Gaslicht 47: Der unheimliche Gast
Von Jane Robinson
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Über dieses E-Book
Kein Zweifel, die schwerfälligen, schlurfenden Schritte waren bereits dicht vor ihrer Wohnungstür! Und plötzlich verstummten sie! Unmittelbar vor ihrer Wohnungstür! Patricia zitterte am ganzen Körper wie Espenlaub. Sie hatte das unbestimmte Gefühl, die Gestalt vor ihrer Tür umgebe eine Aura des Bösen! Zwar hatte sie keine logische Erklärung für ihr Empfinden, doch sie spürte ganz instinktiv, daß von dem Menschen da draußen unheimliche Schwingungen ausgingen – Schwingungen, die sogar Wände zu durchdringen vermochten und sie hier drinnen erreichten! Die junge Frau duckte sich an den Boden. Ihr Herz schlug so heftig, daß sie den Pulsschlag bis unter der Schädeldecke spüren konnte. »Trixie!« ächzte draußen vor der Tür eine heisere Stimme. Und noch einmal gedehnt und langanhaltend, so als käme die Stimme aus einer anderen Welt: »Trixie!«
Patricia Mason schickte einen prüfenden Blick zum Himmel.
Es ist kein Wölkchen zu sehen! stellte sie zufrieden fest. Besser könnte das Wetter für meine erste Ausfahrt im eigenen Cabrio gar nicht sein!
Sie streichelte den kleinen knallroten Sportwagen, der vor dem Eingang des Appartementhauses parkte, mit liebevollen Blicken.
Ihr erstes eigenes Auto!
Patricia hatte sich das Cabrio als Belohnung für das bestandene Examen zum Geschenk gemacht.
Natürlich war der Wagen gebraucht gekauft, und die einstige Eleganz des Gefährts konnte man nur noch erahnen. Doch von der schnittigen Form war auch nach all den Jahren nichts verloren gegangen – und sie beeindruckte noch immer!
Daß Patricia für dieses Auto nur mit Mühe die Anzahlung zusammengebracht hatte, sah man ihm nicht an, und diese Tatsache beeinträchtigte ihren Besitzerstolz auch nicht. Für sie war
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Buchvorschau
Gaslicht 47 - Jane Robinson
Gaslicht
– 47 –
Der unheimliche Gast
Er kommt um Mitternacht und raubt Patricia Mason den Verstand
Jane Robinson
Kein Zweifel, die schwerfälligen, schlurfenden Schritte waren bereits dicht vor ihrer Wohnungstür! Und plötzlich verstummten sie! Unmittelbar vor ihrer Wohnungstür! Patricia zitterte am ganzen Körper wie Espenlaub. Sie hatte das unbestimmte Gefühl, die Gestalt vor ihrer Tür umgebe eine Aura des Bösen! Zwar hatte sie keine logische Erklärung für ihr Empfinden, doch sie spürte ganz instinktiv, daß von dem Menschen da draußen unheimliche Schwingungen ausgingen – Schwingungen, die sogar Wände zu durchdringen vermochten und sie hier drinnen erreichten! Die junge Frau duckte sich an den Boden. Ihr Herz schlug so heftig, daß sie den Pulsschlag bis unter der Schädeldecke spüren konnte. »Trixie!« ächzte draußen vor der Tür eine heisere Stimme. Und noch einmal gedehnt und langanhaltend, so als käme die Stimme aus einer anderen Welt: »Trixie!«
Patricia Mason schickte einen prüfenden Blick zum Himmel.
Es ist kein Wölkchen zu sehen! stellte sie zufrieden fest. Besser könnte das Wetter für meine erste Ausfahrt im eigenen Cabrio gar nicht sein!
Sie streichelte den kleinen knallroten Sportwagen, der vor dem Eingang des Appartementhauses parkte, mit liebevollen Blicken.
Ihr erstes eigenes Auto!
Patricia hatte sich das Cabrio als Belohnung für das bestandene Examen zum Geschenk gemacht.
Natürlich war der Wagen gebraucht gekauft, und die einstige Eleganz des Gefährts konnte man nur noch erahnen. Doch von der schnittigen Form war auch nach all den Jahren nichts verloren gegangen – und sie beeindruckte noch immer!
Daß Patricia für dieses Auto nur mit Mühe die Anzahlung zusammengebracht hatte, sah man ihm nicht an, und diese Tatsache beeinträchtigte ihren Besitzerstolz auch nicht. Für sie war nur wichtig, daß der Motor generalüberholt war. Er schnurrte wie neu. Und die Bremsen hatten neue Beläge bekommen. Darauf hatte sie großen Wert gelegt, denn sie freute sich schon darauf, ihr schnelles Auto hier und da so richtig fordern zu können!
Und was die Ratenzahlungen betraf, auf die sie sich vertraglich eingelassen hatte, so war sie überzeugt, sie ohne besondere Schwierigkeit leisten zu können, denn vor kurzem hatte Patricia ihre Bewerbungsunterlagen bei einem renommierten Londoner Architekturbüro eingereicht, und angesichts ihrer blendenden Examensnoten würde man ihr dort gewiß eine Chance geben. Und wenn sie erst zeigen konnte, was sie drauf hatte, würde man ihr nach der Probezeit gewiß eine Festanstellung anbieten. Dann würde sie ein regelmäßiges gutes Einkommen haben, und die Ratenzahlungen für ihr Auto problemlos leisten können.
Patricia verstaute einen kleinen Imbiß in ihrer Tasche und verließ ihre Wohnung.
Die Bezeichnung Wohnung war eigentlich reichlich hoch gegriffen, denn ihre Behausung bestand ja nur aus einem einzigen kleinen Zimmer mit einer Kochecke und einem winzigen Duschbad.
Ehe Patricia die Wohnungstür hinter sich ins Schloß zog, ließ sie ihren Blick noch einmal prüfend umherschweifen.
In dieser Behausung habe ich die längste Zeit gewohnt, dachte sie. Mit ein bißchen Glück werde ich schon bald ein eigenes kleines Haus haben! Schließlich bin ich Architektin!
Patricia ließ das Schloß einschnappen und sperrte zu.
Natürlich könnte ich mir nur ein altes, heruntergekommenes Haus leisten, das billig zum Verkauf angeboten wird, weil der Unterhalt und die Restaurierung für den Besitzer viel zu kostspielig geworden sind, überlegte sie. Und aus dem gleichen Grunde wird sich außer mir kaum ein anderer Käufer finden, so daß ich es für einen Spottpreis erwerben könnte.
Und wenn es erst mein Haus geworden ist, werde ich es mit meinen eigenen Händen nach und nach liebevoll renovieren und mit vielen Extras ausstatten. Es soll ein richtiges Schmuckstück werden!
Und wenn mein Häuschen dann fertig ist, wird es mir als Demonstrationsobjekt dienen, mit dem ich potentielle Kunden von meinen Fähigkeiten überzeugen kann.
Unter all diesen Gedanken näherte Patricia Mason sich ihrem Sportwagen. Sie hatte ihn gestern abend mit viel Liebe auf Hochglanz gebracht, und sie fand, daß man ihm sein Alter jetzt wirklich nicht mehr ansehen konnte.
»Wollen wir wetten, daß die Karre es nicht mal bis zur nächsten Straßenkreuzung schafft?« rief ihr Walter Garth zu. Er lehnte im dritten Stock im offenen Fenster seines Appartments.
Zwischen ihnen beiden herrschte Krieg, seit Patricia ihm unmißverständlich klar gemacht hatte, daß sie nicht bereit war, auf seine plumpen Annäherungsversuche einzugehen.
Patricia drehte sich nicht um zu ihm. »Die Wette gilt!« rief sie nach rückwärts. »Was willst du verlieren?«
Darauf erwiderte Walter Garth etwas, was sich anhörte wie »arrogante Ziege«.
Patricia fühlte sich stark genug, diese Bemerkung gelassen zu überhören. Für sie war der heutige Tag ein Freudentag – ein Tag voller Sonne – ein Tag, an dem sie ganz einfach nur positive Gedanken zulassen wollte. – Und von Walter Garth würde sie sich ihre gute Laune nicht verderben lassen!
Das Schicksal meinte es gut mit ihr, und nur das war wichtig, fand sie.
*
Patricia ließ sich in das weiche knallrote Lederpolster sinken, kuschelte ihren Rücken wohlig an die Rückenlehne, als wollte sie das Auto so richtig in Besitz nehmen, und beugte sich erst dann vor, um den Zündschlüssel ins Schloß zu schieben.
Als sie den Zündschlüssel herumdrehte, kam das für sie einer symbolischen Handlung gleich.
Eine wichtige Hürde war genommen, und ein neuer Lebensabschnitt hatte begonnen!
Von jetzt an würde es rasant aufwärts gehen mit ihr!
Der Motor sprang sofort an, und die Räder rollten an – ohne jede Spur von Ruckelei!
Der Start war geglückt!
»Good Boy!« Patricia strich zärtlich über das Lenkrad, als wollte sie sich bei einem Freund dafür bedanken, daß er sie in einem so entscheidenden Augenblick nicht im Stich gelassen hatte.
Mit einem flüchtigen Blick zu Walter Garth hinauf, stellte sie fest, daß er ihren Start mit grimmig aufeinandergepreßten Lippen verfolgt hatte.
Patricia glaubte ihm die Gedanken von der Stirn ablesen zu können: »Ich werde dich arrogantes Biest schon noch kleinkriegen!« drückte seine Miene aus.
Ich schätze, du wirst dir eher die Zähne an mir ausbeißen! dachte Patricia amüsiert. Sie kuschelte sich tiefer in das weiche Lederpolster und trat das Gaspedal tiefer durch, um die Geschwindigkeit zu beschleunigen.
Die kleine Konfrontation mit ihrem neidischen Studienkollegen war schnell vergessen.
Es war so ein herrlicher Tag! Das Examen war bestanden, und sie hatte ein Volontariat in Aussicht bei einem der renommiertesten Architekten Londons. Außerdem war Patricia viel zu glücklich über die erste Ausfahrt mit ihrem ersten eigenen Auto. Sie wollte sich heute ganz einfach nicht über ihren neidischen Kollegen ärgern!
Ohne detailliert über ein Ziel nachzudenken, fuhr Patricia in nördliche Richtung und zur Stadt hinaus. Wenig später erreichte sie eine Schnellstraße, von der sie jedoch bald abbog und auf eine wenig befahrene Landstraße gelangte.
Da sie kein bestimmtes Ziel anstrebte,