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Die Drei auf der Platte
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eBook224 Seiten3 Stunden

Die Drei auf der Platte

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Über dieses E-Book

Der Band umfasst sechs Kriminalerzählungen um Paul Rosenhayns berühmten Detektiv Joe Jenkins: "Die Drei auf der Platte", "Jenseits der Tür", "Das Telephongespräch", "Das Tor der Tränen", "Der unsichtbare Gast" und "Die Dame mit der Zigarette". In der Titelerzählung "Die Drei auf der Platte" sucht eine junge Fotografin Joe Jenkins auf und fragt ihn um Rat in einer seltsamen Angelegenheit: Sie hat den Auftrag erhalten, ein ganz bestimmtes Foto zu machen. Gemeinsam mit ihrem Auftraggeber wartet sie vor einem bestimmten Gebäude auf der Straße, bis zwischen zwei Apfelhändlern ein heftiger Streit entsteht. Als ein dritter Mann zu ihnen tritt, um zu schlichten, erhält sie den Auftrag zur Fotografie: "Die Drei müssen auf die Platte." Abends um neun will ihr Auftraggeber die belichtete Aufnahme abholen. Zufällig trifft sie nachmittags einen bekannten Fotografen, der zwei Tage zuvor genau denselben Auftrag erhalten hat: sich streitende Apfelhändler; der Mann der dazwischentritt; das Foto. Doch bevor er sein Foto dem Auftraggeber hatte übergeben können, wurde ihm die Platte gestohlen. Als sie dann auch noch erfährt, dass auch noch ein dritter Fotograf, am Vortag, das gleiche Bild gemacht hat und daraufhin brutal in seinem Labor überfallen und beraubt wurde, fürchtet sie um ihr Leben. Joe Jenkins beginnt seine Ermittlungen ... Die fünf anderen Erzählungen stehen der ersten an Spannung und Originalität nicht nach. Krimis für Kenner und Feinschmecker!-
SpracheDeutsch
HerausgeberSAGA Egmont
Erscheinungsdatum1. Jan. 2017
ISBN9788711592564
Die Drei auf der Platte

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    Buchvorschau

    Die Drei auf der Platte - Paul Rosenhayn

    www.egmont.com

    Die Drei auf der Platte

    〈Kopenhagen〉

    Der Portier des Hotels „Kongen af Danmark trat in die Lounge. „Hier ist die Dame, Mr. Jenkins, sagte er, indem er ehrerbietig die Mütze zog.

    Der Angeredete erhob sich.

    Hinter der Eintretenden schloß sich geräuschlos die Tür. Der Portier warf noch einen neugierigen Blick durch die Glasscheibe und verschwand in dem Gewimmel der Gäste, die die große Halle des Hotels füllten. — — —

    Der Amerikaner warf einen Blick auf die Karte, die er in seiner Hand hielt. „Fräulein Inge Birkelund?" las er ab und blickte der jungen Dame fragend ins Gesicht. Sie nickte, indes ein leichtes Rot in ihre Wangen trat.

    Der Detektiv ließ seine grauen Augen wohlgefällig auf der jungen Dame ruhen, die ihm in ihrer blonden Frische mit einer reizenden Mischung von Selbstbewußtsein und Befangenheit entgegenlächelte — ein Bild junger nordischer Schönheit. Das dunkelblaue Kleid war diskret und doch geschmackvoll geschnitten und verriet die Angehörige des guten Bürgerstandes.

    „Wollen Sie nicht Platz nehmen?"

    Die junge Dame nickte und ließ sich mit jener einfachen Sicherheit, die alle ihre Bewegungen zu kennzeichnen schien, in dem dargebotenen Korbsessel nieder, indem sie nachdenklich den Blick senkte.

    Wieder sah Joe Jenkins flüchtig auf die Visitenkarte. „Sie sind Berufsphotographin, mein Fräulein?"

    Inge Birkelund blickte auf und machte eine zustimmende Bewegung. „Ich habe ein kleines Atelier in der Tordenskjoldsgade."

    „Tordenskjoldsgade, wiederholte der Detektiv sinnend, „die ist, wenn ich nicht irre, ganz hier in der Nähe, am Kongens Nytorv?

    „Sie verbindet die City mit dem Hafen. Ich habe mich erst vor kurzem selbständig gemacht; es ist ein glücklicher Zufall, daß ich dies Atelier gefunden habe. Es liegt im vierten Stock, aber ich habe Fahrstuhl. Die Miete, die ich zahle, ist verhältnismäßig bescheiden — gleichwohl bin ich hier ganz in der Nähe des hauptstädtischen Verkehrs. Ich bin erst seit einem Vierteljahr selbständig; daher werden Sie sich denken können, daß die Aufträge noch recht spärlich fließen. Eine jede neue Bestellung bedeutet für mich immer ein kleines Fest."

    „Sehr begreiflich, stimmte Joe Jenkins zu. „Und ich vermute: eine derartige Bestellung ist der Grund, der Sie zu mir führt?

    Die junge Dame sah den Amerikaner einen Augenblick schweigend an. Dann sagte sie langsam, indem sie tief Atem schöpfte:

    „Ja, Mr. Jenkins. Eine Bestellung ist in der Tat der Grund. Eine Bestellung, die ich heute morgen erhalten habe und die mir mehr und mehr in einem unbegreiflichen — ja, ich möchte fast sagen: in einem unheimlichen Licht erscheint."

    „Es kam also, wenn ich recht vermute, heute Vormittag jemand zu Ihnen ins Atelier, um sich photographieren zu lassen?"

    „Nein. Es handelte sich um eine Freiaufnahme."

    „… die Sie also, wie ich höre, so in Aufregung gebracht hat. Ist der Gegenstand der Aufnahme ein so seltsamer?"

    „Im Gegenteil. Er ist denkbarst alltäglich."

    „Nun also …?"

    „Es sind die Begleitumstände, die mich befremden — die mich in Angst versetzen."

    „Bitte erzählen Sie."

    Die junge Dame warf einen Blick in der Runde.

    „Wir sind allein", sagte der Detektiv.

    „Es war heute morgen um halb zehn, als ein Herr zu mir kam und mich fragte, ob ich bereit sei, eine Freiaufnahme unter seiner Leitung zu machen. Es handle sich um eine scherzhafte Amateuraufnahme, und er müsse zur Bedingung machen, daß ich einen ganz kleinen Apparat benutze, so daß die zu Photographierenden die Aufnahme gar nicht gewahr würden. Ich erklärte dem Herrn, daß ich einen solchen Apparat nicht besitze."

    „Das habe ich mir ungefähr gedacht, sagte er lachend und zog aus seinem Paletot einen Kodak, den ich auf den ersten Blick als einen sehr teuren und kostbaren Apparat erkannte. Die Kamera war so klein, daß man sie bequem in ein Handtäschchen stecken konnte. „Wir werden das Bild eben nachher vergrößern, erklärte er, „das ist sehr einfach. Die Hauptsache ist, daß die Diskretion gewahrt bleibt, damit der Scherz nicht mißlingt. — — Ich muß Sie etwa für einen halben Tag in Anspruch nehmen, fuhr er fort. „Was verlangen Sie für diese Zeit?

    „Fünfzig Kronen", sagte ich.

    Mein Besucher lächelte. Dann gab er mir zur Antwort: „Sie sind zu bescheiden, mein Fräulein."

    Also kurz und gut, wir einigten uns auf Dreihundert Kronen. „Ich wünsche gute Arbeit und zahle guten Preis, erklärte mein Besucher. Und ich — nun, ich hatte keinen Grund, darüber böse zu sein.

    „Natürlich nicht. Nannte der Herr seinen Namen?"

    „Nein. ‚Die Hauptsache ist‘, so erklärte er, ‚daß Sie genügend Zeit mitbringen, um einige Stunden mit mir warten zu können. Denn ich kann Ihnen nicht genau sagen, wann die Aufnahme stattfinden wird. Wollen Sie die Güte haben, sich sofort anzukleiden und mit mir zu kommen? Mein Wagen hält unten. Und damit Sie nicht etwa ein Risiko fürchten: hier sind Hundert Kronen als Anzahlung.‘"

    Mir schwindelte es ordentlich im Kopf. Das war ein Glücksfall, wie ich ihn bei meiner kurzen Praxis nie zu erhoffen gewagt hätte! Ich nahm schleunigst Hut und Mantel, und fünf Minuten später saßen wir beide in einem Auto, das vor der Tür gewartet hatte.

    Die Fahrt ging durch den Westen von Kopenhagen, am Oerestedspark vorüber nach der Vorstadt St. Jörgens. Hier, an einem kleinen Wäldchen, gegenüber der Danebrogsgade, hielt das Auto. Mein Begleiter drückte auf den Ball: ‚Hier wollen wir warten‘ und ließ das Fenster herunter.

    Die Danebrogsgade war um diese Morgenstunde durchflutet von wimmelndem Geschäftsverkehr, erfüllt vom ohrenbetäubenden Lärm der Ausrufer und der Karrenhändler. Ich warf einen Blick auf mein Gegenüber. Mein generöser Kunde saß ruhig auf seinem Platze und blickte gleichmütig auf das Treiben vor uns. Man sah, daß ihn das alles nicht interessierte.

    Die Zeit verstrich unendlich langsam. In der Nähe ist die Matheuskirche; ich hörte jede Viertelstunde schlagen. Allmählich wurde ich müde und hungrig. Aber auch daran hatte mein Besucher gedacht. Er zog eine große Rolle Schokolade aus der Tasche und bot mir von den staniolumwickelten Talerstücken soviel an, wie ich wollte. „Nehmen Sie nur, das vertreibt den Hunger und erhält frisch und munter."

    Plötzlich, es mochte fast zwölf Uhr sein, sah ich, wie er zusammenzuckte. Ich folgte der Richtung seines Blickes, aber ich konnte beim besten Willen nichts besonderes entdecken — höchstens, daß ein paar Leute in den Häusern aus- und eingingen, die er unverwandt anzustarren schien.

    Wieder verging eine lange Zeit, während der sich nichts ereignete.

    Zwei Karrenhändler erschienen aus entgegengesetzten Richtungen und faßten, uns gerade gegenüber, Posto, just vor einem der Häuser, die mein Begleiter so gespannt betrachtete. Und wieder sah ich etwas Seltsames: in dem Augenblick, da er der Karrenhändler, die große Berge von Äpfeln auf ihren Wagen hatten, ansichtig wurde, bemerkte ich, daß er einen unruhigen Blick zu mir hinüberwarf. Die beiden Verkäufer fingen an, ihre Waren auszurufen, um die Vorübergehenden anzulocken. Hin und wieder blieb einer stehen. Bald bei diesem, bald bei jenem, um ein paar Äpfel zu kaufen. Sei es nun, daß der eine von ihnen eine größere Lungenkraft entwickeln mochte als der andere, sei es, daß das Aussehen seiner Waren überzeugender war: kurz und gut, der eine mochte wohl Grund haben, auf den anderen wütend zu sein — denn plötzlich lagen sich die beiden in den Haaren, wobei sie sich gegenseitig mit einem unglaublichen Stimmenaufwand anschrien. Ein paar Leute blieben stehen, teils amüsiert, teils ängstlich. Die beiden wälzten sich raufend auf dem Trottoir und boxten sich nach allen Regeln der Kunst. Fenster wurden aufgerissen. Amüsierte Gesichter blickten hinunter. Zurufe schwirrten durch die Luft. Endlich, nachdem die beiden ihre „Aussprache" für erledigt halten mochten, gingen sie wieder, als ob nichts geschehen wäre, an ihre Karren, um weiter zu verkaufen.

    Wir beide, mein Gegenüber und ich, beobachteten diese Szene mit einem begreiflichen Interesse. Plötzlich berührte mich mein Nachbar am Arm und sagte halblaut mit einer Stimme, deren Zittern ich deutlich spürte:

    „Stellen Sie Ihren Apparat ein und halten Sie sich bereit."

    Ich zuckte halb erschreckt, halb verwundert zusammen und tat wie mir befohlen war: ich schätzte die Helligkeit des Lichtes ab, um die Irisblende entsprechend einzustellen; dann blickte ich fragend auf meinen Auftraggeber — denn ich wußte vorläufig gar nicht, wohin ich den Apparat zu richten hatte.

    „Nehmen Sie jenes Haus ins Objektiv, murmelte er, „so daß die beiden Karrenhändler mit auf das Bild gelangen.

    Ich nickte, denn nun erkannte ich deutlich den scherzhaften Zweck unserer Expedition — das Bild sollte wohl eine komische Type aus dem Volksleben werden. So saß ich schweigend, immer den Gummiball in der Hand, als plötzlich zu meinem Erstaunen die beiden Karrenhändler, ohne daß ich hätte sagen können, warum, sich wieder in den Haaren lagen. Diesmal schrien sie sich zwar nicht an, dafür prügelten sie sich aber um so heftiger. Niemand wagte, dazwischen zu treten, als plötzlich ein Herr aus dem Hause trat, auf das ich meinen Apparat gerichtet hatte, und auf die beiden Männer zuging, sichtlich in der Absicht, den Schiedsrichter zu spielen.

    „Los! kommandierte mein Kunde in diesem Augenblick, „die Drei müssen auf die Platte.

    Ich drückte auf den Ball — die Aufnahme war gemacht.

    Fast im selben Augenblick gab mein Auftraggeber dem Chauffeur das Zeichen durch den pneumatischen Apparat, und a tempo sausten wir davon. Ich beugte mich ein wenig aus dem Fenster und konnte noch konstatieren, daß der Fremde sein Schiedsrichteramt mit bewundernswürdiger Schnelligkeit ausgeübt hatte: die beiden Karrenhändler hatten einander den Rücken gedreht und schickten sich an, abzuziehen. Der Herr selbst war verschwunden — er mochte vielleicht in jenen Wagen gestiegen sein, der dort drüben gestanden hatte und der nun in rasender Fahrt zur Stadt fuhr — in der gleichen Richtung wie wir, kaum zweihundert Schritt hinter uns. Wieder drückte mein Nachbar auf den Signalball: der Chauffeur schaltete die letzte Geschwindigkeit ein, und wir sausten in einem Tempo durch die Vesterbrogade, daß der Wagen hin und herschleuderte, so daß ich ein paarmal fürchtete, wir würden umwerfen.

    Mein Begleiter hatte während der ganzen Zeit die Hände in den Taschen gehabt. Jetzt zog er die Linke aus dem Paletot und nahm behutsam die Kassette mit der Platte aus dem Apparat, indem er sie mir hinüberreichte. Dabei warf ich einen erstaunten Blick auf seinen rechten Arm, und erst jetzt erkannte ich, daß ihm die rechte Hand fehlte. Ein zweckloser Handschuh, der in der Tasche angenäht zu sein schien, baumelte an dem Armstumpf. Er sah meinen Blick und lächelte ein wenig. „Nun werden Sie begreifen, warum ich diese leichte Aufnahme nicht selbst gemacht habe, nickte er. „Mir fehlt die rechte Hand.

    Joe Jenkins zog ein kleines goldenes Etui aus der Westentasche und knipste es auf. „Rauchen Sie?"

    „Danke. Die junge Dame zog behutsam eine der kleinen dünnen Zigaretten aus der Dose. „Ich bemerkte noch, daß mein Begleiter mehrere Male durch die Rückscheibe sah.

    „Vielleicht spähte er nach dem andern Auto?"

    „Fast schien es mir so. Einmal glaubte ich zu hören, wie er erleichtert aufseufzte. Ich warf einen schnellen Blick durch das kleine Fenster im Fond — von dem andern Auto war nichts mehr zu sehen. Mit einer Stimme, aus der es fast wie frische Zuversicht klang, fragte er: „Soll ich Sie nach Hause fahren, in die Tordenskjoldsgade? Ich schüttelte den Kopf. „Es ist Zeit, zum Essen zu gehen. Ich nehme meine Mahlzeiten in einem kleinen Restaurant in der Ny Adelgade.

    „Das Königliche Theater tauchte auf. Links drüben, bat ich. „Es genügt, wenn Sie die Güte haben würden, mich an der Ecke der Ny Adelgade abzusetzen.

    Das Auto stoppte auf das gegebene Zeichen. Mein Kunde öffnete den Schlag, stieg aus und half mir aus dem Wagen. Dann blickte er in die kleine Gasse hinein. „Also nicht wahr: Sie machen einen Abzug, einen einzigen — nicht mehr. Ja, allen Ernstes, um das eine muß ich Sie bitten: daß Sie nicht etwa für sich selbst — sozusagen zu Ihrem Privatvergnügen — eine zweite Kopie anfertigen. Mir liegt aus verschiedenen Gründen daran, die ich Ihnen so schnell nicht auseinanderzusetzen vermag."

    Ich war fast ein wenig gekränkt. „Mit dem besten Willen wüßte ich nicht, was mich an dieser Aufnahme so sehr interessieren könnte," sagte ich kühl.

    „Nun, nun, lenkte er begütigend ein und lächelte, „es wäre ja schließlich kein Verbrechen. Wann kann ich mir den Abzug holen?

    „In drei Stunden kann er fertig sein."

    Er blickte auf die Uhr. „Nun, sagen wir: ich werde heute abend punkt neun Uhr bei Ihnen sein."

    „Dann stieg er in das Auto und sauste in der Richtung nach der Bredgade davon.

    Das kleine Restaurant in der Ny Adelgade, in dem ich zu essen pflege, gehört zum Klubhaus des Vereins der dänischen Photographen, dessen Mitglied ich bin. Ich esse dort gut und billig, und außerdem habe ich Gesellschaft: denn es verkehren ausschließlich Berufsgenossen dort, Leute, die ich kenne und mit denen mich gemeinschaftliche Interessen verbinden."

    Der Amerikaner nickte: „Und nun ereignete sich etwas, was Ihnen dieses harmlose Erlebnis plötzlich in einem andern Lichte erscheinen ließ?"

    Die junge Dame senkte den Kopf. „Ja, Mr. Jenkins."

    „Wollen Sie nicht endlich anzünden? schlug der Detektiv lächelnd vor; „es spricht sich besser bei einer dampfenden Queen — und vor allem: ruhiger.

    „Ich danke sehr." Die junge Dame tat ein paar hastige Züge und nahm die Zigarette im nächsten Moment wieder zwischen die Finger.

    „Der Raum war, wie immer um diese Zeit, überfüllt. Ich ging suchend durch die Reihen, begrüßte hier und dort einen Bekannten und fand endlich an einem Tischchen Platz, an dem zwei Kollegen saßen. Der eine von ihnen war beim Dessert, der andere las bereits eifrig die „Politiken". Den ersteren kannte ich flüchtig — den anderen gar nicht. Der Kellner erschien; ich suchte mir ein paar Leckerbissen aus und bestellte obendrein zur Feier des Tages eine Flasche Wein.

    Mein Bekannter, der manchmal beobachtet hatte, wie einfach ich zu essen pflege, sah mich von der Seite an. Endlich sagte er neckend: „Nun, Fräulein Birkelund, mir scheint, Ihre Geschäfte entwickeln sich."

    Ich lachte. „Es geht, Gott sei Dank. Ich habe heute auf einen Schlag Dreihundert Kronen verdient."

    Der Herr, der die „Politiken" studierte, beugte sich plötzlich um die Zeitung herum und sah mich mit einem forschenden Blicke an, um gleich darauf seine Lektüre wieder aufzunehmen.

    „Dreihundert Kronen, wiederholte mein Bekannter. „Alle Achtung! Das war wohl eine besonders schwierige Aufnahme?

    „Durchaus nicht, gab ich lachend zur Antwort; „eine ganz einfache Geschichte: ich habe an der Danebrogsgade ein Haus photographiert, vor dem sich zwei Apfelhändler balgten.

    „Und dafür, fragte mein Bekannter erstaunt zurück, „Dreihundert Kronen?

    Plötzlich ließ der Lesende sein Zeitungsblatt fallen und starrte mir mit unverhohlener Bestürzung ins Gesicht. „Dreihundert Kronen, wiederholte er und seine Stimme zitterte, „zwei Apfelhändler, die sich balgen … aber das ist ja …

    „Nun, was soll das sein?"

    „Das ist ja genau derselbe Auftrag, den ich vor drei Tagen hatte. Und genau dasselbe Honorar. Nur daß die Aufnahme nicht an der Danebrogsgade vor sich ging, sondern am Botanischen Garten."

    Nun war die Reihe sich zu wundern, an mir. Ich erzählte kurz den Verlauf des Vormittags, und fast bei jedem Worte nickte er: „Ganz so, murmelte er ein paarmal, „ganz so … ein untersetzter gutgekleideter Herr, dem die rechte Hand fehlte — ein Kodak, den er mitgebracht hatte — ein paar Stunden Wartezeit im Auto — zwei Apfelhändler, die sich balgen — ein Mann, der dazwischen tritt — in diesem Moment die Aufnahme — Hundert Kronen Anzahlung —

    „Jetzt verstehe ich, fiel ihm mein Bekannter lachend ins Wort, „Sie haben Ihre restlichen zweihundert Kronen nicht erhalten!

    „Doch, doch. Davon ist keine Rede."

    „Nun, worüber regen Sie sich da auf? Irgendein spleeniger Amateur, der auf diese Weise Zeit und Geld totschlägt."

    „Schon möglich. Aber nun kommt das Seltsamste von allem: die Platte ist mir am selben Abend durch

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