Der Augenblick der Wahrheit: Sophienlust (ab 351) 412 – Familienroman
Von Marisa Frank
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Der Sophienlust Bestseller darf als ein Höhepunkt dieser Erfolgsserie angesehen werden. Denise von Schoenecker ist eine Heldinnenfigur, die in diesen schönen Romanen so richtig zum Leben erwacht.
»Ist es noch weit?« fragte Yvonne Bring. Sie fand das Autobahnfahren langweilig. Marianne Bring drehte sich zu ihr um. »Noch sehr weit, Schätzchen. Wir sind noch nicht einmal in Bayern.« »Aber wir fahren schon so lange«, maulte Yvonne. »Yvonne hat recht. Wir sollten eine Pause machen.« Kurz nahm Georg Bring seinen Blick von der Fahrbahn und lächelte seiner Frau zu. »Es ist sehr viel Verkehr. Wir kommen langsamer vorwärts als erwartet«, meinte Marianne Bring. Sie beugte sich vor und fummelte am Radio herum. »Hoffentlich gibt es nicht noch einen größeren Stau.« »Dann halten wir wirklich an. Wenn es sein muß, fahren wir von der Autobahn ab und übernachten.« Georg Bring ließ sich seine gute Laune nicht nehmen. Er freute sich auf den wohlverdienten Urlaub.
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Sophienlust (ab 351)
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Buchvorschau
Der Augenblick der Wahrheit - Marisa Frank
Sophienlust (ab 351)
– 412 –
Der Augenblick der Wahrheit
Für Yvonne wird sich alles ändern
Marisa Frank
»Ist es noch weit?« fragte Yvonne Bring. Sie fand das Autobahnfahren langweilig.
Marianne Bring drehte sich zu ihr um. »Noch sehr weit, Schätzchen. Wir sind noch nicht einmal in Bayern.«
»Aber wir fahren schon so lange«, maulte Yvonne.
»Yvonne hat recht. Wir sollten eine Pause machen.« Kurz nahm Georg Bring seinen Blick von der Fahrbahn und lächelte seiner Frau zu.
»Es ist sehr viel Verkehr. Wir kommen langsamer vorwärts als erwartet«, meinte Marianne Bring. Sie beugte sich vor und fummelte am Radio herum. »Hoffentlich gibt es nicht noch einen größeren Stau.«
»Dann halten wir wirklich an. Wenn es sein muß, fahren wir von der Autobahn ab und übernachten.« Georg Bring ließ sich seine gute Laune nicht nehmen. Er freute sich auf den wohlverdienten Urlaub.
»Das wäre schade«, meldete sich Yvonne wieder vom Rücksitz. »Ich freue mich doch schon auf die Tiere. Mami hat extra meine alten Hosen eingepackt. Damit darf ich in den Stall gehen. Nicht wahr?« Erwartungsvoll rutschte sie auf dem Rücksitz hin und her.
»Wenn Mami es gesagt hat…« Georg Bring schmunzelte. Er wußte, wie sehr Yvonne Tiere liebte. Daher hatten sie beschlossen, dieses Jahr Urlaub auf einem Bauernhof zu machen.
»Mami hat es versprochen«, trumpfte Yvonne auf. »Ich darf zusehen, wenn die Kühe gemolken werden. Auch werde ich zu den kleinen Ferkeln gehen. Nicht wahr, Mami, die Bäuerin hat geschrieben, daß sie kleine Ferkel haben.«
»Stimmt, mein Schatz. Es gibt auch kleine Kätzchen und zwei kleine Schäfchen.«
»Mami, ich kann es gar nicht mehr erwarten«, gestand Yvonne. Sie beugte sich weit zu den Sitzen ihrer Eltern vor.
»Yvonne, du mußt dich anschnallen«, mahnte die Mutter. »Wenn Vater plötzlich bremsen muß, schaffst du es nicht, dich festzuhalten, und tust dir weh!«
»Ach, Mami!« Plumpsend ließ sich Yvonne wieder auf den Rücksitz fallen.
»Sollen wir nicht doch anhalten?« fragte Marianne Bring ihren Mann.
»Wenn ihr wollt, dann machen wir eine Pause. Soll ich beim nächsten Rasthaus halten?«
»Nein, dann dauert es ja noch länger.« Wieder beugte sich Yvonne vor. »Papi soll schneller fahren.«
Sofort protestierte die Mutter. »Wir wollen nicht hetzen.«
»Das geht mit unserem Auto sowieso nicht. Es fährt ja nicht schneller als hundertfünfzig. Einen Sportwagen müßte man haben.« Yvonne preßte ihr Gesicht an die Scheibe neben sich, denn gerade wurden sie von einem schnittigen Coupé überholt.
»Nur keine Sorge, wir kommen schon an unser Ziel. Die nächsten Ausfahrt ist bereits Maibach.«
»Maibach… Noch nie gehört. Ich kenne nur Stuttgart, Frankfurt, Nürnberg«, sagte Yvonne.
»Maibach ist auch nur ein kleines Städtchen, aber es ist eine Kreisstadt«, erklärte Georg Bring.
»Hm«, machte Yvonne. Dafür interessierte sie sich nicht. Sie war gerade zehn Jahre alt geworden, und im Moment galt ihr Interesse allem, was da kreuchte und fleuchte.
»Papi, wann werden wir denn dort sein?« fragte sie erneut.
»Das kann ich nicht sagen, aber es wird schon später werden. Du siehst ja selbst, daß der Verkehr immer dichter wird.«
»Dann schnalle ich mich an«, meinte Yvonne. »Ich mache die Augen zu und versuche zu schlafen. Dann vergeht die Zeit auch, und ich bin munter, wenn wir auf dem Baunerhof ankommen.«
»Das ist eine gute Idee«, lobte die Mutter. »Versuche zu schlafen.«
Yvonne gähnte und lehnte den Kopf an. Sie schloß die Augen und stellte sich den Bauernhof vor. Am meisten freute sie sich auf die kleinen Kätzchen. Sie wünschte sich schon lange eins.
»Ich glaube, Yvonne ist eingeschlafen«, hörte sie die Mutter sagen.
»Fast, Mami«, sagte Yvonne. »Ich träume aber schon. Ich träume von den kleinen Kätzchen. Mami, ich träume von einem, das mir ganz allein gehört.«
»Na gut«, gab Marianne Bring nach. »Wir sprechen nach den Ferien nochmals darüber.«
»O Mami! Du bist die beste Mami der Welt!«
Es war das letzte, was Yvonne zu ihrer Mutter sagen konnte, denn in diesem Moment krachte es. Yvonne wurde durchgeschüttelt. Sie kam nicht einmal dazu zu schreien.
Ein Auto war ins Schleudern geraten und direkt in den Wagen der Brings hineingefahren. Der Unfall war schrecklich. Georg Bring konnte nur noch tot hinter dem Lenkrad hervorgezogen werden. Marianne Bring war schwer verletzt. Man ließ Yvonne, die aus einer Kopfwunde stark blutete, sonst aber offensichtlicht nur leicht verletzt war, nicht zu ihrer Mutter. Die Zehnjährige war auch zu benommen, um sich dagegen wehren zu können. Leise vor sich hin schluchzend, saß sie am Straßenrand. Sie nahm nicht einmal wahr, daß ihre Mutter auf die Bahre gelegt und in einen Krankenwagen geschoben wurde.
Auf der Fahrt zum Krankenhaus kam Marianne Bring noch einmal zu sich. Sie hatte große Schmerzen, und das Sprechen fiel ihr schwer, aber trotzdem versuchte sie es.
»Mein Mann… das Auto…« Sie versuchte im Gesicht des Arztes, der sich um sie bemühte, zu lesen.
»Tot?« fragte sie. Sie mußte husten, wobei Blut aus dem Mund lief.
Der Arzt bemühte sich um sie. Es dauerte einige Minuten, bis sie wieder sprechen konnte.
»Yvonne, was ist mit Yvonne?«
Der Arzt wischte ihr das Blut von den Lippen. Mehr konnte er für sie nicht tun.
»Bitte!« Marianne Bring versuchte sich aufzurichten. »Was ist mit Yvonne?«
»Ihre Tochter ist kaum verletzt, aber Sie müssen ruhig liegenbleiben«, sagte der Arzt. Wie zur Bestätigung seiner Worte schoß ein neuer Blutstrom aus dem Mund der Verletzten.
Kaum daß Frau Bring wieder sprechen konnte, faßte sie nach der Hand des Arztes. »Hören Sie zu«, flüsterte sie. »Ich habe nicht mehr viel Zeit. Yvonne ist nicht meine Tochter. Hören Sie, man muß nach ihrer richtigen Mutter suchen, sonst ist das Kind ganz allein.«
Marianne Bring rang nach diesen Worten heftig nach Atem. Ihre Augen wurden ganz groß. Sie kämpfte mit dem Tod. Aber nochmals riß sie sich zusammen. Die Sorge um Yvonne war stärker als alles andere.
»Wir haben Yvonne adoptiert, als sie noch ein Baby war. Ihre richtige Mutter ist…« Die Stimme drohte ihr zu versagen. Der Arzt beugte sich deshalb noch tiefer über sie. »Julia Stein! Man muß Julia Stein suchen. Yvonne ist ein lediges Kind von ihr. Haben Sie verstanden?«
Jetzt hatte Marianne Bring keine Kraft mehr, die Hand des Arztes zu drücken, aber sie sah, daß er nickte.
Gleich darauf richtete sich der Arzt auf. Er konnte für diese Frau nichts mehr tun.
Yvonne wurde ebenfalls ins Krankenhaus gebracht. Erst als man sie auf die Liege im Untersuchungsraum legte, sträubte sie sich. Sie schlug nach den Händen der Krankenschwester, die sie festhielten.
»Mami, ich will zu meiner Mami! Mein Papi und meine Mami dürfen nicht ohne mich zu dem Bauernhof fahren.«
Frau Dr. Krimes sprach beruhigend auf das Kind ein, aber Yvonne hörte ihr gar nicht zu.
»Ich muß weg! Mami und Papi warten auf mich. Wir wollen zum Bauernhof.« Yvonne richtete sich auf, ließ sich aber sofort wieder mit einem Aufstöhnen zurücksinken. »Mein Kopf. Es tut so weh…«
»Ich weiß. Deshalb mußt du auch ganz still liegenbleiben. Ich untersuche dich jetzt, und dann bekommst du einen dicken, weißen Verband.« Die Ärztin strich dem Kind beruhigend über sie Stirn.
»Ich muß doch zu Mami und Papi«, schluchzte Yvonne. »Auf mich warten doch die Kätzchen.« Immer heftiger fing sie an zu weinen.
Die Ärztin wandte sich an die Krankenschwester. »Wir müssen dem Kind eine Beruhigungsspritze geben.« Sie nannte das Mittel, und die Schwester ging, um die Spritze aufzuziehen.
Eine Stunde später saß Frau Dr. Krimes dem Chefarzt gegenüber.
»Das Kind hat eine schwere Gehirnerschütterung und eine offene Kopfverletzung. Sonst konnte ich nichts feststellen.«
»Die Eltern des Mädchens sind tot«, entgegnete der Chefarzt und fuhr sich mit beiden Händen durch das Haar. Das Schicksal hatte an diesem herrlichen Sommertag wieder einmal zugeschlagen.
»Mein Gott«, entfuhr es der Ärztin. »Wie heißt die Kleine eigentlich?«
»Yvonne, Yvonne Bring.« Nervös begann Dr. Schifko mit dem Kugelschreiber zu spielen. »Da gibt es noch ein Problem. Yvonne wurde von Herrn und Frau Bring adoptiert. Bevor Frau Bring starb, galt ihre einzige Sorge Yvonne. Offensichtlich gibt es jetzt niemanden, der sich um das Kind kümmert.« Dr. Schifko machte eine kurze Pause. »Die Verstorbene nannte den Namen von Yvonnes richtiger Mutter.« Er sah die Ärztin an. »Frau Kollegin, was sollen wir jetzt tun? Müssen wir uns ans Jugendamt wenden?«
»Vierzehn Tage bis drei Wochen muß Yvonne auf alle Fälle bei uns bleiben«, meinte die Ärztin. Sie überlegte. »Können wir nicht Frau von Schoenecker verständigen?«
Dr. Schifko hob erfreut den Kopf. »Warum habe ich nicht gleich daran gedacht? Frau von Schoenecker hat uns schon oft geholfen. Ich werde sie gleich um ihren Besuch bitten. Sie versteht es ausgezeichnet, mit Kindern umzugehen. Immer findet sie die richtigen Worte. Das habe ich schon öfter erlebt. Yvonne wird nach ihren Eltern fragen, und