Mit all meiner Liebe: Der Bergpfarrer 155 – Heimatroman
Von Toni Waidacher
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Über dieses E-Book
Diese Serie enthält alles, was die Leserinnen und Leser von Heimatromanen interessiert.
Der Jeep, der die kurvige Bergstraße entlangfuhr, machte einen recht betagten Eindruck. An mehreren Stellen hatte er Rostbeulen, die Windschutzscheibe klapperte und die Stoßdämpfer quietschten bei jedem Holpern über eine Unebenheit.
Den Fahrer schien das allerdings nicht zu stören. Er saß fröhlich pfeifend hinter dem Lenkrad und ließ sich den Fahrtwind um die Ohren wehen. Das Verdeck war zurückgeklappt, und die Koffer und Taschen, die auf dem Rücksitz lagen, drohten bei jeder Kurve herauszufliegen. Dennoch dachte Tobias Berghof nicht daran, das Tempo zu drosseln. Ganz im Gegenteil, da wo die Straße ein wenig gerade war, drückte er so kräftig aufs Gaspedal, daß der Wagen vorwärts schoß.
Dann, nach der nächsten Kurve, bremste er ab und lenkte den Jeep an den Straßenrand. Ohne die Fahrertür zu öffnen, sprang er heraus und lief auf die andere Seite. Unter ihm lag das Wachnertal. Die Kirchturmspitze von St. Johann konnte er sehen, ein paar Häuser von Engelsbach, dem Nachbardorf, und auf der anderen Seite das Dorf Waldeck.
»So, da wären wir wieder«, sagte Tobias im Selbstgespräch. »Warst' ja eine ganz schön lange Zeit fort.«
Er biß sich auf die Unterlippe, während er seinen Blick schweifen ließ. »Himmelspitz« und »Wintermaid« grüßten mit ihren schneebedeckten Gipfeln den Heimkehrer, und vom nahen Kogler konnte Tobias das Rauschen der Kachlach hören, die oben am Berg in die Klamm stürzte.
Tobias atmete tief die frische, würzige Luft ein. Sie duftete nach Wiesenblumen und wilden Kräutern. Unter ihm fuhr ein Bauer mit seinem Traktor über ein Feld, und rechts davon stand eine Kuhherde auf der
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Der Bergpfarrer (ab 375)
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Mit all meiner Liebe - Toni Waidacher
Der Bergpfarrer
– 155–
Mit all meiner Liebe
…halte ich zu Dir!
Toni Waidacher
Der Jeep, der die kurvige Bergstraße entlangfuhr, machte einen recht betagten Eindruck. An mehreren Stellen hatte er Rostbeulen, die Windschutzscheibe klapperte und die Stoßdämpfer quietschten bei jedem Holpern über eine Unebenheit.
Den Fahrer schien das allerdings nicht zu stören. Er saß fröhlich pfeifend hinter dem Lenkrad und ließ sich den Fahrtwind um die Ohren wehen. Das Verdeck war zurückgeklappt, und die Koffer und Taschen, die auf dem Rücksitz lagen, drohten bei jeder Kurve herauszufliegen. Dennoch dachte Tobias Berghof nicht daran, das Tempo zu drosseln. Ganz im Gegenteil, da wo die Straße ein wenig gerade war, drückte er so kräftig aufs Gaspedal, daß der Wagen vorwärts schoß.
Dann, nach der nächsten Kurve, bremste er ab und lenkte den Jeep an den Straßenrand. Ohne die Fahrertür zu öffnen, sprang er heraus und lief auf die andere Seite. Unter ihm lag das Wachnertal. Die Kirchturmspitze von St. Johann konnte er sehen, ein paar Häuser von Engelsbach, dem Nachbardorf, und auf der anderen Seite das Dorf Waldeck.
»So, da wären wir wieder«, sagte Tobias im Selbstgespräch. »Warst’ ja eine ganz schön lange Zeit fort.«
Er biß sich auf die Unterlippe, während er seinen Blick schweifen ließ. »Himmelspitz« und »Wintermaid« grüßten mit ihren schneebedeckten Gipfeln den Heimkehrer, und vom nahen Kogler konnte Tobias das Rauschen der Kachlach hören, die oben am Berg in die Klamm stürzte.
Tobias atmete tief die frische, würzige Luft ein. Sie duftete nach Wiesenblumen und wilden Kräutern. Unter ihm fuhr ein Bauer mit seinem Traktor über ein Feld, und rechts davon stand eine Kuhherde auf der Weide und labte sich an dem fetten Gras.
»Hat sich nix verändert«, murmelte der Bursche. »Mal schau’n, wie’s im Dorf ist.«
Mit federnden Schritten ging er zu seinem Jeep zurück und sprang hinein. Der Motor startete mit einem lauten Knall, und als der Geländewagen losfuhr, schoß eine dicke, weißgraue Wolke aus dem Auspuff.
Tobias Berghofer war sechsundzwanzig Jahre alt und groß und schlank gewachsen. Das dunkle Haar war länger, als es der aktuellen Mode entsprach, und der Vollbart ließ sein Gesicht älter aussehen, als es wirklich war. Er trug verwaschene Jeans und ein altes T-Shirt. Auf dem Sitz neben ihm lag eine zerschlissene Bundeswehrjacke. Allerdings wirkte er in seinem Aufzug keineswegs unattraktiv. Ganz im Gegenteil, es gab ihm etwas Männliches, Abenteuerliches. In Afrika hätte man ihn ohne weiteres für einen Teilnehmer an einer Safari halten können.
Als er ein paar Minuten später durch das Dorf fuhr, starrten ihm Urlauber und Einheimische hinterher.
Indes kümmerte er sich nicht um die neugierigen Blicke, sondern lenkte den Jeep, am Hotel vorbei, in eine kleine Seitenstraße, an deren Ende ein altes, verfallenes Haus stand. Tobias stieg aus, wobei er diesmal die Fahrertür öffnete, und trat an den Holzzaun, der auch schon mal bessere Zeiten gesehen hatte. Er öffnete die Pforte und betrat den verwilderten Vorgarten. Hier standen die Sträucher mannshoch, das Gras war seit Jahren nicht mehr gemäht worden, und zwischen den Gehwegplatten wucherte Unkraut.
Tobias ging weiter in den Garten. Auch hier dasselbe Bild: Unkraut und Wildwuchs, so weit das Auge reichte.
»Na, hier muß aber ordentlich was gemacht werden«, murmelte er.
Dann drehte er sich zum Haus um und schaute auf die Terrasse. Von außen sah es noch ganz ordentlich aus, wie es drinnen war, wagte er sich nicht vorzustellen – er würde es ohnehin in wenigen Minuten sehen.
Wieder an der Haustür, kramte er den Schlüssel hervor, den er all die Jahre mit sich herumgeschleppt hatte. Es quietschte, als er ihn ins Schloß steckte und herumdrehte. Aber die Tür öffnete sich und schwang knarrend auf.
Dumpfer, muffiger Geruch schlug ihm entgegen. Tobias trat in die Finsternis und zündete ein Feuerzeug an, um wenigstens etwas zu sehen. Rasch durchquerte er den Flur, ging in den Raum, der einmal das Wohnzimmer gewesen war, und riß Fenster und Terrassentür auf. Staub wirbelte auf, als Luft hereinströmte, aber gleichzeitig wurde es heller und angenehmer zu atmen.
Nacheinander öffnete er in den Räumen im Erdgeschoß sämtliche Türen und Fenster. Dann ging er nach oben. Sein altes Zimmer war unverändert. Auch hier war es dunkel und muffig.
»Da hast’ dir aber was vorgenommen!« murmelte er und stieg die Treppe wieder hinab.
Wo sollte er zuerst anfangen?
Eine gute Frage. Als erstes brauchte er wieder fließend Wasser und elektrischen Strom. Aber dazu mußte er in die Stadt fahren und alles wieder anmelden. Außerdem funktionierte das Telefon nicht, er selbst hatte alles abgemeldet, als er damals fortgegangen war.
Nun war er zurückgekehrt, nach sechseinhalb Jahren, um zu bleiben und zu vergessen, was hinter ihm lag...
Daß seine Heimkehr nicht gänzlich unbemerkt geblieben war, ahnte Tobias Berghofer nicht, aber es hätte ihn wahrscheinlich auch nicht sonderlich interessiert.
*
Max Trenker sah irritiert auf, als die Tür zur Revierstube geöffnet wurde und Maria Erbling hereinstürmte – ohne anzuklopfen.
»Grüß Gott«, sagte der Polizist, zwar höflich, aber auch schon ein wenig ungehalten. »Was kann ich für Sie tun?«
»Mitkommen müssen S’«, keuchte die Witwe des ehemaligen Poststellenleiters von St. Johann.
»Wohin?« fragte Max. »Ist was passiert?«
»Einbrecher sind am Werk!« behauptete die Frau. »Schnell, sonst entwischen s’ uns noch!«
»Moment mal«, sagte der Bruder des Bergpfarrers, der nicht so recht glauben mochte, was Maria da sagte. »Wo sind denn Einbrecher?«
»Im Berghoferhaus«, rief sie aufgeregt. »Nun kommen S’ schon!«
»Was? Am hellichten Tag?« meinte der Beamte ungläubig.
Max Trenker schüttelte den Kopf. Alles was Maria Erbling von sich gab, war nämlich mit Vorsicht zu genießen. Sie war die gefürchtetste Klatschtante des Ortes. Im Dorf galt der Spruch, daß man, wenn sich etwas schnell herumsprechen sollte, es nur der Erbling unter dem Siegel der Verschwiegenheit anvertrauen müsse, und sicher sein konnte, daß es sich wie ein Lauffeuer herumsprach.
Seufzend stand der Polizist auf und kam um seinen Schreibtisch herum.
»Schnell!« drängelte die Witwe und lief voran.
Das Haus, von dem sie gesprochen hatte, lag einige Straßen entfernt, und im anderen Fall wäre Max schon mit dem Streifenwagen hingefahren. Aber da er Maria doch nicht so recht über den Weg traute, ließ er das Auto stehen und ging zu Fuß.
An der Straßenecke davor blieb sie plötzlich stehen und deutete aufgeregt auf ein Haus.
»Da«, zischelte sie, »das Auto steht noch da!«
Triumphierend sah sie den Polizisten an.
»Ich seh’s!« Max nickte. »Aber das heißt noch lang’ net, daß es sich um Einbrecher handelt. Haben S’ überhaupt jemanden von denen gesehen?«
»Einen«, antwortete Maria. »Ein ganz übles Subjekt. Wie ein Verbrecher schaut der aus!«
»Na, na, nun mäßigen Sie sich mal«, tadelte der Bruder des Bergpfarrers die Frau. »Mit solchen Anschuldigungen sollten S’ vorsichtiger umgehen, sonst könnt’s sein, daß Sie selbst auf meinem Revier landen.«
Natürlich übertrieb er damit, aber mit Absicht.
»Die Fenster steh’n doch auf«, verteidigte sich die Witwe. »Da hindurch schaffen s’ die Beute aus dem Haus. Da bin ich wirklich ganz sicher!«
Max verdrehte die Augen.
»Was soll’s denn in dem alten Kasten schon zu stehlen geben?« fragte er.
Aber merkwürdig kam ihm das Ganze schon vor. Das Haus stand bereits seit Jahren leer und drohte zu verfallen. Markus Bruckner, der Bürgermeister von St. Johann, hatte schon nach dem Erben suchen lassen, aber der war nirgendwo zu finden gewesen, so daß Bruckner bereits damit gedroht hatte, das Haus im Auftrag der Gemeinde