Zwischen Liebe und Leid: Der Bergpfarrer 342 – Heimatroman
Von Toni Waidacher
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Über dieses E-Book
Diese Serie enthält alles, was die Leserinnen und Leser von Heimatromanen interessiert.
Als Dietmar Gürtler gegen zwanzig Uhr das Haus betrat, in dem er, seine Eltern und sein Bruder Andreas lebten, erwartete ihn sein Vater schon unter der Tür zum Wohnzimmer. »Du warst wieder mit der Hungerleiderin zusammen, stimmt's?«, fuhr Johannes Gürtler seinen Sohn aggressiv an. Die Augen des Vierundfünfzigjährigen funkelten streitsüchtig. Zu lügen hatte keinen Sinn, und lügen wollte Dietmar auch gar nicht, denn es wäre ihm wie ein Verrat an der geliebten Frau vorgekommen. »Ja, ich war den ganzen Nachmittag mit der Dagmar unterwegs«, kam seine ehrliche Antwort. Trotzig erwiderte er den Blick seines Vaters. Die Zornesader an Johannes Gürtlers Stirn schwoll an. »Wie oft muss ich dir noch sagen, dass die mir net ins Haus kommt!«, polterte er los. »Wir brauchen keine, die uns auf der Tasche liegt. Die Frau, die du mal heiratest, muss was mitbringen. Ich hab' mich neulich mit dem Huber-Peter besprochen. Seine Tochter wär …« Dietmar fiel seinem Vater ins Wort: »Über die Huber-Gisela brauchst du mit mir net sprechen, Papa. Die mag ich net. Und wenn s' in Gold gefasst wär, würd ich die net wollen. Ich lieb Dagmar. Und ich werd net von ihr lassen, bloß weil du andere Vorstellungen hast.
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Buchvorschau
Zwischen Liebe und Leid - Toni Waidacher
Der Bergpfarrer
– 342 –
Zwischen Liebe und Leid
Ein Irrtum des Herzens und seine Folgen …
Toni Waidacher
Als Dietmar Gürtler gegen zwanzig Uhr das Haus betrat, in dem er, seine Eltern und sein Bruder Andreas lebten, erwartete ihn sein Vater schon unter der Tür zum Wohnzimmer.
»Du warst wieder mit der Hungerleiderin zusammen, stimmt’s?«, fuhr Johannes Gürtler seinen Sohn aggressiv an. Die Augen des Vierundfünfzigjährigen funkelten streitsüchtig.
Zu lügen hatte keinen Sinn, und lügen wollte Dietmar auch gar nicht, denn es wäre ihm wie ein Verrat an der geliebten Frau vorgekommen. »Ja, ich war den ganzen Nachmittag mit der Dagmar unterwegs«, kam seine ehrliche Antwort. Trotzig erwiderte er den Blick seines Vaters.
Die Zornesader an Johannes Gürtlers Stirn schwoll an. »Wie oft muss ich dir noch sagen, dass die mir net ins Haus kommt!«, polterte er los. »Wir brauchen keine, die uns auf der Tasche liegt. Die Frau, die du mal heiratest, muss was mitbringen. Ich hab’ mich neulich mit dem Huber-Peter besprochen. Seine Tochter wär …«
Dietmar fiel seinem Vater ins Wort: »Über die Huber-Gisela brauchst du mit mir net sprechen, Papa. Die mag ich net. Und wenn s’ in Gold gefasst wär, würd ich die net wollen. Ich lieb Dagmar. Und ich werd net von ihr lassen, bloß weil du andere Vorstellungen hast. Ist’s denn notwendig, dass sie reich ist und viel Mitgift einbringt? Ich möcht’ sagen nein, es ist net notwendig. Denn wir haben mehr als genug. Die Dagmar ist motiviert und kennt sich aus. Sie bringt alle Voraussetzungen mit, die von einer künftigen Bäuerin auf dem Gürtlerhof erwartet werden.«
»Aber sie hat nix – und damit ist sie auch nix«, schrie Johannes Gürtler. »Du musst eine heiraten, die was mitbringt.«
»Ich werd die Frau heiraten, die ich liebe, Papa!«, stieß Dietmar trotzig hervor. »Wir müssen unseren Reichtum net durch eine Heirat vermehren. Und ich werd keine Frau heiraten, die ich net mag und die obendrein hässlich ist, nur weil sie eine große Mitgift bekommt. Wir leben im einundzwanzigsten Jahrhundert, Papa. Die Zeiten, in denen die Eltern bestimmt haben, wer wen heiratet, sind vorbei.«
Jeder Zug im Gesicht Johannes Gürtlers war Spiegelbild des Zorns, der ihn fest im Griff hatte. »Ich werd dich zwingen, die Finger von der Hungerleiderin lassen, Sohn. Und glaub mir’s, ich werd verhindern, dass sich das Weibsbild bei uns einschleicht. Um was anderes geht’s der doch gar net. Die will net dich, die will Reichtum und Ansehen erringen. Du bist nur das Mittel zum Zweck.«
»Ich liebe die Dagmar und sie liebt mich!«, erklärte Dietmar kategorisch. »Und ich werd zu ihr stehen, mag kommen, was mag. Und drohen brauchst du mir auch net, denn das zieht bei mir net.«
Mit vor Wut flackernden Augen stand sein Vater vor ihm. Er versuchte, mit seinem zwingenden Blick Druck auf seinen ältesten Sohn auszuüben.
Der aber bot ihm Paroli, indem er dem wütenden Blick standhielt. Als sich aus der Küche aber auch seine Mutter lautstark zu Wort meldete, hatte Dietmar Mühe, die Beherrschung zu bewahren.
»Wir sitzen am längeren Hebel als du, Dietmar!«, rief sie. »Überleg’ dir’s also genau, was dir wichtiger ist. Der Hof oder die Hungerleiderin.«
Seine Brauen schoben sich zusammen. »Was soll denn das heißen?«, fragte er.
»Das wirst du schon sehen«, erwiderte sein Vater. »Ich sag nur so viel: Auf dem Gürtlerhof wird die Steiner-Dagmar net Fuß fassen. Die Mama und ich haben uns net ein Leben lang abgerackert, um auf unsere alten Tage zuzuschauen, wie eine …«
»Mir reicht’s!«, knirschte Dietmar. Er ließ seinen Vater einfach stehen und ging auf sein Zimmer. Auf das Abendessen verzichtete er. Ihm war der Appetit vergangen.
Zuerst verspürte er nur Zorn. Er verwandelte sich nach und nach in Traurigkeit darüber, dass seine Eltern das Menschliche, also Verständnis, Entgegenkommen und Respekt, so sehr hintan stellten. Sie ignorierten seine Gefühle. Sie sahen nur die Mitgift derjenigen, die einmal als Bäuerin auf dem Hof einziehen sollte. Je größer diese war, umso besser. Gefühle blieben außen vor.
Zuletzt brandete Verzweiflung in ihm auf. Mit dem Segen seiner Eltern konnte er nicht rechnen, wenn er nicht von Dagmar abließ. Er liebte seine Eltern. Wegen seiner Liebe zu Dagmar würde es aber zum Bruch mit ihnen kommen …
Er wusste sich nicht mehr zu helfen. Er saß in seinem Zimmer im Dunkeln und starrte auf das hellere Rechteck des Fensters. Er hatte selbst keine Ahnung, wie viel Zeit verstrichen war, seit er sein Zimmer aufgesucht hatte.
Das war ja auch nicht der erste heftige Streit mit seinen Eltern, wegen seiner Liebe zu Dagmar, die ihnen nicht gut genug war. Er griff nach seinem Smartphone, das auf dem Tisch lag, und wählte Dagmars Nummer.
Sie meldete sich sogleich, mit einer Stimme, die sehr gepresst, geradezu weinerlich klang: »Dein Vater hat mich vorhin angerufen und mir geraten, das Techtelmechtel mit dir – so hat er sich ausgedrückt –, zu beenden. Ich soll mir bloß net einbilden, dass ich mich auf den Gürtlerhof einschleichen könnt, hat er geschrien. Wenn das net aufhört, dann wird er den Hof net dir, sondern deinem jüngeren Bruder überschreiben, und dich wird er enterben.«
Dietmar hörte Dagmar schniefen und befürchtete gleich, dass sie sogar weinte. Es brach ihm das Herz und seine Verzweiflung schlug wieder in Zorn um. Er musste sich selbst hart an die Kandare nehmen, um nicht nach unten zu stürmen und seinen Vater zur Rede zu stellen. »Das hat er gesagt«, entrang es sich ihm.
»Ja. Und so, wie er es gebrüllt hat, meint er es auch«, weinte Dagmar. »Was hab’ ich deinem Vater denn getan, weil er so sehr gegen mich ist? Begreift er denn net, dass wir zwei zusammengehören? Weiß er denn net, was Liebe ist?«
»Für ihn gibt’s einen einfachen Grund, Schatz«, murmelte Dietmar. »Er will mich mit der Huber-Gisela verheiraten, weil die, wenn man ihrem Vater glauben darf, eine riesige Mitgift von daheim mitkriegt, wenn s’ mal heiratet.«
»Es geht deinem Vater also nur ums Geld«, kam es mit kläglich dünner Stimme durch die Leitung. »Damit kann ich leider net dienen. Vielleicht ist’s wirklich besser, wir beenden die Sach’. Wenn du’s net tust, Dietmar, macht dein Vater seine Drohung wahr und du verlierst den Hof.«
Dietmar lachte bitter auf. »Ich weiß, was ich tu’, Schatz. Das ist mir eben klar geworden. Soll er den Hof dem Andreas geben. Ich will ihn gar net. Ich hab’ die Nase voll. Mich hat er vorhin auch angegangen, als hätt’ ich sonst was verbrochen, nur weil ich net von dir lass’.«
»Aber, du kannst doch net …«
Dietmar ließ sie nicht ausreden.
»Doch, ich kann und ich werd! Ich pfeif’ auf den Hof. Und weil das so ist, hält mich auch nix mehr hier in Feldkirchen. Pack’ zusammen, Schatzl, was du brauchst, um zwei oder drei Wochen überbrücken zu können. Ich hol’ dich in einer Stunde ab.«
»Was hast du denn vor?«
»Das sag’ ich dir, sobald wir Feldkirchen den Rücken gekehrt haben. Vertrau’ mir einfach.«
»Du willst einfach verschwinden? Sang- und klanglos? Das – das kannst du doch net machen, Dietmar. Willst du net doch noch mal mit deinem Vater reden? Vielleicht hat er das mit dem Hof doch net so gemeint. Möglicherweise wollt’ er uns nur einschüchtern.«
»Nein, Schatzl. Mein Vater hat sich festgelegt, und davon bringen ihn keine zehn Pferde mehr weg. Ich hab’s satt, mich ständig mit ihm zu streiten. Dass ich mich von dir trenne, das kann er vergessen. Früher oder