Gib der Liebe eine Chance: Der neue Dr. Laurin 113 – Arztroman
Von Viola Maybach
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Über dieses E-Book
Die Familiengeschichte des Klinikchefs Dr. Leon Laurin tritt in eine neue Phase, die in die heutige moderne Lebenswelt passt.
Da die vier Kinder der Familie Laurin langsam heranwachsen, möchte Dr. Laurins Frau, Dr. Antonia Laurin, endlich wieder als Kinderärztin arbeiten. Somit wird Antonia in der Privatklinik ihres Mannes eine Praxis als Kinderärztin aufmachen.
Damit ist der Boden bereitet für eine große, faszinierende Arztserie, die das Spektrum um den charismatischen Dr. Laurin entscheidend erweitert.
»Es ist alles in bester Ordnung«, sagte Leon Laurin zu seiner neuen Patientin, als sie nach der gynäkologischen Untersuchung angezogen wieder vor seinem Schreibtisch saß. »Gut«, erwiderte sie und erhob sich. »Bitte, bleiben Sie noch einen Moment«, sagte er schnell, woraufhin sie sich zögernd wieder hinsetzte. »Oder haben Sie es besonders eilig?« Sie schüttelte den Kopf, ihr Blick war abwartend. Normalerweise kamen seine Patientinnen auch zu ihm, um zu reden, aber bei Mara Senger war das offenbar nicht der Fall. Sie war vor einer halben Stunde gekommen, er hatte ihr, da er sie nicht kannte, zu Beginn ein paar Fragen gestellt und einsilbige Antworten darauf bekommen, anschließend hatte er sie untersucht. Er glaubte nicht, dass sie in dieser halben Stunde mehr als fünf ganze Sätze gesagt hatte, obwohl er sich sehr bemüht hatte, so etwas wie ein Gespräch mit ihr zu führen. Aber offenbar war sie daran nicht interessiert, er wurde nicht klug aus ihr. Sie war achtundzwanzig Jahre alt und eine dieser schönen Blondinen, nach denen sich nicht nur Männer auf der Straße gerne umdrehen. Ihre Haare waren sehr hell, sie trug sie lang, und sie kleidete sich geschmackvoll. Sie hatte ihm immerhin, auf seine Frage hin, geantwortet, dass sie als Übersetzerin arbeitete. Nein, sie war nicht zu ihm gekommen, weil sie Beschwerden hatte, sondern weil sie wieder einmal gelesen hatte, wie wichtig regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen seien. Sie war, erklärte sie, schon jahrelang bei keiner mehr gewesen. Er hatte gewartet, ob sie vielleicht von sich aus noch etwas hinzufügen würde, doch das hatte sie nicht getan. Sie trug keinen Ring, das bedeutete aber nicht unbedingt, dass sie alleinstehend war. Fragen wollte er nicht danach, er hatte ohnehin schon Angst, sie könnte ihn aufdringlich finden.
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Buchvorschau
Gib der Liebe eine Chance - Viola Maybach
Der neue Dr. Laurin
– 113 –
Gib der Liebe eine Chance
Unveröffentlichter Roman
Viola Maybach
»Es ist alles in bester Ordnung«, sagte Leon Laurin zu seiner neuen Patientin, als sie nach der gynäkologischen Untersuchung angezogen wieder vor seinem Schreibtisch saß.
»Gut«, erwiderte sie und erhob sich.
»Bitte, bleiben Sie noch einen Moment«, sagte er schnell, woraufhin sie sich zögernd wieder hinsetzte. »Oder haben Sie es besonders eilig?«
Sie schüttelte den Kopf, ihr Blick war abwartend. Normalerweise kamen seine Patientinnen auch zu ihm, um zu reden, aber bei Mara Senger war das offenbar nicht der Fall. Sie war vor einer halben Stunde gekommen, er hatte ihr, da er sie nicht kannte, zu Beginn ein paar Fragen gestellt und einsilbige Antworten darauf bekommen, anschließend hatte er sie untersucht. Er glaubte nicht, dass sie in dieser halben Stunde mehr als fünf ganze Sätze gesagt hatte, obwohl er sich sehr bemüht hatte, so etwas wie ein Gespräch mit ihr zu führen. Aber offenbar war sie daran nicht interessiert, er wurde nicht klug aus ihr.
Sie war achtundzwanzig Jahre alt und eine dieser schönen Blondinen, nach denen sich nicht nur Männer auf der Straße gerne umdrehen. Ihre Haare waren sehr hell, sie trug sie lang, und sie kleidete sich geschmackvoll. Sie hatte ihm immerhin, auf seine Frage hin, geantwortet, dass sie als Übersetzerin arbeitete. Nein, sie war nicht zu ihm gekommen, weil sie Beschwerden hatte, sondern weil sie wieder einmal gelesen hatte, wie wichtig regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen seien. Sie war, erklärte sie, schon jahrelang bei keiner mehr gewesen.
Er hatte gewartet, ob sie vielleicht von sich aus noch etwas hinzufügen würde, doch das hatte sie nicht getan. Sie trug keinen Ring, das bedeutete aber nicht unbedingt, dass sie alleinstehend war. Fragen wollte er nicht danach, er hatte ohnehin schon Angst, sie könnte ihn aufdringlich finden. Aber er musste doch wissen, mit wem er es zu tun hatte! Er sah seine Patientinnen ja nicht als ›Fälle‹ an, sondern als Menschen, er versuchte, sich ein Bild von ihnen zu machen. Doch genau das schien Frau Senger nicht zu behagen.
»Mir ist aufgefallen«, sagte er jetzt, »dass Sie, als Sie kamen, völlig außer Atem waren. Kommt das öfter vor?«
»Ja«, antwortete Mara Senger gleichmütig.
»Waren Sie spät dran? Sind Sie schnell gelaufen?«
»Nein.«
Er fragte sich, ob sie jemals lächelte oder gar lachte, und er versuchte, sich vorzustellen, wie sie dann aussähe. Es gelang ihm nicht. Ihr Gesicht war und blieb verschlossen, ihr rechter Fuß wippte leicht auf und ab, als wäre sie ungeduldig. Vermutlich war sie das.
»Messen Sie gelegentlich Ihren Blutdruck?«
»Nein.« Ein Hauch von Erstaunen lag in Mara Sengers Blick, aber sie fragte nicht, warum er das wissen wollte.
»Ich würde ihn gern noch messen«, fuhr Leon fort. »Fühlen Sie sich öfter müde und erschöpft, obwohl Sie sich gar nicht übermäßig angestrengt haben?«
Für einen Moment blitzte etwas auf im Gesicht seiner Patientin, das er zuvor noch nicht gesehen hatte. Beunruhigung, vielleicht sogar Angst. »Ja, schon«, sagte sie zögernd, und endlich fragte sie: »Warum wollen Sie das wissen? Ich bin nicht krank, nur manchmal etwas müde.«
Er stand auf, holte das Blutdruckmessgerät und legte ihr die Manschette um. »Jetzt messen wir erst einmal«, sagte er ruhig, ohne ihre Frage zu beantworten.
Er maß zweimal, zur Sicherheit, danach sagte er: »Sie haben Bluthochdruck, Frau Senger, und zwar erheblich. Die gynäkologische Untersuchung hat nichts Beunruhigendes ergeben, aber wenn Sie mit achtundzwanzig Jahren außer Atem sind, ohne sich angestrengt zu haben, ist etwas nicht in Ordnung. Ich wollte das bei Ihrem Eintreffen nicht gleich zur Sprache bringen, weil wir beide uns ja noch gar nicht kennen, aber ich bitte Sie dringend, sich gründlich untersuchen zu lassen. Wer ist Ihre Hausärztin oder Ihr Hausarzt?«
Sie war blass geworden bei seinen Worten und antwortete erst nach sekundenlangem Zögern. »Niemand. Ich … habe bisher keinen Arzt gebraucht.«
»Wir können die fälligen Untersuchungen hier in der Klinik machen, wenn Sie wollen. Hatten Sie jemals Probleme mit dem Herzen?«
Sie schüttelte langsam den Kopf, noch immer war sie sehr blass.
»Dann sollten wir mit einem EKG anfangen. Es ist ja keine große Sache. Und die Lunge muss natürlich auch untersucht werden. Wenn Sie wollen, mache ich die entsprechenden Termine mit unserer Kardiologie und den Lungenfachärzten aus.«
Sie schluckte, schien etwas sagen zu wollen, blieb aber stumm.
»Frau Senger?«
»Ich … ich würde jetzt gerne gehen und erst einmal darüber nachdenken.«
»Tun Sie das. Aber wenn ich Ihnen einen Rat geben darf: Schieben Sie das nicht auf die lange Bank. Durch Warten bessert sich nichts.«
Sie nickte, stand auf, dankte ihm mit leiser Stimme für seine Bemühungen und ging. Er fühlte sich wie ein Versager. Sie war offensichtlich nicht gesund, aber er hatte es nicht geschafft, sie davon zu überzeugen, dass sie sich untersuchen lassen musste. Sie würde nach Hause gehen und das Gespräch mit ihm vergessen oder verdrängen.
Er war sicher, dass er sie nicht wiedersehen würde.
*
»Wir müssen was machen, Opa«, sagte der kleine Paul Senger, meistens Paulchen genannt, zu seinem Großvater, dem großen Paul Senger. »So geht es nicht weiter mit Mama.«
»Ich weiß, Paulchen.« Paul Senger fuhr sich mit einer Hand durch die sehr kurz geschnittenen silbergrauen Haare, während seine dunklen Augen liebevoll auf seinem einzigen Enkel ruhten. »Aber ich weiß nicht, was wir tun könnten. Auf mich hört sie nicht, wenn ich ihr Ratschläge gebe, weil sie findet, dass ich nicht beurteilen kann, was gut für sie ist und was nicht – und vielleicht stimmt das ja sogar. Und auf dich …«
»… auf mich hört sie sowieso nicht, weil ich noch ein Kind bin«, stellte der kleine Paul fest. »Dabei weiß ich besser, was mit ihr los ist als sie, aber wenn ich ihr das sage, glaubt sie mir nicht.«
Sein Opa nickte. Der kleine Paul, der seiner Mama sehr ähnlich sah, denn er hatte hellblonde Haare und schöne blaue Augen wie sie, war mit seinen acht Jahren ein sehr verständiger, kluger Junge. Er hatte seinen Papa verloren, als er fünf gewesen war, und dieses Ereignis hatte aus dem lustigen kleinen Kerl in kürzester Zeit einen Jungen gemacht, der immer noch lustig sein konnte, der aber schon wusste, wie sich Schmerz anfühlt und dass es unterschiedliche Arten und Weisen gibt, damit umzugehen. Dabei hatte er das Glück gehabt, dass er zu jeder Zeit mit seinem Opa, dem Schwiegervater seiner Mutter, über den Papa, die Mama, den Himmel, den Tod und ein mögliches Leben danach hatte reden können.
Pauls Opa, der große Paul, wusste auch, was Schmerz ist, denn er hatte seine Frau schon vor Jahren verloren und dann auch noch seinen einzigen Sohn, und so führten Opa und Enkel ganz selbstverständlich Gespräche über Sinn und Unsinn des Lebens, und beiden halfen sie. Mit seiner Mama konnte der kleine Paul nicht so gut reden, denn sie hatte sich, so beschrieb er es manchmal, wie eine Schnecke in ihr Haus zurückgezogen. Sie