Sturzflug ins Glück: Digital Edition
Von Merle Faber
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Über dieses E-Book
Annika flirtet heiß - verdächtig heiß, findet der angehende Pilot Patrick. Bestimmt soll sie so überprüfen, ob er sich Fluggästen gegenüber auch korrekt verhält. Auf diesen Trick fällt er bestimmt nicht herein! Trotzdem lässt der Gedanke an sie ihn nicht mehr los ...
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Buchvorschau
Sturzflug ins Glück - Merle Faber
IMPRESSUM
Sturzflug ins Glück erscheint in der Harlequin Enterprises GmbH
Erste Neuauflage by Harlequin Enterprises GmbH, Hamburg,
in der Reihe: Digital Edition
© 2007 by Cora Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg
Deutsche Erstausgabe in der Reihe TIFFANY LIEBEN & LACHEN
Band 38 - 2007 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg
Umschlagsmotive: Stockbyte / Thinkstock, Kotenko Oleksandr / Shutterstock
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783733788049
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
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1. KAPITEL
Eine meerblau-sandgelb lackierte Maschine stieg über dem Flughafen Berlin-Schönefeld in den strahlenden Sommerhimmel auf. Patrick Lister warf sich die Pilotenjacke über die Schulter. Dieser Hauch von Flugbenzin in der Luft, die dröhnenden Triebwerke in den Ohren – er wusste, dass er sich den besten Beruf der Welt ausgesucht hatte. Die 8-Uhr-Maschine von HolidayJet war schon in der Luft, er musste sich beeilen. Während Patrick in Richtung des Abfertigungsgebäudes hastete, schaute er mit einem Lächeln der Maschine nach La Palma nach. Der Kollege am Steuerhebel drehte ungewöhnlich früh nach Süden ab, sicher, weil heute stärkere Windgeschwindigkeiten als gestern Abend herrschten, als Patrick spät von Zürich gelandet war. Bald waren nur noch weiße Kondenswasserstreifen am Himmel zu sehen.
Wenn es die Schweiz nicht gäbe, dann wäre Patrick Lister nie Pilot geworden. Eigentlich war die Bergsteigerleidenschaft seines Vaters Schuld. Der Brückenbauingenieur hatte den damals sechzehnjährigen Teenager zwei Jahre nach der Wende, als es endlich möglich war, von Leipzig in die Berge geschleppt. In den blühenden Alpenlandschaften hoch über der Welt hatte Patrick zum ersten Mal gespürt, was Freiheit bedeuten konnte. Er erinnerte sich genau daran, als die Gondel der Bergbahn im gleißenden Sonnenlicht über den Gletscher bergauf glitt. Die Schwerkraft schien wie aufgehoben, die Wolken fast zum Greifen nah, da tauchte vor ihm das mächtige Matterhorn auf. In diesem Moment hatte Patrick beschlossen, Pilot zu werden.
In der Abfertigungshalle herrschte Hochbetrieb. Die Ferienzeit hatte begonnen, und HolidayJet erzielte einen Buchungsrekord nach dem anderen. Patrick war froh über die vielen zusätzlichen Flüge in seinem Flugplan. Er war in der Ausbildung und musste noch etliche Pflichtstunden als Co-Pilot absolvieren, bevor er seinen ersten Flug als Kapitän fliegen durfte. Acht Monate noch, vielleicht sechs, dann hatte er alle Pflichtflüge für den abschließenden Stempel zusammen und war endlich fertig mit der langen und teuren Ausbildung.
Die Schlangen vor den vier HolidayJet – Schaltern reichten fast bis zu den gläsernen Schiebetüren. Patrick reckte den Hals, um zu sehen, wer vom Bodenpersonal Dienst hatte. Doch er konnte nicht erkennen, ob Melanie oder Kira oder vielleicht eine von den Neuen eingeteilt war. An der Eingangssperre für den Personalbereich stand eine Traube der dunkelviolett gekleideten Stewardessen einer Konkurrenz-Airline. Patrick winkte einer Rothaarigen zu, mit der er schon mehrmals Kaffee getrunken hatte. Wie hieß sie noch mal? Iris? Oder doch Irene? Er verlangsamte seine Schritte und wartete in der Nähe der Schalter, bis die Eingangssperre frei war.
In der Warteschlange fiel ihm eine junge Frau auf, die sich ein rosa Handy ans Ohr drückte. An ihrem Handgelenk baumelte ein glitzerndes Kettchen, sie trug eine eng anliegende hellgrüne Sweatshirt-Jacke und einen karierten, kurzen Rock. Sehr kurz sogar, wie Patrick mit Kennerblick bemerkte. Das Kleidungsstück gab den Blick frei auf lange, gebräunte Beine mit genau der Art von festen Schenkeln, die Patrick zum Wahnsinn treiben konnten. Solche Schenkel deuteten auf ein Rennrad hin, das oft benutzt wurde, und auf durchtanzte Nächte. Oder Venus hatte dieser Frau solche Beine einfach als Geschenk mit in die Wiege gelegt. Während Patrick so tat, als ließe er den Blick über die Schlange schweifen, musterte er die Frau genauer. Groß war sie, mindestens ein Meter fünfundsiebzig, und damit ein wenig größer als er. Die meisten Frauen, auf die Patrick stand, waren größer als er. Man konnte eben nicht alles haben, tröstete er sich. Er hatte Glück gehabt, dass nach der Wende die EU-Regeln für die Pilotenausbildung eingeführt wurden und die vorgeschriebene Mindestgröße für Piloten genauso wie für Stewardessen auf eine durchschnittliche Größe gesenkt wurde. Körpergröße hatte nun wirklich nichts damit zu tun, ob jemand ein guter Pilot war, ganz im Gegenteil. Patrick hatte gestandene Piloten kennen gelernt, kleiner als er selbst, mit dreihundert Langstreckenflügen und mehr auf dem Buckel. Mit seinen ein Meter zweiundsiebzig lag er sogar noch ein paar Zentimeter über der EU-Mindestnorm. Doch den meisten großen Frauen war er zu klein. Ins Gesicht hatte es ihm noch keine gesagt, aber er sah es in den bedauernden Blicken, mit denen sie seinen muskulösen Körper – immerhin hatte er jahrelang Judo trainiert – taxierten.
Patrick senkte den Blick, damit die Frau nicht bemerkte, dass er sie beobachtete. Doch sie schien ganz in ihr Telefonat vertieft zu sein. Sie war vielleicht fünf Jahre jünger als er. Mit der frechen Stupsnase und den energischen Bewegungen, mit denen sie ihre grüne Reisetasche vor sich herschob, machte sie einen sympathischen Eindruck. Kurz lächelte sie einer korpulenten älteren Dame vor ihr in der Reihe zu, und das Lächeln verzauberte ihr Gesicht. Patrick hätte sie gerne angesprochen. Diese makellosen Beine schrien förmlich danach, dass man sie berührte und sanfte Fingerspitzen an ihnen hinab bis zum Rand der hohen Lederstiefel gleiten ließ …
Ah, er hatte doch zu auffällig gestarrt. Er spürte, dass sie ihn anschaute. Langsam hob er den Kopf, nickte ihr wie beiläufig zu. Ein Blick aus grünblauen Augen traf ihn. Sie wusste genau, wohin er die ganze Zeit gesehen hatte. Patrick wurde heiß, und er musste an sich halten, damit er nicht mit einer verräterischen Geste den Kragen des meerblauen Hemds, Standardausstattung bei HolidayJet, lockerte. Die Frau drückte eine Taste auf dem Handy, offensichtlich war das Gespräch beendet. Sie hatte dunkle Ringe unter den Augen, doch ihr grünblauer Blick war ganz bei ihm. Sie lächelte nicht, schaute nicht weg, nicht einmal die Wimpern senkten sich über ihre Augen. Dann rückte die alte Dame einen halben Meter nach vorn, und die junge Frau folgte ihr. Hinter ihr schob ein Mann mit einem aufdringlich gelben Schlips seinen riesigen Alukoffer weiter und stellte sich genau so hin, dass er Patrick die Sicht auf den Check-in-Schalter versperrte. Mist.
Die Uhren auf dem Flughafen schienen sich alle gegen sie verschworen zu haben. Annika Frinx drehte sich um und starrte auf die digitale Zeitanzeige, die neongrün auf schwarz über der gegenüber liegenden Schalterreihe prangte. Ihre Handyuhr ging offensichtlich falsch, denn die offizielle Flughafenuhr verkündete, dass es schon 8:32 Uhr war. Es blieben noch dreiundfünfzig sichere Minuten auf dem Berliner Boden, bis ihr Flug nach Spanien ging. Dann würde die Maschine die Startbahn verlassen und abheben, mit der Spitze hochschießen in den unendlichen Himmel. Annika sah das Flugzeug schon von Turbulenzen geschüttelt kilometertief nach unten sacken, Sauerstoffmasken würden ihr entgegenfallen, ein Inferno aus Rauch und Feuer, es war völlig klar, dass sie heute über den Pyrenäen abstürzen würde …
Annika biss sich auf die Lippen. Nicht daran denken. Weitaus weniger Menschen kamen bei einem Flugzeugabsturz ums Leben als beim Überqueren einer Straße. Die Trainerin in dem Anti-Flugangst-Seminar hatte ihnen Statistiken vorgelegt, die wirklich überzeugend aussahen. Doch Annika hatte nicht verhindern können, dass ihr trotzdem tausend zweifelnde Fragen durch den Kopf schossen: Bezogen sich die Statistiken auf Straßenüberquerungen mit Zebrastreifen oder ohne, mit Ampeln oder ohne? Waren die verunglückten Menschen vielleicht einfach bei Rot gegangen, weil sie jemand böswillig abgelenkt hatte? Wurden Selbstmörder, die sich mit Absicht vor heranfahrende Autos geworfen hatten, auch berücksichtigt?
Annika seufzte. Wenn sie sich beim Fliegen wenigstens nach rechts und links, und dann noch einmal nach rechts umschauen könnte, wie sie es in der 1. Klasse als ABC-Schützin gelernt hatte, dann ginge es ihr schon viel besser. Doch stattdessen musste sie sich darauf verlassen, dass irgendein Pilot sich in diesem unendlichen Himmel auskannte und wusste, wohin er den Flieger steuerte, damit sie wirklich heil nach Barcelona kam.
Vor ihr am Schalter gab es ein Problem mit dem Handgepäck. Vorschriftsgemäß hatte die nette Dame mit der Wolljacke ihre Medikamente in einem durchsichtigen Plastikbeutel verstaut, trotzdem stimmte etwas nicht.
„Es tut mir wirklich wahnsinnig leid, aber Sie dürfen keine Flaschen mit Flüssigkeit mit in die Kabine nehmen. Die junge Frau mit dem kurz geschnittenen, blonden Lockenkopf war die Geduld in Person, sie sprach ruhig und freundlich. „Wir versorgen Sie an Bord ganz bestimmt mit so viel Wasser wie Sie wollen.
Die Dame schüttelte den Kopf. „Aber das Wasser ist bloß für meine Herzmedikamente. Sechs Mal am Tag muss ich eine Pille einnehmen, alle drei Stunden, junges Fräulein. Und das fällt leider mitten in die Flugzeit."
Annika musste lächeln, als die Dame mit festem Griff ihre Wasserflasche nicht aus der Hand gab, die die HolidayJet – Angestellte ihr abnehmen wollte. Annika liebte diese alten Berliner Witwen mit ihrem überkandidelten, immer ein wenig zum Schrillen neigenden Kleidungsstil. Die Dame trug einen Kostümrock aus Kaschmir, den sie mit einer grob gestrickten Wolljacke kombiniert hatte. Unmöglich, würde Annikas Mutter sagen, die nichts auf ihren angestammten Düsseldorfer Schick kommen ließ. Aber Berlin war eben Berlin, nicht umsonst kamen die wirklich innovativen Ideen und Modetrends aus der Hauptstadt und nicht vom Rhein.
Annika blickte auf die digitale Flughafenuhr: 8:41. Die Minuten verstrichen unerbittlich, selbst wenn die Abfertigung der Passagiere durch das Wasserflaschen-Problem aufgehalten wurde. Das wohlbekannte, matschige Gefühl machte sich in ihren Knien breit. Wie sollte sie so die Gangway hochkommen? Annika fühlte schon die Enge im Flieger, der immer voll besetzt war. Eine Sekunde lang mutierte die nette Blonde am Check-in zu einer Roboterfrau wie die Stewardessen, wenn sie gelangweilt die lebensrettenden Sicherheitsvorkehrungen durchgingen. Ablenken, hatte die Trainerin ihnen geraten, wenn die Panik hochkam: ablenken, sich beschäftigen, an etwas anderes denken, an etwas Schönes.
Sie schaute sich in der Abfertigungshalle um. An der Staff-Absperrung ein paar Meter weiter wartete noch immer dieser Pilot, der vorher so unverschämt ihre Beine angestarrt hatte. Nun war sich Annika durchaus bewusst, dass ihre Beine optisch mit das Beste an ihr waren. Ansonsten war sie natürlich zu groß. „Das bleibt so, gewöhne dich dran", hatte ihre Mutter ihr gleich gesagt, als ihr Körper mit elf plötzlich anfing zu wachsen und nicht mehr aufhören wollte, bis sie sogar größer als ihr großer Bruder war. Inzwischen hatte sie sich damit abgefunden. Ein Trost, dass sie immerhin auf den Zentimeter gleich groß wie Naomi Campbell war. Und es gab genug Männer, die auf ihre langen Beine standen.
Der Pilot in der meerblauen, mit sandgelben Plissen abgesetzten Uniform flog offenbar auch für HolidayJet. Gerade redete er mit einer zierlichen Stewardess, die angesichts ihres dunkelvioletten Outfits zu einer andern Gesellschaft gehören musste. Annika kniff die Augen zusammen und schätzte die Größe der Flugbegleiterin, höchstens ein Meter achtundfünfzig. Dagegen hatte sie keine Chance, das war die ideale Ein-Kopf-kleiner-Proportion.
Schade, der Pilot war total ihr Typ. Drahtig, energisch, kein Dreitagebart, dunkel, dazu dieser offene, fast freche Blick, mit dem er sie vorhin angeschaut hatte. Und er war … klein. Zumindest für einen Mann. Größe war relativ, die ideale Größe erst recht. Es war das Dilemma in Annikas Liebesleben: Sie stand einfach auf kleinere Männer. Nicht, weil sie gern auf ihren Lover herunterschaute, so viel größer war sie ja auch wieder nicht. Aber sie liebte es, wenn der Mann im Bett neben ihr genau zu ihrem Körper passte, Schultern an