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EIN PROBLEM IN PRAG: Der Krimi-Klassiker aus Schottland!
EIN PROBLEM IN PRAG: Der Krimi-Klassiker aus Schottland!
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eBook254 Seiten3 Stunden

EIN PROBLEM IN PRAG: Der Krimi-Klassiker aus Schottland!

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Über dieses E-Book

Maggie Dimond, eine attraktive, rothaarige Witwe, scheint zu plötzlichem Reichtum gekommen zu sein, was ihren Vorgesetzten im Finanzamt von Edinburgh sehr verdächtig vorkommt. Außerdem reist sie auffallend häufig nach Prag.

Grund genug, Jonathan Gaunt, einen Ermittler des schottischen Schatzamtes, auf ihre Fährte zu setzen...

Der Roman Ein Problem in Prag von Bill Knox (* 1928 in Glasgow; † März 1999) erschien erstmals im Jahr 1981; eine deutsche Erstveröffentlichung erfolgte 1982.

Der Apex-Verlag veröffentlicht eine durchgesehene Neuausgabe dieses Klassikers der Kriminal-Literatur in seiner Reihe APEX CRIME.

SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum22. Sept. 2020
ISBN9783748758303
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    Buchvorschau

    EIN PROBLEM IN PRAG - Bill Knox

    Das Buch

    Maggie Dimond, eine attraktive, rothaarige Witwe, scheint zu plötzlichem Reichtum gekommen zu sein, was ihren Vorgesetzten im Finanzamt von Edinburgh sehr verdächtig vorkommt. Außerdem reist sie auffallend häufig nach Prag.

    Grund genug, Jonathan Gaunt, einen Ermittler des schottischen Schatzamtes, auf ihre Fährte zu setzen...

    Der Roman Ein Problem in Prag von Bill Knox (* 1928 in Glasgow; † März 1999) erschien erstmals im Jahr 1981; eine deutsche Erstveröffentlichung erfolgte 1982.

    Der Apex-Verlag veröffentlicht eine durchgesehene Neuausgabe dieses Klassikers der Kriminal-Literatur in seiner Reihe APEX CRIME.

    EIN PROBLEM IN PRAG

    Für Craig

      Erstes Kapitel

    Der Tag versprach, annehmbar zu werden oder ließ sich jedenfalls so an.

    Edinburgh war im Schein der Morgensonne erwacht. Der Himmel war klar. Die letzten Spuren des Nachtnebels waren von den grauen Dächern der schottischen Hauptstadt fast verschwunden - hoch über dem gewohnten Verkehrsstau in der Princes Street. Von Edinburgh Castle konnte man weit über mehrere Grafschaften hinwegblicken.

    Wenigstens würde es nicht regnen.

    Am Leith Walk wurde ein Betrunkener mit einem Tritt aus einem Hauseingang befördert, wo er die Nacht verbracht hatte. In der Lothian Road überfielen zwei Halbwüchsige mit Spielzeugpistolen und einem echten Fleischermesser ein kleines Postamt. In einem Hotelzimmer in der Princes Street hatte ein fütterndes Paar aus Kanada seinen ersten richtigen Streit. Am Waverley-Bahnhof war ein Geistlicher beim Besteigen seines Zuges dem Herzinfarkt nahe.

    Jonathan Gaunt schlenderte durch die Parkanlage von Princes Street Gardens, die Hände in den Taschen seiner alten Lammfelljacke. Er war auf dem Weg zur Arbeit und einigermaßen mit sich zufrieden. Obwohl der Park mitten im Stadtzentrum lag, drang der Verkehrslärm nur gedämpft an sein Ohr; er konnte sogar Vögel zwitschern hören. Die Bäume setzten frisches Grün an, und die ersten Frühlingsnarzissen begannen zu sprießen.

    Zwei Mädchen, außer ihm die einzigen Menschen hier, waren ein Stück vor ihm stehengeblieben. Sie trugen Jeans, dicke Wollpullover und derbe Stiefel. Die eine hatte blonde, kurze Haare und fotografierte das Schottisch-Amerikanische Kriegerdenkmal. Die andere hatte lange, schwarze Haare, sah gut aus und trug eine Schultertasche, auf deren Klappe eine kleine dänische Flagge aufgenäht war.

    Gaunt blieb stehen und wartete, bis der Kameraverschluss geklickt hatte, bevor er weiterging. Das Mädchen mit der Schultertasche murmelte ein Dankeswort.

    Er zwinkerte ihr zu. Sie lächelte und sah ihm versonnen nach, als Gaunt die Stufen hinaufstieg, die zur Princes Street führten. Männer wie der konnten einem schon gefallen, dachte sie. Aber keine Frau - zumindest keine Dänin - hätte ihn mit einer solchen Lammfelljacke auf die Straße gelassen, eine Schulternaht geplatzt und klaffend. Er entschwand ihrem Blick. Sie drehte sich wieder zu ihrer Freundin herum.

    Die Princes Street von Edinburgh, das sind Kaufhäuser, Gedrängel von Einkaufslustigen und gelegentlich ein Umzug. Die George Street, eine Parallelstraße dahinter, gilt als vornehme Geschäftsadresse. Ihre viktorianischen Häuser versuchen so zu wirken als stammten sie aus der Zeit König Georges. Sie blicken auf das schlimmste Parkchaos Westeuropas.

    Die unvermeidlichen Kampfgruppen blau-uniformierter Polizeihostessen statteten die Fahrzeuge mit Strafzetteln aus, während Gaunt vorbeiging. Der Anblick rief in seinen schwermütigen, graugrünen Augen ein spöttisches Funkeln hervor.

    Er war ein hochgewachsener Mann, kräftig gebaut, Anfang Dreißig, mit blonden, widerspenstigen Haaren und hagerem Gesicht. Unter der Lammfelljacke trug er einen leichten Sportanzug aus Tweed zu einem ausgebleichten blauen Hemd und einer dunkleren Strickkrawatte von gleicher Farbe. Seine Schuhe im Mokassin-Stil waren schon abgetragen. Vor allem seit den letzten zwei Wochen, nachdem er sein Auto verkauft hatte und auf Stadtbusse und seine eigenen zwei Füße angewiesen war. Aber als Fußgänger bekam man wenigstens keine gebührenpflichtigen Verwarnungen wegen Falschparkens.

    Vorübergehend, wenn auch nicht zum ersten Mal, hatte Jonathan Gaunt finanzielle Probleme. Bis zum nächsten Gehaltsscheck konnte er sich an sein überzogenes Bankkonto nicht heranwagen.

    Das Unheil war aus der Welt der Aktien und anderer Wertpapiere hereingebrochen, in der er gewöhnlich mit seinem Taschengeld zu spielen pflegte. Eine kleine Baufirma, die über Nacht hätte aufblühen sollen, war Knall auf Fall in Konkurs gegangen; die neue Adresse des Firmeninhabers lautete: »Postlagernd Südamerika«.

    Es war ein großes Gebäude, in dem mehrere Staatsbehörden untergebracht waren. Gaunt arbeitete für den Queen’s and Lord Treasurer’s Remembrancer, im zweiten Stock. Als er durch die Halle zur breiten Aufgangtreppe marschierte, fing in ein uniformierter Beamter ab.

    »Suchen Sie schon ein neues Auto, Mr. Gaunt?«, fragte der Mann beiläufig.

    »Bald«, gab Gaunt hoffnungsfroh zurück. »Ich trage mich bereits mit dem Gedanken.«

    »Fein.« Der Mann war schon älter und trug eine Doppelreihe Ordensbänder aus dem Zweiten Weltkrieg zur Schau. Er senkte die Stimme.

    »Ein Schwager von mir ist im Gebrauchtwagenhandel. Komischer Kauz, ist mir aber verpflichtet. Also...«

    »Ich gebe Ihnen Bescheid«, versprach Gaunt.

    Er stieg die Treppe zu seiner Dienststelle hinauf, ging durch das bescheiden eingerichtete Zentralbüro, wo man noch dabei war, die Schutzhauben von den Schreibmaschinen zu nehmen, und erreichte sein Zimmer. Es war nicht viel mehr als eine Kabine mit Schreibtisch, Stuhl und Aktenschrank. Aber als Prüfer im Außendienst war er nicht so oft da, dass er mehr gebraucht hätte.

    Gaunt zog die Jacke aus, warf sie auf den Aktenschrank, ließ sich in seinen Sessel fallen und gähnte. Vielleicht sollten vierunddreißigjährige Beamte nicht um drei Uhr morgens wach sein und Schmerztabletten nehmen. Aber es gab davon auch nicht sehr viele, die für ein gebrochenes Rückgrat, das nie ganz heilen würde, eine Invalidenrente von der Armee bezogen.

    Er starrte düster auf seinen Schreibtisch. Dort lagen zwei Akten, beide nicht eilig. Vielleicht keine schlechte Idee, John Milton anzurufen, seinen Börsenmakler und - einmal in der Woche - Pokerpartner. Milton war ein so vorsichtiger Mensch, dass ihm ein Blatt mit vier Damen als riskant erschien. Aber sogar Milton hatte nur unbedeutende Einwände gegen seinen Entschluss erhoben, die Cayward-Anteile zur Spekulation zu kaufen. Nur, wenn ein Unternehmen zusammenbrach, ließ sich eben kein Profit daraus schlagen.

    Gaunt streckte die Hand nach dem Telefon aus. Es schrillte. Er starrte es verblüfft an, fluchte halblaut, als das Läuten nicht aufhörte, und nahm den Hörer ab.

    »Jonny?« Die Frauenstimme am anderen Ende der Leitung erwartete keine Antwort. »Er verlangt Sie. Kommen Sie gleich rüber.«

    Das war alles. Gaunt warf den Hörer auf die Gabel, stand auf und ging ins Zentralbüro hinaus. Er sah den Volontär Pulverkaffee in Tassen löffeln.

    »Für mich nicht«, sagte er. »Vielleicht später.«

    Ein Ruf von Henry Falconer, dem Verwaltungschef, durfte zu keiner Zeit missachtet werden. Aber wenn er gar durch seine Sekretärin erfolgte, entsprach er einem Befehl. Sie hieß Hannah, und Gaunt wusste aus Erfahrung, dass es nichts Gutes verhieß, wenn sie ihn »Jonny« nannte.

    Hannah, eine wohlgebaute Brünette, saß an ihrem Schreibtisch, als er Falconers Vorzimmer betrat. Sie hob den Kopf und zeigte ein passend distanziertes Lächeln.

    »Sie müssen warten.« Es klang ein wenig verärgert. »Er telefoniert - seine Frau hat eben angerufen.«

    »Das wird seine Laune nicht gerade heben.« Er stellte sich Falconers Frau mit Reitstiefeln und einer Peitsche vor. Er war ihr zwar nur zweimal begegnet, aber zu ihr hätte das gepasst. »Wie steht es bei Ihnen, Hannah? Nach wie vor Besuche in der Klinik?«

    »Ja.« Sie zögerte leicht errötend. »Warum?«

    »Wollte nur wissen, wie es der Bekannten geht«, meinte Gaunt sanft.

    Einmal in der Woche verlängerte Hannah ihre Mittagspause beträchtlich, um den angeblichen Krankenbesuch abzustatten. Fast jedes Mal verschwand dann auch Henry Falconer unter dem Vorwand, an einer Sitzung teilnehmen zu müssen. Was immer da vorging, ob sie mehr taten, als in irgendeinem Restaurant beim Mittagstisch Händchen zu halten - Gaunt sagte sich, dass ihn das nichts anging.

    »Meine Bekannte ist immer noch krank. Bis jetzt keine Besserung«, sagte Hannah defensiv. »Aber ich arbeite die versäumte Zeit stets rein.«

    »Ich bin sicher, dass Henry das zu schätzen weiß.«

    Ihre Miene erstarrte. Sie beugte sich über ihren Schreibtisch.

    An der Wand gegenüber hing ein gerahmtes Foto von Königin Elisabeth, Eigentum des Staates. Da Gaunt nichts Besseres zu tun hatte, betrachtete er das mit Weichzeichner bearbeitete Bild mit einem ironischen Lächeln. Aus Elisabeth II. von England wurde, sobald sie die Grenze überschritt, automatisch Elisabeth I. von Schottland. Zu Beginn ihrer Regierungszeit hatten fanatische schottische Nationalisten entweder protestierend auf geheult oder Bomben gelegt, wenn irgendwo das Monogramm E. II. R. auftauchte.

    Schottland war sehr empfindlich, was den nationalen Status innerhalb des Vereinigten Königreichs anging. Das war einer der Gründe dafür, warum es das uralte Amt des Queen’s and Lord Treasurer’s Remembrancers noch gab, dessen Ursprung ins Mittelalter zurückdatierte.

    Die ersten Remembrancer waren Kammerdiener der frühen schottischen Könige und Königinnen gewesen und hatten sie überallhin begleitet. Ihre Aufgabe war es, ihren Herrscher an bestimmte Dinge zu erinnern, falls es nicht klüger war, sie zu vergessen - eine Mischung aus wandelndem Notizbuch und königlichem Gewissen.

    Im Lauf der Jahrhunderte hatte die Rolle des Remembrancers nicht nur die politische Vereinigung Schottlands mit England überlebt, sondern sich weiterentwickelt und immer mehr Einfluss gewonnen.

    Gaunt wollte sich eine Zigarette anzünden, erinnerte sich daran, dass er Nichtraucher zu werden versuchte, und überlegte stattdessen, was Falconer wohl diesmal von ihm wollte. Falconer unterstand dem Remembrancer direkt, also musste man mit allem rechnen.

    »Er ist frei«, sagte Hannah plötzlich. An ihrem Schreibtisch war ein Lämpchen aufgeflammt.

    »Gut.« Gaunt zögerte noch einen Augenblick. »Worum geht es?«

    Sie schüttelte den Kopf, aber in ihren Augen glaubte er einen Anflug von Mitgefühl zu erkennen. Das verhieß nichts Gutes.

    Gaunt betrat das Arbeitszimmer. Henry Falconer stand am Fenster und schaute in die Sonne hinaus, drehte sich aber herum, als er hereinkam.

    »Guten Morgen«, sagte Gaunt heiter.

    »Er ist - wirklich schön.« Falconer nickte leutselig. Er war ein stark gebauter Mann mit breitem Gesicht. Im dunklen Geschäftsanzug, mit weißem Hemd und Krawatte, stand er vom Fenster eingerahmt wie ein europäisierter Buddha. »Schließen Sie die Tür und setzen Sie sich. Ich habe einen Auftrag für Sie.«

    Vor dem Schreibtisch stand ein Besucherstuhl. Gaunt ließ sich nieder und wartete.

    »Äh - haben Sie sich schon nach einem neuen Auto umgesehen?«, fragte Falconer ganz in der Art eines Mannes, der eine sorgfältig eingeübte Freundlichkeit anbringen möchte.

    »Bis jetzt noch nicht, Henry.« Gaunt lächelte schief. Er hatte zu Falconer eine normale, wenn auch gelegentlich stürmische Beziehung. Der Chef hatte seine Fehler, aber er war tüchtig - und außerdem wusste er über Gaunt mehr als die meisten Leute. »Vielleicht macht mir das Laufen eines Tages sogar noch Spaß.«

    »Vielleicht sehen Sie sich das nächstemal vor.« Falconer blieb jovial. »Investieren? Bei Ihrem Glück sitzen wir alle in der Patsche, falls Sie jemals Staatsanleihen erwerben.«

    Er ging durch den großen, behaglich eingerichteten Raum. Das eine oder andere Stück gehörte Falconer persönlich, einschließlich einer alten Standuhr, die seine Frau zu Hause nicht duldete. Er blieb an der Uhr stehen, lauschte kurze Zeit ihrem lauten Ticken und setzte sich dann an den Schreibtisch.

    »Also.« Vor ihm lag ein einzelner grüner Aktenhefter. Falconer schob ihn hin und her. »Diese Sache hat der, äh, Remembrancer persönlich an sich gezogen.«

    Gaunt nickte. Das konnte alles Mögliche bedeuten. Heutzutage war der Remembrancer ein hoher Staatsbeamter und meistens mit den wichtigsten Dingen befasst. Er mochte zwar nach wie vor für die Sicherheit der schottischen Kronjuwelen in ihrer elektronischen Festung in der Burg von Edinburgh verantwortlich sein, aber er war auch Generalzahlmeister aller Regierungsbehörden nördlich der Grenze. Er war zuständig für das Handelsregister, für Vermögen, die an den Fiskus fielen, für das, was zurückhaltend »Vertrauliches« genannt wurde, für die Rechnungsprüfung der schottischen Gerichte. In manchen Fällen besaß er eigene Gerichtsbarkeit. Er konnte seine Nase in praktisch alles stecken.

    »Fällt in unsere Zuständigkeit.« Falconer verstummte kurz, die Hände ineinander verflochten, und ließ die Fingergelenke knacken. »Wir haben keine Wahl.«

    »Henry, fangen Sie schon an«, sagte Gaunt halblaut. »Führen Sie sich nicht auf wie ein neurotischer Geier.«

    »Kaffee«, sagte Falconer hastig. Er drückte auf eine Taste seines Wechselsprechgeräts und sprach kurz mit Hannah. Dann sah er Gaunt wieder an. »Kennen Sie die Höchststrafe für Steuerhinterziehung?«

    »Der Galgen?« Gaunt versuchte die Erinnerung an seine letzte Steuererklärung zu unterdrücken.

    »Bleiben Sie ernst«, sagte Falconer aufgebracht. »Eine Geldbuße vom Dreifachen der fälligen Steuer, und eine längere Haftstrafe dazu.« Er zog die Brauen zusammen. »Nun gut, niemand zahlt gern Steuern. Einer Besteuerung möglichst aus dem Weg zu gehen, ist legal und entspricht gesundem Menschenverstand. Aber Steuerhinterziehung ist Betrug, eine Straftat - und wir anderen müssen für den Fehlbetrag aufkommen. Steuerzahler sein, heißt - nun, einer Art Club anzugehören.«

    »Nur darf man nicht austreten«, murmelte Gaunt.

    »Sehr komisch.« Falconer klappte die Akte so auf, dass der Hefter auf den Schreibtisch klatschte. »Mal sehen, ob Sie das auch belustigt. Wir sind mit einem Fall von Steuerhinterziehung befasst, mit einem üblen. Sie fliegen morgen nach Prag.«

    »Wohin?« Gaunt glotzte ihn an.

    »Nach Prag. Das ist in der Tschechoslowakei - falls die Roten da nichts geändert haben.« Falconer zeigte kurz seine hämische Freude über Gaunts Reaktion und fasste sich wieder. »Im Vertrauen, der Remembrancer ist nicht erbaut. Ich auch nicht. Und...«

    »Und schon sind wir zu dritt«, sagte Gaunt grimmig.

    »Aber nicht zu ändern.« Falconer wies auf die Akte. »Das Steueramt hat einen Sünder in den eigenen Reihen.«

    »Verstehe.« Gaunt atmete tief ein.

    Auf einmal war alles gleichzeitig klarer und komplizierter. Im Gegensatz zur herrschenden Ansicht waren auch Steuereinnehmer Menschen. Sie mussten wie jeder andere Mensch Steuern zahlen. Und da sie Menschen waren - Gaunt zog kurz die Schultern hoch. Das Finanzamt wollte nicht selbst die Wachhunde auf den Sünder ansetzen. Das sollte von hier aus geschehen.

    »Wer ist der Mann?«, fragte er resigniert.

    »Es ist eine Sie, kein Er«, sagte Falconer verdrießlich. »Margaret Ann Dimond, verwitwet, Anfang Vierzig, Verwaltungsexpertin, Zentrale eins zugeteilt. Sie hat studiert, sie ist sechzehn Jahre im Dienst, und sie steht vor der Beförderung. Oder stand davor - sie scheint mehr als sechzigtausend Pfund Sterling angesammelt und nicht versteuert zu haben. Das alles in den letzten zwei Jahren.«

    »Gut gemacht, Margaret«, sagte Gaunt leise.

    »Bei ihren Freunden heißt sie Maggie«, knurrte Falconer. »Und die nächste Frage können Sie sich sparen. Ihr sind keine begüterten Verwandten weggestorben.«

    »Wenn Sie das sagen. Aber was, zum Teufel, hat Prag damit zu tun?« Gaunt unterbrach sich, als ein Verdacht in ihm aufstieg. »Hören Sie, Henry, ich bin keiner, der Spione fängt. Kommt nicht in Frage.«

    »Einverstanden.« Falconer hob beschwichtigend beide Hände. »Prag deshalb, weil sie da hin und her saust wie ein Weberschiffchen. Wir sind aber, äh, unterrichtet worden, dass Sicherheitsfragen nicht tangiert sind.«

    »Wer sagt das?«

    »Die üblichen Leute«, gab Falconer achselzuckend zurück.

    »So, so«, Gaunt seufzte. »Bei deren Erfolgsbilanz ist das kein Trost. Und was hat Prag exakt damit zu tun?«

    »Steht alles hier.« Falconer tippte mit dem Finger auf die Akte. »Das erstemal ist sie vor zwei Jahren hingefahren, Pauschalreise. Was da auch passiert sein mag, ungefähr zwei Monate nach ihrer Rückkehr gab sie eine Mietwohnung auf und kaufte sich ein kleines Landhaus. Bar auf den Tisch gezahlt - aber den Arbeitskollegen erzählte sie, es sei nur gemietet.«

    »Sehr vorsichtig«, murmelte Gaunt. »Ist ein Bankkonto vorhanden?«

    »Auf ihren Namen nur eines, von dem wir wissen. Es hat den Gehaltsscheck jeden Monat nötig wie eine Bluttransfusion«, erwiderte Falconer freudlos. Wieder klopfte er auf den Aktenhefter. »Sie gehört zum Finanzamt und kennt sich aus. Bis jetzt hat unsere Mrs. Dimond sechs Reisen nach Prag unternommen. Stets mit einer Reisegruppe, stets während ihres Jahresurlaubs - und hinterher scheint sie stets wieder bei Kasse zu sein.«

    »Ohne das aber zu zeigen?« Gaunts Interesse war trotz seiner Vorbehalte geweckt. »So, als hätte sie einen Baum gefunden, an dem das Geld wächst?«

    »Offenbar«, sagte Falconer spöttisch. »Egal, was sie macht, sie bezahlt stets alles bar und hält sich im Dienst bedeckt.«

    »Vernünftig«, meinte Gaunt gelassen. »Wie sind wir dahintergekommen?«

    »Ein anonymer Anruf.« Falconer verzog den Mund. »Direkt bei uns. Offensichtlich schätzt irgendjemand die Dame nicht.«

    »Jemand, der weiß, dass interne Dinge beim Finanzamt von uns erledigt werden.« Gaunt saugte an den Zähnen. »Ich möchte meinen, dass dieser Jemand ein Kollege ist. Männerstimme?«

    Falconer nickte.

    »Und sie steht zur Beförderung an. Dann haben wir es also mit einem neidischen Finanzbeamten zu tun, der etwas gegen Frauen generell hat...«

    »Eine weibliche Ausgabe hätte ihr wahrscheinlich die Kehle durchgeschnitten«, erklärte Falconer brüsk. »Jedenfalls haben wir Leute auf den Fall angesetzt. Seit ein paar Wochen. Aber jetzt ist sie wieder unterwegs - wir haben gestern wieder einen Anruf bekommen, dieselbe Männerstimme. Die Information hat sich als richtig herausgestellt. Sie hat plötzlich Urlaub eingereicht, der ihr auch zustand.«

    »Morgen?« Gaunt zog eine Braue hoch.

    »Fährt sie. Wieder eine Pauschalreise, Dauer eine Woche. Sie haben denselben Flug ab London, dieselbe Pauschalreise, dasselbe Hotel.«

    Ein Klopfen an der Tür. Sie ging auf, und herein kam Hannah mit einem kleinen Tablett. Sie stellte eine große Tasse Kaffee vor Gaunt hin, ging um den Schreibtisch herum und brachte Falconer das Tablett. Er bekam Porzellan mit Untertasse, dazu passend Sahnekännchen und Zuckerdose. Falconer dankte ihr mit einem Lächeln, das auf

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