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Lord Hunters Liebesfluch
Lord Hunters Liebesfluch
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eBook264 Seiten3 Stunden

Lord Hunters Liebesfluch

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Über dieses E-Book

Ein schrecklicher Liebesfluch liegt auf seiner Familie, und Lord Hunter ist sich sicher: Er darf niemals heiraten. Doch als er eine junge Dame aus höchster Not rettet, gerät sein Entschluss ins Wanken. Denn Rosa Rothwell ist nicht nur hinreißend, klug und verführerisch, sie ist auch guter Hoffnung - und braucht einen Ehemann!

SpracheDeutsch
HerausgeberCORA Verlag
Erscheinungsdatum27. Jan. 2021
ISBN9783751505406
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    Buchvorschau

    Lord Hunters Liebesfluch - Mira Bongard

    IMPRESSUM

    Lord Hunters Liebesfluch erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

    © 2017 by Laura Martin

    Originaltitel: „A Ring For The Pregnant Debutante"

    erschienen bei: Harlequin Enterprises, Toronto

    Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

    © Deutsche Erstausgabe in der Reihe HISTORICAL SAISON

    Band 61 - 2019 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg

    Übersetzung: Mira Bongard

    Umschlagsmotive: Surovtseva/GettyImages

    Veröffentlicht im ePub Format in 01/2021 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

    E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

    ISBN 9783751505406

    Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.

    CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

    Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:

    BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

    Alles über Roman-Neuheiten, Spar-Aktionen, Lesetipps und Gutscheine erhalten Sie in unserem CORA-Shop www.cora.de

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    1. KAPITEL

    Rosa hob den Kopf vom Kissen, als sich die Tür öffnete. Erst warf sie einen Blick auf die hölzerne Schale mit unappetitlichem Stew und dann auf ihren widerwärtigen Cousin. Mit kalter Verachtung beobachtete er, wie sie sich von ihm und dem Essen abwandte.

    „Du solltest mir für die Speisereste dankbar sein, die ich dir bringe, höhnte Antonio Di Mercurio, während er die Schale mit dem braunen Fraß auf den klapprigen Tisch schleuderte. „Dirnen verdienen es nicht, zusammen mit der Familie zu speisen!

    „Ist es dir wirklich nicht möglich, etwas freundlicher zu sein?", erwiderte Rosa in ihrem gebrochenen Italienisch. Obgleich sie sich bemühte, ruhig zu bleiben, gewann ihr Zorn allmählich die Überhand. Ihr Cousin Antonio quälte sie seit vier Wochen und ließ keine Gelegenheit aus, um sie zu kränken und zu beleidigen. Wie oft hatte sie inzwischen schon die andere Wange hingehalten, anstatt sich zur Wehr zu setzen?

    „Freundlicher? Vielleicht solltest du dich bemühen, weniger freundlich zu sein. Das könnte die Familie in Zukunft vor weiterer Schande bewahren." Antonio lachte hämisch über seinen Witz und wandte sich zum Gehen.

    Rosa ergriff die Schale mit dem Stew und warf sie in Richtung des niederträchtigen Cousins. Doch er war bereits aus dem Zimmer geeilt, und das Essen knallte platschend gegen die geschlossene Tür. Rosa stieß einen wütenden Laut aus. Sie ließ sich wieder auf das Bett fallen und versuchte, sich zu beruhigen. Sie wusste, dass sie sich von Antonio nicht provozieren lassen durfte, aber es fiel ihr schwer, in diesem fremden Land und bei Leuten, die sie nicht gut kannte. Die Di Mercurios waren zwar ihre Verwandtschaft mütterlicherseits, doch sie gaben sich alles andere als gastfreundlich oder gar fürsorglich. In den vier Wochen, die sie nun bereits in der Villa in Italien lebte, hatte keiner von ihnen je auch nur ein einziges nettes Wort an sie gerichtet.

    Rosa setzte sich plötzlich kerzengerade hin und blickte zur Tür. Hatte Antonio etwa auf der Flucht vor der fliegenden Schale vergessen, hinter sich abzuschließen? Sie konnte sich nicht erinnern, das Klimpern des alten Metallschlüssels oder das quietschende Einrasten des Schlosses vernommen zu haben. Rosa wagte kaum, sich Hoffnungen zu machen, als sie aufstand und das Zimmer durchquerte. Sie legte eine Hand auf den Türgriff und fragte sich, ob es sich nur um eine üble List ihres Cousins handelte, der vielleicht hinter der Tür auf ihren Fluchtversuch wartete.

    Doch sie durfte keine noch so kleine Chance ungenutzt lassen. Vorsichtig drückte sie den Türgriff hinunter und hätte vor Freude fast aufgeschrien, als sich die Tür widerstandslos öffnete. Rasch schaute sie sich auf dem Gang um. Es war keine Menschenseele zu sehen. Da die Di Mercurios sonst zu jeder Tages- und Nachtzeit die Tür zu ihrem Zimmer verriegelten, bestand für die Familie keine Notwendigkeit, eine Wache aufzustellen.

    Leise schloss Rosa die Tür und lehnte den Kopf von innen gegen das raue Holz. Endlich bot sich ihr die Gelegenheit zu fliehen. Seit sie hier angekommen war, hielt man sie in dem kleinen Zimmer gefangen. Nur eine Stunde täglich ließ man sie hinaus, damit sie sich ein wenig an der frischen Luft bewegen konnte. Dabei wurde sie immer streng von einem der zahlreichen Onkel und Cousins bewacht. Die Di Mercurios wollten sie vor der Welt verstecken, damit sie der Familie keine Schande bereitete. Dies war also ihre einzige Chance, und sie durfte sie nicht verspielen, indem sie jetzt kopflos handelte.

    Sie legte sich ihr Cape um, sammelte eilig die nötigsten Habseligkeiten zusammen und verschnürte sie zu einem Bündel. Kurz bevor sie das Zimmer verließ, ließ sie eine Hand unter die Matratze gleiten und zog die kleine Geldbörse hervor, die sie die ganze Zeit während der Reise nach Italien und der Gefangenschaft in der Villa sorgfältig versteckt gehalten hatte. Ohne sich noch einmal nach dem Zimmer umzublicken, das einen Monat lang ihre Gefängniszelle gewesen war, hastete sie auf den Gang und hinaus in den Hof.

    Der Garten lag in tiefer Dunkelheit, und Rosa brauchte ein paar Minuten, bis sich ihre Augen daran gewöhnt hatten. Glücklicherweise kannte sie diesen Teil des Geländes von den kurzen täglichen Runden im Freien. Sie tastete sich an der Hauswand entlang und überlegte, wie sie am besten entkommen konnte.

    „Nun sei doch nicht so, Maria."

    Das war Antonios Stimme! Rosa blieb wie angewurzelt stehen, und das Herz pochte ihr so laut in der Brust, dass es eigentlich weithin hätte vernehmbar sein müssen.

    „Ich habe dir nie mehr als ein paar vergnügliche Nächte versprochen. Schließlich bist du nur ein Dienstmädchen."

    Rosa konnte Marias Antwort nicht verstehen, doch allein die Stimmlage verriet die Gefühle des Mädchens. Zweifellos hatte Antonio der jungen Bediensteten etwas vorgegaukelt, damit sie sich auf Intimitäten einließ.

    Unter normalen Umständen wäre Rosa dem Mädchen zur Hilfe geeilt und hätte den Cousin zur Rede gestellt, doch an diesem Abend musste sie an sich denken. Sie würde es nicht ertragen, weitere fünf Monate eingesperrt zu werden, aber vor allem durfte sie nicht zulassen, dass die Di Mercurios ihr das Baby wegnahmen, um es einer fremden Familie zu geben. Rosa kämpfte nicht mehr nur um ihre eigene Zukunft. Leise durch die Nacht schleichend entfernte sie sich immer weiter von der Villa und huschte an der Begrenzungsmauer entlang. Schließlich erreichte sie den großen Zitronenbaum an der südlichsten Ecke des Grundstücks. Sie war zuversichtlich, es hier über die Mauer in die Freiheit zu schaffen. Selbst wenn jemand aufmerksam durch die Fenster blickte, war der Baum so weit vom Haus entfernt, dass sie unbemerkt hinaufklettern konnte.

    Als der Zitronenbaum über ihr aufragte, vergewisserte sie sich noch einmal, dass ihr niemand gefolgt war, bevor sie sich auf den untersten Ast schwang. Die Villa und der Hof lagen in vollkommener Stille da, und auch Antonio und das unglückliche Dienstmädchen schienen wieder hineingegangen zu sein.

    Rosa war Bäume hochgeklettert, seit sie ein kleines Mädchen gewesen war, doch aus Sorge um das Baby, das sie unter ihrem Herzen trug, kletterte sie besonders langsam und vorsichtig. Wenig später saß sie auf der Steinmauer und versuchte auszuloten, wie groß der Abstand zum Boden war. Da die Mauer an einem Hang gebaut war, ging es tiefer hinab als auf der Seite, die der Villa zugewandt war. Ein steiniger Pfad führte an der Mauer entlang, und es war nichts erkennbar, was ihre Landung abfedern würde. Sie wollte sich ganz langsam hinunterlassen und so lange wie möglich an der Mauerkante festhalten, doch als sie sich umdrehte, verlor sie das Gleichgewicht. Leise aufschreiend fiel sie rücklings hinunter. Sie konnte nur noch schützend die Arme um den Bauch legen und auf ein Wunder hoffen.

    Thomas blieb die Luft weg, als plötzlich etwas von oben auf ihn herabfiel. Einen Augenblick zuvor war er noch gedankenverloren durch die Nacht spaziert, im nächsten lag er auf dem steinigen Boden und konnte sich nicht rühren.

    „Oh …", stöhnte eine zarte Stimme über ihm.

    Thomas hob eine Hand und spürte Stoff. Wenn er sich nicht sehr irrte, lag eine Frau auf ihm, auch wenn er keine Ahnung hatte, wie es dazu gekommen war.

    „Verzeihen Sie", sagte er schließlich auf Italienisch, als die Frau sich nicht von der Stelle rührte. Er musste beinahe über seine eigene Höflichkeit lachen – selbst nach drei Jahren in der Fremde hatte er seine guten englischen Manieren nicht abgelegt.

    Sie drehte sich und bohrte ihm die Finger in den Brustkorb, während sie den Oberkörper aufrichtete. Wie benommen beobachtete Thomas, wie die junge Frau die Hände über ihren Körper gleiten ließ, als ob sie ihn nach Beulen und Schrammen untersuchte. Zärtlich strich sie in Bauchhöhe über ihr Kleid.

    „Sind Sie verletzt?", fragte sie ihn. Sie sprach Italienisch, doch ihr Akzent ließ Thomas vermuten, dass sie ursprünglich aus seinem Heimatland kam.

    „Ich bin nur ein wenig außer Atem", antwortete er auf Englisch, um seine Vermutung zu überprüfen.

    „Sie sind Engländer?"

    „Ja, bestätigte er knapp. „Würde es Ihnen etwas ausmachen, aufzustehen, damit ich mich hinsetzen kann?

    „Durchaus nicht", entgegnete die junge Frau verlegen, der erst jetzt bewusst zu werden schien, dass sie auf seinem Oberkörper saß. Eilig erhob sie sich, schrie jedoch vor Schmerzen auf, als sie das Gewicht auf ihr linkes Bein verlagerte. Thomas sah, dass sie strauchelte, sprang rasch hoch und hielt die Unbekannte stützend an der Taille fest.

    Bevor er einen Entschluss fasste, was als Nächstes zu tun war, betrachtete er die Frau einen Moment lang. Ihr Haar wirkte ein wenig zerzaust, doch er musste sich schon sehr täuschen, wenn es sich bei ihr um eine gewöhnliche Diebin handelte, die versuchte, vom Grundstück der Di Mercurios zu entkommen. Dafür war sie zu gut gekleidet, und auch sonst sprach alles dagegen.

    „Weshalb sind Sie von der Mauer gesprungen?", fragte Thomas.

    „Ich bin nicht gesprungen, ich fiel", antwortete sie gereizt.

    „Dann lassen Sie mich die Frage anders formulieren: Weshalb sind Sie überhaupt auf die Mauer geklettert?"

    „Das geht Sie nichts an", erwiderte sie, als ob er sie beleidigt hätte.

    Thomas zuckte gelassen mit den Schultern. Er würde sie nicht unter Druck setzen. Bestimmt würde sie ihm die Wahrheit auch so erzählen.

    „Möchten Sie, dass ich Sie zurück zur Villa der Di Mercurios begleite oder jemanden von dort hole, der Ihnen hilft?", erkundigte er sich leichthin.

    Sie wurde leichenblass, als ob alles Blut aus ihrem Gesicht gewichen wäre.

    „Bitte machen Sie sich um mich keine Gedanken, sagte sie. „Ich gehe einfach meiner Wege, und Sie können Ihren Abend so fortsetzen, wie Sie es geplant haben.

    „Ohne Hilfe werden Sie nicht weit kommen." Er wies auf ihren linken Knöchel.

    „Bitte, ich möchte Sie wirklich nicht länger aufhalten", gab sie mit übertriebener Höflichkeit zurück.

    Neugierig beobachtete er, wie sie mit schmerzverzerrtem Gesicht auf einem Bein über den Weg hüpfte.

    „Ich glaube, es hat noch nie jemand solche Qualen auf sich genommen, um meiner Gesellschaft zu entgehen", sprach er seinen Gedanken laut aus, bevor er sich anschickte, neben ihr herzugehen.

    Sie würdigte ihn keines Blickes und hüpfte tapfer weiter.

    „Ich hoffe, Sie haben keine dringende Verabredung. Auf diese Weise kommen Sie nämlich nicht sehr schnell voran." Dieser Kommentar brachte ihm zwar einen finsteren Blick, aber keine Entgegnung ein.

    Plötzlich blieb sie stehen, wechselte die Richtung und hüpfte schwankend auf die andere Seite des Weges. Thomas sah zu, wie sie einen dicken Stock vom Boden aufhob und ausprobierte, ob er als provisorische Krücke taugte. Der Stock erwies sich als wenig hilfreich.

    „Lassen Sie mich raten, sagte er, während sie weiterhüpfte. „Sie sind eine in Ungnade gefallene Bedienstete und haben das Familiensilber gestohlen.

    „Machen Sie sich nicht lächerlich."

    Zwei Hüpfer weiter machte sie eine Pause und blickte über die Schulter zurück. Die Enttäuschung über die geringe Entfernung, die sie zurückgelegt hatte, war ihr anzumerken.

    „Sie wurden gezwungen, einen der widerlichen Männer aus der Familie Di Mercurio zu heiraten, und sind vor der Hochzeitsnacht geflohen."

    „Das wäre in der Tat ein guter Grund, das Weite zu suchen", murmelte die junge Frau.

    „Ich habe es!, rief Thomas aus. „Die Di Mercurios hatten vor, Sie in einem Blutritus dem Teufel zu opfern.

    „Weshalb folgen Sie mir?" Sie blickte ihn streng an.

    „Ich dachte, Sie könnten vielleicht doch Hilfe brauchen."

    Stirnrunzelnd deutete sie auf den beinahe nutzlosen Stock. „Da Sie mir bisher keine Stütze sind, kann ich Sie nur auffordern, mich in Ruhe zu lassen."

    „Ich könnte Ihnen durchaus eine Stütze sein, wenn Sie mich nett darum bitten. Er schenkte ihr ein freundliches Lächeln. „Außerdem möchte ich vorher wissen, weshalb Sie über die Mauer geklettert sind.

    Sie scheint recht stur zu sein, dachte er, als sie erhobenen Hauptes ein paar Schritte weiterhumpelte.

    „Ich wurde gefangen gehalten. Würden Sie mir jetzt bitte endlich helfen?"

    „Nun, das ist nicht gerade die liebenswürdigste Art, eine Bitte vorzutragen, aber ein Gentleman kann über solche Kleinigkeiten hinwegsehen. Mit einer schwungvollen Bewegung hob Thomas sie hoch und unterdrückte ein Grinsen, als er ihr überraschtes Aufkreischen vernahm. „Wohin darf ich Sie bringen, Mylady?

    Es kam keine Antwort, und er sah, dass sie offenbar angestrengt nachdachte. Aus irgendeinem Grund war sie von den Di Mercurios eingesperrt worden, und es war ihr gelungen, zu fliehen. Allerdings schien sie ihre Flucht nicht viel weiter als bis über die Mauer geplant zu haben. Darauf hätte er sein gesamtes Erbe verwettet.

    „Möchten Sie vielleicht zum örtlichen Magistrat, um die Freiheitsberaubung anzuzeigen?, schlug Thomas vor und musste beinahe über ihren gequälten Blick lachen. „Oder sollten wir uns besser direkt an den Governatore wenden, da die Di Mercurios in dieser Gegend über zu großen Einfluss verfügen?

    Noch immer schwieg die Frau in seinen Armen.

    „Wie heißen Sie?", fragte er.

    „Miss Rosa Rothwell."

    „Nun, Rosa, sagte er und genoss ihren empörten Blick, weil er sie so vertraulich ansprach. „Es ist Zeit für eine Entscheidung. Wie lautet der Plan?

    „Ich wäre dankbar, wenn Sie mich zu einem Gasthof in der Nähe brächten", antwortete sie mit Nachdruck.

    „Ich möchte keinen wohldurchdachten Plan infrage stellen, aber der Gasthof im Dorf dürfte wohl der erste Ort sein, an dem die Di Mercurios nach einer flüchtigen Person suchen."

    „Ich werde den Gastwirt um Verschwiegenheit bitten."

    „Seine Schweigsamkeit wird davon abhängen, wer die dickere Geldbörse besitzt oder wer der einflussreichste Landbesitzer rund um den See ist."

    Rosa verfiel erneut in Schweigen, und Thomas sah sie besorgt an. „Sind Sie sicher, dass Sie Ihren Streit mit den Di Mercurios nicht beilegen können?, fragte er ernst. „Das wäre das Einfachste.

    „Das ist völlig unmöglich. An der Entschiedenheit, mit der sie die Worte aussprach, erkannte er, in was für einer misslichen Lage sie sich befand. Sie steckte in Schwierigkeiten, in ernsthaften Schwierigkeiten, die sich nicht mit einer Entschuldigung oder einem versöhnlichen Händeschütteln aus dem Weg räumen ließen. Es fiel ihm schwer, sich vorstellen, dass die Di Mercurios die junge Frau wirklich gefangen gehalten hatten. Immerhin handelte es sich um eine angesehene Familie. Indes wusste er nichts über die Einzelheiten. „Ich muss von hier fort, sagte sie leise. „Ich muss zurück nach England."

    Thomas beschleunigte seine Schritte auf dem staubigen Weg und spürte, dass Rosa ihm den rechten Arm drückte.

    „Wohin gehen wir?", fragte sie.

    „Eine Meile entfernt von hier habe ich eine Villa gemietet, antwortete er. „Dort können Sie über Nacht bleiben, und alles Weitere werden wir dann morgen früh in die Wege leiten.

    „Ich bin mir nicht sicher, ob …"

    „Ihnen bleibt keine andere Wahl, fiel er ihr ins Wort. „Entweder Sie kommen mit, oder die Di Mercurios werden Sie binnen Kurzem finden.

    „Ich bin eine junge Frau aus gutem Hause", entgegnete Rosa steif.

    „Sie können mir glauben, dass ich mich Ihnen nicht nähern werde. In meinem Haus sind Sie in Sicherheit."

    Nicht, dass sie nicht hübsch und attraktiv wäre, auf eine unschuldige Art und Weise … Aber Thomas war schon lange nicht mehr in Versuchung geraten, und diese zerzauste junge Frau würde ihn gewiss nicht von seinem vorbestimmten Weg abbringen.

    2. KAPITEL

    Thomas setzte sie behutsam auf dem bequemen Lehnstuhl auf der hinteren Terrasse der gemieteten Villa ab. Rosa wirkte einen Augenblick wie gebannt, als sie den See und die dahinterliegenden Berge sah. Die nächtliche Schwärze des Wassers betonte die schneebedeckte Silhouette der Berge vor dem sternklaren Himmel. Obgleich sie sich seit einem Monat in Italien aufhielt, hatte sie seit ihrer Ankunft nichts gesehen, was außerhalb der Mauern der Di Mercurios lag.

    „Schön, nicht wahr?"

    Sie betrachtete ihren Gastgeber einen Augenblick und überlegte, was sie von ihm halten sollte. Er war selbstbewusst und arrogant – ein Mann, der es gewohnt war, seinen Willen durchzusetzen. Seine bevormundende Art hatte ihr von Anfang an nicht behagt, aber sie hatte sich auf die Zunge gebissen, weil … nun, weil sie nicht wusste, wohin sie sonst gehen sollte.

    „Wer sind Sie?", fragte Rosa, während sie die teuren Terrassenmöbel und den zweifellos nicht minder kostspieligen Ausblick registrierte.

    „Hunter. Lord Thomas Hunter. Ich bin erfreut, Ihre Bekanntschaft zu machen, Miss Rosa Rothwell." Aus seinem Munde klang ihr Name wie ein hübsches Kompliment.

    „Leben Sie allein hier?", fragte sie.

    „Machen Sie sich keine Sorgen, entgegnete Thomas mit müdem Lächeln. „Ich halte mich an das, was ich gesagt habe. Ihre Jungfräulichkeit ist hier nicht in Gefahr.

    Unwillkürlich legte Rosa eine Hand auf ihren Unterleib, strich über den Stoff des Kleides und dachte an das wachsende Leben, das sie ruiniert hatte. Sie hatte ihre Unschuld verloren, was jedoch nicht bedeutete, dass sie nicht mehr auf sittliche Regeln und Schicklichkeit achtete. Allein in einem Haus mit einem ziemlich attraktiven Gentleman die Nacht zu verbringen stand ganz sicher weit oben auf der Liste der Dinge, die eine junge Dame niemals tun durfte. Diese lange Liste hatte ihre Mutter ihr von klein auf vorgebetet. Nichtsdestotrotz war sie jetzt hier, ihr blieb keine andere Wahl, und sie war bereit, ihr Schicksal und die bereits befleckte Ehre in die Hände von Lord Thomas Hunter zu geben. Ihre Mutter wäre entsetzt gewesen.

    Lord Hunter verschwand für ein paar Minuten in der Villa, bevor er mit einer Flasche Wein und zwei Gläsern zurückkehrte. Sie beobachtete, wie er die Flasche entkorkte und die beiden Kelche füllte.

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