Die großen Sorgen des kleinen Oskar: Sophienlust - Die nächste Generation 105 – Familienroman
Von Carina Lind
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Über dieses E-Book
Denise hat inzwischen aus Sophienlust einen fast paradiesischen Ort der Idylle geformt, aber immer wieder wird diese Heimat schenkende Einrichtung auf eine Zerreißprobe gestellt.
Diese beliebte Romanserie der großartigen Schriftstellerin Patricia Vandenberg überzeugt durch ihr klares Konzept und seine beiden Identifikationsfiguren.
Katja hatte das Gefühl, auf heißen Kohlen zu sitzen. Ihr Chef war heute eine Viertelstunde früher gegangen als gewohnt, und eigentlich hätte auch sie jetzt gehen können. Doch gerade als sie das Immobilienbüro ›Heinzen & Partner‹ verlassen wollte, kam noch ein wichtiger Kunde. Katja hatte alle Mühe, freundlich zu bleiben, als sie ihn hereinbat und sich wieder an ihren Schreibtisch setzte, um mit ihm ein Beratungsgespräch zu führen. Dabei blickte sie gelegentlich verstohlen auf ihre Uhr, deren Zeiger rückten natürlich unbarmherzig voran. Dann endlich war es so weit, der Kunde verabschiedete sich. Auch Katja konnte das Büro verlassen, um ihren Sohn in der Kita abzuholen. Als Katja quer durch Weilenberg zur Kita fuhr, musste sich sie sehr beeilen. Ihr kleiner Sohn Oskar würde seine Mama bereits voller Unruhe erwarten, das wusste Katja nur allzu gut. An der nächsten Kreuzung trat Katja so heftig auf die Bremse, dass sie quietschte. Hastig blickte sie nach links und nach rechts, dann rauschte sie mit Vehemenz um die Kurve. Danach ging es ein ganzes Stück geradeaus, dann konnte sie endlich in eine kleine Seitenstraße einbiegen, in der sich die Kita befand. Mit einem Blick erkannte Katja, dass alle Kinder schon abgeholt worden waren. Nur Oskar stand noch vor der Tür, zusammen mit Leni, einer Kindergärtnerin. Leni hielt Oskar fest an der Hand, während sie mit ihm auf Katja wartete. Leni hatte ein ziemlich missmutiges Gesicht aufgesetzt. Natürlich gefiel es ihr überhaupt nicht, wenn jemand zu spät kam. Schon gar nicht, wenn es Oskars Mutter war. Oskar war nämlich ein echtes Mamakind, das schnell anfing zu weinen, wenn seine Mama nicht pünktlich kam. Kaum war Katja aus ihrem Wagen gestiegen, da riss sich Oskar von Leni los und stürmte auf seine Mama zu.
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Buchvorschau
Die großen Sorgen des kleinen Oskar - Carina Lind
Sophienlust - Die nächste Generation
– 105 –
Die großen Sorgen des kleinen Oskar
Unveröffentlichter Roman
Carina Lind
Katja hatte das Gefühl, auf heißen Kohlen zu sitzen. Ihr Chef war heute eine Viertelstunde früher gegangen als gewohnt, und eigentlich hätte auch sie jetzt gehen können. Doch gerade als sie das Immobilienbüro ›Heinzen & Partner‹ verlassen wollte, kam noch ein wichtiger Kunde. Katja hatte alle Mühe, freundlich zu bleiben, als sie ihn hereinbat und sich wieder an ihren Schreibtisch setzte, um mit ihm ein Beratungsgespräch zu führen. Dabei blickte sie gelegentlich verstohlen auf ihre Uhr, deren Zeiger rückten natürlich unbarmherzig voran.
Dann endlich war es so weit, der Kunde verabschiedete sich. Auch Katja konnte das Büro verlassen, um ihren Sohn in der Kita abzuholen. Als Katja quer durch Weilenberg zur Kita fuhr, musste sich sie sehr beeilen. Ihr kleiner Sohn Oskar würde seine Mama bereits voller Unruhe erwarten, das wusste Katja nur allzu gut.
An der nächsten Kreuzung trat Katja so heftig auf die Bremse, dass sie quietschte. Hastig blickte sie nach links und nach rechts, dann rauschte sie mit Vehemenz um die Kurve. Danach ging es ein ganzes Stück geradeaus, dann konnte sie endlich in eine kleine Seitenstraße einbiegen, in der sich die Kita befand.
Mit einem Blick erkannte Katja, dass alle Kinder schon abgeholt worden waren. Nur Oskar stand noch vor der Tür, zusammen mit Leni, einer Kindergärtnerin. Leni hielt Oskar fest an der Hand, während sie mit ihm auf Katja wartete. Leni hatte ein ziemlich missmutiges Gesicht aufgesetzt. Natürlich gefiel es ihr überhaupt nicht, wenn jemand zu spät kam. Schon gar nicht, wenn es Oskars Mutter war. Oskar war nämlich ein echtes Mamakind, das schnell anfing zu weinen, wenn seine Mama nicht pünktlich kam.
Kaum war Katja aus ihrem Wagen gestiegen, da riss sich Oskar von Leni los und stürmte auf seine Mama zu. Katja nahm ihren Kleinen auf den Arm und herzte und küsste ihn. Dann stellte sie ihn wieder auf den Boden und streichelte über sein blondgelocktes Haar. Gleichzeitig warf sie Leni einen entschuldigenden Blick zu. »Tut mir leid, dass ich zu spät gekommen bin«, sagte sie. »Aber leider ...« Leni hörte gar nicht zu. Sie machte nur eine wegwerfende Handbewegung und ging wieder ins Haus.
Also ließ Katja ihr Kind in den Wagen steigen, wo sie es auf dem Rücksitz anschnallte. Dann setzte sie sich hinter das Steuer, um endlich nach Hause, nach Brückenbach, zu fahren. Jetzt natürlich in aller Gemütsruhe, sie musste sich ja nicht mehr beeilen.
Während der ganzen Fahrt wollte Oskars Plappermäulchen nicht stillstehen. Unentwegt erzählte er seiner Mama alles, was er heute in der Kita erlebt hatte. Dass er mit dem ganz großen Go-Cart gefahren war, zusammen mit seinem Freund Kasimir. Dass Lisa und Emily neidisch geguckt hatten, weil sie für den großen Go-Cart noch zu klein waren. Dass es zum Mittagessen Fischstäbchen gegeben hatte, und dass Leni eine ganz tolle Geschichte von Räuber Hotzenplotz vorgelesen hatte.
Gerade als Katja das Ortsschild von Brückenbach passierte, wurde Oskar plötzlich still. »Was ist denn, mein Kleiner?«, fragte Katja mit einem kurzen Blick in den Rückspiegel. »Du sagst ja nichts mehr.«
»Wann kommt Papa wieder?«, rief Oskar so laut, dass es seiner Mama in den Ohren schallte. »Ich will, dass Papa wiederkommt!«
»Du weißt doch, dass Papa eine neue Freundin hat und mit ihr in Berlin wohnt. Dass Papa nicht wieder zu uns zurück will.«
»Berlin ist doof. Richtig doof«, murrte Oskar und steckte seinen Dauen in den Mund. Eigentlich war er mit seinen fünf Jahren viel zu alt, um noch am Daumen zu lutschen. Doch wenn er Trost brauchte, dann musste der Daumen doch wieder herhalten.
Du kennst Berlin doch gar nicht, hatte Katja sagen wollen, doch sie schluckte die Worte herunter und sagte nichts. Um Oskar schnell auf andere Gedanken zu bringen, bog sie in eine Seitenstraße ein und parkte vor einer Pizzeria. »Soll ich uns zum Abendessen eine Pizza holen?«, fragte sie ihren Kleinen, wusste sie doch, dass Oskar Pizza über alles liebte. Vor allem die leckere Salami-Pizza mit extra viel Käse.
Sofort nahm Oskar seinen Daumen wieder aus dem Mund, um »Au ja, Pizza!« zu rufen, genauso, wie seine Mama es erwartet hatte.
Nachdem Katja zwei Pizzas geholt und das verheißungsvoll duftende Paket auf den Beifahrersitz gelegt hatte, ging es sofort in die Ebertinstraße, wo Katja und Oskar wohnten. Gleich nach dem Abendessen brachte Katja ihren Kleinen zu Bett. Wie jeden Abend legte sie sich neben ihn, und Oskar kuschelte sich ganz eng an seine Mama. Katja nahm das Kinderbuch, das auf dem Nachttisch lag, um Oskar noch ein wenig vorzulesen. Es war Oskars absolutes Lieblingsbuch, ›Pippi Langstrumpf‹ von Astrid Lindgren. Eigentlich kannte Oskar die Geschichten längst in- und auswendig, doch das war ihm egal. Er konnte sie wieder und wieder hören.
Obwohl Oskar Pippi Langstrumpf über alles liebte, dauerte es gar nicht lange, bis ihm die Augen zufielen. Wahrscheinlich träumt er jetzt von der Villa Kunterbunt, in der Pippi lebt, dachte Katja und schälte sich vorsichtig aus dem Bett. Sie wollte Oskar nicht wieder aufwecken. Auf Zehenspitzen schlich sie zur Tür, doch kaum hatte sie diese erreicht, da wurde Oskar mit einem Mal hellwach. »Wo willst du hin, Mama?«, fragte er.
»Ich will es mir im Wohnzimmer gemütlich machen. Der Tag heute ist sehr anstrengend gewesen.«
»Und du gehst wirklich nicht klammheimlich weg, Mama? Du lässt mich nicht allein in der Wohnung?«
»Aber natürlich nicht, mein Schatz! Wie kommst du nur auf so eine Idee?«
»Du darfst mich nie allein lassen, Mama!«
Katja kehrte noch einmal zu Oskars Bett zurück, um ihrem Liebling einen Kuss zu geben. Dann wandte sie sich wieder zum Gehen.
»Du musst die Tür aber einen Spalt auflassen, Mama!«, rief Oskar noch hinter ihr her. »Und die Lampe neben der Tür musst du auch anlassen!«
»Aber das weiß ich doch, Schatz!«, lächelte Katja und nickte Oskar noch einmal zu, bevor sie das Zimmer verließ.
*
Endlich konnte Katja ins Wohnzimmer gehen, wo sie sich sofort auf das Sofa warf und ihre Füße hochlegte. Doch entspannen konnte sie sich zunächst nicht. Da waren nämlich noch tausend Gedanken, die durch ihren Kopf rasten. Tausend Gedanken an alles, was sie heute im Immobilienbüro erlebt hatte. Gedanken, die ihren Chef, Franz Heinzen, betrafen. Gedanken an den wichtigen Kunden, der überraschenderweise in letzter Sekunde gekommen war. Gedanken an die diversen Wohnobjekte, die sie und Herr Heinzen vermitteln wollten. Und zwischendurch tauchte immer wieder das Gesicht von Thorsten auf. Thorsten, der sie vor zwei Jahren verlassen hatte, einen Tag nach Oskars drittem Geburtstag. Der zu einer Anderen nach Berlin gezogen war, und die war sogar von ihm schwanger geworden. Wahrscheinlich wird Thorsten seine Neue auch wieder verlassen, wenn das Kind zwei, drei Jahre alt ist, dachte Katja voller Bitterkeit. Nach einer Weile stand sie auf, um zur Anrichte zu gehen und sich ein Glas Wein zu holen.
Gerade als Katja zum Sofa zurückkehrte, schrillte das Telefon. Es war Vanessa, ihre Freundin.
»Kann ich auf einen Sprung zu dir rüberkommen?«, fragte Vanessa rundheraus. »Es ist etwas ganz Furchtbares passiert.«
»Natürlich kannst du zu mir kommen. Wo bist du denn jetzt? Und was ist so Furchtbares passiert?«
»Ich bin jetzt in Maibach. Das andere erzähle ich dir, wenn ich da bin.«
»Wenn du kommst, dann darfst du bitte nicht Sturmklingeln. Oskar ist gerade eingeschlafen.«
»Mache ich. Versprochen.« Und schon hatte Vanessa wieder aufgelegt.
Während Katja an ihrem Wein nippte, überlegte sie, was denn so Furchtbares geschehen sein mochte. Wahrscheinlich hat sich Vanessa wieder mit ihrem Freund gestritten, überlegte sie. Jetzt will sie sich bei mir ausweinen, und dann reumütig zu Daniel zurückkehren, so wie sie es immer macht. Etwas wirklich Furchtbares konnte sich Katja nicht vorstellen, immerhin neigte Vanessa zu