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Manchmal gehört mir die ganze Welt
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eBook167 Seiten2 Stunden

Manchmal gehört mir die ganze Welt

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Über dieses E-Book

Mecka Lind erzählt in diesem preisgekrönten Jugendroman die bewegende Geschichte eines obdachlosen Mädchens und ihres Überlebenskampfs inmitten des reichen Europas: Die 13-jährige Sanne lebt in Kopenhagen auf der Straße und muss sich mit Diebstählen und Bettelei durchschlagen. Das ehemalige Heimkind wünscht sich nichts mehr als ein liebevolles Zuhause, doch Sannes Mutter weigert sich, sie wieder bei sich aufzunehmen. Für Sanne scheint eine düstere Zukunft unausweichlich – oder bekommt sie doch noch die Chance auf ein besseres Leben?-
SpracheDeutsch
HerausgeberSAGA Egmont
Erscheinungsdatum13. Sept. 2021
ISBN9788726965841
Manchmal gehört mir die ganze Welt

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    Buchvorschau

    Manchmal gehört mir die ganze Welt - Mecka Lind

    Mecka Lind

    Manchmal gehört mir die ganze Welt

    Übersezt von Regine Elsässer

    Saga

    Manchmal gehört mir die ganze Welt

    Übersezt von Regine Elsässer

    Titel der Originalausgabe: Lilla Vargen och den ensamme

    Originalsprache: Schwedischen

    Coverbild/Illustration: Shutterstock

    Copyright © 1992, 2021 Mecka Lind und SAGA Egmont

    Alle Rechte vorbehalten

    ISBN: 9788726965841

    1. E-Book-Ausgabe

    Format: EPUB 3.0

    Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für gewerbliche und öffentliche Zwecke ist nur mit der Zustimmung vom Verlag gestattet.

    www.sagaegmont.com

    Saga Egmont - ein Teil von Egmont, www.egmont.com

    An die Leser

    Ich wollte meinen Ohren nicht trauen, als ich das erste Mal davon hörte, daß es in Kopenhagen Straßenkinder gibt – mitten unter uns, im sicheren, sozial perfekt organisierten Skandinavien.

    Inzwischen weiß ich nur zu gut, daß es stimmt. Von Januar bis Mai 1988 habe ich mich immer wieder in Vesterbro in Kopenhagen aufgehalten. Und ich weiß inzwischen auch, daß Kopenhagen längst nicht die einzige europäische Großstadt mit solchen Straßenkindern ist.

    Es gibt sie in vielen europäischen Großstädten . . .

    Vesterbro ist der ärmste Stadtteil von Kopenhagen. Viele Häuser sind heruntergekommen. Es gibt kein warmes Wasser. Die Leute heizen immer noch mit Petroleumöfen, und viele haben das Klo auf dem Hof.

    In Vesterbro ist das Leben erschreckend hart. Auf der Istedgade liegen ein Pornoladen und ein Bordell neben dem anderen. Auf dem Strohmarkt prostituieren sich heroinabhängige Mädchen von siebzehn, achtzehn Jahren und älter. In der Umgebung der Mariakirche halten sich die Penner auf, sie sind zwanzig Jahre und älter, sowohl Männer als auch Frauen. Sie haben keine Wohnung und keine Arbeit und sind meistens stark betrunken.

    Die Arbeitslosigkeit ist sehr hoch, und natürlich ist auch die Kriminalität in diesen Vierteln groß.

    Und genau da lebt ein Teil der Straßenkinder von Kopenhagen. Hier schlafen sie in zugigen, schmutzigen Treppenhäusern, auf Speichern, in Kellern, in alten Autowracks, in ausgedienten Eisenbahnwagen auf dem Bahnhof. Eben überall, wo sie etwas halbwegs Geeignetes finden.

    Es gibt eigentlich überall im anonymen Großstadtdschungel von Kopenhagen Straßenkinder. Aber die, mit denen ich etwas näher in Kontakt gekommen bin, verbrachten die meiste Zeit auf dem Hauptbahnhof und in Vesterbro. Es sind Kinder, die zu Hause rausgeworfen wurden oder abgehauen sind, oder solche, die noch nie ein Zuhause hatten, sondern ihr ganzes Leben in staatlichen Institutionen zugebracht haben. Es sind Kinder, die so verraten und von den Erwachsenen so schlecht behandelt wurden, daß sie sich lieber dem Hunger, der Gewalt und der Kriminalität auf der Straße aussetzen, als daß sie ein Bett in einem Kinder- oder Erziehungsheim wählen würden.

    So ein Leben führt man nicht aus Abenteuerlust. Für diese Kinder ist es blutiger Ernst, und sie haben keine andere Wahl. Sie gehen nicht auf die Straße, weil es ihnen an Nahrung fehlt. Es fehlt ihnen an Liebe und Fürsorge, und es fehlt jemand, dem es wichtig ist, daß es sie überhaupt gibt.

    Von einigen dieser Kinder handelt dieses Buch. Die Geschichte ist insofern wahr, als ich reale Berichte als Grundlage verwendet habe und mir dann als Schriftstellerin die Freiheit genommen habe, einen Roman daraus zu machen. Sanne ist also das Produkt aus mehreren Mädchen, die ich kennengelernt habe. Aber alles, was im Buch geschieht, ist irgendeiner von ihnen in Wirklichkeit passiert.

    Mecka Lind

    1

    Sanne sinkt an der Hauswand in sich zusammen. Sie ist müde heute abend. Aber es ist naßkalt, und der eisige Wind zwingt sie, bald wieder weiterzugehen. Wo soll sie bloß hin? Sie war sich so sicher gewesen, bei Lisbeth übernachten zu dürfen, aber um halb zwölf hatte Lisbeths Vater in der Tür gestanden und gesagt, daß es für Sanne jetzt Zeit wäre zu gehen, damit seine Tochter ins Bett käme. Das war also nichts gewesen.

    Natürlich kann sie immer noch nach Hause gehen. Nach Hause zu Mama und ihrem neuen Kerl. Gestern abend hat sie offenbar mal wieder eine Eroberung gemacht. Sanne kennt ihn noch nicht, aber sie traf ihren kleinen Bruder Jörgen vor seiner Schule, und er hat ihr erzählt: »Er ist mindestens einen halben Kilometer groß und so mager, daß er mit den Knochen klappert, und er hat unheimliche Augen. Aber Mama ist froh, und ich durfte bis halb eins aufbleiben und Videos gucken.«

    Die schwere Tür quietscht widerstrebend, als Sanne sie öffnet. Ein durchdringender Uringestank schlägt ihr entgegen, und aus alter Gewohnheit hält sie die Luft an, bis sie auf den Hinterhof hinaustritt. Sie schaut enttäuscht zu den erleuchteten Fenstern im vierten Stock hoch. Insgeheim hatte sie gehofft, daß es dunkel sein würde, daß Mama und Jörgen allein wären und schon schlafen würden und daß sie selbst in ihr Bett kriechen könnte, ohne sich noch stundenlanges Gemecker und Gelaber anhören zu müssen.

    Sie bleibt einen Moment stehen und wartet. Alles, was sie von dort oben hört, ist leise Musik. Sanne versteht sehr gut, daß Mama »einen Mann im Haus haben will, der das Elend mit ihr teilt«, wie sie immer sagt. Was sie allerdings nicht versteht, ist, warum sie nie einen netten ordentlichen kennenlernt, sondern immer nur diese gewalttätigen, unberechenbaren Typen, mit denen sie sich ständig einläßt. Die kalte und scheußlich ungemütliche Februarnacht bringt Sanne schließlich dazu, trotz allem Richtung Hintertreppe zu gehen. Aber sie ist noch nicht richtig im Haus, als Mamas Falsettstimme durch die Dunkelheit dringt und von einer fremden, lallenden Säuferstimme übertönt wird. Dann geht der Streit unbarmherzig hin und her, es hallt nur so zwischen den Mauern.

    Frau Sörensen im Erdgeschoß macht Licht, und der Streit wird noch lauter. Sanne treibt es fast wieder auf den Hof hinaus.

    Die Sache ist für sie klar. Es kann so kalt sein, wie es will, dort hinauf geht sie auf keinen Fall! Sie wird sich die Nacht über auf den Straßen herumtreiben müssen oder versuchen, ein Treppenhaus zu finden, wo sie sich in einer Ecke verkriechen und ein paar Stunden schlafen kann. Wie schon so oft. Aber das ist ihr immer noch lieber, als in den blödsinnigen Krach da oben hineingezogen zu werden.

    Aber kurz bevor die Haustür hinter ihr zuschlägt, hört sie, wie ihre Mutter verzweifelt um Hilfe ruft. Sie erstarrt. Das klang gar nicht gut. Diesmal scheint sie ja einen richtigen Mistkerl erwischt zu haben. Sie rennt wieder auf den Hof und in den Hintereingang hinein, wo sie von der aufgebrachten Frau Sörensen angehalten wird.

    »So geht es schon den ganzen Abend«, beschwert sich die alte Dame. »Daß deine Mutter nie ein ordentliches Leben führen kann, Sanne!«

    Wenn Sanne eins nicht ausstehen kann, dann ist es, wenn die Leute schlecht über ihre Mutter reden. Da kann sie noch so blöd sein.

    »Sie haben keine so große Lippe riskiert, als der alte Sörensen noch lebte«, sagt sie deshalb frech. »Da ging es hier unten auch ganz schön rund, wenn er von seinen Kneipentouren zurückkam.«

    Wieder schneidet ein schrecklicher Schrei durch die Nacht. Sanne zuckt zusammen und stürzt die Treppen hinauf.

    »Und der arme kleine Jörgen!« ruft Frau Sörensen ihr nach.

    »Der hat schon in der Wiege gelernt, den Kopf einzuziehen«, brummt Sanne.

    Sie reißt die Küchentür auf. Mama steht zwischen Kühlschrank und Spüle eingeklemmt und hält die Arme schützend über den Kopf. Der Mann wendet Sanne den Rücken zu.

    Er gleicht einem großen, mageren Kater, der sich gerade auf seine Beute stürzen will, denkt sie, und gerade als er springen will, schreit sie: »Wenn du meine Mutter anrührst, dann bring ich dich um!«

    »Sanne, bitte, halte dich raus«, kommt es kläglich aus der Ecke neben dem Kühlschrank.

    »Soll ich vielleicht zusehen, wie er dich totschlägt? Mein Gott, Mama, man hört euch ja in der ganzen Stadt!«

    »Wer zum Teufel ist dieses Balg?« brüllt das Knochengestell.

    »Meine . . . meine Tochter«, stottert Sannes Mutter entschuldigend. Ihre eine Backe ist feuerrot, bis zum Hals hinunter, die Arme sehen auch mißhandelt aus. Es tut Sanne weh, als sie das sieht, aber es tut noch mehr weh, zu begreifen, daß sie sich lieber von diesem fremden Kerl verprügeln läßt, als Hilfe von Sanne anzunehmen.

    »Und wo hast du diesen Saukerl aufgegabelt?« fragt sie verächtlich.

    »Hau ab!« zischt ihre Mutter jetzt wütend. »Du machst alles nur noch schlimmer.«

    »Aber ich habe doch wohl ein größeres Recht, hier zu sein, als er!«

    Der Schlag kommt blitzschnell. Etwas explodiert in ihrem Kopf. Ihre Hand greift automatisch ins Gesicht und wird rot von Blut. Er hat sie mit der Faust ins Gesicht geschlagen! Das Blut strömt aus ihrer Nase. Sie weiß nicht, ob es das Blut ist oder sein widerliches höhnisches Grinsen oder daß Mama wieder schreit – sie handelt jetzt nur noch. Sie sieht die Bratpfanne auf dem Herd und hat sie schon in der Hand. Der Mann weicht erstaunt zurück, stolpert über die Türschwelle, fällt hin und bleibt liegen. »Ha! Der ist gut, Mama!« lacht Sanne böse. »Legt sich selber um. Auf den kannst du dich verlassen!«

    »Du bist ja total verrückt!« jammert die Mutter und läuft zu dem Kerl hinüber. »Du hättest ihn totschlagen können!«

    »Ich habe ihn ja gar nicht getroffen. Und außerdem hat er mich zuerst geschlagen«, knurrt Sanne und schaut ihre Mutter böse an, die jetzt ein Handtuch naß macht und dem Typ die Stirn abtupft. Er kommt zu sich, lallt etwas und schläft gleich wieder ein.

    »Hilf mir, ihn ins Schlafzimmer zu tragen«, sagt ihre Mutter und packt ihn unter den Armen.

    »Kommt nicht in Frage!« murmelt Sanne; sie hat den Kopf in den Nacken gelegt, um das Nasenbluten zu stoppen. »Laß ihn doch liegen. Er ist ja stockbesoffen.« Aber die Mutter gibt keine Ruhe, und Sanne greift schließlich widerwillig nach den dünnen Beinen, und gemeinsam schleppen sie ihn ins Schlafzimmer. Schon bald schnarcht er laut im Doppelbett.

    »Das war das«, seufzt die Mutter und dreht sich zu Sanne um. »Und nun zu dir. Ich will mit dir reden. Wir gehen in die Küche.«

    Als Sanne das Schlafzimmer verläßt, schließt sie die Tür von außen ab. Sie hat nicht die Absicht, sich heute noch einmal überraschen zu lassen.

    Ihre Mutter gießt sich ein Wasserglas voll Wein ein. Sie nimmt einen ordentlichen Schluck und schaut Sanne finster an, die immer noch Nasenbluten hat.

    »Sie haben heute schon wieder aus der Schule angerufen«, sagt sie. »Sie haben gesagt, daß du fast nie hingehst.«

    »Das kann ich ja wohl auch nicht. In diesem Haus kriegt man ja nie seine Ruhe. Zumindest nicht, solange du solche Schweine wie den da drinnen anschleppst.«

    Die Mutter trinkt den Rest Wein in einem Zug aus und gießt sich noch mal ein.

    »Sie wollen dich wieder ins Heim schicken, und ich bin völlig damit einverstanden. Ich schaffe es nicht mehr mit dir. Ich will auch eine Chance haben, mein Leben zu leben.«

    »Wie zum Beispiel die, sich von einem runtergekommenen Saufbold halb oder ganz totschlagen zu lassen.«

    »Ich will auf jeden Fall keine Rotznase hier haben, die kommt und geht, wie es ihr paßt, und sich auch noch in meine Angelegenheiten einmischt! Ich will nicht mehr! Verstehst du?«

    Doch, doch, Sanne versteht es ganz genau. Ihre Mutter will sie nicht haben. Sie hat sie nie gewollt. Ja, vielleicht ganz am Anfang . . . sonst hätte sie wohl abgetrieben. Sannes Vater hat sich ja davongemacht, so schnell er nur konnte, als er erfuhr, was los war.

    Ihre Tante Kirsten hat ihr erzählt: »Am Anfang ging es ganz gut. Sie war richtig stolz auf dich. Obwohl ich manchmal gedacht habe, daß sie eigentlich mehr spielte . . . ein neues, spannendes Spiel. Aber dann bist du gewachsen und hast immer größere Ansprüche an sie gestellt, und plötzlich war alles so anstrengend, sie war so müde und erschöpft, und als das Sozialamt schließlich ein Heim vorschlug, ließ sie sich sehr schnell dazu überreden. Du warst ungefähr drei Jahre alt.«

    Sanne weiß das ganz genau, es ist ihre früheste Erinnerung. Wenn sie will, kann sie die Augen schließen und alles

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