins Wanken.
»Aber Waldi!«, sagte Andrea erschrocken. »So etwas Ungezogenes!«
Severin bellte laut und giftig. Er konnte es nicht vertragen, so benachteiligt zu sein.
Andrea tätschelte ihn. »Sei nicht schon wieder eifersüchtig, Severin. Dich kann ich ja nicht auch noch auf das Fensterbrett springen lassen. Da würde es ja zusammenbrechen. Es hat manchmal auch Vorteile, so klein und flink wie Waldi zu sein. Diese Freude kannst du ihm schon gönnen. Er muss ja draußen oft genug zurückstehen, wenn er mit seinen kurzen krummen Beinen langsamer als du großes Tier ist.«
Severin warf sich auf den Teppich, legte den Kopf auf die Vorderpfoten und schielte zu Waldi hin. Der sah Andrea mit schief gehaltenem Kopf an. Ob sie ihn auf den Fußboden dirigieren würde?
Das tat Andrea nicht. Sie sah zum Fenster hinaus. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite stand ein großer blauer Autobus. Er war leer. Allem Anschein nach hatten Touristen ihn verlassen, um sich die Füße etwas zu vertreten. Das passierte hier öfter. Der nahe Wald und die Wege zwischen den Wiesen und Äckern verlockten zu einem kleinen Spaziergang.
Hinter dem Autobus war eine Baustelle, auf der an diesem Tag nicht gearbeitet wurde. An einer Baubude lehnte ein Junge, mit dem Gesicht den Brettern zugewandt. Andere Kinder verschwanden gerade hinter Balken und Ziegelstößen.
Andrea lächelte. Sie blieb am Fenster stehen. Sie hatte erkannt, dass Kinder aus