Ich bin nicht Marilyn!: Der neue Dr. Laurin 109 – Arztroman
Von Viola Maybach
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Über dieses E-Book
Die Familiengeschichte des Klinikchefs Dr. Leon Laurin tritt in eine neue Phase, die in die heutige moderne Lebenswelt passt.
Da die vier Kinder der Familie Laurin langsam heranwachsen, möchte Dr. Laurins Frau, Dr. Antonia Laurin, endlich wieder als Kinderärztin arbeiten. Somit wird Antonia in der Privatklinik ihres Mannes eine Praxis als Kinderärztin aufmachen.
Damit ist der Boden bereitet für eine große, faszinierende Arztserie, die das Spektrum um den charismatischen Dr. Laurin entscheidend erweitert.
»Mir tun die Füße weh«, sagte Selina Warburg, ließ sich auf eine Holzbank fallen und legte die Beine auf einen Stuhl. »Und mir tut der Rücken weh.« Kristin Andermatt blieb stehen und machte ein paar Dehnübungen, streckte den Oberkörper nach hinten, nach vorne und zu den Seiten, bevor sie ihn nach unten fallen ließ. So blieb sie stehen, mit dem Kopf vor den Schienbeinen, während sie leicht nach unten und oben wippte. Hinter dem Tresen stand Willi Fahrenholz, ihr Chef, nachdem er zuvor bereits angefangen hatte, aufzuräumen und ein bisschen zu fegen. Er zapfte drei Pils, die er eigenhändig zu dem Tisch trug, an dem Selina saß. »Prost«, sagte er. »War ein harter Abend, ich weiß.« »Danke, Willi«, seufzte Selina, griff nach dem Bier und leerte das Glas mit einem Zug bis zur Hälfte. »Oh, das war jetzt echt gut«, sagte sie, legte den Kopf zurück und schloss die Augen, während sie mit den Zehen wackelte. Ihre Schuhe hatte sie inzwischen abgestreift. Kristin rollte den Oberkörper langsam nach oben, streckte sich ein letztes Mal und setzte sich zu den beiden anderen, auch sie ließ sich ihr Bier schmecken. Willi grinste und griff ebenfalls nach seinem Glas. So saßen sie jeden Abend, wenn die letzten Gäste ›Willis Kneipe am Eck‹ verlassen hatten, noch für ein paar Minuten zusammen und ließen den Tag ausklingen. Willi stand seit fünfundzwanzig Jahren hinter dem Tresen. Damals, mit dreißig, hatte er sein Lokal eröffnet und bereits gewusst, dass er nicht zum Angestellten geboren war.
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Buchvorschau
Ich bin nicht Marilyn! - Viola Maybach
Der neue Dr. Laurin
– 109 –
Ich bin nicht Marilyn!
Unveröffentlichter Roman
Viola Maybach
»Mir tun die Füße weh«, sagte Selina Warburg, ließ sich auf eine Holzbank fallen und legte die Beine auf einen Stuhl.
»Und mir tut der Rücken weh.« Kristin Andermatt blieb stehen und machte ein paar Dehnübungen, streckte den Oberkörper nach hinten, nach vorne und zu den Seiten, bevor sie ihn nach unten fallen ließ. So blieb sie stehen, mit dem Kopf vor den Schienbeinen, während sie leicht nach unten und oben wippte.
Hinter dem Tresen stand Willi Fahrenholz, ihr Chef, nachdem er zuvor bereits angefangen hatte, aufzuräumen und ein bisschen zu fegen. Er zapfte drei Pils, die er eigenhändig zu dem Tisch trug, an dem Selina saß. »Prost«, sagte er. »War ein harter Abend, ich weiß.«
»Danke, Willi«, seufzte Selina, griff nach dem Bier und leerte das Glas mit einem Zug bis zur Hälfte. »Oh, das war jetzt echt gut«, sagte sie, legte den Kopf zurück und schloss die Augen, während sie mit den Zehen wackelte. Ihre Schuhe hatte sie inzwischen abgestreift.
Kristin rollte den Oberkörper langsam nach oben, streckte sich ein letztes Mal und setzte sich zu den beiden anderen, auch sie ließ sich ihr Bier schmecken. Willi grinste und griff ebenfalls nach seinem Glas. So saßen sie jeden Abend, wenn die letzten Gäste ›Willis Kneipe am Eck‹ verlassen hatten, noch für ein paar Minuten zusammen und ließen den Tag ausklingen.
Willi stand seit fünfundzwanzig Jahren hinter dem Tresen. Damals, mit dreißig, hatte er sein Lokal eröffnet und bereits gewusst, dass er nicht zum Angestellten geboren war. Er wollte sein eigener Chef sein, mit allen Unwägbarkeiten, die das mit sich brachte. Tatsächlich hatte er tiefe Täler durchschreiten müssen, aber seine Kneipe gab es immer noch, und darauf war er stolz, zumal sie in den letzten Jahren besser lief denn je.
Heute war Willi ein Mann mit schulterlangen, gepflegten grauen Locken und einem ordentlich gestutzten Bart. Um die Mitte herum war er etwas fülliger geworden, das stand ihm gut, und da er ein zufriedener, in sich ruhender Mensch war, saßen die Gäste gern an seinem Tresen und vertrauten ihm ihre Kümmernisse an. Er kannte alle, die häufiger kamen, mit Namen, behielt, auch im Gespräch, dennoch das Lokal im Blick und wenn es etwas zu feiern gab, spendierte er auch gerne einmal eine Lokalrunde. Leute, die sich schlecht benahmen, warf er aus dem Lokal und empfahl ihnen dringend, sich nie wieder blicken zu lassen, da kannte er nichts. Dem Zulauf an Gästen schadete das nicht, im Gegenteil.
Je älter Willi wurde, desto mehr wurde er zu einem Original, das man unbedingt kennen musste. Die Frauen liebten ihn, und nicht wenige hatten schon versucht, ihn für sich zu gewinnen. Aber Willi liebte die Frauen zwar auch, aber seine Unabhängigkeit noch ein bisschen mehr. Mit einer allein wollte er sich nicht zufriedengeben, und so kam es immer wieder zu bitteren Enttäuschungen bei denen, die ihm zumindest zeitweise etwas näherkamen. Wenn es dann zu Ende war, wirkte Willi immer ein bisschen erleichtert, während sich die Frauen nicht mehr im Lokal blicken ließen. Zumindest eine Zeit lang nicht. Danach kamen viele wieder, warfen Willi sehnsüchtige Blicke zu, näherten sich ihm aber nicht mehr.
Selina Warburg arbeitete schon seit ihrem neunzehnten Lebensjahr für ihn, seit zehn Jahren also. Einige Jahre zuvor hatte er sie, mehr oder weniger, auf der Straße aufgelesen, wo sie wieder einmal auf der Suche nach ihrer drogensüchtigen Mutter gewesen war. Er hatte ihr geholfen, die Mutter zu finden – und dann, sich von ihr abzunabeln. Damals war sie ein mageres dunkelhaariges Mädchen mit riesigen schwarzen Augen gewesen, sechzehn Jahre alt, und sie hatte schon in mehr Abgründe geblickt, als andere in einem langen Leben.
Mit vierzehn war sie, obwohl klug und lernbegierig, von der Schule gegangen, um sich um ihre Mutter zu kümmern. Damit war sie natürlich vollkommen überfordert gewesen. Willi hatte ihr klargemacht, dass es Zeit wurde, sich um sich selbst zu kümmern, und so hatte Selina eine Ausbildung zur Restaurantfachfrau gemacht, danach war sie seine erste Angestellte geworden. Seitdem gab es in seinem Lokal auch Kleinigkeiten zu essen. ›Kalte Küche‹, nannte Selina das, aber sie hatte eine richtige Kunst daraus gemacht, und auch dafür war Willis Lokal heute bekannt und berühmt.
Von der mageren Sechzehnjährigen war jedenfalls nichts mehr übrig. Heute war Selina eine sehr attraktive junge Frau mit weiblicher Figur, deren dunkle Augen leuchteten, und die fast immer lächelte. Sie war, seit sie auf eigenen Füßen stand, die Ausgeglichenheit in Person, so schnell warf sie nichts mehr um.
Kristin war zuletzt dazugestoßen, sie jobbte hier als Aushilfe und hatte sich schnell mit Selina und Willi angefreundet. »Du passt zu uns«, hatte Selina schon nach wenigen Tagen gesagt, und so fühlte es sich auch für Kristin an. Sie hatte studiert und eigentlich ganz andere Berufspläne, die sich aber aus verschiedenen Gründen nicht verwirklichen ließen. Da war der Job bei Willi nicht die schlechteste Übergangslösung. Kristin war der Typ ›schöne, aber kühle Blonde‹ – jedenfalls war es das, was die meisten Menschen dachten, wenn sie sie sahen. Doch so kühl, wie sie wirkte, war Kristin nicht. Aber im Lokal half ihr diese Ausstrahlung, da wagten es die angeheiterten Männer nicht so ohne Weiteres, ihr mit plumpen Annäherungsversuchen zu kommen.
Doch Willi hatte auch darauf ein Auge, wenn es ihm zu bunt wurde, wies er seine Gäste ohne zu zögern zurecht. Selina und Kristin standen unter seinem Schutz, alle Stammgäste wussten das, die anderen lernten es schnell.
»Was war denn eigentlich los heute?«, fragte Kristin. »Es ist ja immer voll hier, aber so wie heute habe ich es bislang selten erlebt. War das nur wegen Günters Geburtstag?«
Günter war einer der Stammgäste, er verbrachte mehrere Abende pro Woche bei Willi.
»Er ist sechzig geworden, immerhin«, sagte Willi. »Und er hat allen Bescheid gesagt, die er kannte, sie sollten doch heute Abend kommen. Und alle sind gekommen.«
»Verrückt«, murmelte Kristin und stand wieder auf, um erneut ein paar Dehnübungen zu machen. Als sie sich wieder aufrichtete, sagte sie: »Aber trinkgeldmäßig war es heute der Hammer, den Leuten saß das Geld locker.«
»Kannst du laut sagen. Insofern sollten wir Günter dankbar sein«, fand Selina. Sie leerte ihr Glas und stand auf. »Ich muss nach Haus, Leute, tut mir leid. Es wäre schön, noch etwas mit euch hier zu sitzen und zu quatschen, aber ich kann echt nicht mehr.«
»Ich gehe mit dir«, sagte Kristin.
»Bis morgen ihr beiden. Sehr gute Arbeit heute«, sagte Willi und setzte mit breitem Lächeln hinzu: »Wie immer. Aber heute wart ihr besonders gut, ihr habt euch selbst übertroffen und euch die Zulage verdient. Waren schließlich doppelt so viele Leute da wie sonst.«
»Und die haben einen Höllenlärm gemacht, manchmal habe ich gedacht, mir platzt der Kopf«, sagte Selina.
Sie verabschiedeten sich von Willi und traten hinaus in die