Jasmins Schrei nach Liebe: Der Bergpfarrer (ab 375) 478 – Heimatroman
Von Toni Waidacher
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Über dieses E-Book
Sein größtes Lebenswerk ist die Romanserie, die er geschaffen hat. Seit Jahrzehnten entwickelt er die Romanfigur, die ihm ans Herz gewachsen ist, kontinuierlich weiter. "Der Bergpfarrer" wurde nicht von ungefähr in zwei erfolgreichen TV-Spielfilmen im ZDF zur Hauptsendezeit ausgestrahlt mit jeweils 6 Millionen erreichten Zuschauern. Toni Waidacher versteht es meisterhaft, die Welt um seinen Bergpfarrer herum lebendig, eben lebenswirklich zu gestalten. Er vermittelt heimatliche Gefühle, Sinn, Orientierung, Bodenständigkeit. Zugleich ist er ein Genie der Vielseitigkeit, wovon seine bereits weit über 400 Romane zeugen. In Spannungsreihen wie "Irrlicht" und "Gaslicht" erzählt er von überrealen Phänomenen, markiert er als Suchender Diesseits und Jenseits mit bewundernswerter Eleganz.
Der Sommer neigte sich seinem Ende zu. An einigen Bäumen und Büschen, die einer langen Trockenperiode ausgesetzt gewesen waren, hatten sich schon Blätter gelb und braun verfärbt. Jasmin Hörl, eine fünfundzwanzigjährige, tatkräftige Frau, hatte längst den Weizen und den Roggen geerntet und das Grummet eingebracht. Nun galt es nur noch, den Mais zu ernten und zu silieren, sowie einige Äcker zu pflügen und zu eggen. Die viele Arbeit der vergangenen Wochen war bei der jungen Frau an die Substanz gegangen. Sie fühlte sich ausgelaugt und kraftlos und freute sich auf den Winter, da dann nur die Kühe und Kälber zu versorgen waren. Jasmin lebte mit ihren beiden jüngeren Geschwistern Melanie und Tobias auf dem Hof. Die Eltern der drei waren vor etwas über einem Jahr tödlich verunglückt. Über Nacht war Jasmin gewissermaßen an die Stelle des Bauern, der Bäuerin, des Vaters und der Mutter gerückt. In drei Tagen würden die Schulferien zu Ende gehen, und dann mussten die siebzehnjährige Melanie und der ein Jahr jüngere Tobias wieder die Schulbank drücken. Beide besuchten ein Gymnasium in Garmisch, da blieb kaum noch Zeit für die Arbeit auf dem Hof übrig. Morgens und am Nachmittag benutzten sie den Schulbus. Wenn sie von der Schule nach Hause kamen, wollten sie essen. Danach machten sie ihre Hausaufgaben. Wenn Tests anstanden, mussten sie lernen … Und auch unabhängig davon hielt sich das Interesse der beiden Jugendlichen, Jasmin zur Hand zu gehen, sehr in Grenzen. Die beiden waren Jasmin kaum eine Hilfe. Sie schmiss die Landwirtschaft und den Dreipersonenhaushalt. Nur selten hörte man sie klagen. Aber jetzt war sie am Ende; sowohl körperlich als auch seelisch. Es war Abend, die Dunkelheit hatte den Tag nach Westen vertrieben, Jasmin und ihre Geschwister befanden sich im Wohnzimmer.
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Der Bergpfarrer (ab 375)
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Rezensionen für Jasmins Schrei nach Liebe
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Buchvorschau
Jasmins Schrei nach Liebe - Toni Waidacher
Leseprobe:
Der zweite Ring
LeseprobeLars stürzte zur Fahrertür seines Wagens und riss sie auf. Bevor er sich ins Auto werfen konnte, hielt Arne ihn zurück.
»Ich fahre«, sagte der junge Bergquist so bestimmt, dass Lars gar nicht erst auf die Idee kam, ihm zu widersprechen. Außerdem wusste er selbst, dass er in seiner momentanen Gefühlslage alles andere als ein guter und vor allem sicherer Fahrer war. Wie sollte er auch? Seine Wenke war verschwunden! Entführt! Karl Aresson hatte sie ihm entrissen! Dieser verschrobene Einsiedler, bei dem Wenke nach ihrem Schiffbruch gestrandet war und vier endlos lange Tage aushalten musste. Er hatte sie wieder in seine Gewalt gebracht! Und irgendwo da draußen fuhr er jetzt mit ihr, auf der Flucht vor seinen Verfolgern…
»Du kennst den Weg zu dieser Landzunge?«, fragte Erik Hellström. Er wollte es sich nicht nehmen lassen, bei der Suche nach seiner Schwester mitzumachen, und hatte auf der Rückbank Platz genommen.
Lars nickte. »Ja, wir brauchen nur Richtung Norden zu fahren, immer der Küstenlinie entlang. In spätestens zwei Stunden müssten wir sie erreicht haben.«
Und dort, da war sich Lars ganz sicher, würde er Wenke aus Karls Händen befreien. Wie hatten sie sich nur so in ihm täuschen können? Obwohl – Lars hatte dieses ungute Gefühl, das bei dem Gedanken an Karl in ihm aufkam, nie verlassen. Deshalb hatte er sogar seinen Freund Magnus Freiberg gebeten, sich diesen Kauz noch einmal näher anzusehen. Doch Magnus hatte schnell Entwarnung gegeben. Als einen harmlosen Spinner hatte er Karl beschrieben, der zwar total vernarrt in Wenke sei, von dem aber keine Gefahr ausginge.
Lars schnaubte auf und schlug mit der Faust frustriert gegen die Beifahrertür. Die beunruhigten Blicke seiner Mitstreiter interessierten ihn nicht.
»Ich hätte besser auf sie aufpassen müssen«, presste er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. »Ich hätte sie nicht eine Sekunde aus den Augen lassen dürfen! Das ist alles meine Schuld!«
»Hör auf damit!«, blaffte ihn Erik an. »Du weißt, dass das Unsinn ist! Niemand konnte ahnen, dass das passieren würde. Sei lieber froh, dass Tante Greta das Nummernschild am Wagen ausmachen konnte und wir dadurch erfahren haben, dass es Karl war. Ansonsten wären wir und die Polizei noch völlig ahnungslos.«
Der Bergpfarrer (ab 375)
– 478 –
Jasmins Schrei nach Liebe
Wie gewonnen – so zerronnen?
Toni Waidacher
Der Sommer neigte sich seinem Ende zu. An einigen Bäumen und Büschen, die einer langen Trockenperiode ausgesetzt gewesen waren, hatten sich schon Blätter gelb und braun verfärbt.
Jasmin Hörl, eine fünfundzwanzigjährige, tatkräftige Frau, hatte längst den Weizen und den Roggen geerntet und das Grummet eingebracht. Nun galt es nur noch, den Mais zu ernten und zu silieren, sowie einige Äcker zu pflügen und zu eggen. Die viele Arbeit der vergangenen Wochen war bei der jungen Frau an die Substanz gegangen. Sie fühlte sich ausgelaugt und kraftlos und freute sich auf den Winter, da dann nur die Kühe und Kälber zu versorgen waren.
Jasmin lebte mit ihren beiden jüngeren Geschwistern Melanie und Tobias auf dem Hof. Die Eltern der drei waren vor etwas über einem Jahr tödlich verunglückt. Über Nacht war Jasmin gewissermaßen an die Stelle des Bauern, der Bäuerin, des Vaters und der Mutter gerückt.
In drei Tagen würden die Schulferien zu Ende gehen, und dann mussten die siebzehnjährige Melanie und der ein Jahr jüngere Tobias wieder die Schulbank drücken. Beide besuchten ein Gymnasium in Garmisch, da blieb kaum noch Zeit für die Arbeit auf dem Hof übrig. Morgens und am Nachmittag benutzten sie den Schulbus. Wenn sie von der Schule nach Hause kamen, wollten sie essen. Danach machten sie ihre Hausaufgaben. Wenn Tests anstanden, mussten sie lernen … Und auch unabhängig davon hielt sich das Interesse der beiden Jugendlichen, Jasmin zur Hand zu gehen, sehr in Grenzen.
Die beiden waren Jasmin kaum eine Hilfe. Sie schmiss die Landwirtschaft und den Dreipersonenhaushalt. Nur selten hörte man sie klagen. Aber jetzt war sie am Ende; sowohl körperlich als auch seelisch.
Es war Abend, die Dunkelheit hatte den Tag nach Westen vertrieben, Jasmin und ihre Geschwister befanden sich im Wohnzimmer. Während Melanie und Tobias fernsahen, stand Jasmin am Bügelbrett und bügelte die Wäsche, die sie am Morgen gewaschen und getrocknet hatte. Hin und wieder zischte es, wenn sie Dampf auf die zu bügelnden Stücke sprühte, um sie geschmeidiger zu machen. »Der Mais muss noch geerntet werden«, sagte sie, nachdem sie ein geglättetes und sauber zusammengelegtes Wäschestück auf den Stapel bereits gebügelter Wäsche gelegt hatte.
Während Tobias überhaupt nicht reagierte, drehte Melanie das Gesicht zu Jasmin herum und sagte: »Dann musst du ihn halt ernten.«
Jasmins Miene verschloss sich, und in einem Anflug von Verbitterung presste sie einen Moment lang die Lippen zusammen. Dann stieß sie hervor: »Ich hab’ hier auf dem Hof genug Arbeit. Schaut euch doch mal um, draußen, in der Scheune, im Stall, in den Schuppen, auf dem Innenhof. Langsam aber sicher verkommt alles. Die Landwirtschaft, der Haushalt, alles, aber auch alles hängt an mir. Wollt ihr beide euch nicht mal aufraffen und ein wenig mithelfen?«
»Wir können dir doch eh nix recht machen!«, erregte sich Melanie. »Sag’ jetzt net, dass ich dir net schon einige Male zur Hand gegangen bin. Aber du hast alles, was ich gemacht hab’, kritisiert. Mir ist die Lust vergangen.«
»Weil du es freudlos und widerwillig gemacht hast!«, versetzte Jasmin. »Schnell, schnell, schnell, so erledigst du alles, damit du so bald wie möglich wieder dein eigenes Ding machen kannst. He, Tobias!«
Jetzt erst eiste der Bursche den Blick von der Mattscheibe los.
»Ja …«
»Ich habe davon gesprochen, dass der Mais geerntet werden muss und die Zustände hier auf dem Hof ziemlich im Argen liegen. Willst du net morgen hinausfahren und den Mais einbringen? Den Traktorführerschein hast du, also steht dem nix entgegen, dass du mir etwas hilfst.«
»Ich bin morgen mit dem Werner und dem Berndi verabredet. Wir wollen mit dem Bus nach Garmisch fahren und …«
Jasmin unterbrach ihn ziemlich brüsk: »Ich würd’ auch gern mal nach Garmisch fahren und mir einen schönen Tag machen. Doch kann ich das?« Ihre Nerven lagen blank und sie wurde laut. »Nein, ich kann es nicht! Ihr aber glaubt, euch jedes Recht herausnehmen zu dürfen, denn es gibt ja eine Dumme auf dem Hof, die sich um alles kümmert.«
»Jetzt reg’ dich doch net so künstlich auf«, sagte Tobias. »Was ist denn schon dabei, wenn du rausfährst, den Mais schneidest und häckselst und ihn daheim ins Silo kippst? Das macht doch alles die Maschine. Du brauchst doch bloß ein paar Hebel bedienen.«
»Wenn die Maisernte so eine läppische Arbeit ist, Tobias, warum machst du sie dann net? Einen Tag, und der ganze Mais wär eingebracht. Ich könnt’ hier auf dem Hof einiges in Ordnung bringen, und du, Melanie, könntest mir dabei helfen.«
»Ich muss Latein büffeln«, wehrte die Siebzehnjährige ab und verdrehte die Augen. »Ich hab’ eine Fünf in dem Fach heimgebracht. Hast du net selber gesagt, ich sollt’ mich endlich auf meine fünf Buchstaben setzen und lernen. Das werd’ ich jetzt, wo bald die Schul’ angeht, auch tun.«
»Das seh’ ich!«, fauchte Jasmin. »Beim Fernsehen lernst du gewiss net Latein. Den ganzen Nachmittag hockst du schon vor der Mattscheibe und schaust dir jeden Unsinn an. Hauptsach’, du gehst der Arbeit erfolgreich aus dem Weg.«