Bei Tag - und auch bei Nacht?
Von Trish Wylie
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Über dieses E-Book
Blake Clayton ist sexy wie die Sünde, gesteht Olivia sich ein. Aber die schöne Anwältin ruft sich sogleich wieder zur Ordnung. Schließlich ist Blake ihr neuer Klient! Und Job und Vergnügen hält sie aus gutem Grund strikt voneinander getrennt - bislang. Denn als Blake verlangt, dass Olivia ihm Tag und Nacht zur Verfügung steht, ist ihr Verlangen nach ihm bald stärker als jeder vernünftige Vorsatz. Wie berauscht folgt sie seiner Aufforderung, ihn zu küssen, ihn zu lieben. Auch wenn sie damit womöglich den allergrößten Fehler ihres Lebens begeht …
Trish Wylie
Alles geschieht aus einem bestimmten Grund, davon ist Trish Wylie überzeugt. So war ein Reitunfall innerhalb ihrer beruflichen Karriere als Pferdedresseurin der Auslöser dafür, dass sie wieder zu schreiben begann, obwohl sie diese Leidenschaft im Laufe der Jahre erfolgreich in den Hintergrund gedrängt hatte. Dabei sammelte Trish schon in der Grundschule eher mit dem Schreiben von Geschichten als mit dem Lösen von Mathematikaufgaben Lob und Bewunderung. Als sie Jahre später zum ersten Mal die Liebesromane von Mills & Boon in die Hände bekam, begann sie davon zu träumen, irgendwann einmal selbst solche Geschichten zu veröffentlichen. In den folgenden Jahren schrieb sie rund um die Uhr, schickte aber keines ihrer Manuskripte ein. Stattdessen hielt sie sich mit verschiedenen Jobs über Wasser, bevor sie sich der Pferdedressur widmete. Erst zu dieser Zeit (und nach ihrem Unfall) flammte ihre Leidenschaft für Romances wieder auf. Den Überredungskünsten vieler guter Freunde ist es zu verdanken, dass sie eins ihrer Manuskripte schließlich an Mills & Boon sandte. Mit Erfolg: Ihr Buch wurde angekauft, und Trishs Lebenstraum ging in Erfüllung! Die Autorin lebt heute allein in Nordirland, in der wunderschönen Grafschaft Fermanagh. Die Hoffnung, dass es auch ihren Mr. Right irgendwo da draußen gibt, hat sie noch längst nicht aufgeben. „Sonst wäre ich ja wohl eine wirklich bemitleidenswerte Liebesroman-Autorin“.
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Bei Tag - und auch bei Nacht? - Trish Wylie
Trish Wylie
Bei Tag – und auch bei Nacht?
IMPRESSUM
JULIA erscheint in der Harlequin Enterprises GmbH
© 2011 by Trish Wylie
Originaltitel: „The Inconvenient Laws Of Attraction"
erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London
in der Reihe: RIVA
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA
Band 172012 - 2012 by Harlequin Enterprises GmbH, Hamburg
Übersetzung: SAS
Fotos: mauritius images
Veröffentlicht im ePub Format im 09/2012 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
eBook-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 978-3-86494-244-0
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Führung in Lesezirkeln nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Verlages. Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte übernimmt der Verlag keine Haftung. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:
BACCARA, BIANCA, ROMANA, HISTORICAL, MYSTERY, TIFFANY, STURM DER LIEBE
www.cora.de
1. KAPITEL
„Olivia Brannigan. Blake Clayton?"
Während Olivia den kleinen Weg entlangging, probte sie ein letztes Mal die Begrüßung und zog sich die Jacke zurecht. „Ich vertrete Wagner, Liebstrahm, Barker und DeLuise. Ich …"
Bei dem, was jetzt kam, hatte sie die meisten Schwierigkeiten. Den Mann über eine Erbschaft zu informieren war eine Sache, ihm den Grund für das Zustandekommen dieser Erbschaft zu übermitteln eine ganz andere – selbst wenn die Nachricht bereits mehrere Wochen alt war. Aber er hätte schon auf dem Mond leben müssen, um nicht davon gehört zu haben. Außerdem konnten sie einander nicht sehr nahegestanden haben, nicht, wenn es so lange gedauert hatte, ihn ausfindig zu machen.
Die Fahne flatterte auf dem Terrassendach wie ein Willkommensgruß. Olivia atmete noch einmal tief durch, bevor sie die Hand hob, um die Klingel zu betätigen.
„Ich bedaure, Ihnen mitteilen zu müssen …"
Sie hasste diesen Satz. Das letzte Mal, als sie eine Todesmitteilung hatte überbringen müssen, war es wie der Paukenschlag nach einer Reihe von Ereignissen gewesen, der ihren bisherigen Lebensweg beendet hatte.
Die Tür wurde aufgerissen. Ein massiger Mann mit einem angebissenen Hamburger in der Hand musterte sie kauend von Kopf bis Fuß.
„Mr Clayton?"
„He, Blake!", schrie er.
„Was ist?", rief jemand zurück.
„Hat dich jemand verklagt?"
„Diese Woche noch nicht."
„Na, dann kommen Sie rein." Grinsend forderte der Mann sie mit einem Kopfnicken auf, ins Haus zu kommen.
Olivia folgte ihm durch die Diele. Mit jedem Schritt schufen die Absätze ihrer Schuhe einen sehr gleichmäßigen, sehr geschäftsmäßigen Rhythmus. In wenigen Sekunden würde sie also wissen, wie der Mann aussah. Das Rätsel wäre endlich gelöst.
Sie wappnete sich für die enttäuschende Realität. Während der ganzen Zeit, in der sie nach ihm gesucht hatte, hatte ihre Fantasie Überstunden gemacht – was völlig untypisch für sie war. Etwas an diesem Fall hatte sie gefesselt. Doch bei ihrer Vergangenheit war es nicht gut, wenn sie sich bei der Arbeit zu sehr engagierte. Je eher sie das hier abgeschlossen hatte, desto besser.
Sie betrat einen Raum in einem halb fertigen und völlig chaotischen Renovierungszustand. Vier Männer waren anwesend. Zwei von ihnen aßen Hamburger, einer schliff einen Türrahmen ab, ein anderer stand bei einem frisch eingesetzten Fenster, auf dem noch die Schutzfolie klebte. Da er der einzige war, der sie ansah, ging sie mit ausgestreckter Hand auf ihn zu.
„Mr Clayton, ich bin Olivia Brannigan von …"
„Hier rüber, Schätzchen."
Die tiefe Stimme zog ihren Blick auf den Mann beim Türrahmen. „Sie sind Blake Clayton? Angesichts der Zeit, die es sie gekostet hatte, ihn zu finden, musste sie sicher sein. „Blake Anders Clayton?
Von dem Mann beim Fenster erklang ein trockenes Lachen.
„Vielen Dank auch, murmelte der Mann beim Türrahmen und zog sich die Atemschutzmaske vom Gesicht. „Was soll ich jetzt schon wieder angestellt haben?
Olivia öffnete den Mund, um ihn zu beruhigen, doch jeder klare Gedanke verflüchtigte sich, als der Mann die Maske ablegte und ihr das Gesicht zuwandte. Im Raum schien es plötzlich keinen Sauerstoff mehr zu geben. Ihre Augen weigerten sich, irgendetwas anderes wahrzunehmen als ihn. Und ehrlich gesagt, wer würde einem weiblichen Wesen das Starren verübeln können?
Ein Meter neunzig groß, schmale Hüften, breite Schultern, kurzes braunes Haar, das in alle Richtungen abstand, und blitzende dunkle Augen … Blake Clayton war der Typ Mann, vor dem Mütter ihre Töchter warnten – er war heiß.
Die Frau in ihr wurde schwach, die Anwältin rief sich zur Ordnung. „Mr Clayton, ich vertrete die Anwaltskanzlei Wagner, Liebstrahm, Barker und DeLuise und …"
„Muss schwierig sein, das alles auf eine Visitenkarte zu bekommen." Es zuckte amüsiert um seinen sinnlichen Mund.
Die Frau seufzte hingerissen, die Anwältin runzelte irritiert die Stirn, weil es so schwerfiel, sich zu konzentrieren. Ihre Vorstellungskraft hatte erbärmlich versagt, was das Aussehen dieses Mannes anging.
„Können wir irgendwo reden?"
„Wir reden doch."
„Mr Clayton, ich fürchte, ich muss Ihnen schlechte Nachrichten überbringen."
„Ich hab’s schon gehört." Seine Laune änderte sich sofort.
„Mein Beileid", sagte Olivia leise.
Er schob sich an ihr vorbei, nahm seinen Kaffeebecher und setzte sich zu den Männern, die ihre Mittagspause machten. „War’s das?"
Sie warf einen Blick in die Runde. Er wollte doch sicher nicht, dass sie hier vor versammelter Mannschaft …?
„Sie können ruhig sagen, was Sie zu sagen haben", meinte er, als hätte er ihre Gedanken gelesen.
Wenn man zusammennahm, was sie alles gedacht hatte, seit sie ihn gesehen hatte, konnte sie nur hoffen, dass er diese Gabe nicht besaß.
„Freunde haben keine Geheimnisse. Für den richtigen Preis verraten wir Ihnen Geschichten, mit denen Sie den Mann in einem halben Dutzend Staaten hinter Gitter bringen können", sagte der Mann, der die Tür geöffnet hatte, grinsend.
„Und in Kanada", kam es einstimmig von den anderen beiden.
„Geben Sie mir den Wisch, den ich unterschreiben muss, meldete sich Blake in dem Gelächter. „Falls ich ein Erbstück erhalten soll, schicken Sie es mir mit der Post.
„Das geht leider nicht, erwiderte Olivia geduldig. „Sie sind der Alleinerbe. Er hat Ihnen seinen gesamten Besitz hinterlassen.
„Den gesamten?"
„Ja."
„Restlos alles?"
„Ja." Sie nickte. Offensichtlich hatte er nichts davon gewusst. Scheinbar freute er sich auch nicht. Die meisten Menschen wären jetzt völlig aus dem Häuschen.
„Es gibt keine anderen Erben?"
„Nein. Hatte sie nicht gerade „Alleinerbe
gesagt? Mit seinem Testament hatte Charles Warren seinen Sohn zu einem der reichsten Männer Amerikas gemacht. „Ich kann mir vorstellen, dass es einschüchternd ist, die Verantwortung für ein so …"
„Bedeutendes Erbe? Eine dunkle Braue wurde in die Höhe gezogen. „Falscher Ansatz, Miss … wie hießen Sie noch?
„Brannigan. Es wurmte sie, dass er ihren Namen nicht behalten hatte. „Olivia Brannigan.
„Nun, Liv …, er lehnte sich vor, „… jemand hätte Sie vorwarnen sollen. Es ist mir völlig egal, wie bedeutend dieses Erbe angeblich ist. Ich nehme es nicht an.
War er irre?! „Ich verstehe natürlich, dass Sie sich erst an den Gedanken gewöhnen müssen, und …"
„Ich muss mich an gar nichts gewöhnen. Er stellte seinen Kaffee ab und richtete sich auf. „Ich muss nur diesen Job hier zu Ende machen.
Damit nahm er wieder seine Schleifmaschine auf.
Olivia hatte es die Sprache verschlagen. Die Situation war geradezu surreal. Was sollte sie jetzt tun? In die Kanzlei zurückkehren und ihrem Chef sagen, dass sie einen anderen suchen mussten, dem sie Milliarden von Dollar in Immobilien und Firmen übergeben konnten? Vielleicht könnten sie eine Tombola abhalten …
Als sie sich nicht rührte, blickte er über die Schulter zu ihr. „Warten Sie auf Trinkgeld?"
Das meinte er nicht ernst, oder? Die Anwältin übernahm.
„Ich glaube, Sie verstehen nicht, Mr Clayton. Lassen Sie es mich kurz und prägnant ausdrücken: Sie sind der Mann. Ob Sie es wollen oder nicht, Charles Warren hat Sie in seinem Testament als Alleinerben bestimmt."
„Der Charles Warren?", ertönte eine ungläubige Stimme hinter ihr.
„Ihr Vater hat seinen letzten Wunsch sehr klar formuliert."
„Vater? Das ist ein Witz, oder?"
Keine Geheimnisse vor Freunden? Von wegen!
Er machte einen Schritt auf sie zu. „Hören Sie, Lady", sagte er bedrohlich leise. „Ich weiß, Sie machen nur Ihren Job, aber … Für den Fall, dass Sie es nicht verstanden haben, drücke ich mich jetzt kurz und klar aus: Ich bin nicht Ihr Mann. Also wäre mein Tipp, Sie fahren zurück nach Manhattan und schlagen Wagner, Liebstrahm, Barker und DeLuise vor, dass sie am besten gleich mit der Suche nach einem entfernten Verwandten anfangen, dem sie die ganze Sache andrehen können. Ich habe mein eigenes Leben. Ich werde nicht das eines anderen leben."
„So kommen wir nicht weiter", erwiderte sie ruhig. Sie würde sich nicht anmerken lassen, welche Wirkung seine Nähe auf sie hatte.
„Wir vielleicht nicht, ich schon", konterte er.
Was war das wohl für ein Leben, von dem er sprach? Olivia fragte sich, ob auch eine Frau dazugehörte. Irgendwie bezweifelte sie das. Er war nicht der Typ, der lange blieb. Die vielen Adressen in den verschiedenen Staaten, auf die sie bei ihrer Recherche gestoßen war – manche davon waren nur Wochen aktuell gewesen – ließen diesen Schluss zu.
Sie reckte die Schultern und zog eine Visitenkarte aus ihrer Tasche. „Falls Sie es sich anders überlegen …"
„Das wird nicht passieren."
Olivia hielt ihm weiter die Karte hin.
„Sie finden sicher allein raus, oder?"
Na schön, wenn er auf die Samthandschuhe verzichtete … Entschlossen trat sie vor ihn und blickte ihn an. Er runzelte die Stirn.
„Morgen früh gehen überall im Land Tausende von Warren-Angestellten pünktlich zur Arbeit. Sie sprach gerade laut genug, dass ihr Publikum sie hören konnte. „Ich würde ihnen gerne sagen können, dass sie auch im nächsten Monat noch einen Job haben. Sie nicht auch?
Sie legte die Visitenkarte auf einer Holzplanke ab, drehte sich um und ging den Korridor zurück zum Ausgang. Hinter sich hörte sie einen der Männer fragen:
„Charles Warren war dein alter Herr?"
Stille.
„Mein Cousin Mike arbeitet für Warren Tech. Er hat eine Frau und drei Kinder."
Olivia lächelte. Sie zweifelte nicht daran, dass sie Blake Clayton wiedersehen würde. Um genau zu sein, sie freute sich schon darauf.
Blake zog Großstädte vor. Niemand hier steckte seine Nase in die Angelegenheiten anderer, man konnte in der Anonymität untertauchen. Zumindest war es bisher so gewesen.
„Ist das nicht diese Anwältin von letztens?"
„Ist es." Blake hatte sie in dem Moment erkannt, als sie hereinkommen war. Sein Blick hatte sie mit der Zielsicherheit einer Cruise Missile gefunden.
„Die hat da wirklich was Nettes in ihre Jeans gepackt", lautete Martys Kommentar.
„Chrissy würde sich bestimmt freuen zu hören, dass dir so was auffällt."
„He, ich bin verheiratet, nicht blind."
Ohne strenges Kostüm sah sie anders aus, keine Frage. In den engen Jeans und dem T-Shirt mit rundem Ausschnitt war es schwierig, ihre Anwesenheit in der Billardhalle zu ignorieren. Hätte er geahnt, dass auch nur die kleinste Chance bestand, dass sich ihre Wege hier kreuzten, hätte er Martys Einladung zu einem Bier und einer Partie Billard am Ende der Arbeitswoche nicht angenommen. Jetzt war es zu spät.
Blake beugte sich vor, zielte und versenkte die Kugel in der Ecke. Aus dem Augenwinkel sah er definitiv weibliche Schenkel vor dem Billardtisch auftauchen.
„Gentlemen …"
Er richtete sich auf und stützte sich auf den Queue, um sie einer genauen Musterung zu unterziehen.
Einst waren amerikanische Billardhallen Zigarren rauchenden und Schnupftabak spuckenden Männern vorbehalten gewesen. Junge Grünschnäbel hatten leere Gläser abgeräumt, die Kugeln für die nächste Partie auf den Billardtischen arrangiert und dabei den groben Umgangston gelernt. Es waren die Klubs der Armen gewesen, in denen Frauen nichts zu suchen gehabt hatten.
Blake dachte, dass es für Olivia Brannigan besser wäre, wenn sich das nicht geändert hätte.
Denn beim zweiten Treffen war seine Reaktion auf sie genau die gleiche wie beim ersten Mal. Es juckte ihn in den