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DER GESCHMACK DES BEWEISES: Der Krimi-Klassiker aus Schottland!
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eBook265 Seiten3 Stunden

DER GESCHMACK DES BEWEISES: Der Krimi-Klassiker aus Schottland!

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Über dieses E-Book

Jede Ware braucht Reklame. Ob man aber mit Mord für einen guten schottischen Whisky werben kann?

Inspektor Colin Thane von der Kriminalpolizei in Glasgow sieht die Sache anders. Er hat allerdings nichts gegen Whisky, aber durchaus etwas gegen Mörder...

 

Der Roman Der Geschmack des Beweises von Bill Knox (* 1928 in Glasgow; † März 1979) erschien erstmals im Jahr 1965; eine deutsche Erstveröffentlichung erfolgte im gleichen Jahr (unter dem Titel Whisky floss in Strömen).

Der Apex-Verlag veröffentlicht eine durchgesehene Neuausgabe dieses Klassikers der Kriminal-Literatur in seiner Reihe APEX CRIME.

SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum9. Dez. 2021
ISBN9783755402497
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    Buchvorschau

    DER GESCHMACK DES BEWEISES - Bill Knox

    Das Buch

    Jede Ware braucht Reklame. Ob man aber mit Mord für einen guten schottischen Whisky werben kann?

    Inspektor Colin Thane von der Kriminalpolizei in Glasgow sieht die Sache anders. Er hat allerdings nichts gegen Whisky, aber durchaus etwas gegen Mörder...

    Der Roman Der Geschmack des Beweises von Bill Knox (* 1928 in Glasgow; † März 1979) erschien erstmals im Jahr 1965; eine deutsche Erstveröffentlichung erfolgte im gleichen Jahr (unter dem Titel Whisky floss in Strömen).

    Der Apex-Verlag veröffentlicht eine durchgesehene Neuausgabe dieses Klassikers der Kriminal-Literatur in seiner Reihe APEX CRIME.

    DER GESCHMACK DES BEWEISES

    Erstes Kapitel

    Im Flügel C des Gefängnisses von Barlinnie waren die Untersuchungsgefangenen untergebracht. Das Sprechzimmer befand sich im Erdgeschoss - ein kleiner, nackter Raum, in dem der scharfe Duft des Desinfektionsmittels gegen den schalen Geruch langer Jahre ankämpfte.

    Inspektor Colin Thane, der Chef der Kriminalaußenstelle Glasgow-Millside, stand am Fenster und beobachtete einige Gefangene, die langsam über den Hof trotteten. Als der Trupp um die Ecke verschwand, blickte Thane auf die Uhr. Er war in das alte, graue, festungsartige Gebäude am Rande von Glasgow gekommen, um mit zwei Gefangenen zu sprechen.

    Der erste war gerade in seine Zelle zurückgebracht worden. Als Geschäftsführer eines Filialbetriebs hatte er ein flottes Leben geführt - zu Lasten des Spesenkontos. Nun war er wegen Betrugs und Unterschlagung angeklagt. Er saß erst eine Woche in Untersuchungshaft, doch er wirkte gebrochen und um Jahre gealtert. Thane hätte ihn fast nicht wiedererkannt.

    Der Inspektor verspürte ein leichtes Mitleid mit ihm, doch der nächste Fall lag völlig anders. Frank Humbie war bereits fünfmal vorbestraft und ertrug den Gefängnisbetrieb mit der Gelassenheit eines Urlaubers in einem überfüllten Feriencamp.

    Am Morgen hatte die Vorführung beim Ermittlungsrichter nur eine Minute gedauert. Humbie wurde beschuldigt, am 4. Juni gemeinsam mit einer oder mehreren Personen in die Räumlichkeiten der Glen Ault Whiskylikör Company, 392 Wood Street, Millside, eingedrungen zu sein, den dort befindlichen Geldschrank mit Gewalt geöffnet und 3.000 Pfund daraus entnommen zu haben.

    Die Polizei hatte eindeutige Beweise seiner Schuld in Händen, aber Thane musste trotzdem mit dem Mann sprechen.

    Die Tür öffnete sich, der Inspektor drehte sich um.

    »Humbie, Sir.« Der Constable trat zur Seite, um den Mann im rotbraunen Kordanzug der Untersuchungsgefangenen vorbeizulassen.

    »Ich rufe Sie, wenn ich fertig bin«, sagte Thane. Er wartete, bis der Constable gegangen war und die Tür hinter sich geschlossen hatte, dann nickte er Humbie zu. »Setzen Sie sich, Frank.«

    Der Mann nahm am Tisch Platz. Thane bot ihm eine Zigarette an, Humbie zündete sie mit den eigenen Streichhölzern an.

    »Danke.« Er lehnte sich zurück. »Schon einige Jahre her, seit wir uns zuletzt gesehen haben, Mr. Thane.«

    »Fast vier Jahre«, pflichtete der Inspektor bei. Damals hatte Humbie achtzehn Monate für räuberischen Diebstahl erhalten. »Ich hatte geglaubt, Sie wären zur Vernunft gekommen.«

    »Ich?« Humbie war klein und untersetzt. Er war sechsundvierzig, hatte schütteres blondes Haar, breite, derbe Hände. Wenn er lächelte, nahm das vierschrötige Gesicht mit den kleinen Augen einen zynischen Ausdruck an. »Ich habe doch bis jetzt überhaupt noch nichts gestanden.«

    Thane seufzte, nahm sich eine Zigarette. Schweigend stand er da, und sein Gesicht zuckte ungeduldig. Er wollte hier fertig werden, um an dem Essen der Golfmannschaft des Polizeiamts Millside teilzunehmen. Im Anschluss daran fand das halbjährliche Spiel gegen die Mannschaft des Präsidiums statt. Und nun schien Humbie sich auf die Hinterbeine stellen zu wollen!

    »Na schön.« Thane zog sich einen Stuhl heran, setzte sich dem Gefangenen gegenüber an den Tisch. »Frank, Sie werden langsam leichtsinnig. Bei Ihren Vorstrafen ist es eine geradezu polizeiwidrige Dummheit, bei der eigenen Firma einzubrechen.«

    Der Fall lag verhältnismäßig einfach. An diesem Donnerstagmorgen war der Revierbeamte bei sanftem Nieselregen durch die Wood Street patrouilliert. Dabei war ihm ein Wagen begegnet, in dem zwei Männer gesessen hatten. Da nach Mitternacht in dieser Gegend nur höchst selten Autos verkehrten, hatte sich der Constable die Zulassungsnummer notiert. Wenige Minuten später hatte er das offene Fenster im ersten Stock des Bürohauses der Glen Ault Company entdeckt. Der Nachtwächter des danebenliegenden Lagerhauses hatte nichts Verdächtiges bemerkt. Der Constable hatte trotzdem mit dem Polizeiamt Millside telefoniert und auf diese Weise erfahren, dass der Wagen, den er gesehen hatte, als gestohlen vorgemerkt war. Alles Weitere verlief dann routinemäßig.

    Die Beamten der Kriminalbereitschaft, die sich daraufhin das Bürogebäude näher angesehen hatten, stellten fest, dass die Rückwand des Geldschranks aufgeschlitzt worden war. Die Männer des Erkennungsdienstes, die kurz danach eintrafen, waren nicht sonderlich überrascht, als die Werkzeugspuren am Holzrahmen des gewaltsam geöffneten Fensters nicht mit denen auf dem Sims übereinstimmten. In die dünne Rückwand des altmodischen Safes hatte man ein Loch gebohrt, das Loch dann mit einem Brecheisen erweitert. Wie erwartet, waren am Geldschrank keine Fingerspuren gefunden worden. Trotzdem suchten die Beamten weiter, denn viele Verbrecher ließen die Vorsicht außer Acht, sobald sie mit der eigentlichen Arbeit fertig waren.

    Neben dem Geldschrank hatte man im Direktionsbüro auch noch ein Schränkchen aufgebrochen, das Flaschen und Gläser enthielt. Eine geöffnete, teilweise geleerte Whiskyflasche stand daneben auf dem Fußboden. Die Flasche war abgewischt worden, doch der Flaschenverschluss, den man im Papierkorb fand, enthielt deutliche Fingerabdrücke. Man brauchte im Präsidium nicht lange zu suchen, dann hatte man herausgefunden, dass sie von Frank Humbie stammten.

    Der gestohlene Wagen war inzwischen im Norden der Stadt entdeckt worden. Steuerrad und Armaturenbrett waren sauber abgewischt. Ebenso die aufgebrochene Geldkassette, die auf dem Vordersitz lag. Aber in der Polsterung des Sitzes fand man ein Taschenmesser mit abgebrochener Klinge, und die Spuren an der Kassette verrieten eindeutig, dass sie mit diesem Messer geöffnet worden war. Der Griff bestand aus schwarzem Horn, in einem silbernen Beschlag war das Monogramm D. D. eingraviert.

    »Douglas Dalziel«, sagte Thane nachdenklich. »Sie kennen ihn, nicht wahr?«

    »Dougie, den Angestellten aus dem Büro?« Frank Humbie nickte zurückhaltend. »Er wohnt ganz in meiner Nähe. Warum?«

    »Er ist heute Morgen nicht zur Arbeit erschienen, und er ist in der vergangenen Nacht auch nicht zu Hause gewesen.« Thanes Finger trommelten ungeduldig auf den Tisch. »Frank, wir wollen keine unnötige Zeit vergeuden. Sie arbeiten als Lastwagenfahrer bei Glen Ault. Gestern Abend kamen Sie zwei Stunden zu spät von Ihrer Tour zurück - so spät, dass nur noch der Nachtwächter anwesend war, der Sie in den Hof ließ, wo die Wagen abgestellt werden.«

    »Ich hatte eine Panne«, brummte Humbie. »Kann ich etwas dafür, wenn sich der Kolben der Treibstoffpumpe festfrisst?«

    »Ach nein?«, fuhr Thane ihn an. »Der gesamte Motor ist mit einer dicken Dreckschicht bedeckt, also seit Wochen nicht mehr angerührt worden. Nein, Sie hatten jemanden im Wagen versteckt, als Sie gestern Abend auf das Firmengelände fuhren - jemanden, der einen Schlüssel besaß, mit dem er durch die Hintertür ins Büro gelangen konnte. Als es dunkel war, half er Ihnen durch das geöffnete Fenster herein.«

    Frank Humbie grinste unverschämt. »Klingt direkt überzeugend. Das Dumme ist nur, dass meine Frau beschwören kann, dass ich bereits vor elf zu Hause war.«

    »Das tut sie immer«, erwiderte Thane ungerührt. »Nein, Ihre Verurteilung bereitet mir keinen Kummer - die Fingerabdrücke genügen als Beweis vollkommen. Ich will Dalziel, und ich möchte das Geld zurück, und zwar möglichst schnell!«

    »Und dazu soll ich Ihnen Glück wünschen?«, meinte Humbie gedehnt.

    »Immer der alte Spaßvogel, wie?« Thane zuckte die Achseln. »In der vergangenen Nacht haben Sie jedenfalls Pfuscharbeit geleistet. Aber Sie haben dreitausend Pfund aus dem Safe geholt, und ich mag es gar nicht, wenn man in meinem Bezirk solche Dinger dreht.« Er fuhr sich mit dem Daumen über das Kinn. »Meine Leute haben in Ihrer Wohnung lediglich das Haushaltgeld gefunden. Das bedeutet, dass die Moneten entweder gut versteckt sind, oder dass sie Dalziel hat.«

    »Fragen Sie doch Dalziel!« Humbie starrte auf die weißgetünchte Wand.

    »Das habe ich auch vor.« Thane lächelte sarkastisch und warf seinen Köder aus. »Schade, dass Dalziel verschwunden ist, wie?« Er runzelte spöttisch die Stirn. »Ich mache Ihnen keinen Vorwurf, Frank. Es war ja keine schlechte Idee, dass er das Geld aufbewahren sollte. Er ist nicht vorbestraft, der Verdacht würde also nicht sofort auf ihn fallen - besonders, wenn Ihr Trick mit dem Fenster geklappt hätte. Wahrscheinlich entschloss er sich zur Flucht, als er entdeckte, dass er sein Taschenmesser im Wagen hatte liegenlassen.« Thane schüttelte den Kopf. »Seine Flucht war gewiss nicht geplant. Pech für Sie, Frank. Er besitzt nun dreitausend Pfund Bargeld - während Sie für mindestens drei Jahre hinter Gittern verschwinden.«

    »Wenn ich Ihnen jetzt helfe, ihn zu finden, wäre das natürlich etwas anderes?« Humbie verzog sein vierschrötiges Gesicht. »Dieses Risiko nehme ich auf mich. Ich habe nichts zu sagen.« Er schob den Stuhl zurück und stand auf, drückte die halbgerauchte Zigarette aus und steckte sie in die Tasche. »Fertig?«

    »Für den Augenblick schon.«

    Frank Humbie hämmerte gegen die Tür. Der Constable öffnete, Humbie salutierte spöttisch und verschwand.

    Sergeant Philip Moss, Thanes Assistent, hatte einen schweren Tag, aber er war es gewohnt, den Blitzableiter für die schlechte Laune anderer zu spielen. Der Magen knurrte ihm, als er von seinem Schreibtisch aufblickte.

    »Frank befindet sich auf Grund eines richterlichen Befehls in Untersuchungshaft, Mrs. Humbie. Selbst wenn ich wollte, könnte ich daran nichts ändern.«

    »Wo ist Ihr Chef, Mr. Thane?« Jean Humbie war eine schlanke, streitlustige, rothaarige Enddreißigerin. Sie saß steif auf dem Besucherstuhl, umklammerte die Handtasche auf ihrem Schoß. Das saubere, aber altmodische blaue Kostüm war ihr bestes Stück. Das kesse weiße Hütchen hatte sie in der vergangenen Woche beim Sommerschlussverkauf erstanden. Sie war wütend, und sie gab sich keine Mühe, es zu verbergen.

    »Inspektor Thane ist nicht da.« Moss musterte sie verstohlen, und die Kriminalbeamten am anderen Ende des Raums grinsten schadenfroh. »Er könnte Ihnen auch nichts anderes sagen. Leider haben wir Beweise für die Schuld Ihres Mannes, und nun muss das Ge-, rieht entscheiden.«

    »Beweise!« Sie machte eine wegwerfende Handbewegung. »Frank hat sich seit Jahren nichts zuschulden kommen lassen. Er hat mir versprochen, keine Dummheiten mehr zu machen. Ich habe ihm klipp und klar gesagt, dass sonst Schluss ist mit uns. Ich könnte es nicht mehr ertragen. Und er hat sich danach gerichtet - regelmäßige Arbeit und regelmäßiger Lohn. Seit einem reichlichen Jahr ist er jetzt bei Glen Ault.«

    »Und davor?«

    »Na ja, am Anfang war es nicht so einfach für einen Mann wie Frank. Meist nur Gelegenheitsarbeit. In seinem Alter findet man nicht mehr so leicht eine feste Anstellung.« Sie biss auf die Unterlippe. »Hören Sie: Sie behaupten, dass dieser Wagen heute Morgen gegen eins vom Büro von Glen Ault weggefahren ist, oder?«

    »Um diese Zeit wurde er von dem Revierbeamten gesehen.«

    Sie warf den Kopf zurück. »Frank war aber schon eine halbe Stunde früher zu Hause. Das kann ich beschwören.«

    »Er war also um halb eins zu Hause?« Moss lächelte nachsichtig. »Als Sergeant MacLeod Ihren Mann heute Morgen festnahm, behauptete Frank, bereits seit elf Uhr gestern Abend zu Hause gewesen zu sein. Also, sagen Sie lieber die Wahrheit, Mrs. Humbie.«

    Sie errötete. »Hm - ich habe gelogen. Ich dachte, Frank hätte tatsächlich etwas ausgefressen. Schließlich bin ich seine Frau, und da...«

    »Und eine Frau versucht natürlich, ihren Mann in Schutz zu nehmen«, beendete Moos den Satz.

    »Na, würde Ihre Frau das vielleicht nicht tun?«

    Moss schüttelte den Kopf. »Ich bin nicht verheiratet.«

    »Ach so.« Sie schien diese Tatsache durchaus nicht überraschend zu finden. »Aber es ist die reine Wahrheit: Frank kam um halb eins nach Hause - eine halbe Stunde, bevor das Auto in der Wood Street gesehen wurde. Dann kann er es doch nicht gewesen sein!«

    Moss nahm einen Bleistift und kritzelte gedankenverloren auf dem Notizblock herum. »Hat ihn noch jemand gesehen? Jemand, der Ihre Angaben bestätigen kann?«

    Zögernd schüttelte sie den Kopf.

    »Wir wissen, dass Frank erst gegen acht Uhr von seiner Tour zurückkam. Ist er danach zum Essen nach Hause gekommen?«

    »Nein. Mittwochs geht er immer gleich nach Newton zum Hunderennen.«

    »Die Rennbahn in Newton schließt aber um zehn«, gab Moss zu bedenken.

    »Lassen Sie mich doch ausreden!«, fuhr sie den Sergeant an. »Schrecklich, dass einen heutzutage niemand zu Ende reden lassen will. Als Frank nach Hause kam, erzählte er mir, dass er zwei Pfund gewonnen hätte. Anschließend hat er dann noch einen Bekannten getroffen, mit dem er ein paar gehoben hat, und weil er das Geld gewonnen hatte, trank er natürlich ein paar Glas über den Durst.« Jean Humbie lächelte schief. »Frank weiß genau, dass er mir so nicht unter die Augen treten darf, deshalb legte er den größten Teil des Weges zu Fuß zurück, um nüchtern zu werden.«

    »Hat er Ihnen gesagt, wen er getroffen hat?«

    Sie nickte. »Ja, einen gewissen Dalziel. Er arbeitet im Büro von Glen Ault.«

    Moss räusperte sich. »Wir haben bereits von ihm gehört, Mrs. Humbie.«

    »Dann werden Sie ihn nach Frank fragen?«

    »Wir suchen Dalziel schon.« Moss legte den Bleistift weg. »Seit gestern Abend hat ihn niemand mehr gesehen. Leider.«

    »Verstehe.« Die Frau wurde blass, und ihre Hände umklammerten die Handtasche noch fester. »Vielleicht war es ja dieser Dalziel und ein Unbekannter, und diese beiden haben alles so arrangiert, dass es aussieht, als wäre Frank es gewesen?« Sie musterte den Sergeant ängstlich. »Aber mein Frank ist eben vorbestraft...«

    »Das ist nicht ausschlaggebend.«

    »Ach nein!«, fuhr sie auf. »Frank war es nicht. Dafür werde ich Ihnen den Beweis bringen.«

    »Wie denn?« Moss hob beschwörend die Hände. »Mrs. Humbie, Sie kennen ja die Tatsachen nicht...«

    »Aber ich kenne Frank.« Sie stand auf, und ihre Augen blitzten hasserfüllt. Dann machte sie auf dem Absatz kehrt und rauschte aus dem Büro.

    Phil Moss blickte ihr nach. Als die Tür hinter ihr ins Schloss fiel, hörte er vom anderen Ende des Raums unterdrücktes Lachen, und er fuhr herum.

    »Was ist los? Habt ihr nichts zu tun?«

    »Äh...« Der eine Beamte schluckte schwer.

    »Dann kümmert euch gefälligst um eure Arbeit!« Eine steile Falte erschien auf seiner Stirn, dann öffnete er das oberste Schreibtischfach und rumorte in den Pillenschachteln herum. Schließlich wählte er eine weiße, rautenförmige Tablette.

    Der letzte Rest der nach Pfefferminz schmeckenden Tablette aus Aluminiumglycinat zerging gerade im Mund des Sergeant, als die Tür schwungvoll geöffnet wurde. Moss blickte auf, und sein Gesicht hellte sich etwas auf.

    »Da sind Sie ja rechtzeitig fertig geworden, Colin.«

    »Wenn ich Glück habe, komme ich gerade noch zum Spiel zurecht.« Thane nickte den beiden anderen Beamten zu, dann musterte er Moss stirnrunzelnd und grinste. »Kommen Sie mit, Phil. Und dann erzählen Sie mir, wo Sie der Schuh drückt.«

    Der Inspektor ging in sein Zimmer voran - ein bescheiden möblierter Raum, von dem aus man auf die alten Wohnhäuser von Millside und die in den Himmel ragenden Kran-Arme des Hafens blickte.

    »Schließen Sie die Tür, Phil.« Thane stülpte seinen Hut auf den Garderobenständer und trat in die kleine Kammer, die neben dem Waschbecken auch noch ein Feldbett enthielt. »Während ich mich umziehe, können Sie mir berichten.«

    Wasser plätscherte in das Waschbecken, und Moss schloss die Tür.

    »Was haben Sie in Barlinnie erreicht?«, fragte er.

    »Ich bin zufrieden.« Thane hatte Jackett und Krawatte abgelegt, rollte die Hemdsärmel auf. »Kinhorn sagt, Sie hätten recht. Die restlichen Schecks aus dem letzten Heft hat er nicht mehr verwendet. Er hat sie verbrannt.«

    »Fein.« Moss blickte aus dem Fenster. »Und was ist mit Humbie?«

    »Unser alter Freund Frank?« Thanes Stimme klang amüsiert. »Manchmal wünschte ich, wir könnten es wie beim Militär machen und einen Mann einsperren, wenn er aus Trotz schweigt. Frank rückt nicht mit der Sprache heraus. Ich habe angedeutet, dass Dalziel mit der Beute geflohen ist, und das schien ihm nicht sehr zu gefallen.« Der Inspektor plantschte im Wasser. »Fassen wir ihn noch zwei Tage in Untersuchungshaft schmoren, dann wird er seinen Mund schon auf machen.«

    »Mrs. Humbie war hier.«

    »Oh!« Das Plätschern hörte kurz auf. »Was hatte sie denn zu sagen?«

    »Eine Menge.« Moss berichtete über die Unterredung.

    »Was halten Sie davon?«, fragte Thane, während das Wasser in den Abfluss gurgelte.

    »Das Übliche. Sie versucht natürlich, ihren Mann vor dem Gefängnis zu bewahren.«

    »Nicht doch - ich meine, dass Humbie erwähnt hat, er sei mit Dalziel zusammen gewesen.«

    »Gott, damit wollte sie doch nur das Alibi ihres Mannes glaubwürdiger machen.« Moss lachte kurz auf. »Sehr plump, aber wir sollen eben glauben, dass der Einbruch von Außenstehenden verübt wurde. Das beweisen ja auch die vorgetäuschten Spuren am Fenster.«

    »Möglich. Frank Humbie war noch nie sehr helle. Hat eigentlich bei Glen Ault jemand die Whiskyflasche identifiziert?«

    »Flasche und Verschluss«, erwiderte Moss. »Anscheinend hatte der Direktor festgestellt, dass sich jemand an seinen Flaschen vergriff. Er markierte deshalb den jeweiligen Stand mit einem Strich auf dem Etikett. Außerdem hatte er sein Monogramm in den Verschluss gekratzt.«

    »Und was ist mit dem Nachtwächter, Phil?«

    »Den haben wir als ersten überprüft. Ein harmloser, ehrlicher alter Mann. Ist schon glücklich, wenn er etwas Geld für Bier und Tabak hat.«

    »So, das wär’s.« Colin Thane trat wieder ins Büro. Statt des grauen Straßenanzugs trug er jetzt ein dickes kariertes Hemd zu einer hellbraunen Hose. Er schlüpfte in das braune Tweedjackett und klopfte die Taschen ab. »Haben Sie eine Zigarette?«

    »Ja.« Moss brachte eine zerknitterte Packung zum Vorschein, zündete sich ebenfalls eine Zigarette an. »Aber noch haben wir Dalziel nicht.«

    »Dalziel - und das Geld.«

    Die beiden befreundeten Beamten bildeten ein ungleiches Paar. Thane war jünger als sein Assistent, besaß eine Frau und zwei Kinder und bewohnte am Stadtrand ein Einfamilienhaus. Er war Anfang Vierzig, reichlich einen Meter achtzig groß und kräftig gebaut. Das zerfurchte Gesicht unter dem dichten schwarzen Haar verriet meist gute Laune. Er hatte zwar ein paar Pfund Übergewicht, bewegte sich aber mit der Geschmeidigkeit eines ehemaligen Sportlers. Moss hingegen sah eher wie ein kleiner Angestellter aus. Er wies knapp die für Polizeibeamte vorgeschriebene Mindestgröße auf, war schlank und

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