Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

DER HALSABSCHNEIDER: Der Krimi-Klassiker aus Schottland!
DER HALSABSCHNEIDER: Der Krimi-Klassiker aus Schottland!
DER HALSABSCHNEIDER: Der Krimi-Klassiker aus Schottland!
eBook245 Seiten3 Stunden

DER HALSABSCHNEIDER: Der Krimi-Klassiker aus Schottland!

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

In Glasgow machen sich verbrecherische Geldverleiher breit. Als ein bedrängter Schuldner in seiner Not einen Geldeintreiber erschießt, fordert der Richter, dass die Polizei die Drahtzieher unschädlich macht.

Chefinspektor Thane findet bald heraus, dass er es mit einem gefährlichen Gegner zu tun hat, der sachdienliche Mitteilungen an die Polizei mit dem Tode bestraft...

»Keiner schreibt heutzutage bessere Kriminalromane als Bill Knox!«

- New York Herald Tribune

Der Roman Der Halsabschneider von Bill Knox (* 1928 in Glasgow; † März 1999) erschien erstmals im Jahr 1969; eine deutsche Erstveröffentlichung erfolgte im gleichen Jahr.

Der Apex-Verlag veröffentlicht eine durchgesehene Neuausgabe dieses Klassikers der Kriminal-Literatur in seiner Reihe APEX CRIME.

SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum8. Dez. 2020
ISBN9783748767640
DER HALSABSCHNEIDER: Der Krimi-Klassiker aus Schottland!

Mehr von Bill Knox lesen

Ähnliche Autoren

Ähnlich wie DER HALSABSCHNEIDER

Ähnliche E-Books

Krimi-Thriller für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Verwandte Kategorien

Rezensionen für DER HALSABSCHNEIDER

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    DER HALSABSCHNEIDER - Bill Knox

    Das Buch

    In Glasgow machen sich verbrecherische Geldverleiher breit. Als ein bedrängter Schuldner in seiner Not einen Geldeintreiber erschießt, fordert der Richter, dass die Polizei die Drahtzieher unschädlich macht.

    Chefinspektor Thane findet bald heraus, dass er es mit einem gefährlichen Gegner zu tun hat, der sachdienliche Mitteilungen an die Polizei mit dem Tode bestraft...

    »Keiner schreibt heutzutage bessere Kriminalromane als Bill Knox!«

    - New York Herald Tribune

    Der Roman Der Halsabschneider von Bill Knox (* 1928 in Glasgow; † März 1999) erschien erstmals im Jahr 1969; eine deutsche Erstveröffentlichung erfolgte im gleichen Jahr.

    Der Apex-Verlag veröffentlicht eine durchgesehene Neuausgabe dieses Klassikers der Kriminal-Literatur in seiner Reihe APEX CRIME.

    DER HALSABSCHNEIDER

    Erstes Kapitel

    Es war an einem Montag Mitte Januar. Der graue Nachmittagshimmel und ein schneidender Nordostwind verhießen Schnee. Bald würde die Dunkelheit hereinbrechen. Am Ufer des Clyde flammten bereits die ersten Straßenlaternen auf. Auch in dem griechisch anmutenden Justizgebäude brannte Licht; ein sicheres Anzeichen, dass das Schwurgericht tagte.

    Der Mann auf der Anklagebank im nördlichen Sitzungssaal trug einen fadenscheinigen, aber ordentlich gebügelten blauen Anzug. Sorgfältig hatte er die Hosenbeine in die Höhe gezogen, um die scharfe Bügelfalte zu schonen, bevor er zwischen den beiden Polizeibeamten Platz genommen hatte. Die Sitze der Geschworenen waren leer.

    Andrew Fergan hatte sich des Mordes schuldig bekannt. Der Staatsanwalt benötigte kaum mehr als ein Dutzend Worte, um den Strafantrag zu stellen. Fergans Verteidiger wirkte verlegen. Er übertraf den Staatsanwalt noch an Kürze und erklärte, sein Mandant wünsche nichts zu seiner Entlastung vorzubringen.

    Alles Weitere lag nun bei Lord Mains. Tiefe Stille herrschte in dem großen, kalten Gerichtssaal. Sie wurde nur unterbrochen vom Rascheln der Akten, die der Richter studierte – eine verhutzelte Gestalt in weiß-roter Robe, die sich von der dunklen Mahagonitäfelung lebhaft abhob.

    »Eine langweilige Angelegenheit für jeden, der gern eine interessante Verhandlung erlebt«, murmelte der Pathologe, der in der ersten, für offizielle Besucher reservierten Reihe saß und die Hände tief in den Taschen vergraben hatte. »Ein Glück, dass die Leute keinen Eintritt zahlen mussten – sie hätten ihr Geld bestimmt zurückverlangt.« Er deutete mit einer Kopfbewegung auf den Angeklagten. »Der Fall wurde von Ihnen bearbeitet?«

    »Von meiner Dienststelle. Ich selbst habe mich nur flüchtig damit beschäftigt.« Kriminalinspektor Colin Thane, Chef der Kriminalaußenstelle Glasgow-Millside, beugte sich leicht vor. »Er hat es uns nicht schwergemacht.«

    »Das hörte ich.« Der Pathologe wollte das Gespräch fortsetzen, doch als er Thanes Gesicht sah, murmelte er nur noch: »Die Verhandlung wird nicht lange dauern.«

    Thane nickte. Man konnte Andrew Fergan gewiss nicht vorwerfen, die Zeit des Gerichts über Gebühr zu beanspruchen. Erst vor drei Minuten hatte man den einunddreißigjährigen mittelgroßen Mann mit dem dunklen, schütteren Haar in den Gerichtssaal geführt.

    Die Anklage war vom Urkundsbeamten verlesen worden: »...dass Sie auf öffentlichem Verkehrsgrund vor der Bar »Turkish Ravern, Glasgow, King Street, einen geladenen Revolver auf John Laverick richteten und diesen mit drei Schüssen aus besagter Waffe töteten.«

    Andrew Fergan hatte bei Verlesung der Anklage nur flüchtiges Interesse gezeigt.

    Colin Thane griff unbewusst in die Tasche seines Jacketts und tastete nach dem Brief, der mit der Morgenpost eingetroffen war. Seine Lippen wurden schmal. Dieser Brief wäre jederzeit eine Versuchung gewesen – an diesem Tag aber schien er ein Geschenk des Himmels zu sein.

    Lord Mains legte die letzten Papiere beiseite, lehnte sich zurück und räusperte sich. »Andrew Fergan.«

    Fergan erhielt von dem neben ihm sitzenden Wachtmeister einen sanften Rippenstoß und erhob sich. Er stützte sich lässig auf die Barriere, von der die Anklagebank eingezäunt wurde.

    »Fergan, Sie haben sich des Mordes schuldig bekannt. Wer vorsätzlich einen Menschen tötet, den muss das Gesetz in voller Härte treffen. Das Gericht kann deshalb nur eine Entscheidung fällen.« Die dünne, klare Stimme schwieg kurz. »Ich verurteile Sie zu lebenslanger Haft.«

    Unter den Zuhörern entstand leichte Unruhe, Andrew Fergans Gesicht aber blieb ausdruckslos. Er nickte, wandte sich langsam um, erblickte Thane, sah über ihn hinweg und zog eine kaum wahrnehmbare Grimasse. Dann stieg er die hinter der Anklagebank liegende Treppe hinab – die Treppe, die zu seiner Zelle führte.

    Eine schwere Tür fiel ins Schloss. Zum ersten Mal in seinem Leben zuckte Thane zusammen.

    Das einsetzende Stimmengemurmel erstarb sofort unter den eisigen Blicken des Vorsitzenden. Lord Mains schrieb etwas auf einen Zettel, den er dem Urkundsbeamten reichte. Dann schob er seinen Stuhl zurück.

    Nach der üblichen Aufforderung durch den Gerichtsdiener erhoben sich die Anwesenden.

    Mit einer Würde, die nur ein Mensch von kleiner Statur aufzubringen vermag, verschwand Lord Mains in der Tür zum Beratungszimmer.

    »Kaffeepause.« Der Pathologe schnaufte ärgerlich. »Nun, in den Zeugenstand brauche ich heute nicht mehr. Das steht fest.« Er blickte auf die Uhr. »Trotzdem ist es wohl besser, wenn ich bleibe.«

    »Hm«, erwiderte Thane gedankenverloren und sah sich um.

    Der Urkundsbeamte unterhielt sich leise mit dem Staatsanwalt und Fergans Verteidiger. Der letztere runzelte die Stirn und schien widersprechen zu wollen. Doch Thanes Interesse galt den Zuschauern, die den Saal verließen. Als er das Gesicht entdeckte, das er gesucht hatte, seufzte er tief und setzte sich in Bewegung.

    Vor dem Saal, in der großen Eingangshalle aus schwarzem und weißem Marmor, holte er die Gesuchte ein.

    »Mrs. Fergan.«

    Die Frau von Andrew Fergan drehte sich um. Sie war Ende Zwanzig – eine kleine, dickliche, völlig unauffällige Brünette in einem grünen Tweedmantel. Sie schien nicht zu wissen, was sie mit ihren Handschuhen anfangen sollte, die ihre Finger umkrampften. Benommen blickte sie aus leeren Augen in eine unsichtbare Ferne. Der Mann in mittleren Jahren, der sie am Arm führte, runzelte die Stirn.

    »Mrs. Fergan, ich...« Thane bemühte sich verzweifelt, die rechten Worte zu finden. »Es tut mir leid. Wenn Sie ihn noch einmal kurz sprechen wollen, bevor er...«

    »Das hat der Verteidiger bereits arrangiert, Mister«, fiel ihm der ältere Mann ins Wort. »Er soll ruhig etwas tun für sein Honorar. Stimmt’s, Irene?«

    »Ich denke schon.« Ihre Stimme klang leise und gequält. »Das ist mein Vater, Mr. Thane.«

    »Hm.« Der Mann nickte kühl. »Sie sind es also, wie? Nun, Sie haben vermutlich nur Ihre Pflicht getan. Aber auf der Anklagebank hat der Falsche gesessen. Das wissen Sie ja wohl?«

    »Tut mir leid.« Das war zwar nicht ganz das, was Thane hatte erwidern wollen, aber etwas Besseres fiel ihm nicht ein. »Mrs. Fergan, ich könnte Sie mit einem Wagen nach Hause bringen lassen...«

    Sie schüttelte den Kopf. »Nein, vielen Dank.«

    Vater und Tochter setzten ihren Weg fort. Thane zuckte die Achseln und zündete sich eine Zigarette an.

    Ein Anwalt kam mit wehendem schwarzem Talar vorüber und winkte dem Inspektor kurz zu. Mit einem müden Lächeln grüßte Thane zurück. Der Inspektor, der reichlich ein Meter achtzig groß war, gehörte zu jenen Menschen, die man nur selten vergaß. Er war Anfang Vierzig, hatte kurzes, dunkles Haar und ein gutmütiges Gesicht, das tiefe Furchen aufwies. Der dezente Tweedanzug brachte seine athletische Gestalt voll zur Geltung, und seine Bewegungen verrieten, dass er sich in bester körperlicher Verfassung befand – obwohl er einige Pfunde angesetzt hatte, seit er nicht mehr zur Boxstaffel des Polizeisportvereins gehörte.

    Drei Kriminalbeamte vom Amt Nord näherten sich gemächlichen Schritts. Da Thane jetzt keine Lust hatte, sich zu unterhalten, ging er rasch zum Ausgang und trat hinaus auf die Freitreppe.

    Doch im nächsten Moment bereute er seinen Entschluss. Ein schneidend kalter Wind zerrte an seiner Kleidung, und der endlose Verkehrsstrom, der sich am Saltmarket entlangschob, verpestete die Luft mit Auspuffgasen. Am Fuß der Treppe stand mit roter Nase ein fröstelnder Polizeiposten.

    Thane suchte rasch hinter einem der großen Pfeiler Schutz und zog an seiner Zigarette. Er musste Andrew Fergan endlich vergessen. Schließlich war er mit seinen eigenen Problemen vollauf beschäftigt.

    Aber es wollte nicht so recht gelingen. Fergan gehörte zu jenen Fällen, die jeder gewissenhafte Polizeibeamte verwünschte, denn man konnte dem Mörder ein gewisses Mitgefühl nicht versagen. Doch Mord blieb Mord, und mehrere Psychiater hatten übereinstimmend Fergans Zurechnungsfähigkeit festgestellt. Das Urteil hatte also von vornherein festgestanden.

    Der Inspektor warf die Zigarette weg und zertrat die Glut mit dem Absatz. Dann langte er in die Tasche seines Jacketts, um sich zu überzeugen, ob der Brief noch da war.

    War die Entscheidung wirklich so schwer, wenn man von einer Bank die Stellung eines Sicherheitschefs angeboten bekam? Eine Tätigkeit, bei der er doppelt soviel verdienen würde wie bisher – bei einer geregelten Arbeitszeit von neun bis fünf! Dazu Fünftagewoche und jedes Jahr eine Gratifikation.

    Fünftausend Pfund im Jahr...

    Thane blickte wieder hinab zu dem Polizeiwachtmeister. Der Mann rieb sich die erstarrten Hände, und seine Lippen bewegten sich stumm. Es war nicht schwer zu erraten, was er vor sich hinmurmelte.

    Was mache ich nur?, dachte Thane. Immerhin hatte er bei der Polizei rasch Karriere gemacht. Er war in Glasgow der jüngste Inspektor, der eine Kriminalaußenstelle leitete. Er hatte eine Frau, die er liebte, und zwei Kinder im schulpflichtigen Alter. In zehn Jahren würde er die auf dem Haus ruhende Hypothek getilgt haben, und für seinen Wagen hatte er noch drei Raten abzuzahlen.

    Er hatte also bisher Glück gehabt. Aber vielleicht war dieser Brief ebenfalls ein glücklicher Zufall. Selbst wenn es ihm gelänge, im Präsidium eine Spitzenposition zu erlangen, würde er niemals so viel verdienen, wie man ihm bereits jetzt bei der Bank bot. Schließlich musste er auch an Mary denken. Fünfzehn Jahre lang hatte sie um ihn gebangt, hatte sich nicht beklagt, wenn mitten in der Nacht das Telefon schrillte.

    Zweifellos wäre sie glücklich, wenn er das Angebot der Bank annehmen würde. Und doch war der Gedanke, in Zukunft einen geregelten Arbeitstag und ein freies Wochenende zu haben, unbegreiflich.

    Er musste sich die Sache reiflich überlegen. Aber jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt. Er trat hinter dem Pfeiler hervor und schritt auf die Tür zu.

    »Thane...«

    Die bellende Stimme ließ ihn überrascht herumfahren. William Ilford, der Chef der Glasgower Kriminalpolizei, tauchte aus der Dunkelheit auf und eilte die Stufen herauf, ohne den salutierenden Polizeiwachtmeister zu beachten.

    »Ich bin gleich zu Fuß gekommen.« Der Mann, der den Spitznamen Buddha erhalten hatte, ließ das gewohnte Phlegma vermissen und schnappte nach Luft. »Bei diesem verdammten Verkehr geht es zu Fuß schneller.«

    Thane nickte. Das Polizeipräsidium lag nur einen Steinwurf vom Justizgebäude entfernt, ebenso wie das Gerichtsmedizinische Institut. Einige Witzbolde unter den Ganoven hatten das daraus resultierende Dreieck deshalb Taldes-Glück getauft.

    »Liegt etwas Besonderes vor, Sir?«, fragte Thane argwöhnisch.

    »Wie? Hat man Ihnen denn noch nichts gesagt?« Ilford schnappte noch einmal heftig nach Luft. »Lord Mains möchte uns sprechen – uns beide. Jetzt sofort. Was geht eigentlich vor?«

    »Ich wüsste nicht, worum es sich handeln könnte.« Thane dachte krampfhaft nach. Wenn ein hoher Richter eine Blitzkonferenz anberaumte, bedeutete das im allgemeinen Unannehmlichkeiten. »Hat man Ihnen denn nichts gesagt, Sir?«

    »Nein.« Ilford schob seine massige Gestalt durch die Tür, Thane folgte dicht auf. »Ich wurde lediglich telefonisch gebeten, sofort herüberzukommen.«

    Thane spürte, wie sich alle Blicke auf die beiden Kriminalbeamten richteten, als er mit Ilford die Halle durchquerte, und er ärgerte sich, überhaupt vor die Tür gegangen zu sein.

    »Heute wurde nur ein Fall aus Millside verhandelt.«

    »Welcher?«

    »Fergan – heute Nachmittag. Er erhielt lebenslänglich.«

    »Fergan.« Es klang wie ein Stöhnen. »Nun, wir werden ja bald wissen, worum es sich handelt.« Er zeigte zum Mittelgang.

    In Robe und Perücke gekleidet, kamen drei Männer den Korridor entlang, der zu den Zimmern der Richter führte. Der Urkundsbeamte führte die Gruppe an. Als er die beiden Kriminalbeamten entdeckte, hellte sich sein Gesicht auf. Der Staatsanwalt und Fergans Verteidiger folgten ihm etwas langsamer. Der Verteidiger wirkte alles andere als glücklich und kratzte sich mit einem Bleistift unter der Perücke.

    »Schön, dass Sie so rasch gekommen sind, Ilford.« Der Urkundsbeamte seufzte erleichtert auf und blickte zu Thane, wobei seine Lippen schmal wurden. »Mr. Thane, ich habe Sie im ganzen Haus gesucht. Vom Restaurant bis zu den Zellen – und sogar auf der Toilette.«

    »Ich war draußen«, entgegnete Thane.

    »Nun, es ist ja jetzt gleichgültig.« Der Urkundsbeamte lächelte gezwungen, als die beiden Anwälte vorüberschritten. Sie erwiderten den Gruß auf gleiche Weise. »Lord Mains wartet bereits«, fuhr er fort. »Wenn Sie mir bitte folgen würden...«

    »Was gibt es eigentlich?«, brummte Ilford. »Man hat ja geradezu das Gefühl, Sie wollen uns zur Schlachtbank führen.«

    »Zur Schlachtbank?« Der Urkundsbeamte schnaufte leicht. »Dann besudeln Sie bitte nicht den Teppich mit Ihrem Blut. Wir haben ihn in Anbetracht des Weihnachtsfestes extra säubern lassen.«

    Buddha Ilford knurrte unwirsch, aber der Urkundsbeamte hatte sich bereits in Bewegung gesetzt. Sie folgten ihm, passierten die Friese, welche die Rechtspflege im alten Athen schilderten, und schritten durch die Schwingtür, hinter der jener Teil des Justizpalastes lag, der dem normalen Sterblichen verschlossen blieb. Schließlich hielten sie vor einer Tür an.

    Der Urkundsbeamte klopfte, und eine Stimme antwortete. Er öffnete die Tür und winkte die beiden Kriminalbeamten ins Zimmer, ohne selbst zu folgen. Als er die Tür von draußen schloss, vernahm er lautes Niesen.

    »Zum Teufel mit diesem zugigen Gerichtssaal«, beklagte sich Lord Mains missmutig. »Man kann sich glatt den Tod holen.«

    Er putzte sich mit einem großen weißen Taschentuch die Nase. Es klang wie ein Trompetenstoß. Thane unterdrückte mit Mühe ein Lächeln, als er das verhutzelte Männchen betrachtete, das einer der dienstältesten Richter in Schottland war.

    Lord Mains hatte Robe und Perücke an den Garderobenständer in der Ecke des Raums gehängt und stand mit dem Rücken vor einem lodernden Kohlenfeuer, das zur Unterstützung der Zentralheizung brannte. Um den kahlen Schädel zog sich ein schmaler Kranz von graumeliertem schwarzem Haar. In dem schlichten dunklen Anzug, dem gestärkten Kragen und der weißen Krawatte erinnerte er lebhaft an eine Gestalt aus einem Roman von Charles Dickens. Die wachen, blassen Augen inspizierten in aller Ruhe die Besucher.

    Er schnüffelte und steckte das Taschentuch ein.

    »Ich danke Ihnen für Ihr Erscheinen.« Die Stimme des Richters verriet immer noch Unmut. »Ilford, ich habe Ihren Inspektor schon mehrmals im Zeugenstand gesehen. Wir wurden aber bisher noch nicht miteinander bekannt gemacht.«

    »Entschuldigung.« Ilford holte das Versäumte rasch nach.

    Thane hatte den Eindruck, keine Hand, sondern eine Klaue zu schütteln. Er hätte zu gern gewusst, wie alt der Richter war – gewiss alt genug, um in jedem anderen Beruf bereits seine Pension zu verzehren.

    »Nehmen Sie Platz, meine Herren.« Lord Mains verließ nur ungern das wärmende Kaminfeuer und ließ sich auf einen tiefen Polstersessel sinken. Ein Servierwagen mit Kaffeekanne und Tasse stand daneben. Er wartete, bis sich seine Besucher ebenfalls gesetzt hatten, dann runzelte er die Stirn. »Ich möchte mit Ihnen über Andrew Fergan sprechen.«

    »Ich dachte...«, begann Ilford, doch ein dürrer Finger brachte ihn zum Schweigen.

    »Lassen Sie mich erst ausreden, Ilford. Aber ich erinnere mich, dass Sie Pfeife, rauchen. Und ich habe leider meinen Tabak vergessen...«

    Buddha Ilford beugte sich rasch vor und bot seinen Tabakbeutel an. Lord Mains beroch den Inhalt zunächst gründlich, spitzte die Lippen und stopfte seine alte Bruyèrepfeife. Offensichtlich benötigte man zum Füllen ein halbes Päckchen.

    Schließlich reichte er den Beutel zurück und zündete ein Streichholz an. Erst nachdem die Pfeife wie der Schornstein eines Teerkessels qualmte, lehnte er sich zufrieden zurück.

    »Ganz annehmbar«, murmelte er. »Und nun zu Fergan. Wie ich bereits dem Staatsanwalt und Fergans Verteidiger sagte, habe ich keinerlei Beanstandungen, was die polizeilichen Ermittlungen sowie die Behandlung des Falls betrifft.«

    Thane wollte gerade erleichtert aufatmen, als er bemerkte, wie ihn der Richter hinter der dichten Qualmwolke hervor durchdringend anblickte.

    »Andererseits ist dieser Fall, wenn ich ihn einmal nicht vom juristischen Standpunkt betrachte, eine offene Schande.« Der dürre Zeigefinger stieß wieder in die Luft. »Oder sind Sie etwa anderer Meinung, Inspektor?«

    Thane schüttelte bedächtig den Kopf. Ilfords Gesicht überzog sich mit einer feinen Röte, und seine Lippen bildeten einen schmalen Strich.

    »Gut. Wenn man sich ein Leben lang anhören muss, was alles unter Eid ausgesagt wird, schätzt man umso mehr, wenn wirklich einmal die Wahrheit gesprochen wird«, erklärte Lord Mains grimmig. Er stand auf, trat an einen kleinen Tisch und nahm einige Papiere in die

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1