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ZOMBIE RULES: Endzeit-Thriller
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eBook415 Seiten5 Stunden

ZOMBIE RULES: Endzeit-Thriller

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Über dieses E-Book

Zach Gundersons Leben war ohnehin schon scheiße.
Deshalb wirft es ihn auch nicht allzu sehr aus der Bahn, als plötzlich die Zombie-Apokalypse ausbricht. Zusammen mit Rick, einem in die Jahre gekommenen Vietnam-Veteran, Alkoholiker und Prepper, der das Ende der Welt schon seit Jahren kommen sieht, zieht er sich auf eine abgelegene Farm zurück. Von Rick lernt er Tipps und Tricks, um unter den neuen Gegebenheiten zu überleben. Aber er wäre kein normaler Sechzehnjähriger, wenn er nicht auch selbst ein paar Überlebenstechniken ausprobieren würde. Und wann immer sich eine Vorgehensweise besonders bewährt, findet sie Einzug in Zachs "Zombieregeln". Denn Regeln müssen sein, auch wenn der Rest der Welt den Bach runtergeht und sich, wie so oft, die Menschen als weitaus größeres Problem herausstellen …

"Wer Zombieromane mit komplexen Charakteren und einer interessanten Dynamik sucht, sollte hier zugreifen." [Amazon.com]
SpracheDeutsch
HerausgeberLuzifer-Verlag
Erscheinungsdatum30. Nov. 2018
ISBN9783958353732
ZOMBIE RULES: Endzeit-Thriller

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    Buchvorschau

    ZOMBIE RULES - David Achord

    Gegenwart

    Die Gegenwart

    Ich stand gerade auf der Galerie im zweiten Stock der Bücherei und schaute über die schwelenden Überbleibsel aus Büchern und umgeworfenen Regalen. Rußgeschwärzte Deckenplatten zeugten von einem Feuer, das sich nicht vollständig hatte durchsetzen können. Nichtsdestotrotz war es nun einmal geschehen. Viele der Bücher hatten überlebt, hatten jedoch beträchtliche Rauch- und Wasserschäden davongetragen. Erstaunlicherweise war noch immer etwas Druck auf dem Brandschutzsystem. Das Wasser plätscherte nur noch tröpfchenweise aus den Sprinklerköpfen. Hier und da stiegen aber noch immer Rauchschwaden auf. Dieses Feuer war erst kürzlich gelegt worden; innerhalb der letzten Stunde. Es gab noch mehr Akte von Vandalismus. Die meisten der Fenster waren zerbrochen und obszönes Graffiti war böswillig auf die Wände einer Einrichtung geschmiert worden, die zuvor eine Bildungsstätte gewesen war.

    Heiden! Das ist das Wort, mit dem ich sie beschreibe. Irgendwie hatten viele von ihnen überlebt, während so viele gute Menschen gestorben waren. Sie zogen nun in Gangs verschiedener Größen umher und hinterließen eine Spur des Verderbens. Es stand ihnen nicht der Sinn danach, die Gesellschaft wiederaufzubauen, stattdessen folgten sie nur ihren eigenen kurzsichtigen und zerstörerischen Begehren. Für mich gab es hier nun nichts mehr.

    Seit dem Ausbruch der Seuche waren meine Besuche in der Gegend um Nashville herum eher sporadisch geworden. Die städtischen Gebiete, die dicht besiedelt gewesen waren, als die Gesellschaft noch normal und funktionsfähig gewesen ist, war nun von Infizierten bevölkert.

    Meine Gedanken wurden jäh unterbrochen, als ich ein wütendes Schreien hörte. Es war aber offenbar nicht unmenschlichen Ursprungs, sondern definitiv menschlich. Meine Überlebensinstinkte warnten mich, aber ich war nun einmal neugierig. Deshalb stahl ich mich heimlich durch eine Seitentür aus der Bücherei. Die gedämpften Stimmen wurden nun prägnanter und ich konnte den Ursprung ausmachen. Ich schlich die Edmondson-Mautstraße entlang, um den Geräuschen entgegenzugehen, und behielt dabei argwöhnisch die Umgebung im Auge, als ich im Laufen Deckung hinter den verlassenen Autos suchte. Ich musste nicht weit gehen.

    Vor mir waren drei von ihnen. Ich benutzte mein Zielfernrohr, um einen guten Blick auf sie werfen zu können. Zwei von ihnen waren wild aussehende Männer. Die dritte Person war ein junges Mädchen mit langem dunklem Haar. Einer der Männer, ein großer schlaksiger Mann mit runden Schultern, schimpfte gerade laut auf das Mädchen ein, und ich sah, wie er ihr mit dem Handrücken eine schallende Ohrfeige verpasste. Sie fiel zu Boden, und der andere, eine kürzere, schmutzigere Variante seines Freundes, lachte daraufhin laut auf. Beide trugen Bärte, in die Zöpfe eingeflochten waren. Es sah ehrlich gesagt ziemlich dämlich aus. Der Große fing nun an, das Mädchen zu treten. Keine festen Tritte, die ihr die Rippen gebrochen hätten, sondern eher sanfte Tritte. Tritte, die zur Demütigung und Erniedrigung gedacht waren.

    Ich hockte mich neben ein umgekipptes Auto und stützte mein Gewehr auf einen der platten Reifen auf. Als ich sie im Visier hatte, packte der Große das Mädchen gerade im Genick und riss ihr brutal die Hose herunter.

    Berichtigung … hatte ich Mädchen gesagt? Mithilfe meines Zielfernrohrs konnte ich noch andere Dinge entdecken. Nein, das war definitiv kein Mädchen. Aber er war nur noch Haut und Knochen. Es war deshalb schwierig, sein Alter festzustellen, vielleicht elf oder zwölf?

    Ich traf eine spontane Entscheidung. Ich würde diese Bastarde umbringen. Sie waren Tyrannen. In meinem Herzen hatte ich ein ganz spezielles und düsteres Plätzchen für Tyrannen. Sie hatten eine Whiskey-Flasche hin- und hergereicht, als sie den kleinen Jungen malträtiert hatten. Der Kurze nahm einen großen Schluck daraus und lachte hämisch, als sein Freund dem Jungen die Hose herunterriss.

    Ich checkte noch einmal die Gegend durch mein Zielfernrohr und ließ sie für einen Moment aus den Augen, um meine Umgebung abzusichern. Paranoia war heutzutage nämlich durchaus eine positive Charaktereigenschaft und ich wollte auf keinen Fall von hinten überwältigt werden. Als ich wieder zu ihnen hinübersah, hatte das große Ekel seine Geisel über die Ladeklappe des Pick-ups gebeugt und seine eigenen Hosen unten. Er hatte keine Ahnung, dass ich ihn beobachtete, als er begann, den Jungen auf brutale Weise zu schänden. Einfach ekelhaft.

    Seine Hüften rotierten leidenschaftlich, was leider zu heftig für einen sauberen Kopfschuss war. Also platzierte ich das Fadenkreuz stattdessen zwischen seine Schulterblätter, atmete langsam ein, stieß die Luft wieder aus und drückte dann sanft den Abzug. Wenn ich es über die zehnte Klasse hinaus geschafft hätte, dann wäre jetzt eine nette und anschauliche Beschreibung der Zerstörung erfolgt, die das Hohlspitzgeschoss mit Bootsheck bei ihm verursachte, so, wie es in jedem actionreichen Buch, das ich je gelesen hatte, zu finden ist, aber ich werde mir die Mühe nicht machen. Ich denke, es ist auch so alles sonnenklar.

    Nachdem ich den Ersten erschossen hatte, stand Tyrann Nummer zwei verdutzt da. Sein alkoholgetränktes Gehirn war offenbar zu langsam, um zu verarbeiten, was gerade passiert war. Ich lud deshalb in Ruhe meine Winchester durch und feuerte erneut. Die Whiskyflasche rutschte nun aus seiner Hand und zerbarst auf dem Boden.

    Ich musste mir keine Sorgen darum machen, verhaftet zu werden. So war die Welt in diesen Tagen eben geworden. Was für eine Art, meinen achtzehnten Geburtstag zu feiern.

    Zwei Jahre zuvor in der Highschool-Hölle

    Ich war verliebt. Jeder kennt diese Art von Liebe. Eine schwärmerische und verträumte Jugendliebe. Es war erbauend und zugleich vernichtend. Das Gefühl beherrschte jeden wachen Gedanken und sogar meine Träume. Teufel, es beschäftigte mich sogar, wenn ich morgens auf dem Klo hockte.

    Ich saß gerade im Geschichtsunterricht und warf dem Objekt meiner Bewunderung Blicke zu, als ich von Ms. Rotzbauer, meiner Lehrerin, jäh aus meinen Träumereien gerissen wurde. Eine Lehrerin aus der Hölle.

    »Zacharias Gunderson, passt du auch auf?«

    Das bin ich, Zacharias Gunderson. Derzeit befinde ich mich in der Highschool-Hölle der zehnten Klasse. Acht Stunden täglich inhaftiert in einer abgehalfterten öffentlichen Schule. Der weitläufigen Meinung nach hätte diese schon vor Jahren niedergebrannt werden sollen. Der Name der Lehrerin lautete in Wirklichkeit Rothbauer, ein alter jüdischer Familienname, aber sie hatte eine derart rotzige Gesinnung, dass alle Schüler sie Rotzbauer nannten … natürlich nur hinter ihrem Rücken.

    Ich sah zu ihr auf. Sie war klein und recht korpulent, ähnlich wie ein pralles Bierfass. Sie war um die fünfundvierzig Jahre, aber sie sah mindestens zehn Jahre älter aus, und momentan starrte sie mich finster über den Rand einer schmutzigen Brille hinweg an.

    »Oh ja, Ma'am. Ich bin hier.« Ein paar meiner Freunde kicherten. Ich grinste und sah zu Macie hinüber. Sie blickte kurz ausdruckslos zu mir und widmete ihre Aufmerksamkeit dann wieder ihrem Schulbuch.

    Ihr Name war Macie Kingsley. Sie hatte langes, blondes Haar, hellbraun-grüne Augen, perfekte, weiße Zähne und ein paar nette Kurven. Sie war im Cheerleader-Team und sehr beliebt. Ich war im Leichtathletik-Team. Wir gingen jetzt schon seit beinahe drei Monaten miteinander und Samstagnacht, vor gerade einmal zwei Tagen, hat sie mich endlich rangelassen.

    Ihr wisst ja genau, was ich damit meine. Wir haben Liebe gemacht, den Geschlechtsakt vollzogen, gerammelt wie die Karnickel.

    Samstag ist unser dreimonatiges Jubiläum gewesen und ich hatte gewollt, dass es etwas ganz Besonderes war. Macie hatte gesagt, ich solle sie überraschen. Ich hatte mich für ein romantisches Picknick im Mondenschein entschieden und dafür gesorgt, dass es perfekt wurde. Ich hatte es mit der Beharrlichkeit eines Generals von Steuben geplant.

    Ich hatte eine entlegene Stelle ausgesucht, mit Blick auf einen Bach, der auf einer Seite an die Farm, auf der ich in meiner Freizeit arbeitete, grenzte. Es gab dort einen wunderschönen Ausblick auf das Tal. Ich hatte den gesamten Nachmittag damit verbracht, dort Gartenfackeln aufzustellen, Decken auszulegen und ein Lagerfeuer vorzubereiten. Meine Großmutter hatte Gemüse-Wraps für mich gemacht und Rick war so nett gewesen, eine Flasche Wein für uns zu kaufen.

    Als die Sonne unterging, entfachte ich das Feuer, öffnete den Wein und sagte ihr, was ich für sie empfand. Wäre es ein Film gewesen, hätte das Publikum garantiert über meine Unbeholfenheit gelacht. Nichtsdestotrotz reagierte Macie, indem sie mir sagte, sie würde mich auch lieben. Ich verlor daraufhin meine Unschuld unter dem Herbstmond in einer lauen Samstagnacht.

    Noch nie zuvor war ich so glücklich gewesen.

    Durch die Erinnerungen war ich abgelenkt und erregt worden. Zumindest, bis Ms. Rotzbauer wieder einmal meine Gedanken unterbrach. »Na dann könntest du der Klasse doch bitte mitteilen, was das erste Nationaldenkmal der Vereinigten Staaten gewesen ist, hm?«

    Die Klasse war nun vollkommen still. Der alte Fettarsch war berüchtigt dafür, verfängliche Geschichtsfragen zu stellen, wenn sie der Meinung war, dass sich ein Schüler nicht ausreichend einbrachte. Wenn man falsch lag, und das tat so ziemlich jeder, bestrafte sie einen mit extra Hausaufgaben. Und das war nicht nur ein Kapitel lesen um die verfluchte Frage am Ende beantworten zu können. Teufel, da gehörte so gut wie immer ein kompletter Aufsatz zu. Sie starrte mich eindringlich und kalt an. Der Ansatz eines höhnischen Grinsens erschien um ihre Mundwinkel herum.

    »Das ist ganz leicht: Devils Tower, und zwar ohne Apostroph zwischen dem l und dem s. Nicht zu verwechseln mit dem ersten Nationalpark, der natürlich der Yellowstone war«, antwortete ich in einem unbekümmerten Tonfall und sah wieder zu Macie hinüber, auf der Suche nach Anerkennung. Doch es erfolgte keine Reaktion von ihr.

    Rotzbauer war offensichtlich noch nicht fertig mit mir. »Sehr scharfsinnig oder aber du hattest einfach nur Riesenglück. Fahre doch bitte fort, Zacharias. Warum blendest du die Klasse nicht einfach mit deinem strahlenden Intellekt? Erzähl uns mehr.«

    »Muss das wirklich sein? Ich meine, ich habe ihre alberne Frage doch richtig beantwortet.«

    Dieses Mal lachte nur noch einer meiner Freunde, aber es war eher ein leises Kichern, das außerdem schnell verstummte. Alle Augen waren nun auf Rotzbauer gerichtet. Sie war eine nachtragende und kleinliche Frau. Ihr kennt diesen Typ bestimmt. Jede Schule hat mindestens einen davon. Sie war eine dieser Lehrerinnen, die sich im Glanz der Macht über ihre Schüler sonnten, wohl wissend, dass die Schulverwaltung dank ihres Beamtenstatus nichts gegen sie unternehmen konnte. Eine echte Tyrannin.

    »Na dann möchtest du vielleicht den Rest der Woche mit Nachsitzen verbringen, hmmmm?« Sie gestikulierte heftig. Sie wollte anscheinend, dass ich aufstand, damit sie mich besser vor der Klasse demütigen konnte. Ich hatte allerdings etwas anderes im Sinn.

    Ich seufzte und stand auf. »Nun gut.« Ich holte tief Luft. »Der Devils Tower ist ein vulkanischer Gesteinskörper in Wyoming. Die Erhebung hat eine Höhe von etwa dreihundertachtzig Metern, und man nimmt an, dass entweder ein erodierter Lakkolith vorliegt, oder er der Pfropfen eines erloschenen Vulkans ist. Der Name ist das Resultat der Fehlinterpretation eines Namens, den die amerikanischen Ureinwohner ihm gegeben hatten. Präsident Theodore Roosevelt, übrigens ein eiserner Republikaner, weihte ihn 1907 als erstes Denkmal der Nation ein. Der amtierende Präsident ist die einzige Person mit der Befugnis, ein Nationaldenkmal zu ernennen, und das geschieht in der Regel immer durch eine Verfügung des Präsidenten. Es gibt derzeit einhundertvier Schutzgebiete mit dem Titel eines Nationaldenkmals …«

    »Das reicht fürs Erste, Gunderson. Setzen.« Rotzbauer beugte ihren Kopf nach unten, um mir angemessen scharfe Blicke über den Rand ihrer lächerlichen Brille zuwerfen zu können, aber es hielt die Klasse nicht davon ab, zu applaudieren. Macie klatschte allerdings nicht mit, sondern sah mich nur ganz eigenartig an. Die Klingel ertönte und ich eilte zur Tür, bevor Rotzbauer sich noch irgendeine Art von Rache ausdenken konnte.

    Im Flur wartete ich auf Macie. »Hey«, sagte ich zu ihr, als sie aus der Klasse kam. Ich versuchte, einen schnellen Kuss zu stehlen, aber sie drehte ihren Kopf geschickt zur Seite. Meine Lippen erwischten deshalb nur den Hauch ihrer Wange.

    »Nicht hier«, flüsterte sie kurz angebunden. Leute klopften mir im Vorbeigehen anerkennend auf den Rücken und gratulierten mir zu meinem kleinen Triumph.

    Ich lief neben Macie her und Felix stieß ebenfalls zu uns. Er war mein bester Freund. »Mann, du hast da drinnen ja echt den Vogel abgeschossen! Die alte Rotzbauer hat gar nicht mehr gewusst, wie ihr geschieht. Du musst eine Art Genie sein, Zach! Woher weißt du all das Zeug?«

    Macie und Felix sahen mich erwartungsvoll an. Doch ich zuckte nur mit den Schultern. »Ich lese viel und habe eben ein gutes Gedächtnis.«

    »Na, wenn du nicht bald anfängst, dein tolles Gehirn auch auf Klassenarbeiten anzuwenden, wirst du die Highschool niemals abschließen. Dann kannst du dich von jeglichen Aussichten auf ein Stipendium verabschieden.« Macie unterstrich ihre Bemerkung, indem sie ihre Nase rümpfte und sich umdrehte, um davonzugehen. Ich musste mich anstrengen, um sie einzuholen. Felix begann, uns zu folgen, aber ich sah zu ihm zurück und schüttelte den Kopf. Er verstand den Hinweis.

    Ich holte Macie ein und lief dann neben ihr her. »Hey, Schatz, was ist denn los? Du scheinst irgendwie sauer auf mich zu sein.« Sie sah mich von der Seite an, während sie weiterging. »Es liegt nicht an dir. Ich bin bald dran und fühl' mich dann einfach immer gereizt.« Sie erkannte meine offensichtliche Verwirrung und verdrehte die Augen. »Meine Periode, Zach. Ich bekomme meine Periode. Gott, Zach, für jemanden, der so klug ist wie du, bist du ganz schön naiv.«

    Ich konnte fühlen, wie meine Wangen rot anliefen. Sie schnaubte verächtlich, drückte dann aber kurz meine Hand.

    »Hast du Training nach der Schule?« Ich nickte. Leichtathletik und ein gutes Gedächtnis waren meine Stärken. Ich setzte allerdings auf ein Leichtathletik-Stipendium nach der Highschool. Meine einzige lebende Verwandte war meine Großmutter und ihr einziges Einkommen bestand aus ihrer Sozialhilfe. Ansonsten würde nur ein gemeinsames Leben mit Rick auf der Farm oder eine langfristige Verschuldung durch Studiendarlehen infrage kommen.

    Macie sah sich verstohlen um und küsste mich dann schnell auf die Wange. »Ich habe jetzt Cheerleader-Training. Schätze, ich sehe dich dann morgen.«

    Das war nicht, was ich hören wollte. »Das Training dauert doch nur ein paar Stunden. Warum soll ich denn danach nicht rüberkommen? Ich kann auch in der Schule duschen.« Doch Macie schüttelte schnell den Kopf. »Warum nicht?«

    Das Lächeln wich nun einem Stirnrunzeln. »Zach, hör auf, so bedürftig zu sein.«

    Ich sagte nun gar nichts mehr und ließ den Kopf sinken. Ich konnte es nicht verhindern. »Zach, du meine Güte. Ich gehe mit den Mädchen nach dem Training noch lernen, okay? Das wird wahrscheinlich spät werden.«

    Ich sah hoch. »Was ist denn spät? Ich meine, ich könnte ja auch nur für ein paar Minuten vorbeikommen.«

    Sie unterbrach mich mit einem Kopfschütteln. »Wie wäre es, wenn du mich einfach anrufst, bevor du ins Bett gehst?«.

    Ich grinste. »Dann können wir unsere schmutzigen Gedanken teilen.«

    »Klar, Zach. Wir reden dann später«, sagte sie beinahe beiläufig und lief davon, bevor ich ihr noch einen weiteren Kuss geben konnte.

    Felix kam angetrabt, als Macie davonging. »Na, Zach, wie läuft es denn zwischen dir und Macie?« Felix fragte ständig nach uns beiden. Denn er hatte keine Freundin. Wir waren zusammen aufgewachsen und lebten nur einen Block voneinander entfernt. Er war der Einzige, der mich eine Woche lang jede Nacht heulen gesehen hatte, nachdem meine Eltern gestorben waren. Es war ein dummer Autounfall gewesen, ein direktes Resultat der Trunkenheit meines Vaters. Felix hatte mich deswegen nicht verurteilt oder gehänselt, sondern hatte immer einen brüderlichen Klaps auf die Schulter und freundliche Worte für mich übriggehabt. Er war ein guter Kerl und ein guter Freund. Aber der arme Felix hatte noch nie eine Freundin gehabt. Er behauptete zwar etwas anderes, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass er noch nicht einmal ein Mädchen geküsst hatte. Der arme Kerl war klein, unbeholfen und hatte eine enorme Sehschwäche, was von ihm erforderte, eine unglaublich dicke Brille zu tragen. Das verschlimmerte seine an sich schon unansehnliche Erscheinung noch mehr. Dennoch war er immer noch mein Freund.

    »Nun, Kumpel, ich denke, sie ist die Frau, die ich eines Tages heiraten werde.«

    Seine Augen leuchteten auf und vergrößerten sich hinter den Brillengläsern zu zwei großen Kugeln. »Wow, das ist ja mal was Neues. Da muss aber was Großes passiert sein, damit du …« Er hielt mitten im Satz inne und schaute mich dann fassungslos an. Ich konnte nicht anders, als zu grinsen. Man konnte es am besten als ein breites, selbstgefälliges Grinsen bis über beide Wangen bezeichnen. »Ach du heilige Scheiße«, rief er begeistert. »Du hast die nackte Brezel mit ihr gemacht!«

    »Pscht, nicht so laut, Mann«, sagte ich mit gedämpfter Stimme. »Ich will nicht, dass es die ganze Welt erfährt. Komm schon, wir müssen zum Training. Vielleicht erzähle ich dir dann davon.«

    Er kicherte, als wir uns umdrehten und in Richtung der Umkleideräume marschierten. Ich passte einen Moment nicht auf und rempelte jemanden an. Sein Name war Jason Argos. Er stand regungslos an der Ecke und es wirkte beinahe so, als ob er uns zugehört hätte. Ich entschuldigte mich schnell bei ihm, denn ein Zehntklässler ging nicht einfach so umher und rempelte einen Zwölftklässler an.

    »Oh, sorry, Jason! Ich wusste nicht, dass du da stehst«, sagte ich hastig.

    Jason sah mich einen Moment lang merkwürdig an. »Kein Problem. Mein Fehler.«

    Er starrte mich weiterhin an, drehte sich dann aber zur Seite, damit wir vorbeigehen konnten. Jason war in der Zwölften. Er war sehr gut aussehend, gemischtrassig, achtzehn Jahre alt, ein Meter achtundneunzig groß und extrem muskulös. Er gehörte zur ersten Schulmannschaft und hatte zahlreiche Auszeichnungen in Baseball und Football bekommen. All das machte ihn zum wahrscheinlich populärsten Kerl der Schule. Er war sehr beliebt bei den Mädchen und es mangelte ihm niemals an Verabredungen.

    Felix schwärmte immer mit wahrer Begeisterung von ihm. »Hey Kumpel«, sagte Felix nun und versuchte so zu tun, als wären sie die besten Freunde. Doch Jason nickte als Antwort nur. Er tolerierte Felix lediglich, genau wie die meisten anderen Zugehörigen der Unterschicht. Auf dem Weg zum Sportplatz führte Felix seine Liebe zu Jason fort.

    »Hast du schon gehört? Er hat die Baseballsaison mit einem ERA von 2.01 beendet. Freitagabend hatte er drei Touchdown-Pässe gegen Overton. Er hat nicht nur seinen eigenen Wurftrainer, er hat auch einen Quarterback-Trainer. Das ist echt phänomenal!« Er sah sich verschwörerisch um. »Gerüchten zufolge wurde ihm schon ein Haufen Geld unter der Hand angeboten, um bei einem College-Team im östlichen Teil des Staates mitzuspielen, falls du weißt, was ich meine«, sagte er mit einem Zwinkern.

    »Glaubst du denn, er wird deinen Heiratsantrag annehmen?«, fragte ich sarkastisch.

    Felix lachte und wurde daraufhin tatsächlich rot. »Du bist echt zum Schießen, Zach.«

    Unser Gespräch wurde plötzlich von einem der stellvertretenden Schulleiter unterbrochen. »Zacharias, ein Mann wartet auf dem Parkplatz auf dich. Er sagt, er wäre dein Chef und es gäbe einen Notfall bei deiner Großmutter.«

    Meine Großmutter

    Ich entdeckte Rick in seinem Truck und er winkte mir zu. Er hatte seine drei Hunde bei sich, die Moe, Larry und Curly hießen. Sie waren Streuner, die er gefunden und adoptiert hatte. Es war schwer, zu sagen, welche Rassenkreuzungen für ihre genetische Aufmachung verantwortlich waren. Wir nahmen zwar an, dass sie dieselbe Mutter hatten, konnten uns aber nicht sicher sein.

    »Hey, Rick, was ist denn los?«, fragte ich, als ich angelaufen kam. Rick war ein angegrauter alter Vietnam-Veteran, der mit mir zusammen auf der Farm arbeitete. Technisch gesehen war er mein Chef. Er war bereits über sechzig. Ein hartes Leben, mit freizügigen Mengen Alkohol und Zigaretten, hatten tiefe Furchen in seinem sonnengeschädigten Gesicht hinterlassen. Es wirkte so, als hätte er sich, schon seit einer Woche nicht mehr rasiert. Felix kam kurze Zeit später nach und sagte ebenfalls Hallo. Doch Rick ignorierte ihn.

    »Ich soll dich zum Krankenhaus bringen, deine Großmutter hatte einen Schlaganfall.« Er sah zu Felix herüber. »Dein warmer Bruder kann von mir aus auch mitkommen.« Felix begann zu protestieren, aber ich sprach zuerst.

    »Was ist passiert?«, fragte ich entsetzt.

    Rick sah mich an, als wäre ich bescheuert. »Das habe ich doch gerade gesagt. Sie hatte einen Schlaganfall.« Er starrte mich noch für ein paar Sekunden an, bevor er das Gefühl bekam, weiter ausholen zu müssen. »Die Briefträgerin hat sie im Garten gefunden und den Notarzt angerufen. Ich weiß nicht, warum sie dich nicht in der Schule angerufen haben, aber der Nachbar dachte wohl, du wärst auf der Arbeit und hat sich deshalb dort gemeldet. Ich habe den Anruf entgegengenommen.« Er sah sich um und nahm einen Schluck aus einem Halbliterfläschchen billigen Whiskeys. »Du steigst jetzt am besten ein und ich fahre dich zum Krankenhaus. Wenn wir dort mit den Ärzten gesprochen haben, sehen wir weiter.«

    Felix verzichtete darauf mitzukommen und war einverstanden, meinen kleinen Ford Ranger Pick-up nach Hause zu fahren, ließ mich ihm aber versprechen, ihn sofort anzurufen, sobald ich mehr wüsste. Er klopfte mir aufmunternd auf den Rücken und trabte dann davon. Ich ging hinüber zur Fahrerseite. »Rutsch rüber, ich sollte fahren«, befahl ich ihm. Es war immer schwer, Ricks Grad der Nüchternheit oder die Abwesenheit davon einzuschätzen.

    Rick grunzte. »Ich bin nich' betrunken, du Klugscheißer.«

    »Komm schon, Rick, du hast gerade erst deinen Führerschein zurückbekommen. Du musst dich nicht schon wieder festnehmen lassen.« Rick grunzte erneut, gab aber nach dem obligatorischen Aufstand das Steuer in meine klugscheißerischen und nüchternen Hände ab.

    Wir fuhren den ganzen Weg, ohne etwas zu sagen. Rick lauschte einem Radiosender. Der Moderator faselte gerade etwas von Regierungsverschwörungen. Ich hörte ihm gar nicht zu.

    Oma war bewusstlos, als wir ankamen, und ich wurde direkt von einem Arzt abgefangen, bevor ich in ihr Zimmer gehen konnte.

    »Wie geht es ihr, Doktor?«, fragte ich zögerlich. Er gab mir keine Antwort, zumindest nicht sofort.

    »Sind Sie ihr einziger lebender Verwandter?«, fragte er mich dann plötzlich unverblümt. Ich zuckte mit den Schultern. »Sie sind unter achtzehn, vermute ich, oder?«

    Ich nickte. Er sah hinüber zu Rick, roch wahrscheinlich den Alkohol und richtete seine Aufmerksamkeit dann doch wieder auf mich. »Sie hatte einen heftigen Schlaganfall und hat vermutlich noch dazu eine Weile draußen gelegen, bevor sie gefunden wurde. Ihre Körpertemperatur war sehr niedrig, als sie eingeliefert wurde. In ihrem Alter und bei der schlechten Verfassung sieht die Prognose …«

    Er beendete den Satz nicht, aber das war auch nicht nötig. Ich schaute an ihm vorbei in das Zimmer. Sie war an einige Monitore angeschlossen, hatte mindestens zwei Infusionen in den Armen und ein Schlauch befand sich in ihrem Mund. Sie sah schrecklich, schwach und sterblich aus.

    Auf der Fahrt hierher war ich stark gewesen und hatte alles unter Kontrolle gehabt, doch jetzt nicht mehr. Ich fühlte Tränen in mir aufsteigen. Der Arzt legte tröstend seine Hand auf meine Schulter. »Sicher, dass es keine weiteren Familienangehörigen gibt, Sohn?«

    Ich wischte über meine Augen. »Meine Eltern starben bei einem Autounfall, als ich noch klein war. Sie hat mich daraufhin aufgenommen. Mein Vater hat noch Verwandte irgendwo in Schweden, aber ich habe keine Ahnung, wie ich diese erreichen soll. Es könnte auch noch ein paar Cousins geben, aber ich bin ihnen niemals begegnet.« Ich erzählte ihm nicht, dass die Familie meines Vaters ihn schon vor vielen Jahren enteignet hatte, noch bevor ich geboren wurde. Ich sah den Arzt an. »Unser einziges Einkommen kommt von meinem Job auf einer Farm und von Grandmas Sozialhilfe. Wir werden die Krankenhausrechnungen nie im Leben bezahlen können.«

    Er hielt seine Hand in die Höhe. »Mache dir darum mal keine Sorgen. Wir haben Verfahrensweisen für mittellose Patienten.« Mein Mund zog sich bei dieser Bemerkung missbilligend zusammen. Meine Großmutter mittellos zu nennen, störte mich unglaublich, aber es war nun mal leider die Wahrheit. Teufel, sie und ich verfügten wahrscheinlich zusammen über nicht mehr als hundert Dollar. Sie besaß nicht einmal das Haus, in dem wir lebten. Ich hatte sogar schon darüber nachgedacht, die Schule zu schmeißen, um Vollzeit arbeiten zu können, aber sie hatte davon nichts hören wollen. Sie bestand darauf, dass ich die Schule beendete und aufs College ging.

    Ich durfte die Nacht leider nicht in Omas Zimmer verbringen. Das Personal teilte mir auf höfliche, aber bestimmte Weise mit, dass ich nur in der Lobby sitzen durfte, zusammen mit den Familien der anderen Patienten. Rick hörte das und sagte: »Junge, willst du wirklich die ganze Nacht in einem Raum voller Fremder hocken?« Ich ließ den Kopf hängen. »Falls etwas passiert, passiert's sowieso. Da gibt es nichts, was du tun kannst. Komm mit mir zur Farm und bleib bei mir«, schlug er vor.

    Ich gab irgendwann widerwillig nach. Wir teilten dem Arzt aber vorher noch unsere Telefonnummern mit. Ricks Gehirn zündete kurz durch, als er begriff, dass er jetzt trinken konnte, ohne sich darum sorgen zu müssen, von einem hart gesottenen Bullen angehalten zu werden, indem er einfach mich fahren ließ. Als wir den Parkplatz erreichten, warf er mir die Schlüssel zu und nahm einen unbekümmerten Schluck.

    Schweigend fuhren wir nun zur Farm. Es hatte mal ein Tor am Eingang gegeben, aber jemand, eine gewisse Person namens Rick, hatte es nach einer durchzechten Nacht beim Veteranenverein aus Versehen umgefahren. Er hatte entweder vergessen, dass es da war, oder es war ihm einfach egal gewesen. Am Tag darauf hatten wir über eine Stunde gebraucht, um die ramponierten Überreste des Tors aus dem Fahrgestell seines Pick-ups zu befreien. Rick war Hausmeister, Vorarbeiter und Mann für Alles auf der Farm. Die Grundstückseigentümer waren ein älteres Ehepaar namens Parson. Ihnen gehörten zweihundert Hektar Land und sie hatten weitere zweihundert Hektar von den Nachbarn gepachtet. Rick leitete die Farm und ich arbeitete für ihn. Er bekam ein Gehalt und lebte außerdem mietfrei in dem alten Gehöft.

    Rick ging hinein und schaltete ein paar Lampen an. Nachdem er das Feuer in Gang gebracht hatte, machte er es sich in seinem ramponierten Sessel bequem; während ich mich auf die Couch setzte. Wir hörten dem knisternden Holz in der bedrückenden Stille zu. »Willst du einen Drink?«, fragte er irgendwann. Ich hob daraufhin nur meine Augenbraue. Er kicherte und nahm einen kräftigen Schluck. »Willst du darüber reden, Junge?« Ich schüttelte den Kopf. »Schau mal, das Ganze nimmt dich ziemlich mit, das kann man sehen. Ich frage, ob du darüber reden willst, und du sagst selbstverständlich nein. Das ist die Stelle, an der ich dir gut zureden sollte, aber das werde ich lieber lassen. Wenn du alles in dich hineinfressen willst, dann ist das deine Entscheidung. Wenn du reden willst … ich gehe nirgendwo hin. Wir können die ganze Nacht reden.«

    Er hatte ja recht. Ich schätze, ich wollte tatsächlich darüber reden. Zumindest ein bisschen. »Was soll ich jetzt nur machen, Rick?«

    »Nun, Kleiner, man plant in solchen Fällen immer für den schlimmsten Fall, und man gesteht sich das Unvermeidliche ein. Unvermeidlich ist, dass deine Oma bald sterben wird«, sagte Rick in einem sachlichen Tonfall.

    Daraufhin war ich erst einmal verdattert. »Woher willst du das wissen?«

    »Teufel, Zach, wie alt ist sie? Vierundachtzig? Fünfundachtzig?«, fragte er. Ich bestätigte Letzteres. »Okay, sie ist fünfundachtzig Jahre alt und nicht gerade bei bester Gesundheit. Sie hatte einen Schlaganfall und fiel an einem kalten Tag in ihrem Garten um. Keine Ahnung, wie lange sie da draußen gelegen hat. Ich bin zwar kein Arzt, aber ich denke, dass ihre Chancen nicht allzu gut stehen, Junge.«

    Ich nickte schweigend. Rick war ein alter Alkoholiker und er hatte seine Ecken und Kanten, aber er verfügte auch über eine Weisheit, die einem Leben auf der Straße und rauen Zeiten in Vietnam entsprang. Ich mochte ihn, denn er war locker drauf und auf seine eigene Art und Weise hatte er eine Menge Ratschläge für einen Jungen in meinem Alter. Meine Gedanken wurden auf einmal durch ein lautes Schnarchen unterbrochen. Der Alkohol hatte ihn für heute offenbar außer Gefecht gesetzt. Ich stand auf, nahm die Flasche aus seiner Hand und breitete eine Decke über ihn aus.

    Mehrere Male versuchte ich, Macie anzurufen, aber ihr Handy war anscheinend ausgeschaltet. Ich hinterließ ihr mehr als eine Nachricht, dann rief ich irgendwann beim Krankenhaus an. Sie teilten mir mit, dass sich an Omas Zustand nichts verändert hatte. Ich versuchte es noch einmal bei Macie und versank dann schließlich in einen unruhigen Schlaf, während ich das Telefon fest mit meiner Hand umklammert hielt.

    Der schlimmste Tag meines Lebens

    Die Sonne ging gerade erst auf, als ich erwachte. Ich checkte sofort mein Handy. Keine Anrufe, weder vom Krankenhaus noch von Macie. Beim Krankenhaus rief ich zuerst an. Man drückte sich dort sehr vage aus, aber es hieß zumindest, dass sich ihr Zustand nicht verändert hätte. Dann versuchte ich erneut, Macie zu erreichen. Ihr Handy war immer noch aus. Also rief ich Felix an. Der antwortete beim ersten Klingeln, aber er hörte sich noch reichlich verschlafen an.

    »Wie geht es deiner Großmutter?«, fragte er sofort.

    »Nicht gut. Ich gehe heute nicht zur Schule. Ich will lieber bei ihr im Krankenhaus sein.«

    »Kein Problem, Kumpel. Ich werde den Direktor sagen, wo du bist. Gibt es sonst noch etwas, das ich für dich tun kann?«

    »Ja, falls du Macie siehst, sagt ihr, sie soll mich so bald wie möglich anrufen. Ich habe schon die ganze Nacht und heute Morgen versucht, sie zu erreichen, aber ihr Akku muss leer sein oder so was.«

    Felix stimmte mir zu und wir legten auf. Rick wachte auf, als ich telefonierte. Er grunzte und furzte wie, na ja, wie ein alter, verkaterter Mann. »Hey, würdest du mich wohl heimfahren? Ich muss kurz duschen und will dann zum Krankenhaus fahren.« Er reagierte nicht, sondern ging ins Badezimmer. Einen Moment später hörte ich ihn Wasser lassen, gefolgt vom Klang der Klospülung und dem laufenden Wasserhahn.

    Einen Moment später kam er wieder heraus und nahm halbherzig die Schlüssel vom Küchentresen. Sein Gehirn war offenbar noch nicht bereit für verbale Kommunikation. Er zeigte zur Tür und lief dann hinaus.

    Ich verbrachte den ganzen Tag bei meiner Großmutter. Sie sah heute sogar noch schlechter aus. Alt, müde und schwach. Ich hielt ihre Hand und redete mit ihr, aber sie regte sich nicht. Nicht ein einziges Mal.

    Ich wünschte, sie würde mich hören. Dann hätte ich ihr gesagt, was für ein guter Mensch sie ist. Ich war erst zwei Jahre alt, als meine Eltern starben. Sie war da bereits alt. Sie hätte es zulassen können, dass mich der Staat in ein Pflegeheim steckte, aber sie hat mich sofort aufgenommen und von da an, für mich gesorgt. Sie hat mich niemals angeschrien, immer dafür gesorgt, dass etwas zu essen auf den Tisch kam, und hat es nie versäumt, mir zu sagen, wie sehr sie mich liebte. An meinem fünfzehnten Geburtstag hatte sie mir eine Sonderfahrerlaubnis besorgt und mich mit einem blauen Ford Ranger Pick-up überrascht. Er war gebraucht gewesen und hatte schon so einige Kilometer drauf, aber alles in allem war er in einem ganz ordentlichen Zustand. Sie hatte sich geweigert, mir zu sagen, was er gekostet hatte. Es war auf jeden Fall das beste Geschenk gewesen, das ich je bekommen hatte.

    Die Stationsschwester, eine matronenhaft aussehende, dunkelhäutige Frau mit Brüsten wie Wassermelonen, tolerierte mich zwar für ein paar Stunden, scheuchte mich dann aber schließlich doch hinaus. Ich musste wohl schlimm ausgesehen haben, denn sie ordnete an, ich solle mich ausruhen und sie versprach mir im Gegenzug, mich sofort anzurufen, falls sich

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