Mein Leben mit Luigi -: ein gelebtes Leben?
Von Amal Blu
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Über dieses E-Book
Eines Tages schlägt das Schicksal unbarmherzig in Klaras Leben ein und zwingt sie, über ihr bisheriges Leben mit dem kapriziösen Luigi nachzudenken. Sie stellt schnell Risse in ihrer Ehe fest: Während der theatralische, feurige und lebenslustige Modeschöpfer das abenteuerliche und pulsierende Leben als Glücksspiel sieht, leidet Klara zusehends unter dieser oberflächlichen Lebensauffassung.
Amal Blu entführt ihre Leser nach Indien und diese lernen interessante, schonungslose Fakten über die indische Kultur und die indischen Lebensgewohnheiten kennen. Weiterhin geht es mit Luigis Muse Klara nach Down Under.
Die Geschichte enthält viel exotisches Lokalkolorit, spielt an realen Orten und beinhaltet authentisches Bildmaterial.
"Mein Leben mit Luigi" - ein gelebtes Leben?
- Eine Geschichte, wie sie das Leben schreibt.
- Ein alternativer Reisebegleiter für Nordindien, Sydney, Melbourne und Tasmanien.
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Buchvorschau
Mein Leben mit Luigi - - Amal Blu
2. Vorwort
„Klotho, Lachesis, Atropos", Ihr Gewaltigen! Ihr besitzt die Allmacht über die gesamte Menschheit. Niemand entrinnt Euch. Niemand! Ihr lenkt das menschliche Leben zwischen Vanitas (Vergänglichkeit) und Fortuna (Glück).
Das Leben der Menschen auf Erden ist ein bloßes Spiel, welches Ihr Drei gewaltigen griechischen Schicksalsgöttinnen lenkt. Am Ende seines irdischen Auftrittes besitzt der Mensch, Euer Spielball, nichts mehr: seine Schönheit, seine Kraft, sein Mut, seine Intelligenz, seine Macht, seine Tugenden, sein Amt, sein gesellschaftlicher Stand, … nichts hat Bestand. Alles ist nur trügerischer Schein. Alle irdischen Güter erweisen sich als nutzlos und nichtig im Augenblick des „stillen" hereinbrechenden Todes. Dieser unentrinnbare, endgültige Abschied bricht zwar für den Menschen in einer ungewissen Todesstunde, aber von der Zerstörerin, Atropos, vorherbestimmten Todesminute mitten in das Leben ein und reißt sein auserwähltes Opfer aus dem pulsierenden Lebenslauf. Und niemand kann Atropos' unabwendbare Entscheidung ungeschehen machen. Ihr allein gehört die Macht über den einzelnen Menschen und über dessen begrenztes Leben – ein Spiel! Sie schneidet den Lebensfaden, der von ihren beiden Schwestern Klotho und Lachesis gesponnen und bemessen worden ist, gnadenlos durch.
Klara Wolke, von ihrer Familie und ihren Freunden auch Chiara genannt, sitzt wie so oft in letzter Zeit in einer traditionsreichen „Pasticceria" in der Via Montenapoleone und trinkt die atemberaubende, hausgemachte, heiße Schokolade mit Schlagsahne. Sie schaut aus dem Fenster den vorbeihuschenden Mailändern und Touristen zu, die eifrig noch die letzten Geschenke für Weihnachten besorgen. Beim Anblick einer blutjungen, äußerst elegant gekleideten Frau in einem Cavalli Mantel denkt sie über ihr bisheriges sonniges und auch schattiges Leben nach und vergisst beim Blick in ihre Vergangenheit völlig die Zeit. Nur das laute Klingelzeichen eines Handys, welches auf dem Nachbartisch liegt, bringt sie wieder zurück in die Gegenwart. Sie schaut erschrocken auf ihre Armbanduhr und bemerkt, dass sie über eine Stunde in Gedanken an vergangene Zeiten versunken gewesen ist.
Nun aber gilt es sich zu beeilen, denn sie hat ihrem Mann felsenfest versprochen, sich noch heute um die Erneuerung seines Passes zu kümmern. Raschen Schrittes eilt sie zu der zuständigen Behörde. Sie wundert sich, dass heute fast niemand auf der Polizeidirektion vorzufinden ist, da normalerweise eine Menschenmenge hier stundenlang in der Schlange steht und sehnsüchtig auf das neue Dokument wartet. Sie klopft mehrmals an die Bürotür, aber niemand fordert sie auf, einzutreten. Sie beschließt den Pförtner aufzusuchen, um ihn zu fragen, warum keiner der zuständigen Beamten aufzufinden sei. Auch die Suche nach dem Hausmeister gestaltet sich nicht problemlos, aber nach einiger Zeit entdeckt sie ihn im Vorhof. Dieser weiß nicht, warum keiner da ist, nichtsdestotrotz kann er sich gut vorstellen, dass die Damen und Herren aus der „Questura" heute etwas früher Dienstschluss gemacht haben, weil sie noch Weihnachtseinkäufe erledigen müssen. Früher hätte sich Klara über eine solche Aussage fürchterlich aufgeregt, aber ihr ist mittlerweile bewusst geworden, dass in Italien die Behördengänge und noch vieles mehr, anders als zum Beispiel in Deutschland laufen. Die sogenannte australische easy-going Mentalität findet man seit über 30 Jahren auch in Italien. Klara erinnert sich an ihre zahlreichen Flüge von und nach Mailand Malpensa in ihrem jungen Erwachsenenalter. Damals, vor über 25 Jahren, flog sie fast jedes Wochenende mit einer italienischen Fluggesellschaft aus ihrer Heimatstadt (Luxemburg) oder aus ihrer damaligen Universitätsstadt (Frankfurt am Main) in die Modemetropole, um mit ihrem jetzigen Mann gemeinsame Stunden zu verbringen. Auf fast jedem Hin- oder Rückflug gab es Zwischenfälle: meistens wurde der Flug erheblich verspätet abgefertigt, selten wurde er annulliert. Allerdings passierte es insgesamt fünfmal, dass entweder der Flugkapitän oder der Copilot wegen ausgiebigem Einkaufsbummel im goldenen Shopping Dreieck in Mailand unauffindbar war. Eine solche Berufseinstellung ist für eine deutsche, schweizerische, österreichische … Fluglinie ein Kündigungsgrund. Eine italienische Gesellschaft findet es lediglich bedauerlich, aber sie kann ihre modebewusste Crew durchaus verstehen und mahnt diese höchstens mit einem brüsken Fingerzeichen ab. Klara allerdings war einmal, im Gegenteil zu den italienischen Passagieren, die nur kopfschüttelnd gelacht haben, derart erbost, dass sie lautstark ihrem Ärger im Flieger Luft machte. Da sie auch randalierte und die Stewardessen sie nicht mehr beruhigen konnten, wurde sie von den Sicherheitsbeamten aus dem Flugzeug wie eine Verbrecherin abgeführt. Mittlerweile hat sie gelernt, ruhig zu bleiben und abzuwarten bis sich die Situation irgendwie löst. Trotzdem kann sie sich auch heute noch nicht mit dieser Lebens- und Berufsauffassung identifizieren. Sie hat sich aus Liebe zu ihrem Mann, Luigi, den sie 1992 während eines Auslandssemesters in Rom kennenlernte, angepasst. Als wäre es erst gestern gewesen, erinnert sie sich an ihre Zeit in der italienischen Hauptstadt.
Kurz vor Silvester reiste sie einst in die ewige Stadt. Da sie noch keinen Kontakt zu Einheimischen oder Ausländern hatte, verbrachte sie notgedrungen den Silvesterabend allein in ihrem kleinen Studentenzimmer und schreckte um Mitternacht durch den ohrenbetäubenden Glockenschlag einer benachbarten Kirche aus tiefem Schlaf auf. Sie öffnete ihre Balkontür und sah überall zufriedene Menschen, die sich gegenseitig ein glückliches, neues Jahr wünschten. Klara nahm all ihren Mut zusammen und mischte sich unter die Menschenmenge. Von allen Seiten vernahm sie die Worte „Auguri Auguri und „Buon Anno
und ihre Ohren schmerzten, weil sie sich allein fühlte. Zuerst irrte sie ziellos durch die schmalen Gassen, bis ihre Schritte sie zu dem weltbekannten Springbrunnen aus dem 18. Jahrhundert, mitten im Herzen von Rom, führten. Hier, am barocken Trevi-Brunnen, wurde sie auf eine Gruppe gleichaltriger, junger Italiener aufmerksam, die in leicht angetrunkenem Zustand ein nächtliches Bad nehmen wollten. Sie versuchte sie von ihrem verbotenen Vorhaben abzubringen, aber sie scheiterte und landete auch im Brunnen. Als sie wieder aus den Fluten
steigen wollte, blickte sie in die feurigen, dunklen Augen eines feuchtfröhlichen Fremden, der ihr seine Hand reichte. Sie hört noch heute seine Worte „Sylvia, Sylvia." Ohne den Unbekannten zu beachten, stieg sie kopfschüttelnd an ihm vorbei aus dem Wasser. Er aber lief hinter ihr her und rief in seinem angeheiterten Zustand immer wieder den Namen Sylvia. Die hellhäutige, blonde, kühle Klara drehte sich arrogant um und erklärte ihm unmissverständlich, ihr Name sei Klara und nicht Sylvia.
Er solle sie in Ruhe lassen, sonst würde sie die Polizei rufen. Allerdings stießen ihre Worte auf fast taube Ohren, da er sich als Marcello vorstellte, ihr bis vor ihre Wohnungstür folgte und ununterbrochen Chiara, Chiara, Chiara … lallte. Als sie am Nachmittag ihr kleines Domizil verließ, glaubte sie, ihren Augen nicht trauen zu können: auf dem Bürgersteig gegenüber saß Marcello und lächelte sie freudestrahlend an. Um dieser Plage ein Ende zu setzen, ging sie forschen Ganges und mit einem erzürnten Blick auf die Nervensäge zu. Bevor sie ihren Unmut zum Ausdruck bringen konnte, umgarnte Marcello sie derart mit sprühendem Charme und ungewohnten Komplimenten, dass sie spontan einwilligte, mit ihm einen Espresso zu trinken.
So schlenderten beide durch die verwinkelten Gassen von Rom und Marcello schwärmte ununterbrochen von den Schönheiten der Stadt. In der Espresso Bar
, einer unscheinbaren, kleinen Kaffeebar mit echtem, italienischem Ambiente und angeblich bestem Barista der Stadt, lud er sie auf einen sensationellen Espresso ein und erzählte ihr, er heiße nicht Marcello sondern Luigi. Er habe lediglich die weltberühmte Szene aus Federico Fellinis Klassiker „La dolce Vita" nachspielen wollen. Da Klara mit diesem Meisterwerk der italienischen Filmgeschichte nicht vertraut war, klärte Luigi sie auf: „In dem Film ´Das süße Leben´ hat Fellini das sinnentleerte und dekadente Leben der mondänen, römischen Schickeria der fünfziger Jahre dargestellt. Die schwedische Filmikone Anita Ekberg, im Film Sylvia genannt, hat ihrem Filmpartner Marcello Mastroianni genauso den Kopf verdreht, wie du mir, liebe Chiara, als ich dich in diesem römischen Brunnen entdeckt habe. Ich habe mich in dich verliebt, ich weiß, es klingt verrückt, aber du bist meine Muse. Ich studiere Modedesign und du wirst mich zu kreativen Höchstleistungen treiben, denn du inspirierst mich und spornst mich an. Du kannst dir überhaupt nicht vorstellen, wie es mir auf den Nägeln brennt, meine ultimativen Ideen in Zeichnungen umzusetzen. In meinem Kopf entstehen bereits die Entwürfe; die Linien ziehen sich von der Wirbelsäule bis zu den Zehen meiner Skizze.
Das Anfertigen duldet jetzt keinen Aufschub mehr."
Er drückte ihr einen Kuss auf die Backe und verließ blitzschnell das Lokal. Verblüfft schaute Klara Richtung Straße, aber Marcello, nein Luigi, war bereits aus ihrem Blickfeld verschwunden gewesen. Perplex und konfus bestellte sie einen weiteren Espresso, versuchte das eben Erlebte einzuordnen und heute noch vernimmt sie ihre Worte „so ein verrückter Italiener". Nach einer Weile beschloss sie, den Ort dieses Beisammenseins zu verlassen