Lasst uns unser Glück!: Der Bergpfarrer 214 – Heimatroman
Von Toni Waidacher
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Über dieses E-Book
Diese Serie enthält alles, was die Leserinnen und Leser von Heimatromanen interessiert.
Auf dem Saal des Hotels »Zum Löwen« herrschte Hochbetrieb. An die dreihundert Gäste vergnügten sich auf dem allwöchentlichen Tanzabend in St. Johann. Die bekannten »Wachnertaler Buam« spielten, was das Zeug hielt, und auf der Tanzfläche herrschte ein dichtes Gedränge. Sepp Reisinger, der Chef des Hotels und Initiator dieses munteren Spektakels, rieb sich angesichts der vollen Kasse die Hände. Die Saaltöchter schleppten hoch beladene Tabletts an die Tische, und an der Theke standen in dichten Trauben die Männer, die froh waren, dass ihre Frauen andere Tanzpartner gefunden hatten, weil es ihnen selbst ein Gräuel war, sich in das Getümmel zu quetschen. Unter all den Tanzlustigen war ein hübsches junges Madel, das sich ganz alleine im Rhythmus der Musik bewegte. Verträumt blickte es vor sich hin, und nur ein ganz genauer Beobachter hätte gesehen, dass Christel Hornbacher hin und wieder verstohlen zu dem Tisch hinüber sah, der nur wenige Schritte entfernt von ihr stand. An diesem Tisch saßen die jungen Leute, aus St. Johann und Umgebung, die sich seit Ewigkeiten kannten. Die Burschen und Madeln hatten ihren Spaß, nicht wenige von ihnen waren zum ersten Mal auf dem Tanzabend und das auch nur, weil die Eltern auch dabei waren. Die aber saßen an den Tischen, die nicht unmittelbar bei der Musik standen. Zu den Burschen gehörte einer, der besonders auffiel. Thomas Burgfelder war ein großer, schlanker junger Mann, der in seinem Anzug richtig fesch ausschaute und die Blicke vieler Frauen auf sich zog. Thomas trank hin und wieder einen Schluck aus seinem Bierkrug und gab sich dann wieder an den Gesprächen am Tisch interessiert. Aber auch hier hätte ein aufmerksames Auge genügt, um festzustellen, dass Thomas immer wieder, fast beiläufig, seinen Blick schweifen ließ, der dann wie gebannt auf Christel ruhte. Dann, nach Bruchteilen von Sekunden, wandte der Bursche den Kopf rasch wieder ab, und ein stilles Lächeln spielte um seine Lippen. Nach einer Weile stand Thomas Burgfelder auf.
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Buchvorschau
Lasst uns unser Glück! - Toni Waidacher
Der Bergpfarrer
– 214–
Lasst uns unser Glück!
Drama um eine heimliche Liebe
Toni Waidacher
Auf dem Saal des Hotels »Zum Löwen« herrschte Hochbetrieb. An die dreihundert Gäste vergnügten sich auf dem allwöchentlichen Tanzabend in St. Johann. Die bekannten »Wachnertaler Buam« spielten, was das Zeug hielt, und auf der Tanzfläche herrschte ein dichtes Gedränge. Sepp Reisinger, der Chef des Hotels und Initiator dieses munteren Spektakels, rieb sich angesichts der vollen Kasse die Hände. Die Saaltöchter schleppten hoch beladene Tabletts an die Tische, und an der Theke standen in dichten Trauben die Männer, die froh waren, dass ihre Frauen andere Tanzpartner gefunden hatten, weil es ihnen selbst ein Gräuel war, sich in das Getümmel zu quetschen.
Unter all den Tanzlustigen war ein hübsches junges Madel, das sich ganz alleine im Rhythmus der Musik bewegte. Verträumt blickte es vor sich hin, und nur ein ganz genauer Beobachter hätte gesehen, dass Christel Hornbacher hin und wieder verstohlen zu dem Tisch hinüber sah, der nur wenige Schritte entfernt von ihr stand.
An diesem Tisch saßen die jungen Leute, aus St. Johann und Umgebung, die sich seit Ewigkeiten kannten. Die Burschen und Madeln hatten ihren Spaß, nicht wenige von ihnen waren zum ersten Mal auf dem Tanzabend und das auch nur, weil die Eltern auch dabei waren. Die aber saßen an den Tischen, die nicht unmittelbar bei der Musik standen.
Zu den Burschen gehörte einer, der besonders auffiel. Thomas Burgfelder war ein großer, schlanker junger Mann, der in seinem Anzug richtig fesch ausschaute und die Blicke vieler Frauen auf sich zog. Thomas trank hin und wieder einen Schluck aus seinem Bierkrug und gab sich dann wieder an den Gesprächen am Tisch interessiert. Aber auch hier hätte ein aufmerksames Auge genügt, um festzustellen, dass Thomas immer wieder, fast beiläufig, seinen Blick schweifen ließ, der dann wie gebannt auf Christel ruhte.
Dann, nach Bruchteilen von Sekunden, wandte der Bursche den Kopf rasch wieder ab, und ein stilles Lächeln spielte um seine Lippen.
Nach einer Weile stand Thomas Burgfelder auf.
»Willst’ etwa schon heim?«, fragte sein Tischnachbar überrascht.
»Bloß an die frische Luft.« Der Bauernsohn schob sich zwischen die Tische hindurch und strebte dem Ausgang zu.
Christel Hornbacher beobachtete ihn ganz genau, dann schwang sie die Hüften und tänzelte wie zufällig in dieselbe Richtung. Sie schrak zusammen, als jemand seinen Arm um ihre Taille legte und sie an sich zog.
»Komm, lass uns tanzen!«, rief Franz Hochleitner.
Die Bauerntochter lächelte ihn an.
»Ein andermal, Franz«, wehrte sie ab. »Ich muss mir mal das Näschen pudern.«
»Aber versprochen ist versprochen!«, sagte der nicht mehr ganz nüchterne Bursche.
»Freilich«, gab Christel zurück. »Kannst dich drauf verlassen, Franz.«
Sie winkte ihm zu und entschwand dann durch eine Gasse, die sich gerade zwischen den Tanzenden gebildet hatte. Christel trat durch die Saaltür nach draußen und atmete tief durch. Drinnen herrschte nicht nur ein fürchterlicher Lärm, es war auch unglaublich heiß. Seit Wochen lag eine Hitzeglocke über dem Wachnertal, und auch nachts kühlte es kaum ab. Hinzu kamen auf dem Saal des Hotels die vielen Menschen und die Kerzen auf den Tischen, die auch Wärme abstrahlten.
Die Bauerntochter grüßte nickend einige Bekannte, die sich ebenfalls hier draußen erfrischten, und schlenderte ein paar Schritte die Straße entlang. Am Parkplatz angekommen, sah sie sich hastig um und war dann mit zwei schnellen Schritten zwischen den abgestellten Autos verschwunden. Bis auf das Licht zweier Laternen war es hier ansonsten recht dunkel, und kaum jemand konnte sie gesehen haben.
In der hintersten Reihe stand, neben anderen Wagen, ein roter Kombi.
In seinem Schatten ragte die Gestalt Thomas Burgfelders auf. Er winkte, und Christel eilte zu ihm. Sie sanken sich in die Arme, und ihre Lippen trafen sich zu dem lang ersehnten Kuss.
»Endlich!«, seufzte der junge Mann. »Ich hab’s gar net mehr aushalten können.«
Christel schmiegte sich an ihn.
»Ich auch net«, bekannte sie und strich ihm zärtlich über den blonden Haarschopf.
Thomas Burgfelder genoss zwar die Berührung, aber auf seinem markanten Gesicht zeichnete sich Unmut ab.
»Ich mag net mehr!«, stieß er hervor.
Sie schaute ihn erschrocken an.
»Was meinst’ denn? Magst’ mich net mehr?«
Die Angst hinter der Frage war unüberhörbar.
Der Bauernsohn umarmte sie fester.
»Unsinn!«, erwiderte er. »Das Versteckspielen, das ist es, was ich net mehr mag. Ich hab’ keine Lust mehr, mich länger zu verstellen. Warum darf net jedermann sehen, dass wir uns lieben?«
Christel unterdrückte einen Seufzer.
»Ach, Schatz«, sagte sie bekümmert, »du weißt doch selbst, was wir damit heraufbeschwören, wenn das bekannt wird. Und wir waren uns doch einig, dass wir’s vorerst niemandem sagen wollen.«
Thomas biss sich auf die Unterlippe, so fest, dass es fast schon schmerzte.
»Vorerst!«, schnaubte er. »Wie lange ist denn vorerst? Unser halbes Leben? Soll ich vielleicht warten, bis wir alt und grau sind, und unsre Eltern gestorben, damit wir endlich heiraten können?«
Die hübsche junge Frau barg ihr Gesicht an seiner Brust, damit er die Tränen nicht sehen konnte, die ihr in die Augen stiegen. Dennoch merkte Thomas an ihrer zuckenden Schulter, dass Christel weinte. Sanft drückte er sie an sich und hauchte einen Kuss auf ihr Haar.
»Entschuldige«, bat er, »ich wollt’ das net so hart sagen. Aber du musst mich auch versteh’n. Wieso müssen wir eigentlich unter dem leiden, was unsre Vorfahren irgendwann einmal entzweit hat? Ich meine, es ist doch unsinnig, dass unsre Familien seit Generationen zerstritten sind, und ein Burgfelder einen Hornbacher net grüßt, und umgekehrt!«
»Du hast ja Recht«, stimmte Christel ihm zu. »Aber wenn wir jetzt unsere Liebe öffentlich machen, dann gibt’s Mord und Totschlag!«
»Na, na«, wiegelte Thomas ab, »soweit wird’s ja hoffentlich net kommen. Aber es stimmt schon, was du sagst, erfahren darf’s wohl keiner, wenn wir unsre Liebe net gefährden wollen.«
Christel küsste ihn rasch.
»Ich muss wieder hinein«, sagte sie. »Sonst suchen die Eltern noch nach mir.«
Thomas nickte.
»Geh nur, ich wart’ hier noch einen Moment.«
Noch ein letzter Kuss, dann schlüpfte Christel zwischen den Autos hindurch und eilte zurück zum »Löwen«. Thomas blieb an seinen Wagen gelehnt stehen und dachte über ihre Misere nach.
*
Bis vor ein paar Wochen hätte er selbst nicht geglaubt, dass er sich einmal in die Tochter des verfeindeten Nachbarn verlieben könnte.
»Die Hornbacher taugen nix!«, hieß es immer in der Familie. »Geh’ denen bloß aus dem Weg!«
Woher der Streit zwischen den beiden Höfen rührte, wusste eigentlich niemand mehr zu sagen. Es schien eine Art Tradition zu sein, diesen Zwist bis in alle Ewigkeit austragen zu wollen.
Thomas Burgfelder hatte sich eigentlich nie so richtig daran beteiligt. Wenn daheim wieder mal über die Nachbarn geschimpft wurde, hielt er sich zurück. Es interessierte ihn nicht, zu hören, dass Xaver Hornbacher im »Löwen« angeblich über Sepp Burgfelder hergezogen war. Und dass Anna, Thomas’ Mutter, beim sonntäglichen Kirchgang von der Hornbacherin abschätzig von oben bis unten angeschaut worden sei, wobei Christels Mutter auch mit der alten Agnes, der Magd des Hornbacherhofes, getuschelt haben solle. All das war ihm ebenso herzlich egal, wie die Tatsache, dass sein Bruder Wolfgang sich regelmäßig mit Martin, dem ältesten der Hornbacherkinder, raufte.
Christel und er kannten sich seit ihrer Kindheit. Freilich durften sie nie miteinander spielen, wie es