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Das Leben aus dem Tagebuch: Buch für Jonas
Das Leben aus dem Tagebuch: Buch für Jonas
Das Leben aus dem Tagebuch: Buch für Jonas
eBook78 Seiten1 Stunde

Das Leben aus dem Tagebuch: Buch für Jonas

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Über dieses E-Book

Das Leben aus dem Tagebuch

Zum Inhalt:
Aids!
In einer gutbürgerlichen Familie, zu einer Zeit, da man über diese Krankheit nur wenig wusste. Und das wenige, das man wusste, war belastet mit Vorurteilen, Schuldzuweisungen und vor allem Angst vor dieser tödlich verlaufenden Krankheit. Pflegende verweigerten ihre Hilfe, die Kranken wurden ausgeschlossen, stigmatisiert.

Paul hat seine Tochter Karin an Aids verloren, auch seinen Schwiegersohn, dessen Todesursache aber nie ganz geklärt werden konnte. Und für eine lange, schwere Zeit sah es so aus, als ob er auch seine Frau Anna verloren hätte.

Geblieben ist ihm Jonas, sein Enkelsohn. Und als der kleine Junge beim Spielen auf dem Dachboden das Tagebuch seiner Mutter findet, wird ihm klar, welch wertvolles Vermächtnis ihm seine Tochter hinterlassen hat.

Paul erlebt mit diesem Tagebuch das Leben mit seiner heilen Familie noch einmal. Und er schreibt für seinen Enkelsohn das Buch neu.

So entstand das „Das Leben aus dem Tagebuch“.
SpracheDeutsch
HerausgeberBoD E-Short
Erscheinungsdatum25. Apr. 2016
ISBN9783842330368
Das Leben aus dem Tagebuch: Buch für Jonas
Autor

Renate Gerlach

Renate Gerlach wurde in Thüringen geboren, lebte einige Jahre in Köln und seit 1960 in Zürich. Mit dem Schreiben hat sie schon sehr früh begonnen. Mit Gedichten, Kurzgeschichten und Büchern, die in verschiedenen Verlagen erschienen sind, einige auch im Ausland. Sie sieht den Menschen zu, hört ihre Geschichten und schreibt darüber. Die Autorin liest aber auch sehr gerne, und wenn ihr diese Welt einmal nicht gefällt, versteckt sie sich in einem Buch.

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    Buchvorschau

    Das Leben aus dem Tagebuch - Renate Gerlach

    Inhalt

    Das Leben aus dem Tagebuch

    Impressum

    Das Leben aus dem Tagebuch

    Das Leben aus dem Tagebuch

    Die Dunkelheit

    Paul ist an der Stelle angekommen, vor der er seine Besucher jeweils eindrücklich warnt. Gleich nach der alten Holzbrücke am Ortsausgang kommt eine scharfe Rechtskurve, überraschend, wenn man sich für ei­nen Moment von der schönen alten Brücke hat ablenken lassen. Seit er das Haus am Berg bewohnt, sind hier schon mehrmals Autos im Bach­bett gelandet. Nach der Kurve sieht man sein Haus, es ist beeindruckend beleuchtet und von unten gesehen wirkt es wie ein kleines Schloss. Für die Beleuchtung war Stefan zuständig, Stefan, sein Lehrling, sein Ange­stellter, sein Schwiegersohn aber vor allem und im Grunde seines Her­zens war er immer sein Sohn gewesen.

    Es trifft ihn wie ein Schlag, das Haus liegt vollkommen im Dunkeln. Es muss etwas passiert sein, Anna würde niemals vergessen die Beleuch­tung einzuschalten. Anna ist seine Frau. Sie kann nirgends hingegangen sein, das hätte sie ihm beim Mittagessen gesagt. Die Dunkelheit be­drückt ihn, legt sich schwer auf seine Brust, er kennt sie nur allzu gut. So war es während Monaten, nach dem Tod seiner Tochter Karin gewesen, und diese Zeit möchte er nicht noch einmal erleben. Nein, lieber Gott, nicht noch einmal diese Dunkelheit, das ertrage ich nicht. Du musst deine dunklen Tage eben auch gerecht verteilen. Er schlägt mit den Händen aufs Lenkrad, er möchte schneller fahren, aber das darf er nicht, es ist Ende November und er muss mit vereisten Stellen rechnen. Er lässt das Auto auf dem letzten Strassenstück stehen, ums Parkieren wird er sich später kümmern. Die Haustür ist nicht verschlossen. Auf dem untersten Treppentritt findet er Jonas, seinen Enkel, zitternd vor Kälte, verstört, mit verweinten Augen.

    „Jonas, was ist passiert, wo ist die Aia? Aia, so nennt Jonas seine Grossmutter. Obwohl er sehr früh und gut sprechen gelernt hat, der Name aus der Brabbelzeit ist geblieben. „Aia. Sie haben es ihm nie ab­gewöhnt, denn nichts könnte seine Gefühle für die Grossmutter besser ausdrücken als die Art, wie er diesen Kosenamen ausspricht.

    „Aia weint, weil ich böse war. Er schmiegt sich an Paul, das Zittern hat etwas nachgelassen. „Was hast du denn gemacht, ich glaube nicht, dass du so böse warst, das kann ich mir überhaupt nicht vorstellen, sagt Paul.

    „Ich wollte für mein Meerschweinchen ein Bett bauen und da habe ich den Puppenwagen vom Dachboden geholt. „Das ist doch nicht schlimm, deshalb muss doch Aia nicht weinen.

    „Im Wagen ganz unten drin war ein Buch, und da hat sie drin gelesen und dann hat sie geweint."

    Paul fühlt eine grosse Erleichterung, was immer auch passiert sein mag, es kann so schlimm nicht sein. Er nimmt den Jungen auf den Arm und geht in die Wohnung.

    Sie sitzt in der Märchenstube. So hat Karin das kleine Zimmer neben der Küche genannt. Hier standen ihre Märchenbücher, hier hörte sie die Kasperliplatten, später kam dann der Fernseher hinzu. In diesem Zim­mer fanden die Märchen statt, in einer sehr schönen, lange  verschwun­denen Zeit. Sie haben diesen Namen ganz selbstverständlich übernom­men, merken es gar nicht mehr. Es fällt ihnen nur dann auf, wenn sich Besucher über diesen merkwürdigen Zimmernamen wundern.

    Anna reicht ihm ein Buch, mit farbigen Bildchen verziert. Er kennt es nicht. „Hier, lies das!", sagt sie. Ihre Augen sind verweint, sie ist aufge­wühlt, aber gerade das beruhigt Paul, denn er sieht, dass sie leidet und das heisst, sie lebt. Er hat befürchtet, sie wie damals vorzufinden: Teil­nahmslos, leblos, tot.

    „Ich werde das Buch später lesen, wenn es so wichtig ist. Zuerst müssen wir uns um den Kleinen kümmern, und dann sollten wir vielleicht etwas essen."

    Sie hält ihm das Buch hin.

    „Bitte lies gleich, nur diesen einen, letzten Satz."

    Es ist das Tagebuch seiner verstorbenen Tochter. Er erkennt ihre Schrift. Er liest:

    ... und so wird Mama nicht mehr erfahren, dass ich es war, die diese Krankheit nach Hause gebracht hat, dass ich schuld bin, und nicht Stefan. Ich habe nicht mehr die Kraft, es ihr zu sagen.

    „Hast du das gewusst?"

    „Nein!"

    „Warum schreibt sie dann nur von mir, warum schreibt sie nicht,

    meine Eltern?"

    „Vielleicht hat sie gespürt, dass das für mich nicht wichtig war. Wer sich zuerst angesteckt hat, wer wen angesteckt hat. Für mich war und ist Aids eine ganz schreckliche Krankheit. Sie hat unser Leben zerstört, aber mit Schuld oder Sünde oder gar Schande habe ich sie nie in Verbindung ge­sehen. Das muss Karin gefühlt haben."

    „Verstehst du mich jetzt, kannst du meine Schuld ermessen? Ich war so überzeugt, dass Karin von Stefan angesteckt wurde, und ich habe die­sen wunderbaren Jungen so im Stich gelassen. Ich konnte ihm einfach nicht verzeihen, dass er unser Leben zerstört hat. So etwas lässt sich nicht wieder gut machen. Ich war ja nicht einmal an seinem Grab."

    „Du hast dich geirrt, aber nicht nur, was die Ansteckung betrifft, dein grosser Irrtum war, wie du mit dieser Krankheit umgegangen bist. Ohne diesen ganzen Ballast von Schuld und Schande wäre manches einfacher gewesen. Weisst du, wo sich Karin angesteckt haben könnte, hast du darüber gelesen?"

    „Nein, ich habe nur diesen letzten Satz gelesen, ich wollte wissen, wie lange sie das Tagebuch geführt hat. Aber ich werde es lesen, auch wenn es weh tut."

    Es ist spät geworden, Anna hat sich etwas beruhigt, er bringt Jonas ins Bett. Was denn in dem bösen Buch stehe, dass Aia so geweint hat, und ob er ihm das Buch auch einmal vorlesen kann, will der kleine Junge wissen. Und wer das Buch in den Puppenwagen gelegt hat.

    „Das war deine Mama."

     „War meine Mama denn böse?"

    „Nein, deine Mama war sehr lieb."

    Wie war das Tagebuch in den Puppenwagen gekommen? Paul hat sich diese Frage schon den ganzen Abend gestellt. Er hat auch Anna danach gefragt, auch sie weiss es nicht. Doch plötzlich kommt die Erinnerung. Es war beim letzten Besuch bei Karin in der Wohnung.

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