Mami 1824 – Familienroman: Au-pair Mädchen Julia
Von Myra Myrenburg
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Im hektischen Betrieb der Abfertigungshalle des Frankfurter Flughafens umarmte sich ein junges Paar. Die beiden sahen sich in die Augen und schienen nichts von der Hetze und Nervosität ringsum zu bemerken. Es wurde ihnen auch nicht bewußt, daß sie als Hindernis im Strom der Passanten angesehen werden mußten. Rechts und links von ihnen schoben die Reisenden Kofferwagen vorbei oder hasteten mit umfangreichen Gepäckstücken zu den verschiedenen Abfertigungsschaltern. "Ich möchte dich nicht gehen lassen, denn ich habe das ungute Gefühl, es ist ein Abschied für immer", seufzte Thomas Egner, und man sah ihm an, daß er litt. Sein hübsches Gesicht war bleich, dunkel hob sich der Dreitagebart ums Kinn ab. Die braunen Augen des fünfundzwanzigjährigen Medizinstudenten glänzten feucht.
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Buchvorschau
Mami 1824 – Familienroman - Myra Myrenburg
Mami –1824–
Au-pair Mädchen Julia
Roman von Svanberg Susanne
Im hektischen Betrieb der Abfertigungshalle des Frankfurter Flughafens umarmte sich ein junges Paar. Die beiden sahen sich in die Augen und schienen nichts von der Hetze und Nervosität ringsum zu bemerken. Es wurde ihnen auch nicht bewußt, daß sie als Hindernis im Strom der Passanten angesehen werden mußten. Rechts und links von ihnen schoben die Reisenden Kofferwagen vorbei oder hasteten mit umfangreichen Gepäckstücken zu den verschiedenen Abfertigungsschaltern.
»Ich möchte dich nicht gehen lassen, denn ich habe das ungute Gefühl, es ist ein Abschied für immer«, seufzte Thomas Egner, und man sah ihm an, daß er litt. Sein hübsches Gesicht war bleich, dunkel hob sich der Dreitagebart ums Kinn ab. Die braunen Augen des fünfundzwanzigjährigen Medizinstudenten glänzten feucht.
»Quatsch«, antwortete Julia etwas zu forsch, »in einem Jahr bin ich wieder da.« Sie war fünf Jahre jünger und hatte erst vor drei Wochen an einer Internatsschule das Abitur gemacht. Thomas hatte sie vor knapp zwei Jahren bei einem Sommerfest dieser Schule kennengelernt. Seither trafen sie sich regelmäßig. Sie liebten sich und verstanden sich gut. Das hatte Julia allerdings nicht davon abhalten können, sich um eine Au-pair-Stelle in den USA zu bewerben. In dem kleinen Ort Boulder, im Westen der Vereinigten Staaten, hatte sie eine entsprechende Anstellung gefunden, und sie freute sich auf den neuen Lebensabschnitt. »Ich werde dann ein gutes Englisch sprechen, und das wird mir das Sprachstudium sehr erleichtern. Wahrscheinlich mache ich auch sonst noch ein paar nützliche Erfahrungen.« Julia lächelte etwas unsicher, und dabei zeigten sich in ihren Wangen zwei reizende Grübchen. Mit dem schulterlangen blonden Haar, dem frischen Gesicht und den großen blauen Augen war sie ein sehr hübsches Mädchen. Ihre Mitschülerinnen beneideten sie um ihre Größe und die schlanke Figur, die jeden Modeschöpfer begeistert hätte.
»Du wirst jemand finden, den du lieber magst als mich«, seufzte Thomas. »Jemand, der dir mehr bieten kann als ich armer Student. Und dann wirst du da drüben bleiben und mich vergessen.« Seit ihm Julia von ihren Plänen erzählt hatte, beherrschte ihn die Angst, das geliebte Mädchen zu verlieren. Er hatte versucht, tapfer zu sein und seine Sorgen nicht zur Sprache zu bringen. Doch jetzt brachen sie um so leidenschaftlicher hervor.
»So ein Unsinn«, kritisierte Julia, die viel nüchterner war. Thomas war ihr erster Freund, und wenn sie auf die Schulkameradinnen hören wollte, war es nicht gut, sich schon jetzt festzulegen. »Ich mag dich doch, Tommy!« Sie streckte sich etwas und strich liebevoll über sein kurzgeschnittenes braunes Haar, das am Wirbel widerspenstig in die Höhe stand.
»Darüber bin ich sehr glücklich. Aber du bist zu jung und zu unerfahren, abzuschätzen, was auf dich zukommt. In diesem Internat bist du abgeschirmt von der übrigen Welt aufgewachsen. Das ist es, was mich beunruhigt.«
Julia verzog das Gesicht und verdrehte die Augen. »Mein Wunsch war es auch nicht, in einem Internat zu leben. Aber für meine Eltern war das zwar keine billige, aber eine praktische Lösung. Sie konnten beide ihren Neigungen nachgehen, ohne sich um mich kümmern zu müssen. Ich habe dir ja schon erzählt, daß sie nicht einmal in den Ferien Zeit für mich hatten. Wie auch? Mein Vater ist als Kapitän eines Luxusliners ständig unterwegs, und meine Mutter fliegt zu Dreharbeiten um die ganze Welt. Ich weiß nicht einmal, wo sie sich gerade aufhält. Das war schon immer so.«
»Das ist ja mein Kummer. Du hast keine Wurzeln. Du wirst dort bleiben, wo man dir zum ersten Mal in deinem Leben ein Zuhause bietet. Ich hätte das so gern getan, aber noch kann ich es nicht. Erst in einem halben Jahr mache ich Examen, und dann bin ich auch nur ein kleiner Assistenzarzt, der wenig verdient und viel arbeiten muß.«
»Du hast jetzt viel zu lernen, Tommy. Da ist es ganz gut, wenn wir uns nicht sehen. Du kannst dich in aller Ruhe auf die Prüfung vorbereiten«, versuchte Julia ihren Freund aufzuheitern. Sie lächelte obwohl ihr das nicht leichtfiel. Sie war nervös, doch das war mehr die Furcht vor all dem Neuen, das sie erwartete. Zum ersten Mal in ihrem Leben war sie ganz auf sich gestellt. Es gab niemand, der ihr Vorschriften machte, niemand, der sie überwachte, keine Hausordnung, die streng befolgt werden mußte.
Der angehende Arzt ging nicht darauf ein. »Julia, ich wollte dich schon lange etwas fragen, das mich von Anfang an beschäftigt hat. Ich fand nur nicht den Mut dazu, eben weil ich nur ein armer Student bin. Für mich bist du die Frau, mit der ich bis an mein Lebensende zusammensein möchte. Für mich bist du das Kostbarste, was diese Welt zu bieten hat. Ich möchte dich nicht verlieren, Julia. Meine größte Angst ist, daß du da drüben einen anderen kennenlernst.«
»Selbst wenn es so wäre, würde ich sicher rasch feststellen, daß er lange nicht so nett ist wie du.« Julia hatte keine Ruhe für dieses Gespräch. In der Brusttasche ihrer Jeansjacke steckte die Boardkarte, und sie war neugierig auf ihren ersten Flug. Neugierig auch auf das fremde Land, das sie in etwa elf Stunden betreten würde. Was sie dort erwartete interessierte sie im Moment mehr als Tommys Zukunftspläne.
»Es wird sicher ganz schnell einige Jungs geben, die sich um dich bemühen. Ein Mädchen, das so hübsch ist wie du, bleibt nicht allein.« Für Thomas war das eine schlimme Vorstellung. Sie erfüllte ihn mit Angst und Sorge und machte ihn fast krank. »Gerade deshalb wollte ich dir eben sagen, daß es mein größter Wunsch ist, daß aus unserer Freundschaft eine dauerhafte Lebensgemeinschaft wird. Könntest… würdest… möchtest du…« Thomas kam vor lauter Aufregung ins Stottern. Sein Herz schlug wie wild und sein Blick flackerte. »Ich meine, wäre es denkbar, daß wir heiraten, wenn… wenn du aus den USA zurück bist?«
Julia blinzelte verunsichert, denn sie hatte diese Frage nicht erwartet. Sie war eben den strengen Regeln des Internats entkommen und fühlte sich zum ersten Mal in ihrem Leben frei. Da sollte sie sich schon wieder binden?
»Ich weiß nicht«, meinte sie zögernd. »Ich bin erst zwanzig und sollte mir vielleicht zunächst mal den Wind um die Ohren wehen lassen, bevor ich mich entscheide. Wenn ich es tue, möchte ich auch dazu stehen, für immer. Versteh mich nicht falsch, Tommy«, bat sie mit wehmütigem Lächeln. »Ich hab’ dich sehr lieb. Aber ich bin erst zwanzig. Ich habe noch keine Ausbildung und keine richtige Vorstellung von dem Leben, das ich später führen möchte. Ich will dieses Sprachstudium durchziehen und später als Dolmetscherin arbeiten. Wo, das weiß ich noch nicht. Nur eines weiß ich genau, ich will nicht ständig unterwegs sein wie meine Eltern, und ich werde meine Kinder, wenn ich welche haben sollte, nie in ein Internat geben. Ich möchte eine gute Ehe führen und mich nicht nach kurzer Zeit wieder scheiden lassen, wie es meine Eltern getan haben.«
»Das alles möchte ich auch, Julia. Ich habe auch Verständnis dafür, daß du mir keine Antwort auf meine Frage geben kannst, aber ich glaube, es ist wichtig, daß du weißt, daß ich auf dich warte und es für mich nie eine andere geben wird, ganz gleich was geschieht. Ich habe mich für dich entschieden, und dieser Entschluß wird getragen von meiner Liebe zu dir. Er ist unumstößlich.«
Thomas zog das schlanke Mädchen noch enger an sich. So, als könne er Julia festhalten.
Ihr war das nicht ganz angenehm. Besorgt schaute sie zur Uhr. »Ich glaube, mein Flug wird gleich aufgerufen. Ich sollte in den Warteraum gehen.«
»Es sind noch gut zehn Minuten«, wehrte Thomas, dem