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Anselmo - Ein Kindersoldat in Mosambik
Anselmo - Ein Kindersoldat in Mosambik
Anselmo - Ein Kindersoldat in Mosambik
eBook204 Seiten2 Stunden

Anselmo - Ein Kindersoldat in Mosambik

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Über dieses E-Book

Ein aufrüttelnder Jugendroman über das Leben eines Kindersoldaten in Afrika! Der zehnjährige Anselmo lebt mit seinen Eltern und Geschwistern in Mosambik. Als Rebellen sein Heimatdorf überfallen, wird Anselmo gefangen genommen und dazu gezwungen, als unfreiwilliger Soldat für die Rebellen zu kämpfen. Doch eines Tages findet er den Mut, einen riskanten Fluchtversuch aus seinem von Gewalt geprägten Leben zu wagen. Kann Anselmo seine Freiheit zurückerlangen?-
SpracheDeutsch
HerausgeberSAGA Egmont
Erscheinungsdatum13. Sept. 2021
ISBN9788726922462
Anselmo - Ein Kindersoldat in Mosambik

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    Buchvorschau

    Anselmo - Ein Kindersoldat in Mosambik - Mecka Lind

    Mecka Lind

    Anselmo - Ein Kindersoldat in Mosambik

    Übersezt von Regine Elsässer

    Saga

    Anselmo - Ein Kindersoldat in Mosambik

    Übersezt von Regine Elsässer

    Titel der Originalausgabe: Anselmo - barnsoldaten

    Originalsprache: Schwedischen

    Coverbild/Illustration: Shutterstock

    Copyright © 2000, 2021 Mecka Lind und SAGA Egmont

    Alle Rechte vorbehalten

    ISBN: 9788726922462

    1. E-Book-Ausgabe

    Format: EPUB 3.0

    Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für gewerbliche und öffentliche Zwecke ist nur mit der Zustimmung vom Verlag gestattet.

    www.sagaegmont.com

    Saga Egmont - ein Teil von Egmont, www.egmont.com

    Der Krieg

     1

     Die Machete saust durch die Luft, Anselmo arbeitet sich langsam auf dem Hirsefeld vorwärts. Die Hirse steht dieses Jahr gut. Die Halme wachsen ihm über den Kopf, die Rispen hängen schwer und voll.

     Es ist Mittag. Die Hitze liegt drückend und feucht über der Machamba, dem kleinen Stück Acker. Anselmo arbeitet schon seit dem Morgengrauen, er wird allmählich müde und will sich gerade ein bisschen ausruhen, als er über dem Dorf oben auf dem Hügel eine große schwarze Wolke sieht. Sie breitet sich aus, wird schnell größer und sieht gegen den blauen Himmel beängstigend aus.

     »Es brennt«, sagt er leise vor sich hin.

     Er denkt sofort an die Guerilla, und dieser Gedanke erfüllt ihn mit Entsetzen. Sein Onkel Miguel, der in der Stadt wohnt und das Haus eines weißen Mannes bewacht, spricht portugiesisch und berichtet, er habe gehört, sie greifen nur nachts an. Und jetzt ist ja helllichter Tag.

     Es ist bestimmt ein Unfall, denkt er. Vielleicht hat ein Kind beim Spielen ein Stöckchen aus dem Feuer genommen und ist damit zu nahe an die Strohwand einer Hütte gekommen.

     Bisher ist das Dorf vom Krieg verschont geblieben. Man hat den Krieg vor allem an der Sorge um die Männer gespürt, die weggezogen sind, um auf der Seite der Regierung zu kämpfen.

     Aber es sind auch Fremde gekommen und haben Geschichten erzählt von der Grausamkeit der Banditen . . . wie sie plündern, alles niederbrennen und die Menschen töten. Und diese Geschichten leben weiter in denen, die sie gehört haben. Manchmal hatte Anselmo solche Angst, dass er nicht schlafen konnte. Er hat sich auf seiner Bastmatte gewälzt und sich vorgestellt, wie es ist, wenn sie kommen. Er hat sie sich meistens wie böse Geister gedacht, die durch die Nacht sausen . . . nicht wie Menschen.

     Es ist jedoch nichts passiert, das Leben geht weiter wie bisher, und für diese Wolke gibt es sicher auch eine einfache Erklärung.

     Wenn er nur nicht ganz allein hier unten wäre. Aber er ist allein, Vater ist auf dem Markt im Nachbardorf und verkauft Holzkohle. Er ist schon vor der Dämmerung mit Anselmos bestem Freund Paolo losgezogen. Mutter und die große Schwester Rosa waschen, während die kleine Schwester Lucinda auf die noch kleineren Geschwister Julio und Agosto aufpasst. Die Leute, die sonst auf den benachbarten Machambas arbeiten, sind vermutlich auch auf dem Markt. Hier sind sie auf jeden Fall nicht, und das ist nicht schön. Er hätte sich besser gefühlt, wenn er jetzt mit jemandem hätte reden können. Wenn er mit Reden die Angst wegen dieser Wolke hätte vertreiben können.

     Plötzlich raschelt es im hohen, trockenen Gras am Weg. Als ob ein Windhauch hindurchführe. Der schwere, heiße Tag ist jedoch völlig windstill.

     Instinktiv duckt Anselmo sich und kriecht hinunter zum ausgetrockneten Flussbett, durchquert es und versteckt sich hinter einigen Büschen auf der anderen Seite. Kurz darauf hört er jemanden in der Machamba, die er gerade verlassen hat. Ihm bricht vor Angst der kalte Schweiß aus, aber er ist auch neugierig. Langsam erhebt er sich, um sofort wieder blitzschnell ins Gras abzutauchen.

     In der Hirse waren drei Jungen. Drei fremde Jungen. Sie waren nicht viel älter als er selbst, und doch hatten zwei von ihnen Maschinengewehre. Der dritte hatte eine Machete. Ihre Kleider waren verblichen und zerlumpt. Die Gesichter waren beängstigend hart und angespannt.

     Er spürt neben sich eine Bewegung. Jemand kommt. Jemand hat ihn entdeckt. Er bleibt wie gelähmt hocken und schaut zu Boden. Er traut sich nicht aufzuschauen, um zu sehen, wer es ist. Eine Hand packt ihn am Arm und zerrt ihn hoch. Es ist die Hand eines erwachsenen Mannes. Vor ihm steht ein Regierungssoldat. Anselmo erkennt ihn an der Uniform. Die Soldaten, die das Dorf besucht hatten, trugen die gleichen Uniformen. Aber diesen Mann hat er noch nie gesehen.

     »Erschieß mich nicht, ich . . . ich komme aus dem Dorf da drüben«, stammelt er.

     »Hast du jemanden vorbeigehen sehen?«, fragt der Soldat. Anselmo zeigt in Richtung der Machamba.

     »Sie waren zu dritt, da drüben. Zwei hatten richtige Gewehre, obwohl sie nicht älter waren als ich.«

     »Es ist jetzt ruhig im Dorf, du kannst nach Hause gehen«, sagt der Soldat. »Bleib aber sicherheitshalber im Gras neben dem Weg.«

     2

     Der Weg nach Hause ins Dorf führt den Hügel hinauf und ist in der Hitze immer anstrengend zu gehen. Es ist jedoch eine Qual, wenn man außerdem noch gebückt durchs hohe Gras schleichen muss, immer gewärtig sein muss, auf jemanden zu treffen, der einen töten will. Und doch beeilt Anselmo sich, so gut er kann. Die Sorge um die Mutter und die Geschwister treibt ihn an.

     Er nähert sich den ersten Hütten. Überall stehen Männer, Frauen und Kinder in Gruppen zusammen. Einige stehen schweigend da, das Entsetzen hat sie stumm gemacht. Andere weinen und schreien ihre Trauer und Klage heraus. Etwas Schreckliches muss geschehen sein, aber Anselmo bleibt nicht stehen, um nachzufragen. Er eilt nach Hause, er läuft, so schnell er kann.

     Jetzt sieht er ihre Hütte.

     Zumindest hat sie nicht gebrannt, denkt er erleichtert.

     Und da steht auch seine Mutter. Sobald sie ihn erblickt, läuft sie ihm entgegen. Als er ihre Arme um sich spürt, fängt er an zu weinen. »Ich habe sie gesehen«, schluchzt er. »Ich habe drei von ihnen gesehen, sie sind über unsere Machamba gegangen. Ich hatte mich versteckt.« Plötzlich hört er auf zu sprechen und schaut um sich. Die Nachbarn haben sich versammelt, um zu hören, was er zu erzählen hat.

     »Sie hatten Waffen, aber es waren keine Soldaten«, sagte er. »Sie waren nicht älter als ich.«

     »Es waren auch Soldaten da«, sagt Atisha, Paolos Mutter.

     »Es war das reine Glück, dass eine Regierungspatrouille in der Nähe war«, sagt Anselmos Großvater. »Sonst würde keiner von uns mehr hier stehen.«

     »Aber was ist denn passiert . . . was hat denn gebrannt?«, fragt Anselmo.

     Alle sind verängstigt und aufgeregt und reden durcheinander. Anselmo muss sich Mühe geben, dass er mitkommt, aber als er sich schließlich zusammenreimen kann, was geschehen ist, weiß er, dass nun der Krieg auch in sein Dorf gekommen ist.

     Der Lehrer, Senhor Eduardo, hatte in der Schule gerade Portugiesisch unterrichtet, als die Banditen plötzlich dastanden und Maschinengewehre auf ihn und die Kinder richteten. Es waren vier Männer und drei Jungen. Einer der Männer, vermutlich der Anführer, sagte zu den Kindern, alles, was sie bisher in der Schule gelernt hätten, seien nur Lügen gewesen. Der Lehrer stünde auf Seiten der Regierung, und es sei eine Schande für das Dorf, einen Verräter als Lehrer zu haben. Er müsse sterben, und die Kinder sollten froh sein, von ihm befreit zu werden. Dann hatte er auf Emilio gezeigt und gesagt, er solle vorkommen und seine Kameraden vom Verräter befreien. Emilio war der älteste Junge in der Klasse, aber er war auch der Sohn des Lehrers.

     Gerade als der Anführer dem entsetzten Emilio die Waffe gegeben und ihm gezeigt hatte, wie er zielen und abdrücken müsse, war einer der Jungen angerannt gekommen, er hatte einen brennenden Zweig in der Hand und rief dem Mann etwas zu. Der riss Emilio die Waffe aus der Hand und erschoss Senhor Eduardo. Der Junge hatte den brennenden Zweig an die strohtrockenen Wände der Schule gehalten, dann waren alle ebenso leise und plötzlich verschwunden, wie sie gekommen waren.

     Die Leute in der Nähe hatten das Schreien der Kinder gehört und die Flammen gesehen und waren zur Schule gelaufen. Einige der Kinder konnten sich selbst aus den Flammen befreien. Die anderen hatte man aus dem Feuer herausholen müssen. Den armen Emilio mussten sie heraustragen. Den Körper seines Vaters hatte man zurücklassen müssen. Mitten im Chaos war eine Soldatenpatrouille auf den Platz vor der Schule gefahren. Einige der Männer nahmen sofort die Verfolgung der Banditen auf. Die anderen halfen, das Feuer zu löschen, ehe es sich ausbreiten konnte.

     Aber jetzt gab es keine Schule und keinen Senhor Eduardo mehr.

     3

     Es ist schon Abend, als die Soldaten zurückkommen. Sie haben einen Jungen dabei. Einen von den dreien, die Anselmo bei der Machamba gesehen hat. Er sieht jetzt ganz anders aus. Das Angespannte und Bedrohliche in seinem Gesicht ist verschwunden.

     Er hat Angst, denkt Anselmo. Genau solche Angst, wie ich hatte. Die Leute versammeln sich um sie. Einige Frauen bespucken den Jungen.

     »Lasst das! Er ist doch noch ein Kind!«, hört Anselmo seinen Vater sagen.

     »Das sind die Allerschlimmsten«, ruft jemand aus der Menge, die ständig größer wird . . . alle wollen den Gefangenen sehen.

     »Er könnte genauso gut einer von uns sein«, sagt der Vater. »Sie entführen und trainieren sie, dann werden sie auf Drogen gesetzt und gezwungen, die abscheulichsten Grausamkeiten zu begehen. Wenn einer von ihnen es auch nur wagt zu widersprechen, wird er getötet.«

     Einige der Frauen schnauben verächtlich über seine Worte. Die meisten hören ihm gar nicht zu. Als die Soldaten den verängstigten Jungen mit auf dem Rücken gefesselten Händen auf die Ladefläche des Wagens werfen, jubeln sie. Das Auto startet und verschwindet in einer Wolke aus Staub.

     Einige der Soldaten bleiben im Dorf. Die Banditen hatten ja keine Gelegenheit gehabt, etwas zum Essen zu rauben, vielleicht kommen sie wieder. Es gibt zurzeit viel Hirse und Mandioka im Dorf.

     Auf dem Markt hatte der Vater gehört, dass mehrere Dörfer in der Nähe überfallen worden seien. Er erzählt darüber, als sie am Abend um das Feuer sitzen.

     »Ich kann nicht mehr warten«, sagt er schließlich und schaut sie ernst an. »Ich schließe mich den Soldaten an, wenn sie wegfahren.«

     Lucinda und Rosa schauen ihn erschrocken an. Die Mutter steht auf, wendet ihnen den Rücken zu und trifft die Vorbereitungen für die Nacht.

     »Und wenn sie wieder kommen«, sagt Anselmo erregt. »Was könnte ich denn machen?«, fragt der Vater. »Sie sind bewaffnet. Das hast du selbst gesehen. Was glaubt ihr, wäre passiert, wenn nicht zufällig die Soldaten in der Nähe gewesen wären? Sie hätten das ganze Dorf niedergebrannt!«

     Die Mutter schweigt noch immer. Der Vater spricht weiter, als ob er sich selbst überzeugen müsste.

     »Es werden Soldaten gebraucht. Ich weiß es! Ich werde keine Ruhe mehr haben, wenn ich da unten in der Machamba arbeite. Was hätte ich heute machen können? Mich zusammen mit Anselmo hinter einem Busch verstecken? Nein, so geht es nicht weiter. Ich werde in der Armee gebraucht. Ich habe mich entschieden. Und habe gehört, dass auch andere Männer so denken.«

     Am nächsten Morgen sagt der Vater zu Anselmo, dass er nicht in die Machamba gehen soll. Er wolle mit ihm reden.

     Sie setzen sich unter den Mangobaum vor der Hütte. Der Vater ist sehr ernst. Es muss etwas sehr Wichtiges sein. »Du bist zwar noch nicht ganz zehn Jahre alt«, beginnt er, »aber du bist stark und du bist klug für dein Alter, außerdem bist du mein ältester Sohn. Deshalb möchte ich, dass du mir dein Ehrenwort gibst, alles in deiner Macht Stehende zu tun, um die Familie zusammenzuhalten. Wenn ihr aus irgendeinem Grund nicht im Dorf bleiben könnt, dann will ich, dass ihr alle zusammen zu Onkel Miguel in die Stadt geht. Er wird euch helfen.«

     Anselmo fühlt sich im Moment wahrlich weder sehr stark noch besonders klug. Am liebsten wäre ihm, wenn der Vater bei ihnen bliebe. Aber er ist auch stolz, dass er ihm eine solche Verantwortung überträgt, und mit größtem Ernst gibt er dem Vater sein Ehrenwort.

     Schon am gleichen Nachmittag werden die Dorfbewohner zur Versammlung am Brunnen gerufen. Einer der Soldaten spricht zu ihnen und sagt, viele der Männer aus dem Dorf würden mit den Soldaten zum Stützpunkt kommen, wo sie eine Ausbildung erhielten. Er ermahnt die Zurückbleibenden, und das sind fast nur Frauen, Kinder und Ältere, ganz besonders vorsichtig zu sein. Sie müssen sich nachts im Busch verstecken, sagt er. Das machen sie auch in anderen Dörfern. Man arbeitet tagsüber auf seiner Machamba und schläft nachts im Busch, wenn die Gefahr eines Überfalls besonders groß ist.

     Einige Stunden später fahren sie ab. Anselmo bleibt noch lange stehen und schaut der Wolke nach, die die Autos auf der trockenen Schotterstraße hinterlassen.

     Wird er seinen Vater je wieder sehen?

     In der ersten Zeit nach dem Überfall gehorchen viele dem Rat der Soldaten und halten sich nur tagsüber im Dorf auf. Anselmos Familie macht es auch so, sie nehmen jede Nacht auch die Großeltern mit zum Schlafen in den Busch. Aber als die Zeit vergeht und nichts passiert, kehrt man wieder zu den alten Gewohnheiten zurück und versucht, so normal wie möglich zu leben.

     Vom Vater hören sie nichts. Sie wissen nicht, wo er ist und ob er überhaupt noch lebt.

     Onkel Miguel kommt jedoch ab und zu auf Besuch, was Anselmo ganz besonders freut, weil er von ihm Portugiesisch lernt. Er bringt auch den älteren Geschwistern bei, ihren Namen zu schreiben. Keiner von ihnen ist besonders oft in die Schule gegangen, als es sie noch gab, sie wurden

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