Muss ich schon Abschied nehmen?: Der neue Landdoktor 89 – Arztroman
Von Tessa Hofreiter
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Über dieses E-Book
Die Serie zeichnet sich gegenüber dem Vorgänger durch ein völlig neues Konzept aus. Es wird noch größerer Wert auf Romantik, Spannung und sich weiterdichtende, zum Leben erwachende Romanfiguren, Charaktere und Typen gelegt.
Eines darf verraten werden: Betörend schöne Frauen machen dem attraktiven Landdoktor schon bald den Hof. Und eine wirkliche Romanze beginnt...
»Mama, ich gehe zur Kletterhalle.« »Heute? Ich dachte, du bleibst zum Kaffee. Traudel und Ursel kommen doch gleich her. Sie wollten dich gern sehn.« »Ich brauche nur ein wenig Bewegung, ich bin bald zurück«, versprach Silvia ihrer Mutter und huschte zur Tür hinaus. »Das Madl hat einfach kein bissel eine Ruhe«, murmelte Irmi, die freundliche Bedienung aus dem Biergarten der Brauerei Schwartz. Sie schaute der schlanken jungen Frau in der dunklen Hose und dem roten Pulli nach. Sie hatte ihr blondes Haar zu einem Pferdeschwanz gebunden, der bei jedem Schritt auf und ab wippte. »Mei, Schatzl, wie schnell du doch erwachsen geworden bist«, sagte sie leise, weil es ihr gerade so vorkam, als sei Silvia vor Kurzem noch ein Kind gewesen. Sie ging ins Wohnzimmer, deckte den Tisch für den Besuch ihrer Freundinnen und ging danach in den Garten, der das kleine Haus in einer Gasse neben dem Bergmoosbacher Marktplatz, umgab. Irmi liebte den Frühling mehr als jede andere Jahreszeit. Der Frühling war der bunte fröhliche Anfang des Jahres, es war die Jahreszeit der Hoffnung, dass alles, was folgte, gut sein würde. Sie betrachtete die Blütenpracht der Blumenbeete, die sie um die Rasenfläche herum angelegt hatte. Osterglocken, Freesien, Hyazinthen, wie schön sie alle blühten. Für ihr Kaffeekränzchen pflückte sie ein paar blaue und rote Hyazinthen, trug sie ins Haus und stellte sie in die weiße Porzellanvase auf dem Esstisch. Zehn Minuten später trafen Traudel und Ursel ein.
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Der neue Landdoktor
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Buchvorschau
Muss ich schon Abschied nehmen? - Tessa Hofreiter
Der neue Landdoktor
– 89–
Muss ich schon Abschied nehmen?
Wenn mein Leben doch zu Ende geht …
Tessa Hofreiter
»Mama, ich gehe zur Kletterhalle.«
»Heute? Ich dachte, du bleibst zum Kaffee. Traudel und Ursel kommen doch gleich her. Sie wollten dich gern sehn.«
»Ich brauche nur ein wenig Bewegung, ich bin bald zurück«, versprach Silvia ihrer Mutter und huschte zur Tür hinaus.
»Das Madl hat einfach kein bissel eine Ruhe«, murmelte Irmi, die freundliche Bedienung aus dem Biergarten der Brauerei Schwartz. Sie schaute der schlanken jungen Frau in der dunklen Hose und dem roten Pulli nach. Sie hatte ihr blondes Haar zu einem Pferdeschwanz gebunden, der bei jedem Schritt auf und ab wippte. »Mei, Schatzl, wie schnell du doch erwachsen geworden bist«, sagte sie leise, weil es ihr gerade so vorkam, als sei Silvia vor Kurzem noch ein Kind gewesen.
Sie ging ins Wohnzimmer, deckte den Tisch für den Besuch ihrer Freundinnen und ging danach in den Garten, der das kleine Haus in einer Gasse neben dem Bergmoosbacher Marktplatz, umgab. Irmi liebte den Frühling mehr als jede andere Jahreszeit. Der Frühling war der bunte fröhliche Anfang des Jahres, es war die Jahreszeit der Hoffnung, dass alles, was folgte, gut sein würde. Sie betrachtete die Blütenpracht der Blumenbeete, die sie um die Rasenfläche herum angelegt hatte. Osterglocken, Freesien, Hyazinthen, wie schön sie alle blühten. Für ihr Kaffeekränzchen pflückte sie ein paar blaue und rote Hyazinthen, trug sie ins Haus und stellte sie in die weiße Porzellanvase auf dem Esstisch.
Zehn Minuten später trafen Traudel und Ursel ein. Traudel, eine hübsche ältere Frau im hellblauen Dirndl, war für den Haushalt des Bergmoosbacher Landarztes verantwortlich und kümmerte sich auch liebevoll um die Familie. Ursel, eine stattliche Frau im grünen Dirndl, gehörte zum Stammpersonal des Café Höfners am Marktplatz und bediente dort schon seit über dreißig Jahren die Gäste.
»Tut mir echt leid, dass Silvia nicht da ist«, bedauerte Irmi die Abwesenheit ihrer Tochter, als sie mit den beiden an ihrem Esstisch saß, der direkt neben dem Fenster stand. Sie hatte die Gardinen beiseitegeschoben, und sie konnten den Blick in den Garten genießen.
»Sie freut sich halt, nach einem Dreivierteljahr in Japan wieder hier bei uns zu sein. Außerdem hat sie Urlaub, gönn ihr die Freiheit, dass sie für ein paar Tage tun und lassen kann, was sie will«, sagte Traudel und nahm sich ein Stück von dem Aprikosenkuchen, den Irmi gebacken hatte.
»In die Kletterhalle hätt sie auch noch morgen gehen können.«
»Sie tut halt was für die Figur, damit sie nicht so endet wie wir«, stellte Ursel schmunzelnd fest.
»Mei, wir sind halt ein bissel rundlich, aber dafür sind ja die weiten Röcke der Dirndl bestens geeignet«, stellte Irmi lachend fest, die ein violettes Dirndl mit einem roten Schürzchen trug.
»Traudel hat recht, Irmilein, deine Silvia braucht ein paar ungezwungene Tage. So wie man hört, haben die Leute in Japan kaum Freizeit. Sie müssen ständig für ihr Unternehmen verfügbar sein«, sagte Ursel.
»Die Filiale der Münchner Bank, für die meine Silvia in den letzten Monaten in Tokio als Dolmetscherin gearbeitet hat, ist in dieser Beziehung nicht ganz so streng. Aber ich gebe zu, es waren schon recht anstrengende Monate für sie.«
»Auch für dich und deinen Karl, weil sie so weit fort war.«
»Wir haben sie halt vermisst, aber jetzt kommt sie ja wieder am Wochenende aus München zu uns heraus«, sagte Irmi und seufzte erleichtert.
»Solange sie keinen festen Freund hat«, entgegnete Ursel schmunzelnd.
»Im Moment ist da aber niemand.«
»Vielleicht hat sie ihn nur noch nicht erwähnt.«
»Geh, Ursel, so etwas kann unsere Silvia nicht für sich behalten. Sie hat uns bisher immer alles erzählt. Außerdem würd ich es merken, wenn da was wär.«
»Du glaubst also, du würdest es sofort bemerken, wenn sie sich ernsthaft verliebt?«, fragte Traudel lächelnd.
»Freilich würd ich das«, entgegnete Irmi. »Noch einen Kaffee?«
»Ja, bitte«, sagte Traudel. Irmi wollte offensichtlich nicht weiter über dieses Thema sprechen, und sie wollte sie nicht in Verlegenheit bringen. »Ich habe heute Morgen Therese getroffen. Sie meinte, wir sollten uns zweimal in der Woche zur Frühjahrsgymnastik treffen«, kam sie auf etwas anderes zu sprechen.
»Ein guter Vorschlag, wir sollten beim nächsten Landfrauentreffen darüber abstimmen«, ging Irmi auch gleich darauf ein.
*
Die ehemalige Sporthalle der Gemeinde Bergmoosbach lag auf einer Wiese hinter dem Fußballplatz. Vor ein paar Jahren hatte der Alpenverein sie übernommen und dort eine Kletterwand errichtet. Sie bot den Kletterinteressierten auch im Winter und bei schlechten Wetterbedingungen ein wenig Unterhaltung. Silvia bevorzugte das Klettern in der sicheren Umgebung der Halle. In den Bergen blieb sie lieber auf den Wanderwegen und genoss von dort die Aussicht.
Die Kletterwand mit ihren bunten Haltegriffen zog sich über drei Seiten der Halle hinweg und bot mehreren Kletterern gleichzeitig Platz, zehn Meter in die Höhe zu steigen. Um einen möglichen Sturz abzufedern, lagen gepolsterte Matten auf dem Boden. Ein Teil der Wand war den Sportlern vorbehalten, die ohne Seil klettern wollten.
»Grüß dich, Silvia, hattest du eine schöne Zeit dort drüben in Japan?«, fragte der ältere Mann mit den schlohweißen Locken, der für den Dienst in der Halle eingeteilt war.
»Es war schon interessant dort, Eddi, aber ich bin froh, wieder hier zu sein. Wir sind hier glücklicherweise nicht so stark mit unserer Arbeit verbunden, wie es in Japan oft der Fall ist.«
»Dann stimmt das, was man sich so erzählt? Die Menschen dort kennen nur noch ihre Arbeit?«
»Ganz so ist es nicht, aber sie machen schon viele Überstunden und verbringen ihre Freizeit oft mit ihren Kollegen. Das gehört dazu, die Japaner arbeiten gern im Team, und gemeinsame Freizeitaktivitäten fördern die Zusammengehörigkeit.«
»Teamarbeit ist auch im Alpenverein von Vorteil«, entgegnete Eddi lächelnd, steckte seine Daumen hinter die Träger seiner Kniebundhose und ließ sie einmal kräftig schnalzen, so als würde er damit die gerade gelobte Teamarbeit des Alpenvereins bestätigen.
»Für mich bietet sich Teamarbeit leider nur selten an.«
»Das geht auch nicht anders. Übersetzen sollte nur einer, sonst gibt es Kuddelmuddel. Für ein Team reicht es heut an der Kletterwand auch nicht. Außer dir hat nur der Historiker heut hergefunden.«
»Der Historiker?« Silvia schaute auf die Kletterwand an der Längsseite der Halle. Sie konnte den Mann, der dort in langer Hose und T-Shirt etwa auf halber Höhe der Wand nach oben kletterte, nur von hinten sehen.
»Der junge Mann wohnt seit einigen Tagen in der Ferienhaussiedlung und liest in alten Schriften.«
»Ich liebe alte Schriften, die mir etwas über das Leben in vergangenen Jahrhunderten erzählen.«
»Geh, Madl, junge Leute sollten die Gegenwart erleben und die alten Schriften alten Leuten überlassen, die nichts mehr mit dem Abenteuer Leben anfangen können. Ich werd bald 66 und ich fühl mich noch zu jung fürs Lesen. Ich plan lieber die nächste Bergtour«, erklärte Eddi, und dabei glänzten seine hellblauen Augen voller Vorfreude.
»Ich mag beides, die Vergangenheit und die Gegenwart.«
»Mei, vielleicht liegt’s auch grad an meinem Alter, dass ich nichts von solchen angestaubten Sachen wissen will, weil ich der Vergänglichkeit entkommen möcht«, entgegnete Eddi