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Es ging immer nur um Jungen: Erzählungen
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eBook93 Seiten1 Stunde

Es ging immer nur um Jungen: Erzählungen

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Über dieses E-Book

Inhalt:
Vorbemerkung
Der Wilde
Traum vom idyllischen Urzustand (Therapie I)
Bindung an Kinder (Therapie II)
Es ging immer nur um Jungen
Hinterlassenes Roman-Fragment von Walter Foelske

Vorbemerkung:
Dieses Buch ist vor allem dem Andenken an Walter Foelske gewidmet. Er hinterließ einen Romananfang, den er gerade begonnen hatte und an dem er bis kurz vor seinem Tod arbeitete. Dieses Fragment möchte ich als letzten Text hinter meinen im Buch einfügen und so der interessierten Leserschaft zugänglich machen. Da er wie die anderen auch um das Thema Jungen kreist, paßt er gut hierhin. Außerdem zeugt er von der lebendigen und originellen Sprachkraft dieses Autors, die mich immer wieder fasziniert, inspiriert und angespornt hat.
Ohne ihn wäre ich niemals zum Schreiben gekommen. Walter hat ständig auf mich eingewirkt, unbeirrt über mein Thema zu schreiben. Und ich habe mich oft dagegen gesträubt, bin ausgewichen, habe andere Wege ausprobiert. Letztlich bin ich aber immer wieder zu meinem Anliegen zurückgekehrt: die Leidenschaft für Jungen – in den letzten Jahrzehnten immer heftiger und absurder verpönt.

Sein Fragment hat mich dazu gebracht, meine Erzählung „Es ging immer nur um Jungen“, die Titelgeschichte dieses Buches, aber auch „Der Wilde“ zu schreiben – sowie keine Ausflüchte mehr zu machen und künftig entschlossener mein Ziel, sozusagen eine literarische Gegendarstellung zu dieser allgemein diffamierten Orientierung, im Auge zu behalten. Die beiden Therapie-Texte, eine Art Rollenprosa, loten die Anfangsgründe für diese Neigung aus: Geborgenheit unter gleichaltrigen kleinen Kindern, die mich, ein Herdentier unter ihnen von frühauf, gegen eine feindselige Erwachsenenwelt schützten – daher wohl auch mein Urmißtrauen gegen sie und vielleicht mein Gefühl der Attraktivität in der solidarischen Gemeinschaft mit Kindern.

Prototyp des Erwachsenen: Nonnen, Erzieherinnen, vor allem aber die Mutter – alles Frauen, woher auch das gestörte Verhältnis zum anderen Erwachsenengeschlecht herrühren könnte. Walter hat mir die Kindheit später mit seiner Freundschaft – wenn nicht wiedergegeben, so doch ersetzt: wir waren uns Kind und Eltern in einem und immer den sogenannten „minderjährigen“ Mitgliedern unserer Spezies zutiefst verbunden, die uns auch stets auf eine subversive Weise inspiriert haben. Ein wenig hoffe ich, mit diesem Buch sein Werk fortsetzen zu können, wenngleich sein erloschenes, nach wie vor völlig ignoriertes Schreibtalent (als „Genie“ wollte er nie bezeichnet werden) durch niemanden zu ersetzen ist.
R.K.

SpracheDeutsch
HerausgeberTrotz Verlag
Erscheinungsdatum16. März 2020
ISBN9783966862554
Es ging immer nur um Jungen: Erzählungen

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    Buchvorschau

    Es ging immer nur um Jungen - Reinhard Knoppka

    Reinhard Knoppka

    Es ging immer

    nur um Jungen

    - Wucherungen V -

    Jubiläumsausgabe 2019

    überarbeitet

    Das Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des (in erster Linie deutschen) Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors nicht statthaft. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und anderweitige auch öffentliche Veröffentlichung.

    Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;

    detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

    Reinhard Knoppka: „Es ging immer nur um Jungen"

    - Wuchrungen V -

    ISBN Broschur: 978-3-96686-205-9 

    ISBN eBuch: 978-3-96686-255-4

    Umschlagfoto: R. Knoppka

    Lektorat und Korrektorat: Olaf Müller

    Umschlaggestalter/Buchsetzer: Rosa von Zehnle

    Verlag & Vertrieb:

    www.trotz.medien-vvg.org

    trotz@medien-vvg.org

    Printed in Germany

    © Verlag

    Köln/Somogy, 17.10.2019

    Alle Rechte vorbehalten

    Inhalt

    Vorbemerkung

    Der Wilde

    Traum vom idyllischen Urzustand (Therapie I)

    Bindung an Kinder (Therapie II)

    Es ging immer nur um Jungen

    Hinterlassenes Roman-Fragment von Walter Foelske

    Für Walter

    Minderjährig – als sei das Erotische erst ab einem bestimmten Punkt mit einem Schlag da und das asexuelle Kind dann urplötzlich ein geschlechtliches Wesen! [Robert Ründeroth]

    Vorbemerkung

    Dieses Buch ist vor allem dem Andenken an Walter Foelske gewidmet. Er hinterließ einen Romananfang, den er gerade begonnen hatte und an dem er bis kurz vor seinem Tod arbeitete. Dieses Fragment möchte ich als letzten Text hinter meinen im Buch einfügen und so der interessierten Leserschaft zugänglich machen. Da er wie die anderen auch um das Thema Jungen kreist, paßt er gut hierhin. Außerdem zeugt er von der lebendigen und originellen Sprachkraft dieses Autors, die mich immer wieder fasziniert, inspiriert und angespornt hat. Ohne ihn wäre ich niemals zum Schreiben gekommen. Walter hat ständig auf mich eingewirkt, unbeirrt über mein Thema zu schreiben. Und ich habe mich oft dagegen gesträubt, bin ausgewichen, habe andere Wege ausprobiert. Letztlich bin ich aber immer wieder zu meinem Anliegen zurückgekehrt: die Leidenschaft für Jungen – in den letzten Jahrzehnten immer heftiger und absurder verpönt. Sein Fragment hat mich dazu gebracht, meine Erzählung „Es ging immer nur um Jungen, die Titelgeschichte dieses Buches, aber auch „Der Wilde zu schreiben – sowie keine Ausflüchte mehr zu machen und künftig entschlossener mein Ziel, sozusagen eine literarische Gegendarstellung zu dieser allgemein diffamierten Orientierung, im Auge zu behalten. Die beiden Therapie-Texte, eine Art Rollenprosa, loten die Anfangsgründe für diese Neigung aus: Geborgenheit unter gleichaltrigen kleinen Kindern, die mich, ein Herdentier unter ihnen von frühauf, gegen eine feindselige Erwachsenenwelt schützten – daher wohl auch mein Urmißtrauen gegen sie und vielleicht mein

    Gefühl der Attraktivität in der solidarischen Gemeinschaft mit Kindern. Prototyp des Erwachsenen: Nonnen, Erzieherinnen, vor allem aber die Mutter – alles Frauen, woher auch das gestörte Verhältnis zum anderen Erwachsenengeschlecht herrühren könnte. Walter hat mir die Kindheit später mit seiner Freundschaft – wenn nicht wiedergegeben, so doch ersetzt: wir waren uns Kind und Eltern in einem und immer den sogenannten „minderjährigen Mitgliedern unserer Spezies zutiefst verbunden, die uns auch stets auf eine subversive Weise inspiriert haben. Ein wenig hoffe ich, mit diesem Buch sein Werk fortsetzen zu können, wenngleich sein erloschenes, nach wie vor völlig ignoriertes Schreibtalent (als „Genie wollte er nie bezeichnet werden) durch niemanden zu ersetzen ist.

    R.K.

    Der Wilde

    Er sei im Schwarzwald, während einer Jagd, aufgestöbert worden, heißt es. Was daran wahr oder Legende ist, kann ich nicht beurteilen – nur, was ich selber gesehen habe: ein völlig verwilderter, um nicht zu sagen vertierter Junge, der sich nur auf allen vieren fortbewegte, sich am liebsten in dunklen Ecken aufhielt und jeden anfauchte, der ihm zu nahe kam: mit gebleckten Zähnen und gekrauster Nase, was ihm etwas Wölfisches verlieh. Und unter Wölfen soll er ja auch gelebt haben, einem anderen Gerücht zufolge: nachdem er ausgesetzt worden sei – wann, ob als Säugling oder erst als Krabbelkind, ist ungewiß. Jedenfalls muß er jahrelang wie ein wildes Tier im Wald gelebt und sich von Wurzeln, Beeren oder erjagtem Wild ernährt haben. Anfangs hat er nichts als rohes Fleisch angefaßt – vielmehr angerührt: er hat nicht mit den Händen danach gegriffen, sondern direkt mit den Zähnen zugeschnappt, wie ein Hund mit der Schnauze in den Napf.

    Zuerst haben wir, also die anderen Kinder und Jugendlichen im Heim, ihn gar nicht zu sehen bekommen. Die Erzieher, drei kräftige junge Männer, hatten ihn aus dem Kastenwagen gezerrt, in dem er getobt, gefaucht und geschrien hatte, komplett eingewickelt in eine Wolldecke, wie man sie von früher aus Jugendherbergen oder beim Bund kennt, die zugleich als eine Art Ganzkörperfessel gedient hatte, denn obwohl er an Händen und Füßen mit diesen Kabelbindern aus Plastik gefesselt gewesen war, hatte er so gezappelt und sich gewunden, sich auch an allem Greifbaren mit Klauen, sogar mit seinen Zähnen, festgehakt, daß sie ihn nur noch eingerollt in dieser Decke hatten überwältigen und fortschaffen können.

    Wohin, war uns erst unbekannt geblieben, die wir den Spektakel von unseren Zimmerfenstern aus beobachtet hatten. Später war durchgesickert, daß man eine kaum noch benutzte Abstellkammer für ihn geräumt habe, die keine Fenster hatte, weil Glasscheiben bei dem Tobsüchtigen sofort zu Bruch gegangen wären und er sich an den Splittern verletzt hätte. Als einige herausgefunden hatten, hinter welcher Tür dieser Wilde, wie er bezeichnet wurde, eingesperrt worden war, haben wir daran gekratzt und geklopft und waren laut schreiend geflohen, wenn sie ein heftiges Bumsen von der anderen Seite her so sehr hatte erbeben lassen, daß wir geglaubt hatten, sie krache vor uns aus den Fugen, und aus ihren Trümmern fahre uns ein leibhaftiger Teufel an, der uns mit Krallen und Reißzähnen zerreißen würde.

    Ich gehörte damals noch zu den Kleinen und besonders Furchtsamen, zumal ich in der Rangordnung ganz unten stand und von jedem meiner Kameraden, denen ich in die Quere gekommen wäre, empfindliche Schläge und Tritte zu erwarten hatte. Das ließ mich wachsam und auf der Hut sein. Mit anderen Worten: ich war ein ausgesprochener Angsthase, der bei der kleinsten Bedrohung quiekend Reißaus nahm – ein Umstand, der einige Größere geradezu reizte, mich zum besagten Quieken zu bringen, das ihnen durch Mark und Bein zu gehen und in ihnen einen gewissen Kitzel zu erregen schien, den sie, je nach Laune, manchmal geradezu lüstern aus mir herausschinden wollten, indem sie mich ohne besonderen Anlaß böse piesackten, bis ich mich vor lauter Hysterie eingenäßt und den diensthabenden Erzieher herbeigekreischt hatte. Der verteilte dann erst Kopfnüsse und Ohrfeigen an die mich Umstehenden, ehe er mich am Ohr hinter sich her in den Waschraum schleifte, wo er mich angewidert splitternackt auszog und in die Duschkabine stieß.

    Jetzt, mutmaßte ich, hätte ich einen noch Geringeren unter mir, wenngleich er mir körperlich wohl haushoch überlegen war. Aber er war wie ein neuer Blitzableiter für die Grausamkeit der anderen, die sie an jemandem abreagieren mußten, wozu sie sich meist einen Schwächeren aussuchten, oder, was ein zusätzlicher Reiz war, indem sie einen Starken zur Weißglut brachten, was ihn extrem gefährlich machte. Dann umhüpften sie ihn im Pulk, zwickten und zwackten ihn und versuchten seinen Ausbrüchen zu entkommen – brüllend vor Vergnügen, wenn es ihnen gelang, und heulend vor Entsetzen, wenn er sich einen von ihnen gegriffen hatte und brutal auf ihn eindrosch.

    Der Wilde schien hierfür das ideale Opfer zu sein – und selbst ich kam dabei,

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