ZAHLBAR IN DER SCHWEIZ: Der Krimi-Klassiker aus Schottland!
Von Bill Knox
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Über dieses E-Book
Was wie ein harmloser Urlauber-Konvoi quer durch Europa aussah, war in Wirklichkeit ein raffiniertes Unternehmen, bei dem heißes Geld in die Schweiz geschmuggelt werden sollte.
Jonathan Gaunt, Ermittler beim schottischen Schatzamt, begleitete und beobachtete die Tour bis zum Genfer See, wo ein tödliches Finish auf ihn wartete...
Der Roman Zahlbar in der Schweiz von Bill Knox (* 1928 in Glasgow; † März 1979) erschien erstmals im Jahr 1977; eine deutsche Erstveröffentlichung erfolgte im Jahr 1978.
Der Apex-Verlag veröffentlicht eine durchgesehene Neuausgabe dieses Klassikers der Kriminal-Literatur in seiner Reihe APEX CRIME.
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ZAHLBAR IN DER SCHWEIZ - Bill Knox
Das Buch
Was wie ein harmloser Urlauber-Konvoi quer durch Europa aussah, war in Wirklichkeit ein raffiniertes Unternehmen, bei dem heißes Geld in die Schweiz geschmuggelt werden sollte.
Jonathan Gaunt, Ermittler beim schottischen Schatzamt, begleitete und beobachtete die Tour bis zum Genfer See, wo ein tödliches Finish auf ihn wartete...
Der Roman Zahlbar in der Schweiz von Bill Knox (* 1928 in Glasgow; † März 1979) erschien erstmals im Jahr 1977; eine deutsche Erstveröffentlichung erfolgte im Jahr 1978.
Der Apex-Verlag veröffentlicht eine durchgesehene Neuausgabe dieses Klassikers der Kriminal-Literatur in seiner Reihe APEX CRIME.
ZAHLBAR IN DER SCHWEIZ
Erstes Kapitel
Fasziniert sah Jonathan Gaunt zu. Der magere, blonde Mechaniker legte eine Hand auf den dröhnenden Motor auf dem Prüfstand. Die Augen hielt er fast geschlossen; ein Ausdruck angestrengter Konzentration lag auf seinem schmalen unrasierten Gesicht.
Die Umgebung war nicht eindrucksvoll. Der alte Schuppen war abbruchreif. Aus dem einzigen Fenster, mit zersprungener Scheibe, blickte man hinaus auf das träge, grüne Wasser eines Kanals. Jenseits lag eines von Edinburghs übelsten Mietkasernenvierteln.
Der Mechaniker hieß Dan Cafflin. Er war taubstumm, arbeitete allein und wies alle Aufträge ab, wenn er mehr Lust verspürte, zum Fischen zu gehen - was häufig vorkam. Doch Gaunt wusste, dass er in der schottischen Hauptstadt wahrscheinlich der beste Automechaniker war. Keiner konnte einen Motor so genau einstellen wie er. Mit seinen empfindsamen Fingerspitzen registrierte Dan Cafflin den Herzschlag der Maschine; ihm übermittelte jede Vibration eine individuelle Botschaft.
Und die Maschine, die auf dem Prüfstand lag, gehörte zu Jonathan Gaunts neuester Errungenschaft, einem kleinen, dunkelroten Chrysler, der am anderen Ende des Schuppens wartete. Gaunt sah Cafflin noch ein paar Sekunden zu, dann wandte er sich einem Mann zu, der soeben den Schuppen betrat. Es war ein korpulenter Mann im dunklen Anzug«.
»Hören Sie den Unterschied, Henry?«, fragte er enthusiastisch.
Henry Falconer, rechte Hand des Remembrancer, wie der noch gebräuchliche mittelalterliche Titel des Leiters einer der höchstqualifizierten Fachabteilungen des schottischen Finanzministeriums lautete, zeigte ein schwaches Lächeln, das alles Mögliche hätte bedeuten können. Dann winkte er Gaunt, ihm zu folgen.
Gaunt nickte. Er tippte Dan Cafflin auf die Schulter, gab ihm zu verstehen, dass er zurückkommen würde, und folgte Falconer aus dem Schuppen ins Freie. Falconer marschierte ihm voraus über das freie Gelände und blieb am Kanalufer stehen. Es war ein heißer, sonniger Sommertag, und das Wasser des Kanals stank nach faulendem Tang und schlimmerem.
»Samstagmorgen«, bemerkte Falconer missmutig, den Blick auf das schmutzige Kanalwasser gerichtet, »da sollte ich eigentlich auf dem Golfplatz sein. Menschenskind, sogar meine Frau hat begriffen, dass der Samstagmorgen zum Golf spielen da ist.« Stirnrunzelnd besah er seinen dunkelblauen Anzug. »Jeder Mensch muss mal seine Frustrationen loswerden - das weiß doch heute schon jedes Kind.«
Gaunt wartete, die Hände in den Taschen der Lederjacke, die er über einem weizengelben Sporthemd zur dunkelgrünen Hose trug. Auf der anderen Seite des Kanals watschelte eine Entenfamilie in Reih und Glied das Ufer entlang. Er beobachtete sie, während er darauf wartete, dass Falconer zum springenden Punkt kommen würde.
»Bei uns ist da eine kleine Sache auf getaucht, die erledigt werden muss«, bemerkte Falconer nach einem Moment des Schweigens. »Sie haben im Augenblick nicht allzu viel auf dem Hals.« Er blickte zum Schuppen hinüber, wo immer noch der Automotor brummte. »Wie lange dauert es, bis Ihr neues Spielzeug wieder zusammengesetzt ist?«
»Dan sagte mir, dass ich den Wagen morgen abholen kann.« Gaunt musterte Falconer aufmerksam. Gaunt war ihm direkt unterstellt. Und wenn Falconer am Samstagmorgen Dienstgeschäften nachging, so konnte das allerlei bedeuten. »Was ist es denn für eine Sache?«
»Ich möchte, dass Sie am Montag mit dem Auto in die Schweiz fahren«, erklärte Falconer, ohne auf Gaunts Frage einzugehen. »Genauer gesagt, der Remembrancer hat bestimmt, dass Sie fahren.«
»Fahren?« Gaunt riss verwundert die Augen auf. »Erlaubt das Budget keine Flugreise?«
»Sie fahren mit dem Wagen«, versetzte Falconer entschieden. »Sie werden sich verhalten wie ein Tourist auf Urlaubsreise, auf der Suche nach landschaftlicher Schönheit, Sonne und - äh - Sex auf Schweizer Art.« Er sah Gaunt an und grunzte. »Das dürfte Ihnen doch eigentlich nicht allzu schwerfallen.«
Jonathan Gaunt war Anfang Dreißig, hochgewachsen, kräftig gebaut. Wenn er überhaupt einen dunklen Anzug besaß, so hatte Falconer ihn noch nie darin gesehen. Er hatte ein schmales, etwas knochiges Gesicht und meist nachdenklich blickende graugrüne Augen. Das zerzauste helle Haar war für einen seriösen Beamten des Staates entschieden zu lang.
Er hatte überhaupt nichts von einem Beamten. Falconer sah das Grinsen um Gaunts Mund und fühlte sich gereizt.
»Glauben Sie ja nicht, dass das ein Honiglecken für Sie wird«, sagte er barsch. »Am Montag in aller Früh erfahren
Sie die Einzelheiten.«
»Aber Sie wissen sie jetzt schon.« Gaunt wusste, dass Falconer sich gern bitten ließ. »Na los, Henry, sagen Sie mir, worum es geht.«
»Es handelt sich um eine Angelegenheit, die uns von den Freunden beim Finanzministerium übergeben wurde«, erklärte Falconer jetzt beinahe väterlich. »Um einen Bruch der Devisenbestimmungen, angeblich Devisenschmuggel.«
»Große Sache?«, fragte Gaunt.
»Wahrscheinlich - wenn es kein falscher Alarm ist«, erwiderte Falconer gewissenhaft. »Wir - äh - wir sind uns da noch gar nicht sicher. Es ist aber möglich, dass wir auf eine großangelegte Geldwäsche-Operation gestoßen sind, auf eine Gruppe von Leuten, die lukrative Geschäfte damit macht, dass sie für ihre Kunden heiße britische Pfund ins Ausland bringt und sie auf einem Schweizer Konto in kühle Fränkli verwandelt.«
»Getreu dem angestammten Recht jedes britischen Steuerhinterziehers«, murmelte Gaunt.
»Genau. Aber gesetzwidrig.« Falconer starrte nachdenklich auf seine Armbanduhr. »Hm, ein paar Löcher könnte ich vor dem Mittagessen noch spielen, wenn ich jetzt gleich losfahre.«
»Wir sprachen von der Reise in die Schweiz, Henry«, erinnerte Gaunt ihn unnachgiebig. »Wohin geht sie denn überhaupt? Vielleicht will ich mir das mal auf der Karte ansehen.«
»Soviel ich weiß, handelt es sich um die Gegend um Montreux«, antwortete Falconer vage. »Das hat bis Montag Zeit. Ich – äh - ja, mit ein bisschen Glück kriege ich noch eine Partie hin.«
Er nickte Gaunt zu und ging davon zu seinem Wagen. Einen Augenblick später fuhr er ab.
Gaunt schnitt den Enten, die ins Wasser gegangen waren und jetzt an ihm vorüberpaddelten, eine Grimasse. Dann drehte er sich um und ging zum Schuppen. Dan Cafflin war immer noch in die Auskultation des brummenden Motors vertieft. Gaunt sah ihm einen Augenblick zu, dann schlenderte er zu dem Wagen hinüber, zu dem der Motor gehörte.
Er hatte den in England gebauten Chrysler Alpine eine Woche zuvor aus dem einfachen Grund gekauft, da sein Mini-Cooper nicht mehr mitmachte. Der Chrysler war größer, aber nicht zu groß. Gaunt hatte ihn zu einem erheblichen Preisnachlass bekommen, da er ein Vorführwagen gewesen war. Das war, angesichts Gaunts derzeitiger finanzieller Lage, sehr wichtig. Insbesondere da er für den Mini-Cooper noch weniger bekommen hatte, als er erwartet hatte.
Er hatte den Wagen direkt aus dem Ausstellungsraum zu Dan Cafflin gebracht, um ihn prüfen und einstellen zu lassen. Wie er allerdings bei seiner Bank aus den roten Zahlen wieder herauskommen sollte, war ihm vorläufig noch schleierhaft.
Das Brummen des Motors verstummte. Gaunt drehte sich um. Cafflin deutete einladend zu einer Thermosflasche mit Kaffee und zwei angeschlagenen Tassen. Sie teilten sich den Kaffee, dann kam Gaunt auf sein finanzielles Problem zu sprechen.
»Macht es Ihnen was aus, wenn ich erst Ende des Monats zahle, Dan?«
Dan, der ihm die Worte von den Lippen ablas, grinste und schüttelte den Kopf. Dann griff er zu einem Bleistiftstummel und kritzelte etwas auf einen schmierigen Block. Er zeigte es Gaunt.
»Länger?« Gaunt dankte ihm lächelnd. »Nein, das ist nicht nötig. Bis dahin schaffe ich es schon.«
Er hoffte es jedenfalls. Mit der Kaffeetasse in der Hand beugte er sich über den Motor.
Dan Cafflins Methode, einen Motor einzustellen, lief einfach darauf hinaus, dass hier ein geschickter Handwerker sich ein Fließbandprodukt vornahm und es verbesserte. Brachte man ihm einen Motor, so nahm er ihn völlig auseinander, polierte und schliff dann jedes einzelne Teil so lange, bis er mit dem Ergebnis vollkommen zufrieden war. Er wechselte nur wenige Teile aus, wie vielleicht die Ventilklappen, dann begann er langsam und sorgfältig, den Motor wieder zusammenzubauen.
Doch das Ergebnis war immer fast ein Wunder, eine Maschine mit einer beinahe unglaublichen Leistungssteigerung.
Cafflin versetzte ihm einen leichten Puff und begann wieder zu schreiben. Gaunt wartete.
Sie hatten sich vor drei Jahren in einem Militärkrankenhaus kennengelernt. Lieutenant Gaunt vom Fallschirmspringerregiment hatte bei einem Probesprung im Rahmen einer Routineübung eine Rückenverletzung davongetragen, als der Schirm sich nur teilweise geöffnet hatte. Sergeant Cafflin vom Königlichen Panzerregiment war in einem jener kleinen kriegerischen arabischen Staaten, wo immer ein paar britische Militärberater saßen, auf eine Mine getreten. Gaunt musste langsam erkennen, dass er nicht nur mit seiner Rückenverletzung würde fertigwerden müssen, und Cafflin hatte lernen müssen, ohne Gehör und ohne Worte weiterzuleben.
Nach ihrer Entlassung hatten sie sich eine Zeitlang aus den Augen verloren. Dann waren sie einander ganz zufällig in der Princess Street in die Arme gelaufen. Beide hatten ihre ersten Erfahrungen mit der Rückkehr ins Zivilleben hinter sich, und Gaunt fand, dass Cafflin seine Aufgabe besser bewältigte als er.
Wieder wurde ihm der Block unter die Nase gehalten. Er überflog die gekritzelten Worte. Dann schüttelte er grinsend den Kopf.
»Kommt nicht in Frage«, erklärte er mit Entschiedenheit. »Wenn Sie von einem schnellen Bier reden, weiß ich schon, was mir blüht. Der Wagen muss bis Montag fertig sein. Das kann mich Kopf und Kragen kosten.«
Cafflin warf den Kopf in den Nacken, öffnete den Mund und ließ das merkwürdige, heisere Bellen hören, das bedeutete, dass er lachte.
Dann machte er sich wieder an die Arbeit.
Am Montag schien über Edinburgh immer noch die Sonne. In der Princess Street trugen die Mädchen ihre leichtesten Sommerkleider sehr zum Entzücken manch dunkelgewandeten, schwitzenden Geschäftsmannes. Selbst die Granitpfeiler des trutzigen mittelalterlichen Schlosses glänzten heiter im Sonnenschein.
Die Stadt, die mehr an den strömenden Regen und pfeifenden Wind gewöhnt war, blühte förmlich auf unter den steigenden Temperaturen. Im Justizpalast erlaubte ein Vorsitzender Richter seinen Kollegen, die weißen Rosshaarperücken abzunehmen, und belustigt stellte man fest, dass er unter seiner seidenen, mit Hermelin verbrämten Robe offene Sandalen trug. In der Lothian Road kam es zu einer Auffahrkarambolage, in die mehrere Autos verwickelt waren, als eine braungebrannte Blondine mit ihrem Einkaufskorb die Fahrbahn überquerte. Im zoologischen Garten fing man an, sich um Pinguine und Eisbären zu sorgen.
In der George Street, dem Geschäftszentrum der Stadt, hingen die Fahnen über den Eingängen zu Konsulaten und Regierungsbehörden schlaff an ihren Stangen. Über den grauen Schieferdächern lag ein flirrender Hitzeschleier, und sogar die Verkehrspolizisten verpassten ihre Strafmandate mit nur minimalem Enthusiasmus.
Als Jonathan Gaunt im Finanzministerium ankam, war es elf Uhr. Der Portier hatte sich tief in den kühlen Schatten des Foyers zurückgezogen. Gaunt stieg hinauf in den zweiten Stock, wo sich die Büros der Abteilung des Remembrancer befanden. Allgemeine Lethargie schien in der Luft zu liegen.
Henry Falconers Sekretärin, eine gutgebaute dunkelhaarige Frau Anfang Dreißig, zog vielsagend die Augenbrauen hoch, als Gaunt eintrat, und warf dann einen demonstrativen Blick auf ihre Uhr.
»Ich bin spät dran«, stimmte Gaunt zu.
»Das habe ich schon zu hören bekommen«, versetzte sie trocken.
Er grinste und ging weiter in Falconers Büro.
»Wo, zum Teufel, sind Sie so lange geblieben?«, fragte Falconer entrüstet. »Ich habe Ihnen doch gesagt, Montag in aller Frühe. Oder hatten Sie das vergessen?«
Gaunt schüttelte nur den Kopf. Falconer hatte sein Jackett ausgezogen. Das kam nicht oft vor. Schweißperlen standen auf seinem breiten, flächigen Gesicht, doch die Krawatte saß noch ganz korrekt, und nicht ein Knopf an seiner Weste war offen.
»Ihnen scheint heiß zu sein, Henry«, bemerkte er teilnahmsvoll. »Warum schnappen Sie sich nicht Hannah und zischen mit ihr ein eiskaltes Bier?«
»Weil meine Frau dahinterkäme«, knurrte Falconer. »Also, wo waren Sie so lange?« Ein beunruhigender Gedanke schoss ihm plötzlich durch den Kopf. »Ihr Wagen ist doch in Ordnung, oder?«
Gaunt nickte. Er holte sich einen Stuhl und ließ sich Falconer gegenüber nieder.
»Ich habe mich mal kurz mit einem Bekannten unterhalten«, erklärte er beschwichtigend. »Sie sprachen von Devisenbestimmungen und von der Schweiz. Er kennt sich in diesem Zusammenhang aus - und er weiß, wie die Schweizer Banken arbeiten. Für mich war das gewissermaßen ein Intensivkurs über die Arbeitsmethoden der Mafia.«
»Das hätte ich Ihnen auch sagen können«, brummte Falconer. »Eine Schweizer Bank sagt Ihnen normalerweise nicht mal das Datum, wenn Sie nicht eine Kontonummer vorweisen können.« Argwöhnisch krauste er die Stirn. »Wer ist dieser Bekannte von Ihnen?«
»Er war mal in der Bankbranche, ist aber jetzt im Ruhestand«, gab Gaunt vage Auskunft.
Der kleine Mann saß in einer Zelle im Saughton-Gefängnis und würde da auch noch eine Weile bleiben. Aber er hatte tatsächlich einmal für eine Bank gearbeitet - bis zu dem Tag, als er versucht hatte, sich mit einem Koffer voll Geld, das der Bank gehörte, in die Schweiz abzusetzen. Es hatte ihm Freude gemacht, Gaunt zu erklären, welche Fehler ihm unterlaufen waren und