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Das gewebte Bild: Ein Adventkalenderbuch
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eBook166 Seiten2 Stunden

Das gewebte Bild: Ein Adventkalenderbuch

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Über dieses E-Book

Lilith sitzt allein in ihrem großen Haus. Die Kinder sind ausgezogen. Ihr Mann hat sie verlassen. Sie beschließt einen Schlussstrich zu ziehen und neu zu beginnen. Ein leeres Geschäft dient als Ausgangspunkt, über dessen Eingang sie ein Schild hängt mit der Aufschrift: Was brauchst Du wirklich?. Menschen finden sich ein und erzählen Geschichten, über das Leben und dessen Sinn. Fragwürdig wird, ob es Glück bedeutet, sich Dinge kaufen zu können. Es kristallisiert sich immer mehr heraus, dass gerade das, was man nicht kaufen kann, das Leben ausmacht. Eine Umarmung, ein Gespräch oder einfach ein Miteinander. Ein Plädoyer gegen die Vernichtung der Menschlichkeit durch den Konsumwahn und für ein gelungenes Miteinander. Auf 24 Etappen begleiten wir die Protagonisten auf dem Weg zu dieser Erkenntnis.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum6. Nov. 2019
ISBN9783750445482
Das gewebte Bild: Ein Adventkalenderbuch
Autor

Daniela Noitz

Daniela Noitz . Geschichtenerzählerin und Aktivistin mit Leidenschaft In einer durchstrukturierten, übertechnisierten Welt fehlt es an lebendigen Geschichten, die verbinden, Menschen zusammenbringen und zeigen, dass wir im Grunde genommen dieselben Hoffnungen, Wünsche, Sehnsüchte und Träume teilen. So erzähle ich von zutiefst Menschlichen, von der Liebe ebenso wie vom Schmerz, von Begegnung wie von Trennung, von Glück wie von Trauer. Alles Lebendige hat darin Platz. So entstanden in den letzten zehn Jahren über 700 Kurzgeschichten und 13 Bücher. Gerne erzähle ich meine Geschichten auch vor Publikum. Ihr könnt mich buchen Verschaffen Sie sich einen Überblick auf meiner Homepage novels4u.com.

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    Buchvorschau

    Das gewebte Bild - Daniela Noitz

    anzutreten.

    Tag 1: Ankunft im Nirgendwo

    Maria von Matialis machte ihrem Namen immer und überall die gebührende Ehre. Martialisch, fest und entschlossen war ihr Auftreten. Niemals ließ sie auch nur den geringsten Zweifel an ihrer unbedingten Entschlossenheit aufkommen. Unter normalen Umständen. Aber das waren ganz bestimmt keine normalen Umstände. Nicht nur, dass sie die Stadt mit all ihren Annehmlichkeiten hinter sich gelassen hatte, sie steuerte auch direkt das Nirgendwo an.

    „Rottal, 81 Einwohner, spukte es ihr im Kopf herum, „Mein Gott, was will ich dort? Das muss schon ein verdammt großer Batzen Geld sein, dass sich das auszahlt. Umso weiter sich Maria von der Großstadt entfernte, desto leerer wurden die Straßen. Sie spürte, wie sich ihr der Hals zuschnürte. Selbst der Himmel schien sich zusehends zu verdüstern, passend zu ihrer Stimmung. In Gmünd hielt sie noch einmal an. Eine letzte Nacht in der Zivilisation zu verbringen, war ihre Absicht, so weit das für Gmünd überhaupt zutraf. Zu ihrer Überraschung fand sie ein passables Hotel. Natürlich war es kein Vergleich zu dem, was sie gewohnt war, aber die Zimmer waren sauber und das Bad angenehm. Während sie im warmen Wasser entspannte, immer wieder an ihrem Champagner nippend, versuchte sie so wenig wie möglich an den nächsten Tag zu denken, der so unausweichlich kam, wie die Ebbe nach der Flut. Aber sie fühlte sich gestärkt, als sie nun endgültig den nächsten Schritt tat, hinaus aus einem Ort, der noch halbwegs danach aussah, hinein in die Wildnis.

    „Alles ist zu überstehen, wenn man ein Ziel vor Augen hat", sagte sie sich immer wieder vor.

    Sachte schlängelte sich die Straße durch die Landschaft, aber Maria hatte kein Auge für die Natur, die doch nichts weiter war, als die Abwesenheit von zivilisatorischen Eingriffen. Wild und ungezähmt, das war Natur. Wenn es nach ihr ginge, so dürfte das auf gar keinen Fall so bleiben, aber im Gegensatz zu den Menschen, die hier wohnten, konnte sie wieder zurück. Ihre Wohnung kam ihr nicht abhanden.

    „Wie konnte man nur freiwillig hier wohnen?", schoss es ihr durch den Kopf, während sie gehorsam den Anweisungen ihres Navigationsgerätes folgte. Immer seltener wurden die menschlichen Behausungen und entsprechend der Abstand, zwischen der einen und der anderen, größer. Nur noch wenige Kilometer, dann würde sie es geschafft haben, aber diese wenigen, letzten Kilometer entwickelten sich immer mehr zum Albtraum, denn zu allem Überfluss hatte ein wildes Schneetreiben eingesetzt, sodass die Sicht zusehends schlechter wurde. Ein heftiger Sturm fegte den Schnee auf die Fahrbahn, der Maria zwang, langsamer zu fahren. Der Himmel verdunkelte sich. Wo war die Fahrbahn? Plötzlich blieb das Auto stecken. Verärgert trat sie das Gaspedal durch, ließ den Motor aufheulen, doch die Räder drehten nur durch und wirbelten den Schnee auf. Sonst tat sich nichts. Nach etlichen, erfolglosen Versuchen ließ sie sich erschöpft in den lederüberzogenen Sitz sinken. Es war aussichtslos. Was sollte sie tun? Schließlich konnte sie nicht einfach hierbleiben und warten, bis der Frühling kam.

    „Hilfe!, schoss es ihr durch den Kopf, „Du musst Hilfe holen. Aber woher? Dumpf erinnerte sie sich, dass sie an einem Vierkanthof vorbeigekommen war. Obwohl sie keine Ahnung hatte, wie lange das her war, entschied sie doch, es zu versuchen, denn ein Bauernhof, das bedeutete vermutlich, dass es dort einen Traktor gab, der sie bergen konnte. Gegen den Schnee und den Sturm kämpfend stapfte sie über die menschenleere Landstraße. Die Nässe und die Kälte fraßen sich durch ihre Stiefel und ihre Kleidung. Klatschnass erreichte sie den Hof, während die Dämmerung bereits einsetzte, doch es machte keinen großen Unterschied mehr, so sehr hatte sich der Himmel verdunkelt.

    „Mein Gott, was ist denn mit Dir?, empfing sie die Bäuerin, sich die Hände an der Schürze trocken wischend in ihrem breiten Waldviertler Dialekt, „Komm mal rein und wärm Dich auf.

    „Das ist sehr freundlich, aber ich muss weiter, und mein Auto, das hängt im Schnee fest", erklärte Maria rasch.

    „Das werden wir heute nicht mehr finden, meinte die Bäuerin kopfschüttelnd, „Wo willst denn hin?

    „Zu meiner Großtante, die wohnt nicht weit von hier, entgegnete Maria, „Aber was ist mit meinem Auto?

    „Großtante? Das kann nur die Zirbenbäuerin sein", überlegte die Bäuerin, während sie die Hände resolut in die breiten Hüften stemmte.

    „Magdalena Zwick heißt sie", meinte Maria erschöpft.

    „Ja, sag ich doch. Das ist wirklich nicht weit. Der Luisl wird Dich hinbringen, und wegen dem Auto, das schauen wir uns morgen an, meinte die Bäuerin mit einer Ruhe, als wäre es eine Kleinigkeit, „Luisl! Komm, bring die Dame zur Zirbenbäuerin. Dem Ruf folgten weithin vernehmliche Schritte, und ein großer, derber Mann erschien im Türrahmen, den er fast vollständig ausfüllte.

    „Das ist mein Sohn, erklärte die Bäuerin an Maria gewandt, „So gut er auch bei der Arbeit ist, so langsam ist er im Kopf. Damit wandte sie sich ihm wieder zu, „Was ist jetzt? „Muss das sein, erwiderte er langsam.

    „Ja, das muss sein", erklärte die Mutter, und so saß Maria wenige Augenblicke später im Führerhaus des Traktors, eingezwängt zwischen der Tür und dem Luisl. Wie froh war sie, als sie ein einsames Gehöft ansteuerten. Mittlerweile war die Nacht hereingebrochen, doch aus den Fenstern strömte ein warmes, einladendes Licht. Niemals hätte sie sich träumen lassen, dass sie einmal dankbar dafür sein würde, einfach irgendwo anzukommen, und sei es mitten im Nirgendwo. Dieses Häuschen erschien ihr wie die letzte, unbezwingbare Bastion gegen das Absinken ins Nichts. Da ging die Tür auf und eine schlanke Gestalt kam zum Vorschein. Langsam schritt sie auf den Traktor zu.

    „Grüß Dich Gott Luisl. Was machst denn hier bei mir bei so einem Wetter?", fragte die Frau.

    „Grüß Gott, Zirbenbäuerin, erwiderte der Luisl höflich, „Ich bring Dir da jemanden mit. Die Mutter hats angschafft. Langsam schälte sich Maria aus dem Winkel der Fahrerkabine, in den sie sich gekauert hatte.

    „Maria, strahlte die Zirbenbäuerin, als sie ihre Großnichte erkannte, „Schön, dass Du da bist.

    „Hallo, Tante Magdalena!", gelang es Maria noch zwischen den blau gefrorenen Lippen hervorzupressen. Kurz darauf war sie im Warmen.

    Das Häuschen war klein, aber gemütlich. Da war nicht viel, aber dennoch wirkte es nicht arm, nicht so, wie sie die Armut kannte, heruntergekommen und verwahrlost. Vielmehr war es sauber und gepflegt. Ein warmes Bad stand bereit, und nachdem sie sich darin endlich wieder erwärmt, die nassen Kleider gegen trockene getauscht hatte, saß sie neben ihrer Tante vor dem Kamin und trank in kleinen Schlucken Tee, süßen, kräftigen Tee. Es war ihr, als würde sie zum ersten Mal in ihrem Leben spüren, was Wärme ist. Es war gut, angekommen zu sein.

    „Schön, dass Du da bist", wiederholte die Tante. Das Feuer züngelte im Kamin. Ruhig und bezähmt, und doch voller Kraft. Maria dachte, ihre Tante wirkte, als wäre sie wie dieses Feuer. Sie war angekommen und wusste sich angenommen. Vielleicht war es das, was sie in ihrem Leben immer vermisst, was sie weder in teuren Kleidern noch in sonstigen käuflichen Dingen gefunden hatte, ein Angenommen-Sein. Hier am Ende der Welt musste es ihr passieren, mit aller Selbstverständlichkeit. Aber vielleicht war es einfach nur die Erschöpfung, die sie weich werden ließ. Wer konnte das schon so genau wissen. Kurze Zeit später schlief sie ruhig und zufrieden ein.

    Und es war der erste Tag des Advents und eine weitere Zeile im Webbild, das ihr Leben war, wurde gewoben. Noch war es nicht zu erkennen, denn es war etwas völlig Neues, was hier seinen Anfang nahm.

    Tag 2: Erstes Erwachen

    Maria von Matialis hatte noch tief und fest geschlafen, doch die Geräusche ihrer Umgebung drangen vor bis in ihre Träume. Der Sturm, der mit unverminderter Heftigkeit ums Haus fegte und das anhaltende Prasseln des Schnees gegen die Scheibe. Sie war wieder das kleine Mädchen, das in ihrem Zimmer auf der Fensterbank saß und das Treiben vor dem Fenster beobachtete. Die Schneeflocken waren ihr wie tanzende Elfen erschienen, angetan mit blütenweißen Kleidchen, einem winzigen Häubchen auf dem silbernen Haar, über und über mit Elfenstaub bedeckt. Unzählige kleine Glöckchen. Da saß sie und wartete, dass Peter Pan sie holen käme, weg von diesem Ort des Elends und der Verwahrlosung in ein Land der Freiheit und der unbegrenzten Möglichkeiten, nach Nimmerland. Ab und zu wagte sich diese Erinnerung noch in ihre Träume, doch im Leben hatte sie die Fantasie längst abgestellt. Einem Kind durfte man das gestatten, aber sie war nun erwachsen, mit beiden Beinen fest im Leben stehend, während sie alles dafür tat, dass sie nicht wachsen konnte. Sorgsam beschnitt sie jeden Trieb, der sich auch nur anschickte, sich in eine Richtung zu entwickeln, die ihr suspekt schien. Ihre Selbstkontrolle war allumfassend, denn um etwas zu erreichen, muss man sich 100%ig darauf konzentrieren und alles andere negieren. Und ihre Ziele waren so simpel. Im Grunde galt das ebenso für das kleine Mädchen in ihren Träumen, das sich nichts wünschte, als das stille Glück der Zugewandtheit. Doch sie dachte immer, es läge am Geld.

    Wenn sie einmal genug Geld hätte, dann würde alles funktionieren, dann würde sich das Glück ganz von selbst einstellen. Zur Not könnte sie es sich ja kaufen. Eine neue Handtasche macht glücklich. Neue Schuhe machen glücklich. Zumindest ein wenig. Für mehr Glück müssten es eben viele Handtaschen und viele Schuhe sein. Deshalb schüttelte sie das kleine Mädchen so schnell wie möglich ab, als würde es ihren Ansinnen im Wege stehen. Vielleicht noch ein Blick auf die tanzenden Elfen, die sich zu einer leisen Melodie wiegten und den glitzernden Elfenstaub versprühten, um sie dann endgültig wegzuschicken.

    „Warum nur waren sie so großzügig damit?, hatte sich Maria jedes Mal gefragt, „Man muss doch achthaben, dass er nicht ausginge. Denn ohne Elfenstaub könnten sie nicht fliegen. Dabei war es nicht wichtig. Was zählte war, dass die Kinder an sie glaubten, denn ohne diesen Glauben müssten sie sterben. So wie der Mensch aufhört zu existieren, wenn niemand mehr da ist, der an ihn denkt. Das scheinbare Glück, das Maria in den Dingen suchte, lag in Wahrheit in der Zugewandtheit.

    Plötzlich mischte sich ein unangenehmes Geräusch in ihren Traum, zerriss die leichte, leise Melodie, sodass sie klirrend zu Boden fiel, während die Elfen ihren Tanz vergaßen und wild durcheinanderstoben. Irritiert sah sich Maria um, langsam den Traum verlassend, als würde das Sehen beim Hören helfen. Blinzelnd blickte sie aus dem Fenster, vor dem sich die Dämmerung durch das Schneegestöber kämpfte, um ein klein wenig Licht zu schenken. Da endlich erkannte sie es, dieses hohe, schrille Geräusch. Es

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